15. Juni 2017
WEG § 5 Abs. 2

Sondereigentumsfähigkeit eines Heizungsraums, wenn der Raum nur der Ver­sorgung einzelner Einheiten dient; Zugang nur über die betroffenen Sondereigentums­einheiten

WEG § 5 Abs. 2
Sondereigentumsfähigkeit eines Heizungsraums, wenn der Raum nur der Ver­sorgung einzelner Einheiten dient; Zugang nur über die betroffenen Sondereigentums­einheiten

I. Sachverhalt
Eine Wohnungsanlage besteht aus den Einheiten Nr. 1, 2 und 3. Die Wohnung Nr. 1 wird durch eine eigene Heizung versorgt, die Wohnungen Nr. 2 und Nr. 3 durch eine gemeinsame Heizungs­anlage. Diese befindet sich in einem eigens dafür vorgesehenen Raum. Jede der beiden Einheiten Nr. 2 und Nr. 3 verfügt über einen eigenen Zugang zu diesem Raum. Dieser Zugang steht im jeweiligen Sondereigentum von Einheit Nr. 2 und Nr. 3. Einen eigenen Zugang über eine im Gemeinschaftseigentum stehende Fläche gibt es nicht. Auch verfügt der Eigentümer der Einheit Nr. 1 über keinen Zugang.

II. Fragen
1.    Kann an dem Heizungsraum Gemeinschaftseigentum begründet werden, wenn der Zugang nur über diejenigen Einheiten möglich ist, deren Versorgung der Heizungsraum dient?

2.    Kann in einer Wohnungs und Teileigentumsanlage, bei der eine in einem keinen anderen Zwecken dienenden Raum untergebrachte Heizungsanlage, welche der Versorgung von mehr als einer Sondereigentumseinheit, aber nicht der Versorgung sämtlicher Sondereigentums­einheiten dient, für die Eigentümer der versorgten Sondereigentums­einheiten ein gemeinschaftliches Sondernutzungsrecht begründet werden?

III. Zur Rechtslage
1.    Heizungsraum als zwingendes Gemeinschaftseigentum
Nach § 5 Abs. 2 WEG sind die Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, Gegenstand des Gemeinschaftseigentums. Grundsätzlich ist auch eine Heizungsanlage eine zwingend im Gemeinschaftseigentum stehende Einrichtung i. S. v. § 5 Abs. 2 WEG, sofern die Heizungsanlage der Versorgung sämtlicher Einheiten dient. Entsprechendes gilt für den Raum, in dem sich die Anlage befindet. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Raum zugleich annähernd gleich­wertigen anderen Zwecken dient, die keinen Gemeinschaftsbezug aufweisen (BayObLG DNotZ 1992, 490; OLG Bremen ZWE 2016, 324; OLG Schleswig NJOZ 2006, 2586).

Ob der Heizungsraum zwingend Gemeinschaftseigentum ist, wenn er – so wie im vorliegenden Fall – mehr als nur eine, nicht aber sämtliche Einheiten mit Energie versorgt, ist umstritten:

Während sich die Literatur teilweise dafür ausspricht, dass der Heizungsraum zwingend Gemeinschaftseigentum ist, wenn er die Mehrheit der Einheiten mit Energie versorgt (Bärmann/Armbrüster, WEG, 13. Aufl. 2015, § 5 Rn. 45), geht die wohl heute h. M. im Schrifttum davon aus, dass zwingendes Gemeinschaftseigentum bereits dann vorliegt, wenn die Anlage der Versorgung von zumindest zwei Einheiten dient (Staudinger/Rapp, BGB, 2005, § 5 Rn. 29, 40; BeckOKWEG/Gerono, Stand: 1.3.2017, § 5 Rn. 30; BeckOGKBGB/Schultzky, Stand: 1.3.2017, § 5 WEG Rn. 76; aus der Rechtsprechung LG Koblenz ZWE 2015, 120, 121).

Großzügiger ist die vom BayObLG vertretene Auffassung, wonach der Raum nur dann im zwingenden Gemeinschaftseigentum steht, wenn er sämtliche Einheiten mit Energie versorgt (BayObLG NJWRR 2000, 1032, 1033; zust. MünchKommBGB/Commichau, 7. Aufl. 2017, § 5 WEG Rn. 28; Hügel/Elzer, WEG, 2015, § 5 Rn. 40).

Zutreffend dürfte wohl die strengste Auffassung sein, die einen zwingenden Gemeinschafts­bezug bereits dann bejaht, wenn eine Räumlichkeit mehr als nur einem Sondereigentum zu dienen bestimmt ist. § 5 Abs. 2 WEG lässt bereits einen Gebrauch durch die „Wohnungseigentümer“ genügen. Hieraus lässt sich damit gerade nicht ableiten, dass sämtliche Wohnungseigentümer gemeint sind. Auch der Normzweck dürfte eine Auslegung in diesem Sinne gebieten: Es gibt keine andere Kategorie als das Sonder und das Gemein­schaftseigentum. Sollen mehrere Wohnungseigentümer die Anlage benutzen, stellt das Sondereigentum keine passende Kategorie dar, um die Zweckbestimmung abzubilden. Es kommt nur die Begründung von Gemeinschaftseigentum in Betracht. In diesem Sinne hat auch der BGH entschieden, dass eine Hebebühne einer Doppelstockgarage bereits dann zwingendes Gemeinschafseigentum ist, wenn die Anlage dem Betrieb mehr als nur eines Teileigentums dient (BGH NJWRR 2012, 85 Rn. 9).

Demzufolge handelt es sich bei dem Heizungsraum zwingend um Gemein­schaftseigentum.

2.    Begründung eines gemeinschaftlichen Sondernutzungsrechts am Heizungsraum
Es fragt sich damit, ob die Begründung eines ausschließlich gemeinschaftlichen Sondernutzungsrechts zugunsten der Einheiten Nr. 2 und Nr. 3 möglich wäre. Grundsätzlich lässt § 5 Abs. 2 WEG zu, dass an Räumen im zwingenden Gemeinschaftseigentum ein Sondernutzungsrecht besteht (OLG Frankfurt NJWRR 1987, 1163; BayObLG DNotZ 2004, 386, 388; KG NJWRR 1990, 333; Hügel/Elzer, § 5 Rn. 29; Jennißen/Grziwotz, WEG, 5. Aufl. 2017, § 5 Rn. 56; Schneider, in: Riecke/Schmid, WEG, 4. Aufl. 2015, Rn. 83; Hügel/Scheel, Rechts­handbuch Wohnungs­eigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 1 Rn. 49, f). Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Sondernutzungs­recht das durch § 5 Abs. 2 WEG geschützte Mitgebrauchsrecht der anderen Wohnungseigentümer ausschließt. In diesem Fall liegt eine Umgehung des § 5 Abs. 2 WEG vor (Bärmann/Armbrüster, § 5 Rn. 29).

Von einer solchen Umgehung kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein: Denn der Heizungsraum ist nach seiner Zweckbestimmung gerade darauf angelegt, nur einzelnen Wohnungseigentumseinheiten zu dienen. Es ist nur konsequent, auch nur diesen Einheiten ein Sondernutzungsrecht an ihm einzuräumen.

Es ist daher zulässig, ein gemeinschaftliches Sondernutzungsrecht für diejenigen Einheiten an dem Heizungsraum zu begründen, deren Einheiten von der Heizung versorgt werden.
3.    Zugang zum Gemeinschaftseigentum
Der Heizungsraum soll im vorliegenden Fall nur über
einen Zutritt aus dem Bereich des Sondereigentums erreichbar sein. Das wirft die Frage auf, ob dies mit den zwingenden Vor­gaben des § 5 Abs. 2 WEG vereinbar ist.

Der einzige Zugang zu einem für den gemein­schaftlichen Gebrauch bestimmten Raum ist an sich zwingender Bestandteil des Gemeinschafts­eigentums. Die entsprechenden Zugangs­flächen sind demzufolge nicht sondereigentums­fähig (BGH NJW 1991, 2909, 2911; BayObLG DNotZ 1992, 490, 492; DNotZ 2004, 386, 387).

Von diesem Grundsatz sind aber mehrere Ausnahmen anerkannt:

a)    Zugang von jedem Sondereigentum
Der Zugang zu einem gemeinschaftlichen Eigentum ist dann nicht zwingend gemein­schaftliches Eigentum, wenn jeder der Sondereigentumseinheiten ein eigener Zugang zur Verfügung steht (vgl. Gutachten DNotIReport 1997, 17, 19). Denn nach der Recht­sprechung müssen (nur) die Räume, die den einzigen Zugang zum Heizungsraum und zur Heizungsanlage bilden, zwingend im Gemeinschaftseigentum stehen (BGH NJW 1991, 2909; BayObLG DNotZ 2004, 386). Dem Sinn und Zweck der gesetz­lichen Vorstellung ist Genüge getan, weil jeder Sondereigentümer stets zur Kontrolle, Wartung und Bedienung der gemeinschaftlichen Versorgungsanlagen zu diesen gelangen kann, ohne fremdes Sondereigentum durchschreiten zu müssen. In der untergerichtlichen Rechtsprechung haben sowohl das LG Landau (Rpfleger 1985, 437) als auch das LG Köln (MittRhNotK 1993, 224) die Bildung von Sondereigentum zugelassen, wenn aus jeder Sondereigentumseinheit ein gesonderter Zugang zum Gemein­schaftseigentum möglich war. Auch Stimmen aus der Literatur sind der Auf­fassung der beiden Gerichte gefolgt (vgl. Staudinger/Rapp, § 3 WEG Rn. 15; Riecke/Schmid/Schneider, § 5 Rn. 83).

b)    Sondernutzungsrecht an Gemeinschaftseigentum für diejenigen Wohnungs­eigentums­einheiten, denen das ausschließliche Sondernutzungsrecht am Ge
meinschafts­eigentum zusteht
Eine weitere Ausnahme hat das OLG Frankfurt zugelassen (NJWRR 1987, 1163). Es müssten nur diejenigen Eigentümer über einen Zugang zu dem im Gemeinschafts­eigentum stehenden Raum verfügen, denen das Sondernutzungsrecht an diesem Raum zusteht. Es bestehe kein Erfordernis, dass der Raum für die nicht Nutzungsberechtigten über Gemeinschaftseigentum erreichbar sein müsse (zust. Hügel/Elzer, § 5 Rn. 31).

c)    Raum dient nicht dem ständigen Mitgebrauch aller Wohnungseigentümer
Der im Gemeinschaftseigentum stehende Raum muss außerdem nicht über Gemein­schaftseigentum erreichbar sein, wenn der Raum nach seiner Lage und Beschaffenheit gemäß der Teilungserklärung nicht zum ständigen Mitgebrauch dient, etwa ein Spitz­boden oder ein nicht ausgebauter Dachspeicher (BayObLG NJWRR 1992, 81; NJWRR 2001, 801). Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass der Zugang keine maß­gebende Rolle spielt,
wenn ein Mitgebrauch der anderen Wohnungseigentümer von tat­sächlicher Seite nicht in Betracht komme (BayObLG NJWRR 1992, 81, 83). In diesem Fall ver­pflichte das Gesetz in § 14 Nr. 4 WEG denjenigen Wohnungseigentümer, durch dessen Wohnung der im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Raum erreicht werden kann, das Betreten und die Benutzung seines Sondereigentums zu gestatten. Der Gesetzgeber gehe damit von der Möglichkeit aus, dass im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Teile des Gebäudes nur durch das Sondereigentum erreicht werden können (BayObLG a. a. O.).

d)    Schlussfolgerung
Für den vorliegenden Fall ergibt sich damit folgendes Bild: Der Heizungsraum ist von den­jenigen Wohnungseigentumseinheiten aus erreichbar, denen ein Sondernutzungs­recht zusteht. Dass dieser Zugang nicht über Gemeinschafts, sondern über Sonder­eigentum erfolgt, schadet mit Blick auf diese Einheiten nicht. Aus Sicht dieser Einheiten ist es ausreichend, dass ein Zugang nur über diese Einheit besteht (vgl. oben unter a).

Problematisch könnte die fehlende Zugangsmöglichkeit daher nur insoweit sein, als der Eigentümer der Wohnung Nr. 1 über keinen Zugang mehr zum Heizungsraum verfügt. Auch dies dürfte aber unschädlich sein. Denn dieser Eigentümer ist vom Mitgebrauch dieser Einheiten ohnehin ausgeschlossen. Wenn dem Eigentümer dieser Einheit schon kein Gebrauchsrecht an der Anlage zusteht, besteht nach der Konzeption des § 5 Abs. 2 WEG auch kein Bedürfnis dafür, dass diesem Eigentümer eine Zugangsmöglichkeit eingeräumt wird. Wenn der Eigentümer über keinen gesonderten Zugang zu einem Raum verfügen muss, der nicht zu seinem ständigen Mitgebrauch dient (vgl. oben unter c) zum Dachspitzboden), kann nichts anderes in dem Fall gelten,
in dem der Raum nach seiner Bestimmung nur der Benutzung durch zwei andere Eigentümer dient, die über einen eigenen Zugang verfügen.

Demzufolge dürfte die angedachte Gestaltung zulässig sein.

Gutachten/Abruf-Nr:

154438

Erscheinungsdatum:

15.06.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 81-83

Normen in Titel:

WEG § 5 Abs. 2