GmbHG § 7 Abs. 2 S. 1
Keine GmbH-Bargründung mittels E-Geld
I. Sachverhalt
Für den Nachweis der Einzahlung des Stammkapitals einer neu gegründeten GmbH legt deren Geschäftsführer eine Bescheinigung eines E-Geld-Instituts i. S. d. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZAG, konkret einen Einzahlungsbeleg auf ein PayPal-Konto, vor.
II. Frage
Kann eine Bareinlagepflicht durch Einzahlung von E-Geld bei einem E-Geld-Institut erfüllt werden?
III. Zur Rechtslage
1. Erfüllungswirkung von Bar- und Buchgeld
Gem. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG kann der Geschäftsführer der GmbH i. Gr. diese erst zur Eintragung beim Handelsregister anmelden, wenn mindestens ein Viertel des Nennbetrags auf jeden GmbH-Geschäftsanteil eingezahlt ist. Insgesamt muss die Hälfte des Stammkapitals eingezahlt sein, § 7 Abs. 2 S. 2 GmbHG. Eine Barzahlung, d. h. die Übereignung von inländischen gesetzlichen Zahlungsmitteln, stellt ohne Weiteres eine ordnungsgemäße Einzahlung i. S. d. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG dar (OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.1992 – 20 W l34/92, OLGZ 1992, 388; Ulmer/Casper, in: Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 7 Rn. 33), wenn die Zahlungsmittel der Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer, zu Eigentum übertragen werden und zu dessen freier Verfügung stehen. Auch andere Formen der Leistung, die ohne Wertverlust jederzeit zuverlässig in Geld umgesetzt werden können und nach der Verkehrsanschauung der Barzahlung gleichstehen, sind als ordnungsgemäße Einzahlung i. S. v. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG anzusehen (RG, Urt. v. 7.12.1909 – II 101/09, RGZ 72, 265, 268; Urt. v. 25.5.1898 – I 60/98, RGZ 41, 120, 122; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 21. Aufl. 2023, § 7 Rn. 11; BeckOGK-GmbHG/Müther, Std.: 15.4.2024, § 7 Rn. 58). Dazu gehört vor allem die Gutschrift von Buchgeld in einer inländischen gesetzlichen Währung auf einem Konto der Vor-GmbH bei einem Kreditinstitut (Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 7 Rn. 11; BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, Std.: 1.5.2024, § 7 Rn. 15; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, § 7 Rn. 25).
2. Keine Erfüllungswirkung von E-Geld
Fraglich ist, ob auch die Überlassung von E-Geld an die GmbH i. Gr. eine Einzahlung i. S. d. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG darstellt.
E-Geld ist nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 S. 3 ZAG jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge i. S. d. § 675f Abs. 4 S. 1 BGB durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird. Es tritt in verschiedenen Formen auf, v. a.: Speicherung des Guthabens auf dem Chip einer Geldkarte, Speicherung des Guthabens auf einem vom E-Geld-Emittenten betriebenen Server (sog. Netzgeld), Festspeicher, SIM-Karte im Smartphone oder Tablet-Computer sowie Prepaid-Produkte, bei denen das ausgebende Institut ein virtuelles Konto über das voreingezahlte Guthaben führt (MünchKommHGB/Herresthal, Band 6 [Bankvertragsrecht u. a.], 5. Aufl. 2024, Teil 1 A Rn. 79). Die beiden wichtigsten Praxisfälle von serverbasiertem E-Geld in Deutschland sind die Angebote von PayPal und Amazon pay (MünchKommBGB/Casper, 9. Aufl. 2023, § 675f Rn. 143).
Im Falle von PayPal können der Käufer und der Verkäufer einer Ware jeweils einen Nutzungsvertrag mit der PayPal (Europe) SARL et Cie als Zahlungsdienstleister abschließen. Der Käufer weist sodann PayPal an, einen bestimmten Betrag von seinem E-Geld-Guthaben auf einem virtuellen Konto bei PayPal oder Buchgeld von einem Girokonto bei seiner Hausbank abzuziehen und das (umgewandelte) E-Geld auf das virtuelle Konto des Verkäufers bei PayPal zu transferieren. Der Verkäufer kann den gutgeschriebenen E-Geld-Betrag seinerseits verwenden oder sich auf ein angegebenes Girokonto in Form von Buchgeld auszahlen lassen (Harman, BKR 2018, 457 f.; MünchKommHGB/Herresthal, Teil 1 A Rn. 87 f.; MünchKommBGB/Casper, § 675f Rn. 144, jeweils m. w. N.).
Seinem Zweck nach soll E-Geld das Bargeld ersetzen (BeckOGK-BGB/Foerster, Std.: 15.3.2024, § 675c Rn. 301). Seine zivilrechtliche Natur ist allerdings umstritten. Es handelt sich jedenfalls nicht um Buchgeld (BeckOGK-BGB/Foerster, § 675c Rn. 302 f.). Denn der Kunde des E-Geld-Emittenten hat einen Anspruch auf Rückumwandlung der in E-Geld denominierten Forderung in reguläres Buchgeld durch Übertragung eines Buchgeldäquivalents auf sein Girokonto (MünchKommHGB/Herresthal, Teil 1 A Rn. 83; MünchKommBGB/Casper, 9. Aufl. 2023, § 675c Rn. 30; BeckOGK-BGB/Foerster, § 675c Rn. 302 f.). Im Zahlungsverkehr weist der Zahler den E-Geld-Emittenten an, seinem E-Geld-Konto einen Betrag abzuziehen und in dieser Höhe eine neue Forderung zugunsten des Zahlungsempfängers zu begründen. Dabei handelt es sich um eine Leistung an Erfüllungs statt hinsichtlich des Geldzahlungsanspruchs des Zahlungsempfängers, § 364 Abs. 1 BGB (MünchKommHGB/Herresthal, Teil 1 A Rn. 79 f.). Eine Leistung an Erfüllungs statt stellt aber keine taugliche Bareinzahlung i. S. d. § 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG dar (Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 7 Rn. 13). Aus diesem Grund handelt es sich bei der Überweisung von E-Geld der Gründer der GmbH auf ein (neu errichtetes) E-Geld-Konto der GmbH i. Gr. um eine Sacheinlage. Allerdings könnte die das E-Geld erhaltende GmbH i. Gr. von dem Emittenten des E-Geldes verlangen, dass er das E-Geld auf ein (in Euro geführtes) Bankkonto der GmbH i. Gr. überweist. Infolge dieser Überweisung tritt eine Erfüllung der Bareinlageverpflichtung gem. § 362 Abs. 2 BGB ein (MünchKommGmbHG/Schwandtner, 4. Aufl. 2022, § 5 Rn. 156). Erst zu diesem Zeitpunkt ist also das Barkapital der GmbH aufgebracht (vgl. BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, § 7 Rn. 14).
Im Ergebnis reicht in dem geschilderten Fall der Einzahlungsbeleg des E-Geld-Instituts über eine Gutschrift von E-Geld zugunsten der GmbH i. Gr. (auf dem PayPal-Konto) nicht als Nachweis der Erfüllung der Bareinzahlungspflicht aus.