30. August 2017
BGB § 1829; FamFG § 40 Abs. 2; BGB § 1828; FamFG § 41 Abs. 3; BGB § 1821

Betreuerwechsel während des laufenden Genehmigungsverfahrens

BGB §§ 1821, 1828, 1829; FamFG §§ 40 Abs. 2, 41 Abs. 3
Betreuerwechsel während des laufenden Genehmigungsverfahrens

I. Sachverhalt
Der Betreuer schloss einen Grundstückskaufvertrag für den Betreuten ab. Das Betreuungsgericht genehmigte „die in der Urkunde abgegebenen Erklärungen des Betreuers“. Nach Rechtskraft des Beschlusses nahm der Urkundsnotar den Beschluss aufgrund Doppelvollmacht entgegen. Die Urkunde wurde mit dem rechtskräftigen Beschluss des Betreuungsgerichts samt Entgegennahme und Mitteilung an den anderen Vertragsteil dem Grundbuchamt zur Eintragung der Vormerkung vorgelegt. Nun ist amtlich bekannt geworden, dass es einen neuen Betreuer gibt und der bisherige Betreuer nicht mehr Betreuer des Betreuten ist. Der Betreuer hatte bereits vor Rechtskraft des Beschlusses und Entgegennahme durch den Notar gewechselt.

II. Fragen
1.    Ist es erforderlich, dass der neue Betreuer die Urkunde genehmigt und dass dazu eine erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung eingeholt wird, oder genügt der bisherige Beschluss des Betreuungsgerichts?

2.    Ist die Entgegennahme wirksam, wenn der Notar von dem neuen Betreuer keine dies­bezügliche Vollmacht bekommen hat? Genügt insoweit die Vollmacht des damaligen Betreuers oder muss der neue Betreuer eine Vollmacht erteilen, den rechtskräftigen Beschluss entgegenzunehmen?

III. Zur Rechtslage
1.    Allgemeines zu den Auswirkungen der Entlassung und Neubestellung eines Betreuers
Das vom Betreuer namens des Betreuten vorgenommene Rechtsgeschäft wird nicht unwirksam, wenn es zu einem Betreuerwechsel kommt. Vielmehr bleibt das Rechtsgeschäft als Gegenstand des betreuungsgerichtlichen Genehmigungsverfahrens erhalten und wird vom Betreuerwechsel nicht berührt.

Der Betreuer ist gesetzlicher Vertreter des Betreuten (§ 1902 BGB). Nach allgemeiner Auffassung ist es unschädlich, wenn der Vertreter seine Vertretungsmacht nach Abschluss des Vertrags verliert. Der Vertretene bleibt an die Erklärungen gebunden (OLG Celle NJW 1953, 945; BayObLG DNotZ 1983, 752; Bolkart, MittBayNot 2011, 176, 177). Allerdings wird ein nach § 1908i i. V. m. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 5 BGB genehmigungsbedürftiger Grundstückskaufvertrag erst wirksam, wenn der Betreuer dem anderen Vertragsteil die Genehmigung mitteilt (§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB). Eine Mitteilung nach § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB ist nach ganz überwiegender Auffassung erst möglich, wenn der Beschluss rechtskräftig geworden ist, da er erst dann gem. § 40 Abs. 2 S. 1 FamFG wirksam wird (KG RNotZ 2016, 105, 106 = MittBayNot 2016, 238; Böhringer, BWNotZ 2010, 2, 11; Gutachten DNotI-Report 2009, 145, 151; Erman/Saar, BGB, 14. Aufl. 2014, § 1829 Rn. 2, 4; Heggen, NotBZ 2010, 393, 399; Kölmel, NotBZ 2010, 2, 4; G. Müller, in: G. Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 4. Aufl. 2015, Teil 1 Rn. 168; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, 7. Aufl. 2017, § 1828 Rn. 31; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3739; Weber, DNotZ 2015, 498, 515 f.; a. A. Litzenburger, RNotZ 2009, 380; zweifelnd BeckOGK-BGB/Kilian, Std.: 1.7.2017, § 1829 Rn. 17).

Diese Mitteilung muss der aktuelle Betreuer vornehmen (BayObLGE 21, 375, 377; Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1828 Rn. 6; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, § 1829 Rn. 21). Kommt es zu einem Betreuerwechsel, bevor der Betreuer oder der Notar namens des Betreuers (aufgrund der üblicherweise im Kaufvertrag enthaltenen Doppelvollmacht) die Mitteilung gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB macht, so ist für die Mitteilung zwingend der neue Betreuer zuständig.

2.    Auswirkung des Betreuerwechsels auf die erteilte Doppelvollmacht
Welche Auswirkungen ein Wechsel des Betreuers auf die vom früheren Betreuer erteilte Doppelvollmacht hat, wird nicht einheitlich beurteilt. Ganz überwiegend nimmt die Literatur an, dass die Doppelvollmacht nur so lange wirksam ist, wie der sie erteilende Betreuer im Amt ist (Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. 2014, Rn. 584; Staudinger/Veit, BGB, Neubearb. 2014, § 1793 Rn. 83; MünchKommBGB/Spickhoff, § 1793 Rn. 43; RGRK-BGB/Dickescheid, 12. Aufl. 1999, § 1793 Rn. 83; Gutachten DNotI-Report 2009, 145, 151; Weber, DNotZ 2015, 498, 518; a. A. Sonnenfeld/Zorn, Rpfleger 2004, 533, 534). Dafür spricht, dass die Befugnis zur Entgegennahme der Betreuung und der Mitteilung nach § 1829 BGB essentiell mit der Amtsstellung des jeweiligen Betreuers verknüpft ist. Anders als beim bestehen bleibenden Kaufvertrag handelt es sich nicht um ein Recht oder eine Pflicht des Betreuten, sondern um eine originäre Angelegenheit des Betreuers. Dementsprechend gehen wir davon aus, dass eine Vollmacht des Betreuers ihre Wirksamkeit in dem Moment verliert, da das Amt auf eine andere Person übergeht.

3.    Genehmigung bzw. Bestätigung der Vollmacht
In Konsequenz der überwiegenden Auffassung muss der neue Betreuer dem Notar eine neue Doppelvollmacht erteilen, wenn der Betreuerwechsel stattfindet, bevor der Notar die Genehmigung dem anderen Vertragsteil mitteilt. Der neue Betreuer kann sämtliche in der Urkunde enthaltenen Vollmachten genehmigen bzw. bestätigen und neu erteilen. Um gegenüber dem Grundbuchamt den erforderlichen Nachweis zu erbringen (§ 29 Abs. 1 S. 1 GBO), sollte dies in unterschriftsbeglaubigter Form geschehen. Zur Unterschriftsbeglaubigung kann eine beglaubigte Abschrift der Bestallungsurkunde des neuen Betreuers mit dem Vermerk genommen werden, dass diese dem Notar in Urschrift vorgelegen hat.

4.    Auswirkung des Betreuerwechsels auf das Genehmigungsverfahren
Nach allgemeiner Auffassung kann der neue Betreuer das laufende Genehmigungsverfahren in dem Stand fortsetzen, in dem es sich zum Zeitpunkt des Wegfalls des bisherigen Betreuers befunden hat. Ist das bisherige Rechtsgeschäft genehmigt worden, so kann der Betreuer von der Ge­nehmigung Gebrauch machen, z. B. den Vertrag durch Mitteilung der Genehmigung dem Geschäftspartner gegenüber wirksam machen (BeckOK-BGB/G. Müller, Std.: 15.6.2017, § 1908c Rn. 7; MünchKommBGB/Schwab, § 1908c Rn. 17; Staudinger/Bienwald, Neubearb. 2013, § 1908c Rn. 23; Krauß, Rn. 584; Dodegge, in: Dodegge/Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 1908b BGB Rn. 108; jurisPK-BGB/Lafontaine, 8. Aufl. 2017, § 1828 Rn. 95; so schon BayObLG OLGE 32, 19, 20).

Demzufolge wird eine bereits erteilte betreuungsgerichtliche Genehmigung mit dem Wechsel in der Person des Betreuers nicht gegenstandslos.

5.    Erneute Bekanntmachung der familiengerichtlichen Genehmigung ggü. dem neuen Betreuer?
Wenn der neue Betreuer das Verfahren in demjenigen Stadium fortsetzen kann, in dem es sich zum Zeitpunkt des Wegfalls des alten Betreuers befunden hat, dann stellt sich die Frage, welche konkreten Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Auszugehen ist von § 1828 BGB, der gem. § 1908i BGB entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser Norm kann das Betreuungsgericht die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nur dem Betreuer gegenüber erklären. Der Betreuer muss die Genehmigung dem anderen Teil außerdem wirksam mit­teilen (§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB). Nur wenn die Voraussetzungen von §§ 1828 und 1829 BGB kumulativ vorliegen, wird das Rechtsgeschäft wirksam (NK-BGB/Fritsche, 3. Aufl. 2014, § 1828 Rn. 1, § 1829 Rn. 4). Die Genehmigung ist grund­sätzlich gegenüber dem amtierenden Betreuer zu erklären (BayObLG OLGE 32, 19, 20; Erman/A. Roth, § 1908c Rn. 2; BeckOK-BGB/Bettin, Std.: 15.6.2017, § 1828 Rn. 4; Palandt/Götz, § 1828 Rn. 6). Wechselt der Betreuer während eines laufenden Genehmigungsverfahrens, so ist der neue Betreuer zu beteiligen (§§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 274 Abs. 1 Nr. 2 FamFG). Der Genehmigungsbeschluss ist nunmehr ihm bekannt zu geben (HK-BUR/Winhold-Schött/Deinert, 74. Aktualisierung 6/2010, § 1828 BGB Rn. 32).

Ist die Genehmigung dem (mittlerweile entlassenen) Betreuer bekannt gegeben worden (§ 41 Abs. 1 FamFG), als er noch im Amt war, und hat der Betreuer vor Rechtskraft gewechselt, so bleibt die Bekanntgabe wirksam. Der neue Betreuer kann entscheiden, ob er dem Rechtsgeschäft durch Mitteilung der Genehmigung zur Wirksamkeit verhilft (BeckOK-BGB/G. Müller, § 1908c Rn. 7; Krauß, Rn. 584; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl. 2000, § 1828 Rn 16 i. V. m. § 1829 Rn. 6; Staudinger/Bienwald, § 1908c Rn. 23; Weber, DNotZ 2015, 498, 519).

Zweifelhaft ist, ob das Betreuungsgericht den Genehmigungsbeschluss nicht auch in diesem Fall dem neuen Betreuer mitteilen muss, damit die Genehmigung wirksam und rechtskräftig werden kann (§ 41 Abs. 1 FamFG). Wie sich ein Betreuerwechsel nach der Bekanntgabe des Beschlusses, aber vor dessen Wirksamkeit auswirkt, ist ungeklärt. In der Bekanntgabe des Beschlusses (§ 41 Abs. 1 FamFG) liegt grundsätzlich die für § 1828 BGB erforderliche Mitteilung (vgl. Staudinger/Veit, § 1828 Rn. 40). Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, warum der neue Betreuer nicht von der dem bisherigen Betreuer erteilten Genehmigung Gebrauch machen soll. Auch eine Beteiligung des neuen Betreuers ergibt keinen Sinn, wenn das Gericht die Genehmigung bereits antragsgemäß erteilt hat. Es liegt vielmehr in der eigenen Verantwortung des neuen Betreuers, darüber zu entscheiden, ob er die Genehmigung dem anderen Vertragsteil mitteilt. Der neue Betreuer kann gegen den Genehmigungsbeschluss selbst keine Beschwerde einlegen (BGH DNotZ 2016, 195, 196 Tz. 17), denn er ist nicht beschwert.

Unseres Erachtens sprechen die besseren Gründe dafür, dass der neue Betreuer nicht am Verfahren zu beteiligen ist und dass ihm die Genehmigung nicht mitgeteilt werden muss, wenn die Genehmigung bereits dem bisherigen Betreuer bekannt gegeben worden ist. Der Betreuerwechsel soll das laufende Genehmigungsverfahren nicht berühren. Der neue Betreuer übernimmt das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich befunden hat. Dann muss er auch die Erklärungen gelten lassen, die bereits seinem Vorgänger gegenüber abgegeben worden sind. Aus notarieller Sicht ist zu bedenken, dass das Betreuungsgericht entscheiden muss, wem es die Genehmigung bekannt macht. Erteilt das Gericht das Rechtskraftzeugnis (§ 46 S. 1 FamFG), so darf der Notar grundsätzlich auf dessen Beweiswirkung und auch Richtigkeit vertrauen, solange er keine Kenntnis von der Unrichtigkeit hat (Böhringer, BWNotZ 2010, 2, 11; Kölmel, NotBZ 2010, 2, 11; Gutachten DNotI-Report 2009, 145, 150).

6.    Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall
Wurde der Betreuer vor Wirksamwerden der Genehmigung durch Eintritt der Rechtskraft entlassen, so geht die von ihm erteilte Doppelvollmacht ins Leere. Der Notar kann die Genehmigung nicht mehr wirksam für den Betreuer entgegennehmen. Demzufolge liegen auch die Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vor. Der Kaufpreis kann derzeit nicht fällig gestellt werden.

Der Notar benötigt eine Vollmacht des neuen Betreuers in unterschriftsbeglaubigter Form (§ 29 Abs. 1 GBO). Der neue Betreuer kann sämtliche Erklärungen des Betreuers in der Vorurkunde bestätigen und alle Vollmachten im eigenen Namen erneut erteilen.

Sodann sollte der Notar den Kontakt mit dem Betreuungsgericht suchen und dieses um ein neues Rechtskraftzeugnis ersuchen. Es liegt in der Verantwortung des Betreuungsgerichts, die Auswirkungen des Betreuerwechsels auf die dem bisherigen Betreuer erteilte Genehmigung zu überprüfen.

Als sicherster Weg bietet es sich für das Betreuungsgericht an, den Genehmigungsbeschluss dem von dem neuen Betreuer bevollmächtigten Notar erneut bekannt zu geben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der alte Betreuer vor der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses ihm gegenüber sein Amt verloren hat. Wurde der Genehmigungsbeschluss dem Betreuer zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben, da er noch im Amt war, dürfte eine erneute Bekanntgabe nicht erforderlich sein. In diesem Fall kann der Notar die Genehmigung für den neuen Betreuer dem anderen Vertragsteil mitteilen, wenn der neue Betreuer ihm eine entsprechende Vollmacht erteilt.

Gutachten/Abruf-Nr:

156041

Erscheinungsdatum:

30.08.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 121-123

Normen in Titel:

BGB § 1829; FamFG § 40 Abs. 2; BGB § 1828; FamFG § 41 Abs. 3; BGB § 1821