01. Juni 2012
BeurkG § 16; BeurkG § 13

Gegenwart des Notars während der Übersetzung der Niederschrift

DNotI

Gutachten-Abruf-Dienst

Deutsches Notarinstitut

G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 116783 l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 1. Juni 2012

BeurkG §§ 13, 16 Gegenwart des Notars während der Übersetzung der Niederschrift

I. Sachverhalt/Frage Muss der Notar bei der Übersetzung einer Urkunde durch den anwesenden und in der Urkunde aufgeführten Dolmetscher ständig anwesend sein. Oder darf er, nachdem er die deutsche Fassung der Urkunde verlesen hat, den Raum während der Übersetzung (zumindest zeitweise) verlassen? Der Notar kann ­ soweit erforderlich ­ während der Übersetzung jederzeit in das Beurkundungszimmer zurückkehren, um Fragen etc. zu beantworten. II. Zur Rechtslage 1. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG ist die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorzulesen, von ihnen zu genehmigen und eigenhändig zu unterschreiben. Ist einer der Urkundsbeteiligten der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig, so soll dies gem. § 16 Abs. 1 BeurkG in der Niederschrift festgestellt werden. Eine solche Niederschrift muss den Beteiligten sodann ,,anstelle des Vorlesens übersetzt werden" (§ 16 Abs. 2 S. 1 BeurkG). Schon der Wortlaut dieser Vorschrift macht deutlich, dass bei Personen, die der Urkundssprache nicht mächtig sind, die Übersetzung an die Stelle des Vorlesens tritt. Daher ist die Niederschrift nach einhelliger Auffassung im selben Umfang zu übersetzen, wie sie gegenüber sprachkundigen Beteiligten zu verlesen ist (Winkler, BeurkG, 16. Aufl. 2008, § 16 Rn. 12; BeckOK-BGB/Litzenburger, Stand: 1.3.2011, § 16 BeurkG Rn. 5; v. Schuckmann/Renner, in: Huhn/v. Schuckmann, BeurkG, 5. Aufl. 2008, § 16 Rn. 12; DNotI-Report 2006, 183). Einschränkungen der Übersetzungspflicht ergeben sich nur aus den §§ 13a, 14 BeurkG. Übersetzt der Notar nicht selbst, so muss er zur Übersetzung einen Dolmetscher hinzuziehen (§ 16 Abs. 3 S. 1 BeurkG). Der Notar muss während des gesamten Vorlesens ununterbrochen persönlich gegenwärtig sein und der Verhandlung seine gesamte Aufmerksamkeit widmen. Dies setzt in der Regel voraus, dass er sich im gleichen Raum wie die Beteiligten aufhält (BGH DNotZ 1975, 365, 367). Ausnahmen sind nur in engen Grenzen möglich, und nur dann, wenn sichergestellt ist, dass der Notar und die Beteiligten sich gegenseitig sehen und hören können und der Notar jederzeit in die Verhandlung eingreifen kann (RGZ 61, 95, 99). Hält der Notar sich nur kurzfristig außerhalb des Beurkundungszimmers auf, spricht die Lebenserfahrung dafür, dass
Deutsches Notarinstitut · Gerberstraße 19 · 97070 Würzburg · Telefon (0931) 35576-0 · Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de · internet: www.dnoti.de

2.

Seite 2

ihm die erforderliche Aufmerksamkeit fehlt und er die gebotene Leitung und Überwachung der Verhandlung nicht mehr wahrnimmt (Winkler, § 13 BeurkG Rn. 5f.; Litzenburger, § 13 BeurkG Rn. 4; v. Schuckmann/Renner, § 13 BeurkG Rn. 68; Renner, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 5. Aufl. 2008, § 13 Rn. 72; Lerch, § 13 BeurkG Rn. 13; Limmer, in: Eylmann/Vaasen, BNotO, 3. Aufl. 2011, § 13 BeurkG Rn. 4). U. E. kann nichts anderes gelten, wenn der Notar nicht selbst vorliest, sondern ein Dolmetscher übersetzt, da die Übersetzung das Vorlesen ersetzt. Zu jeder Zeit muss gewährleistet sein, dass der Notar erforderliche Belehrungen selbst erteilen kann und persönlich Fragen der Beteiligten beantwortet. Insbesondere bei Verschiedensprachigkeit der Parteien wäre andernfalls nur schwerlich sicherzustellen, dass allen Beteiligten die gleichen Belehrungen und Auskünfte erteilt werden. Dieses Ergebnis muss auch dann gelten, wenn der Notar jederzeit ins Beurkundungszimmer zurückkehren könnte, da Rechtsprechung und Literatur einhellig auf optische und akustische Präsenz des Notars und nicht auf bloße Erreichbarkeit abstellen. 3. Das Vorlesen der Niederschrift ist gem. § 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG zwingendes und wesentliches Formerfordernis der Beurkundung. Der Formfehler kann nicht durch befreiende oder zustimmende Erklärung der Beteiligten geheilt werden (OLG Hamm DNotZ 1978, 54, 56; OLG Celle OLG-Report 2001, 284, 285; Winkler, § 13 BeurkG Rn. 2; Renner, BeurkG, Rn. 1). Ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG hat daher die Nichtigkeit der Beurkundung zur Folge (§ 125 BGB; vgl. statt aller Litzenburger, § 13 BeurkG Rn. 5). Im Ergebnis ist daher die unmittelbare persönliche Anwesenheit des Notars auch während des Übersetzungsvorgangs erforderlich. Eine Abkürzung des Beurkundungsvorgangs lässt sich allenfalls durch den Gebrauch einer Verweisungsurkunde nach § 13a BeurkG oder durch die Arbeit mit Vollmachten oder Nachgenehmigungen erreichen. Die Pflichten des Notars nach § 17 BeurkG bleiben davon jedoch unberührt. Zudem wird solch ein Vorgehen teilweise für standeswidrig gehalten (Zimmermann, in: Beck'sches Notar-Handbuch, 5. Aufl. 2009, Abschn. H Rn. 28). Hinzu kommt bei Verstößen gegen § 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG die Gefahr einer Strafbarkeit wegen Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB; vgl. BGH DNotZ 1975, 365).

4.

Gutachten/Abruf-Nr:

116783

Erscheinungsdatum:

01.06.2012

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren

Normen in Titel:

BeurkG § 16; BeurkG § 13