Betreuerwechsel während des laufenden Genehmigungsverfahrens
BGB §§ 1821, 1828, 1829; FamFG §§ 40 Abs. 2, 41 Abs. 3
Betreuerwechsel während des laufenden Genehmigungsverfahrens
I. Sachverhalt
Der Betreuer schloss einen Grundstückskaufvertrag für den Betreuten ab. Das Betreuungsgericht genehmigte „die in der Urkunde abgegebenen Erklärungen des Betreuers“. Nach Rechtskraft des Beschlusses nahm der Urkundsnotar den Beschluss aufgrund Doppelvollmacht entgegen. Die Urkunde wurde mit dem rechtskräftigen Beschluss des Betreuungsgerichts samt Entgegennahme und Mitteilung an den anderen Vertragsteil dem Grundbuchamt zur Eintragung der Vormerkung vorgelegt. Nun ist amtlich bekannt geworden, dass es einen neuen Betreuer gibt und der bisherige Betreuer nicht mehr Betreuer des Betreuten ist. Der Betreuer hatte bereits vor Rechtskraft des Beschlusses und Entgegennahme durch den Notar gewechselt.
II. Fragen
1. Ist es erforderlich, dass der neue Betreuer die Urkunde genehmigt und dass dazu eine erneute betreuungsgerichtliche Genehmigung eingeholt wird, oder genügt der bisherige Beschluss des Betreuungsgerichts?
2. Ist die Entgegennahme wirksam, wenn der Notar von dem neuen Betreuer keine diesbezügliche Vollmacht bekommen hat? Genügt insoweit die Vollmacht des damaligen Betreuers oder muss der neue Betreuer eine Vollmacht erteilen, den rechtskräftigen Beschluss entgegenzunehmen?
III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zu den Auswirkungen der Entlassung und Neubestellung eines Betreuers
Das vom Betreuer namens des Betreuten vorgenommene Rechtsgeschäft wird nicht unwirksam, wenn es zu einem Betreuerwechsel kommt. Vielmehr bleibt das Rechtsgeschäft als Gegenstand des betreuungsgerichtlichen Genehmigungsverfahrens erhalten und wird vom Betreuerwechsel nicht berührt.
Der Betreuer ist gesetzlicher Vertreter des Betreuten (
Diese Mitteilung muss der aktuelle Betreuer vornehmen (BayObLGE 21, 375, 377; Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1828 Rn. 6; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, § 1829 Rn. 21). Kommt es zu einem Betreuerwechsel, bevor der Betreuer oder der Notar namens des Betreuers (aufgrund der üblicherweise im Kaufvertrag enthaltenen Doppelvollmacht) die Mitteilung gem.
2. Auswirkung des Betreuerwechsels auf die erteilte Doppelvollmacht
Welche Auswirkungen ein Wechsel des Betreuers auf die vom früheren Betreuer erteilte Doppelvollmacht hat, wird nicht einheitlich beurteilt. Ganz überwiegend nimmt die Literatur an, dass die Doppelvollmacht nur so lange wirksam ist, wie der sie erteilende Betreuer im Amt ist (Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. 2014, Rn. 584; Staudinger/Veit, BGB, Neubearb. 2014, § 1793 Rn. 83; MünchKommBGB/Spickhoff, § 1793 Rn. 43; RGRK-BGB/Dickescheid, 12. Aufl. 1999, § 1793 Rn. 83; Gutachten
3. Genehmigung bzw. Bestätigung der Vollmacht
In Konsequenz der überwiegenden Auffassung muss der neue Betreuer dem Notar eine neue Doppelvollmacht erteilen, wenn der Betreuerwechsel stattfindet, bevor der Notar die Genehmigung dem anderen Vertragsteil mitteilt. Der neue Betreuer kann sämtliche in der Urkunde enthaltenen Vollmachten genehmigen bzw. bestätigen und neu erteilen. Um gegenüber dem Grundbuchamt den erforderlichen Nachweis zu erbringen (
4. Auswirkung des Betreuerwechsels auf das Genehmigungsverfahren
Nach allgemeiner Auffassung kann der neue Betreuer das laufende Genehmigungsverfahren in dem Stand fortsetzen, in dem es sich zum Zeitpunkt des Wegfalls des bisherigen Betreuers befunden hat. Ist das bisherige Rechtsgeschäft genehmigt worden, so kann der Betreuer von der Genehmigung Gebrauch machen, z. B. den Vertrag durch Mitteilung der Genehmigung dem Geschäftspartner gegenüber wirksam machen (BeckOK-BGB/G. Müller, Std.: 15.6.2017, § 1908c Rn. 7; MünchKommBGB/Schwab, § 1908c Rn. 17; Staudinger/Bienwald, Neubearb. 2013, § 1908c Rn. 23; Krauß, Rn. 584; Dodegge, in: Dodegge/Roth, Systematischer Praxiskommentar Betreuungsrecht, 4. Aufl. 2014,
Demzufolge wird eine bereits erteilte betreuungsgerichtliche Genehmigung mit dem Wechsel in der Person des Betreuers nicht gegenstandslos.
5. Erneute Bekanntmachung der familiengerichtlichen Genehmigung ggü. dem neuen Betreuer?
Wenn der neue Betreuer das Verfahren in demjenigen Stadium fortsetzen kann, in dem es sich zum Zeitpunkt des Wegfalls des alten Betreuers befunden hat, dann stellt sich die Frage, welche konkreten Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Auszugehen ist von
Ist die Genehmigung dem (mittlerweile entlassenen) Betreuer bekannt gegeben worden (
Zweifelhaft ist, ob das Betreuungsgericht den Genehmigungsbeschluss nicht auch in diesem Fall dem neuen Betreuer mitteilen muss, damit die Genehmigung wirksam und rechtskräftig werden kann (
Unseres Erachtens sprechen die besseren Gründe dafür, dass der neue Betreuer nicht am Verfahren zu beteiligen ist und dass ihm die Genehmigung nicht mitgeteilt werden muss, wenn die Genehmigung bereits dem bisherigen Betreuer bekannt gegeben worden ist. Der Betreuerwechsel soll das laufende Genehmigungsverfahren nicht berühren. Der neue Betreuer übernimmt das Verfahren in dem Stadium, in dem es sich befunden hat. Dann muss er auch die Erklärungen gelten lassen, die bereits seinem Vorgänger gegenüber abgegeben worden sind. Aus notarieller Sicht ist zu bedenken, dass das Betreuungsgericht entscheiden muss, wem es die Genehmigung bekannt macht. Erteilt das Gericht das Rechtskraftzeugnis (
6. Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall
Wurde der Betreuer vor Wirksamwerden der Genehmigung durch Eintritt der Rechtskraft entlassen, so geht die von ihm erteilte Doppelvollmacht ins Leere. Der Notar kann die Genehmigung nicht mehr wirksam für den Betreuer entgegennehmen. Demzufolge liegen auch die Fälligkeitsvoraussetzungen nicht vor. Der Kaufpreis kann derzeit nicht fällig gestellt werden.
Der Notar benötigt eine Vollmacht des neuen Betreuers in unterschriftsbeglaubigter Form (
Sodann sollte der Notar den Kontakt mit dem Betreuungsgericht suchen und dieses um ein neues Rechtskraftzeugnis ersuchen. Es liegt in der Verantwortung des Betreuungsgerichts, die Auswirkungen des Betreuerwechsels auf die dem bisherigen Betreuer erteilte Genehmigung zu überprüfen.
Als sicherster Weg bietet es sich für das Betreuungsgericht an, den Genehmigungsbeschluss dem von dem neuen Betreuer bevollmächtigten Notar erneut bekannt zu geben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der alte Betreuer vor der Bekanntgabe des Genehmigungsbeschlusses ihm gegenüber sein Amt verloren hat. Wurde der Genehmigungsbeschluss dem Betreuer zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben, da er noch im Amt war, dürfte eine erneute Bekanntgabe nicht erforderlich sein. In diesem Fall kann der Notar die Genehmigung für den neuen Betreuer dem anderen Vertragsteil mitteilen, wenn der neue Betreuer ihm eine entsprechende Vollmacht erteilt.
156041
Erscheinungsdatum:30.08.2017
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
BGB § 1829; FamFG § 40 Abs. 2; BGB § 1828; FamFG § 41 Abs. 3; BGB § 1821