Deutsches Notarinstitut
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GUTACHTEN 11469 21.11.2006
Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:
BeurkG §§ 16, 13 Abs. 1 S. 1 Umfang der Übersetzung einer Niederschrift für einen Sprachunkundigen
I. Sachverhalt
Bei einer Beurkundung nimmt ein ausländischer Beteiligter teil. Nach eigener Angabe und Überzeugen des Notars versteht er im Allgemeinen recht gut Deutsch, so dass er die meisten Erklärungen zum Gegenstand der Beurkundung durchaus versteht. Vor allem aber verschiedene juristische Fachbergriffe versteht er nicht. Im vorliegenden Fall könnte möglicherweise auch eine türkische Anwaltsfachangestellte des beurkundenden Anwaltsnotars die Übersetzung vornehmen.
II. Fragen
1. Muss die gesamte Niederschrift übersetzt werden, wenn ein sprachunkundiger
Urkundsbeteiligter lediglich Teile davon in der Urkundssprache nicht versteht oder genügt die Übersetzung der Teile, die er nicht versteht? 2. Können auch Angestellte des Urkundsnotars die Übersetzung vornehmen?
III. Zur Rechtslage
1. Nicht hinreichend sprachkundiger Beteiligter Ist ein Beteiligter nach seinen Angaben oder nach der Überzeugung des Notars der Urkundssprache nicht hinreichend kundig, so hat dies der Notar nach § 16 Abs. 1 BeurkG in der Niederschrift festzustellen. Die Niederschrift ist dem sprachunkundigen Beteiligten nach § 16 Abs. 2 S. 1 BeurkG anstelle des Vorlesens zu übersetzen, wenn sie eine derartige Feststellung enthält.
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Bei beschränkten Sprachkenntnissen hält die überwiegende Ansicht eine Differenzierung nach dem Gegenstand der Beurkundung für möglich, so dass etwa für eine Genehmigung oder eine Vollmacht geringere Sprachkenntnisse als für einen Grundstückskaufvertrag oder einen Gesellschaftsvertrag genügen (BT-Drucksache V 3282, S. 31; Haegele, Rpfleger 1969, 415; Winkler, BeurkG, 15. Aufl. 2003, § 16 BeurkG Rn. 6; Jansen, FGG, 2. Aufl. 1991, § 16 BeurkG Rn. 3; v. Schuckmann/Renner, in: Huhn/v. Schuckmann, BeurkG, 4. Aufl. 2003, § 16 BeurkG Rn. 7; Litzenburger, in: Bamberger/Roth, BGB, 2003, vor § 2247 BGB, § 16 BeurkG Rn. 1; Staudinger/Hertel, BGB, 2004, vor §§ 127a, 128 BGB Rn. 541; Soergel/J. Mayer, vor § 2265 BGB, § 16 BeurkG Rn. 5). Keine dieser Fundstellen differenzierten aber danach, ob der Beteiligte möglicherweise nur Teile der Urkunde versteht. Vielmehr gehen alle davon aus, dass hinreichende Sprachkunde hinsichtlich des jeweiligen Gegenstandes der Beurkundung entweder insgesamt oder gar nicht vorliegt. Lediglich bei v. Schuckmann/Renner finden sich Ausführungen für den Fall, dass der Beteiligte zwar im Allgemeinen den Urkundstext versteht, aber nicht alle verwendeten juristischen Fachbegriffe: ,,Keinesfalls ist erforderlich, dass der Beteiligte alle verwendeten Worte der Urkundssprache versteht. Auch die meisten Deutschen sind nicht regelmäßig über den genauen Inhalt der Begriffe ,Besitz' oder ,Eigentum' nicht im Klaren und kennen das Wort ,Auflassung' nicht. Es ist einerseits zwar Aufgabe des Notars, dem Beteiligten nicht bekannte Begriffe in die ,Laiensphäre' umzusetzen. Andererseits aber gilt: Wer einen Vertrag schließt, dessen Inhalt er nicht voll versteht, handelt auf eigene Gefahr (zuletzt OLG Köln, MittBayNot 2002, 293 f.)." (v. Schuckmann/Renner, in: Huhn/v. Schuckmann, § 16 BeurkG Rn. 7). Damit liegt die hinreichende Sprachkunde für den Gegenstand der Beurkundung auch dann vor, wenn der Notar den Beteiligten juristische Fachbegriffe erklärt, jedenfalls wenn der Beteiligte diese Erklärung auch in der Urkundssprache versteht. Dabei schadet aber nach Ansicht des Sachbearbeiters jedenfalls ein bloßer Hinweis auf einen entsprechenden Fachausdruck in der Fremdsprache nicht. Jedenfalls nach einer Literaturstelle kann der Notar die Beurkundungsverhandlung im Übrigen mit dem betreffenden Beteiligten auch in einer anderen Sprache führen:
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,,Das Gesetz regelt nicht, wie der Notar die notwendigen Besprechungen mit dem Beteiligten zu führen hat; es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob er sich dabei selbst der deutschen Sprache bedient oder eine andere Sprache benutzt wird." (Lerch, BeurkG, 3. Aufl. 2006, § 16 BeurkG Rn. 2). Daher kommt es darauf an, ob der Beteiligte den gesamten Inhalt der Niederschrift in der Urkundssprache verstehen kann auch wenn er möglicherweise bestimmte Ausdrücke (insbesondere juristische Fachbegriffe) erst nach Erläuterung durch den Notar versteht. Ist die der Fall, so hat der Beteiligte hinreichende Sprachkenntnisse, so dass für die Beurkundung keine Übersetzung erforderlich ist. 2. Umfang der Übersetzung Fehlt dem Beteiligten hingegen die hinreichende Sprachkunde, weil er jedenfalls Teile der Urkunde trotz Erläuterung nicht in der Urkundssprache versteht, so ist eine Übersetzung der gesamten Niederschrift nach § 16 Abs. 2 S. 1 BeurkG erforderlich, nicht nur der dem Beteiligten unverständlichen Teile der Niederschrift. Denn die Übersetzung ersetzt nach § 16 Abs. 2 S. 1 BeurkG die ansonsten nach § 13 Abs. 1 S. 1 BeurkG erforderliche Verlesung für den sprachunkundigen Beteiligten. Daher ist die Niederschrift im selben Um fang zu übersetzen, wie sie gegenüber den sprachkundigen Beteiligten zu verlesen ist (Winkler, § 16 BeurkG Rn. 12; Litzenburger, in: Bamberger/Roth, § 16 BeurkG Rn. 4; v. Schuckmann/Renner, in: Huhn/v. Schuckmann, § 16 BeurkG Rn. 12; Soergel/J. Mayer, § 16 BeurkG Rn. 9). Zu übersetzen ist daher die gesamte Niederschrift (Bernhard, in: Beck'sches Notarhandbuch, 4. Aufl. 2006, G Rn. 178; Limmer, in: Eylmann/Vaasen, BNotO und BeurkG, 2. Aufl. 2004, § 16 BeurkG Rn. 8; Lerch, § 16 BeurkG Rn. 4). Ausdrücklich beschäftigen sich mit dieser Frage, soweit uns ersichtlich, lediglich v. Schuckmann/Renner: ,,Weder Rspr. noch Literatur beschäftigen sich mit der Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Beteiligte die Niederschrift teilweise versteht, teilweise jedoch auf eine Übersetzung angewiesen ist. Man könnte daran denken, dass dann auch nur teilweise nach § 16 verfahren werden muss und es im übrigen bei § 13 bleibt. Der Wortlaut des Gesetzes spricht eindeutig gegen eine solche Auslegung. Im Sinne eines ,Alles-oder-nichts-Prinzip? wird allein auf die ,Niederschrift? als Ganzes abgestellt. Nichts anderes ergibt sich aus der Formulierung der ,hinreichenden? Sprachkunde. Dies
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ermöglicht eine Berücksichtigung der Komplexität des Beurkundungsgegenstandes bei der Frage, ob überhaupt ein Dolmetscher hinzugezogen wird (vgl. Rn. 7). Keinesfalls geht es darum, in einer Niederschrift abschnittsweise ,hinreichende? oder ,fehlende? Sprachkunde festzustellen. Unklar wäre im übrigen, wie der Notar den Vermerk über die teilweise fehlende und teilweise gegebene Sprachkunde ausgestalten sollte. Nicht zuletzt bestünde die erhöhte Gefahr von ,unsauberen? Übersetzungen, die sich nur auf das tatsächlich oder vermeintlich Wesentliche beschränken." (v. Schuckmann/Renner, in: Huhn/v. Schuckmann, § 16 BeurkG Rn. 12) 3. Angestellte des Urkundsnotars als Übersetzer Übersetzt der Notar nicht selbst, so muss er zur Übersetzung einen Dolmetscher hinzuziehen (§ 16 Abs. 3 S. 1 BeurkG). Das BeurkG erfordert nicht, dass der Dolmetscher eine bestimmte Sprachausbildung hat oder den Beruf eines Dolmetschers ausübt. Erforderlich ist lediglich, dass der ,,Dolmetscher" oder Übersetzer in der Lage ist, eine unmittelbare Verständigung zwischen dem Notar und dem sprachunkundigen Beteiligten zu ermöglichen (Winkler, § 16 BeurkG Rn. 21; Staudinger/Hertel, vor §§ 127a, 128 BGB Rn. 548; Limmer, in: Eylmann/Vaasen, § 16 BeurkG Rn. 11; Litzenburger, in: Bamberger/Roth, § 16 BeurkG Rn. 6). Jedoch gelten für den Übersetzer die Mitwirkungsverbot bzw. Unwirksamkeitsgründe der §§ 6 und 7 des BeurkG entsprechen. Weder der Beteiligte selbst nach die in §§ 6, 7 BeurkG genannten nahen Angehörigen der Beteiligten können daher Dolmetscher sein, also insbesondere nicht ein Kind, der Ehegatte, ein Schwager oder Neffe/Nichte eines Beteiligten (vgl. OLG Köln MittBayNot 1999, 59 = OLG-Report 1999, 22). Angestellte des Notars gehören aber als solche nicht zu dem nach §§ 6, 7 BeurkG ausgeschlossenen Personenkreis (sofern sie nicht im Einzelfall selbst urkundsbeteiligt oder mit einem der Urkundsbeteiligten, im beschriebenen Grad verwandt sind). Nach § 16 Abs. 3 S. 3 BeurkG soll der Notar den Dolmetscher vereidigen, wenn er nicht allgemein vereidigt ist, es sei denn, dass alle Urkundsbeteiligten darauf verzichten. Beurkundungsrechtlich ist damit eine Übersetzung durch einen Angestellten des Notars wirksam.
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Uns sind keine Stellungnahmen aus der Literatur zur standesrechtlichen und arbeitsrechtlichen Beurteilung der Hinzuziehung eines Angestellten als Dolmetschers bekannt. Denn mit der Übersetzung übernimmt der Dolmetscher Pflichten gegenüber dem Beteiligten und würde möglicherweise für eine unrichtige Übersetzung haften, die zu einem vertragsrelevanten Irrtum des sprachunkundigen Beteiligten führt.