Änderung des Gesellschaftsvertrags einer Mehrpersonen-GmbH vor Eintragung unter Mitwirkung eines vollmachtlosen Vertreters; Genehmigung; Vor-GmbH; Unterzeichnung der Gesellschafterliste bei Gründung durch sämtliche Geschäftsführer; Vertretung des Geschäftsführers bei der Anmeldung; ausländischer Geschäftsführer
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 160110
letzte Aktualisierung: 27. Februar 2018
GmbHG §§ 2 Abs. 2, 7, 8, 6
Änderung des Gesellschaftsvertrags einer Mehrpersonen-GmbH vor Eintragung unter
Mitwirkung eines vollmachtlosen Vertreters; Genehmigung; Vor-GmbH; Unterzeichnung
der Gesellschafterliste bei Gründung durch sämtliche Geschäftsführer; Vertretung des
Geschäftsführers bei der Anmeldung; ausländischer Geschäftsführer
I. Sachverhalt
Zwei Gesellschafter errichten eine GmbH, bestellen sich zugleich zu einzelvertretungsberechtigten
Geschäftsführern und melden die Gesellschaft zur Eintragung in das
Handelsregister an. Nun – vor Eintragung der GmbH – soll noch einmal der Gesellschaftsvertrag
bzgl. des Gesellschaftszwecks geändert werden. Für einen der Gesellschafter wird dabei ein
vollmachtloser Vertreter handeln, nach Möglichkeit auch bei der Nachtragsanmeldung zum
Handelsregister. Das Registergericht verlangt im Übrigen eine (neue) Gesellschafterliste, da die
eingereichte Gründerliste offenbar keine Nennbeträge und Prozentangaben hinsichtlich der
Einzelbeteiligungen enthielt.
Beide Gesellschafter sind chinesische Staatsangehörige. Einer von ihnen hält sich dauerhaft in
Peking auf.
II. Fragen
1. Ist die Genehmigung einer teils vollmachtlos beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrags
möglich? Wie lässt sich eine etwa erforderliche Unterschriftsbeglaubigung in China
erreichen?
2. Müssen sämtliche Geschäftsführer die Gründerliste und die Nachtragsanmeldung unterzeichnen?
Reicht eine einfache Unterschrift oder muss die Unterschrift beglaubigt werden?
Kann jeweils ein Vertreter für einen der Geschäftsführer handeln?
3. Kann man die Handelsregisteranmeldung in zwei (korrespondierende) Anmeldungen
aufspalten (mit Blick darauf, dass einer der Geschäftsführer in China unterschreiben muss)?
4. Kann man (in künftigen Fällen) mit einer Gründungsvollmacht des auswärtigen Gesellschafters
arbeiten, auch hinsichtlich der Gesellschafterliste und Anmeldung?
5. Kann ein chinesischer Staatsangehöriger, der sich gewöhnlich in China aufhält, Geschäftsführer
einer deutschen GmbH sein?
III. Zur Rechtslage
1. Genehmigung der vollmachtlosen Gesellschaftsvertragsänderung
Anders als eine Einpersonen-GmbH (s, in jüngerer Zeit wieder OLG Frankfurt, Beschl. v.
1.12.2016 – 20 W 198/15, Tz. 12 [juris]) kann eine Mehrpersonen-GmbH auch unter
Beteiligung vollmachtloser Vertreter gegründet werden. Die Genehmigung der
vollmachtlosen Vertretung ist aber (wie eine entsprechende Vollmacht) zumindest öffentlich
zu beglaubigen,
2017, § 2 Rn. 22; BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, Std.: 1.11.2017, § 2 Rn. 24;
Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 2 Rn. 34; MünchKommGmbHG/J.
Mayer, 2. Aufl. 2015, § 2 Rn. 72; J. Schmidt, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt,
GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 2 Rn. 73; vgl. auch OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.11.2011 – 20 W
459/11, Tz. 26 [juris]). Für die vollmachtlose Änderung des Gesellschaftsvertrags gilt
Entsprechendes (OLG Köln
Baumbach/Hueck/Fastrich, § 2 Rn. 22).
Gem. § 10 Abs. 2 KonsularG stehen die von einem Konsularbeamten aufgenommenen Urkunden
den von einem inländischen Notar aufgenommenen Urkunden gleich. Der in China
weilende Gesellschafter kann also seine Unterschrift z. B. in der Konsularabteilung der
deutschen Botschaft in Peking beglaubigen lassen. Da es sich bei den Erklärungen, unter
denen die Unterschriften zu beglaubigen sind, um Erklärungen in deutscher Sprache handeln
wird, sind keinerlei Übersetzungen erforderlich. Alternativ zur Beglaubigung durch den
Konsularbeamten kommt eine Beglaubigung durch einen chinesischen Notar in Betracht. In
diesem Fall ist aber eine Legalisation der Beglaubigung erforderlich.
2. Unterzeichnung der Gründerliste
Die Unterzeichnung der „Gründerliste“ (vgl.
Verpflichtung der Geschäftsführer, sodass eine Stellvertretung nicht in Betracht
kommt; erforderlich ist die Unterschrift sämtlicher Geschäftsführer
(MünchKommGmbHG/Herrler, § 8 Rn. 19; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 8 Rn. 4; zur Einreichung
nach
C. Jaeger, Std.: 1.11.2017, § 8 Rn. 6: Stellvertretung zulässig). Die Unterschrift
bedarf allerdings keiner Beglaubigung (Tebben, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt,
§ 8 Rn. 14; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 8 Rn. 4).
Vorliegend geht es nicht um die Einreichung einer neuen Gesellschafterliste nach Veränderung
(vgl.
eingereichten Liste wesentliche Angaben fehlen, zählt diese nicht als erste Liste. Für
die nunmehr einzureichende Liste gilt also uneingeschränkt dasjenige, was für eine „erste“
Gründerliste gilt.
3. Anmelder
Anzumelden haben die Gesellschaft sämtliche Geschäftsführer (§ 78 i. V. m. § 7 Abs. 1
GmbHG); dies muss ebenso für eine Nachtragsanmeldung gelten. Allerdings soll es nicht
notwendig sein, dass die Anmeldung von den Geschäftsführern gleichzeitig unterzeichnet
wird oder dass sie in einem einzigen Schriftstück enthalten ist; die Unterzeichnung getrennter,
aber inhaltsgleicher Anmeldungen genügt also (MünchKommGmbHG/Herrler, § 7
Rn. 16; Tebben, § 7 Rn. 13, der dieses Verfahren gerade im Zusammenhang mit Geschäftsführern
an verschiedenen Orten nennt; C. Schmidt-Leithoff, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff,
GmbHG, 6. Aufl. 2017, § 7 Rn. 9; vgl. auch
allerdings bei der Gesellschafterliste: hier müssen beide Geschäftsführer auf einer Gesellschafterliste
unterschreiben, denn das Handelsregister kann nur vollständig unterzeichnete
Listen aufnehmen, keine „Teillisten“, aus deren Zusammenschau sich die aktuell gültige
Liste erst ergeben soll).
Ob bei der Anmeldung Vertretung zulässig ist, erscheint nach wie vor umstritten. Nach einer
Ansicht scheidet Vertretung aus, weil die höchstpersönliche Geschäftsführerversicherung
(vgl. § 8 Abs. 2 u. 3 GmbHG) integraler Bestandteil der Anmeldung sei (BayObLG
Rn. 3; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 7 Rn. 1), nach a. A. ist Stellvertretung nur bei den Versicherungen
ausgeschlossen, bei der Anmeldung im Übrigen aber möglich (OLG Köln
Rn. 22 ff.; BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, Std.: 1.11.2017, § 7 Rn. 4; Krafka/Kühn,
Registerrecht, 10. Aufl. 2017, Rn. 115). Aus dem Sachverhalt ist im Übrigen nicht
ersichtlich, ob die Geschäftsführerversicherungen bereits abgegeben wurden.
4. „Gründungsvollmacht“?
Ob in Fällen wie dem vorliegenden stets die Erteilung einer „Gründungsvollmacht“ sinnvoll
ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sofern höchstpersönliche Erklärungen betroffen
sind, kann eine Gründungsvollmacht gerade nicht weiterhelfen.
5. Bestellung eines Nicht-EU-Ausländers zum Geschäftsführer
Nach inzwischen weit überwiegender Meinung ist die Bestellung von Nicht-EU-Ausländern
zu Geschäftsführern auch dann unproblematisch, wenn sich der zu Bestellende gewöhnlich
im Ausland aufhält: Die Aufenthalts- oder Einreiseerlaubnis sei vom Registergericht nicht
zu prüfen (OLG München
70/10 Tz. 6 [juris]; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.4.2009 – 3 Wx 85/09, Tz. 13 ff. [juris];
OLG Dresden, Urt. v. 5.11.2002 – 2 U 1433/02, Tz. 8 ff. [juris];
MünchKommGmbHG/W. Goette, § 6 Rn. 20; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 6 Rn. 15;
BeckOK-GmbHG/Wisskirchen/Kuhn, Std.: 1.11.2017, § 6 Rn. 15;
Baumbach/Hueck/Fastrich, § 6 Rn. 9; Krafka/Kühn, § 6 Rn. 958; a. A.
Scholz/U. H. Schneider/S. H. Schneider, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 6 Rn. 19).
160110
Erscheinungsdatum:27.02.2018
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:GmbH
Normen in Titel:GmbHG § 6; GmbHG § 8; GmbHG § 2 Abs. 2; GmbHG § 7