22. Februar 2023
ZPO § 727

Klauselumschreibung auf den Zessionar; Anforderungen an den Nachweis der Abtretung

ZPO § 727
Klauselumschreibung auf den Zessionar; Anforderungen an den Nachweis der Abtretung

I. Sachverhalt
Der bisherige Gläubiger (Zedent) und der neue Gläubiger (Zessionar) einer titulierten Forderung haben eine Bestätigung über die Abtretung der Forderung unterzeichnet. Nur die Unterschrift des Zedenten wurde notariell beglaubigt. Das Amtsgericht, welches für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig ist, lehnt die Umschreibung der Vollstreckungsklausel auf den Zessionar unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 22.5.2019 (Az.: VII ZB 87/17, RNotZ 2019, 537 = DNotZ 2019, 919) ab, wonach zwar eine Abtretungsbestätigung als Nachweis i. S. d. § 727 ZPO ausreiche, diese jedoch sowohl vom Zedenten als auch vom Zessionar notariell beglaubigt unterzeichnet sein müsse.

II. Frage
Ist es für den Nachweis des Rechtsübergangs im Rahmen des § 727 ZPO erforderlich, dass auch der Zessionar die Abtretung bzw. Abtretungsbestätigung in notariell beglaubigter Form unterzeichnet, oder ist dem Gericht gegenüber die Annahme der Abtretung dadurch offenkundig, dass der Zessionar den Antrag auf Klauselumschreibung stellt?

III. Zur Rechtslage
1. Gemäß § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird.

Der Nachweis der Rechtsnachfolge durch öffentlich beglaubigte Urkunden ist nach allgemeiner Auffassung geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft dieser Urkunden mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann (vgl. nur BGH RNotZ 2019, 537 Rn. 28; DNotZ 2018, 223 Rn. 15 m. w. N.).

Daraus wird nach h. M. (bisher jedenfalls) gefolgert, dass im Falle einer Abtretung der titulierten Forderung der Nachweis der Abgabe der Abtretungserklärung des Zedenten in der Form des § 727 ZPO genügt (Winkler, RNotZ 2019, 117, 126, 132; Wolfsteiner, Die vollstreckbare Urkunde, 4. Aufl. 2019, Rn. 46.22, MünchKommZPO/Wolfsteiner, 6. Aufl. 2020, § 727 Rn. 69; Saenger/Kindl, ZPO, 9. Aufl. 2021, § 727 Rn. 4; BayObLG DNotZ 1997, 77, 78). Dass der Zessionar die Abtretungserklärung angenommen habe, ergebe sich bereits aus der Stellung des Antrags auf Klauselumschreibung (so ausdrücklich Winkler, RNotZ 2019, 117, 126, 132; Saenger/Kindl, § 727 Rn. 4).

2. Fraglich ist jedoch, ob dem vom Amtsgericht angeführten Beschluss des BGH vom 22.5.2019 entnommen werden kann, dass künftig im Falle der Vorlage einer Abtretungsbestätigung (also nicht der Abtretung selbst) die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift des Zedenten allein nicht mehr genügt, sondern auch die Unterschrift des Zessionars öffentlich beglaubigt sein muss.

In diesem Beschluss hat der BGH unter Verweis auf einen Beschluss des OLG Schleswig (Beschl. v. 21.5.2010 – 16 W 38/10, BeckRS 2010, 17297) entschieden, dass es als Nachweis i. S. d. § 727 ZPO ausreichen könne, „wenn eine öffentlich beglaubigte Abtretungsbestätigung seitens des Zedenten und des Zessionars vorgelegt wird, in der hinreichend konkret auf die zuvor erfolgte Abtretung Bezug genommen und diese bestätigt wird“ (RNotZ 2019, 537 Rn. 29). Denn dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach könne bei einer derartigen Bestätigung davon ausgegangen werden, dass die darin konkret in Bezug genommene und bestätigte Abtretung erfolgt sei (BGH RNotZ 2019, 537 Rn. 29).

Diese Formulierung des BGH kann jedoch nicht so verstanden werden, dass im Falle einer Abtretungsbestätigung immer zwingend sowohl die Unterschrift des Zedenten als auch die des Zessionars öffentlich beglaubigt sein müssen.

a) Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem für die Umschreibung der Vollstreckungsklausel statt der Abtretungserklärung selbst eine Abtretungsbescheinigung des Zedenten und des Zessionars vorlegt wurde, wobei sowohl die Unterschrift des Zedenten als auch die des Zessionars notariell beglaubigt waren. Das Beschwerdegericht lehnte die Erteilung der Vollstreckungsklausel mit dem Argument ab, dass eine solche Abtretungsbescheinigung nicht die Rechtsnachfolge in Form einer öffentlichen Urkunde nachweise und daher nicht den Formerfordernissen des § 727 Abs. 1 ZPO genüge (vgl. RNotZ 2019, 537 Rn. 22).
Vor diesem Hintergrund stellte der BGH klar, dass für den Nachweis einer Rechtsnachfolge aufgrund Abtretung bei der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für den Rechtsnachfolger gem. § 727 Abs. 1 ZPO nicht notwendig die Vorlage einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde, die die Abtretung selbst enthält, erforderlich ist (RNotZ 2019, 537 Rn. 29). Es genügt als Nachweis, wenn – wie im konkret entschiedenen Fall – eine öffentlich beglaubigte Abtretungsbestätigung seitens des Zedenten und des Zessionars vorgelegt wird, in der hinreichend konkret auf die zuvor erfolgte Abtretung Bezug genommen und diese bestätigt wird (BGH RNotZ 2019, 537 Rn. 29).

Die wesentliche Aussage des BGH ist hier u. E. darin zu sehen, dass nicht die Abtretungserklärung selbst in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt werden muss, sondern auch eine Bestätigung über die Abtretung genügt. Dass der BGH im Zusammenhang mit der öffentlich beglaubigten Abtretungsbestätigung sowohl Zedent als auch Zessionar nennt, dürfte eher dem Umstand geschuldet sein, dass die Bestätigung im entschiedenen Fall durch beide in öffentlich beglaubigter Form unterschrieben war. Das Gericht musste sich also gar nicht mit der Frage befassen, ob es genügen würde, wenn nur die Unterschrift des bestätigenden Zedenten öffentlich beglaubigt ist.

So war es auch in dem vom BGH zitierten Beschluss des OLG Schleswig. Auch dort ging es um eine Abtretungsbestätigung, die durch alle Beteiligten unterschrieben war, wobei die Unterschriften aller Beteiligten öffentlich beglaubigt waren. Das OLG hat sich in diesem Fall vor allem mit zwei Fragen auseinandergesetzt: Erstens, ob die Vorlage einer notariell beglaubigten Abschrift der Abtretungsbestätigung samt Beglaubigungsvermerken genügt (und dies bejaht, vgl. ersten amtl. Ls.) und zweitens, ob bezüglich eines Beteiligten, dessen Unterschrift durch einen schweizerischen Rechtsanwalt beglaubigt wurde, ebenfalls eine öffentliche Beglaubigung i. S. d. § 40 BeurkG vorliegt (und dies ebenfalls bejaht). Da nach Auffassung des OLG die Unterschriften aller Beteiligten öffentlich beglaubigt waren, musste es sich ebenfalls nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob es für den Nachweis der Rechtsnachfolge erforderlich ist, dass auch die Unterschrift des Zessionars öffentlich beglaubigt vorliegt.

Vor diesem Hintergrund kann der Verweis des BGH auf den OLG-Beschluss u. E. nicht so verstanden werden, dass der BGH damit ausdrücken wollte, dass eine Abtretungsbestätigung, die nur durch den Zedenten in beglaubigter Form unterschrieben wurde, nicht ausreichen würde.

b) Hierfür spricht ferner eine im vorgenannten Beschluss des BGH zitierte Entscheidung desselben. In diesem Fall hatte das Gericht entschieden, dass für den Nachweis der Freigabe eines Grundstücks aus dem Insolvenzbeschlag für Zwecke der Klauselumschreibung nicht zwingend die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde und ein Nachweis der Übermittlung der Freigabeerklärung an den Schuldner mittels öffentlicher Urkunde erforderlich ist. Es genügt, wenn aus einer anderen öffentlichen Urkunde dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach der Schluss gezogen werden kann, dass das Grundstück vom Insolvenzbeschlag freigegeben ist (BGH DNotZ 2018, 223 Rn. 16). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn aufgrund eines Grundbuchauszuges festgestellt werden kann, dass der Insolvenzvermerk gelöscht ist (BGH DNotZ 2018, 223 Rn. 17). Denn die Löschung des Insolvenzvermerks beruht entweder auf einer Verfahrenserklärung des Insolvenzgerichts oder einer Verfahrenserklärung des Insolvenzverwalters. Aufgrund des gewöhnlichen Geschehensablaufs kann deshalb aus der Löschung des Insolvenzvermerks im Grundbuch der Schluss gezogen werden, dass das Grundstück nicht mehr dem Insolvenzbeschlag unterliegt (BGH DNotZ 2018, 223 Rn. 19).

Bemerkenswert hieran ist, dass die Freigabe von Vermögensgegenständen vom Insolvenzbeschlag materiell-rechtlich durch eine empfangsbedürftige, unwiderrufliche Erklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner erfolgt (BGH DNotZ 2018, 223 Rn. 13, NJW 1994, 3232, 3233). Nach dieser Entscheidung bedarf es für die Klauselumschreibung jedoch noch nicht einmal der Bestätigung des Insolvenzverwalters über seine Abgabe dieser Freigabeerklärung – geschweige denn der Bestätigung des Schuldners über den Zugang der Erklärung. Zum Nachweis der Freigabe genügt ein bloßer Grundbuchauszug, aus dem auf die Abgabe der Freigabeerklärung geschlossen werden kann – also ein bloßes Indiz für das Vorliegen der Erklärung.

c) Die in lit. b) genannte BGH-Entscheidung (dort unter Rn. 15) zitiert eine Entscheidung des RG. Dort ging es um eine Klauselumschreibung nach Pfändung und Überweisung der titulierten Forderung durch einen Gläubiger des Titelgläubigers. Obwohl im Rahmen der Klauselumschreibung geltend gemacht wurde, dass der Anspruch bereits zuvor durch einen Dritten gepfändet worden sei und daher nicht mehr durch den Gläubiger, der die Klauselumschreibung begehrte, hätte gepfändet werden können, ließ es das RG für den Nachweis der Rechtsnachfolge im Rahmen der Klauselumschreibung genügen, dass der Antragsteller im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsurteils war (RGZ 57, 326, 328).
3. Die vorgenannte Rechtsprechung des BGH und des RG macht deutlich, dass für den Nachweis der Rechtsnachfolge im Rahmen des Klauselumschreibung nicht sämtliche Zweifel an dem Eintritt der Rechtsnachfolge durch den Antragsteller mittels öffentlicher bzw. öffentlich beglaubigter Urkunden ausgeräumt werden müssen. Somit genügt es, wenn die Abtretungsbestätigung durch den Zedenten unterschrieben und dessen Unterschrift öffentlich beglaubigt ist und der Zessionar die Klauselumschreibung beantragt, da dann nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf davon ausgegangen werden kann, dass die bestätigte Abtretung tatsächlich stattgefunden hat (die Bestätigung des Zedenten in öffentlich beglaubigter Form ebenfalls für ausreichend haltend: MünchKommZPO/Wolfsteiner, § 727 Rn. 69).

Gutachten/Abruf-Nr:

193584

Erscheinungsdatum:

22.02.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

DNotI-Report 2023, 25-27

Normen in Titel:

ZPO § 727