27. Juni 2025
GBO § 5; BGB § 1132; BGB § 1193 Abs. 2; BGB § 1191

Nachverpfändung eines Grundstücks; Entstehen einer Gesamtgrundschuld mit unterschiedlichen Fälligkeitsregelungen; anschließende Vereinigung der Grundstücke

BGB §§ 1132, 1191, 1193 Abs. 2 S. 2; GBO § 5
Nachverpfändung eines Grundstücks; Entstehen einer Gesamtgrundschuld mit unterschiedlichen Fälligkeitsregelungen; anschließende Vereinigung der Grundstücke

I. Sachverhalt
Zwei nebeneinander liegende Grundstücke sollen vereinigt werden. Auf einem Grundstück ist eine Grundschuld eingetragen, die vor dem Jahre 2008, also vor Inkrafttreten des heutigen § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB bestellt wurde. Zum Zwecke der Grundstücksvereinigung wurde zunächst das zweite Grundstück nachverpfändet mit der Maßgabe, dass für das nachverpfändete Grundstück das Grundschuldkapital erst nach Kündigung i. S. v. § 1193 Abs. 1 BGB fällig wird. Das Grundbuchamt (in Rheinland-Pfalz) weigert sich nun wegen der unterschiedlichen Fälligkeit der Grundschuld, die grundbuchliche Vereinigung der beiden Grundstücke zu vollziehen.

II. Frage
Steht die unterschiedliche Fälligkeit der (Gesamt-)Grundschuld einer Grundstücksvereinigung i. S. v. § 890 Abs. 1 BGB entgegen mit der Folge, dass die Fälligkeit der „alten“ Grundschuld unter Mitwirkung der Gläubigerin an den heutigen § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB angepasst werden muss?

III. Zur Rechtslage
1. Nachverpfändung eines Grundstücks mit einer vor Inkrafttreten des sog. Risiko­begrenzungsgesetzes bestellten Grundschuld
Nach § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB wird das Kapital der Grundschuld erst nach Kündigung fällig. In der Vergangenheit, d. h. vor Inkrafttreten des sog. Risikobegrenzungsgesetzes vom 12.8.2008, war es in der notariellen Praxis allerdings üblich, von der Dispositionsmöglichkeit des § 1193 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch zu machen und auf materiell-rechtlicher Ebene zu regeln, dass das Grundschuldkapital sofort fällig ist. Eine derartige inhaltliche Ausgestaltung von Grundschulden findet seit Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes regelmäßig nicht mehr statt, denn mit diesem Gesetz wurde § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB neu gefasst. Hiernach ist bei Grundschulden, die der Sicherung einer Geldforderung dienen, die Vereinbarung einer sofortigen Fälligkeit oder einer Kündigungsfrist von weniger als sechs Monaten nicht mehr zulässig. Das Gesetz wurde am 18.8.2008 verkündet (BGBl. I 2008, S. 1666) und trat bezüglich der Änderungen im BGB am 19.8.2008 in Kraft. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 18 Abs. 3 EGBGB gilt die Neuregelung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB für solche Sicherungsgrundschulden, die nach dem Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes, also nach dem 19.8.2008, bestellt worden sind bzw. bestellt werden.

Die Neufassung des § 1193 Abs. 2 S. 2 BGB steht allerdings nicht der Möglichkeit entgegen, eine „alte“ Grundschuld auf ein weiteres Grundstück zu erstrecken (sog. Nachverpfändung). Dies hat der BGH ausdrücklich entschieden (BGH FGPrax 2010, 221). Nach Ansicht des Gerichts entsteht durch die Nachverpfändung eine Gesamtgrundschuld mit unterschiedlichen Fälligkeitsregelungen, wobei das Grundbuchamt hinsichtlich des nachverpfändeten Grundstücks (hinzukommender Belastungsgegenstand) erwägen müsse, die von der ursprünglichen Grundschuld abweichende Fälligkeit durch einen Klarstellungsvermerk kenntlich zu machen, wenn die abweichende Fälligkeit aus der Eintragungsbewilligung nicht ersichtlich sei (vgl. BGH FGPrax 2010, 221 Rn. 20 ff.; FGPrax 2014, 101; Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 48 Rn. 10; MünchKommBGB/Lieder, 9. Aufl. 2023, § 1193 Rn. 9).

2. Keine Besorgnis der Verwirrung bei Vereinigung der mit einer solchen Gesamtgrundschuld belasteten Grundstücke
Mit der Frage, ob eine anschließende Vereinigung der Belastungsgegenstände gem. § 890 Abs. 1 BGB zu einer Verwirrung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 GBO führen würde, hat sich die Rechtsprechung allerdings – soweit ersichtlich – noch nicht befasst.

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 u. 2 GBO soll ein Grundstück nur dann mit einem anderen Grundstück vereinigt werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist (zum Begriff der Verwirrung vgl. BR-Drucks. 794/12, S. 21; BeckOK-GBO/Kral, Std.: 1.3.2025, § 5 Rn. 29 m. w. N). Eine Vereinigung soll insbesondere dann unterbleiben, wenn die Grundstücke im Zeitpunkt der Vereinigung mit unterschiedlichen Grundpfandrechten oder Reallasten, oder mit denselben Grundpfandrechten oder Reallasten in unterschiedlicher Rangfolge belastet sind. Im Falle der Belastung der zu vereinigenden Grundstücke mit unterschiedlichen Verwertungsrechten oder einer unterschiedlichen Rangfolge derselben kann dies zu erheblichen Schwierigkeiten im Zwangsversteigerungsverfahren führen (vgl. BR-Drucks. 794/12, S. 22), weshalb der Gesetzgeber vor einigen Jahren die Bestimmung des heutigen § 5 Abs. 1 S. 2 GBO eingeführt hat (vgl. Gesetz zur Einführung eines Datenbankgrundbuchs (DaBaGG) v. 1.10.2013, BGBl. I 2013, S. 3719).

Im vorliegenden Fall dient die Nachverpfändung der Herstellung einer „gleichen“ Belas­tungssituation (vgl. insbesondere § 19 Abs. 1 S. 2 AGBGB RP). Es stellt sich dennoch die Frage, ob angesichts des Umstands, dass die Gesamtgrundschuld in Ansehung ihrer Fälligkeit keinen einheitlichen Inhalt hat, eine Besorgnis der Verwirrung anzunehmen ist. Nach unserem Dafürhalten ist diese Frage zu verneinen, d. h. im Falle der Grundstücksvereinigung ist eine Verwirrung nicht zu besorgen.

a) Schicksal einer Gesamtgrundschuld, wenn sich anschließend sämtliche Belastungsgegenstände zu einem einzigen Grundstück (im Rechtsinne) vereinigen
aa) H. M.: Fortbestehen eines Gesamtgrundpfandrechts
Die Vereinigung der Grundstücke wirkt nur mit Wirkung für die Zukunft (vgl. Staudinger/Picker, 2025, § 890 Rn. 33). Demzufolge werden die an den beteiligten Grundstücken bereits bestehenden Belastungen von der Vereinigung nicht berührt. Insbesondere behält nach h. M. ein Gesamtgrundpfandrecht seine Rechtsnatur bei, d. h. es verwandelt sich trotz der Vereinigung der belasteten Grundstücke nicht in ein Einzelrecht am vereinigten Grundstück (vgl. OLG Karlsruhe OLGE 39, 223; Staudinger/Picker, § 890 Rn. 34 m. w. N.; MünchKommBGB/Lettmaier, 9. Aufl. 2023, § 890 Rn. 13; Böttcher, in: Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 5 Rn. 86; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 624).

Konsequenterweise steht dem Gläubiger auch weiterhin das Wahlrecht gem. § 1132 Abs. 1 S. 2 BGB zu, d. h. es bleibt ihm unbenommen, die – aus seiner Sicht fortbestehenden – ursprünglichen Belastungsgegenstände getrennt zu verwerten. Dietz ist daher zuzustimmen, wenn er mit Blick auf die Entscheidung des BGH vom 10.6.2010 (FGPrax 2010, 221 = DNotZ 2010, 683), in der das Gericht die Zulässigkeit einer Gesamtgrundschuld mit unterschiedlichen Fälligkeitsregelungen anerkannt hat, ausführt (DNotZ 2010, 686, 688; in diesem Sinne auch Waldner, MittBayNot 2011, 59, 60):

„c) Neben der Frage, wie Gesamtrechte bisher behandelt wurden, war aber auch die Funktion dieser Rechte als Verwertungsrecht in die Überlegung miteinzubeziehen: Eine unterschiedliche Fälligkeit wäre jedenfalls dann abzulehnen, wenn sie bei der Realisierung der Ansprüche im Wege der Zwangsversteigerung nicht lösbare Probleme mit sich brächte. Schon das Wahlrecht des Gläubigers aus § 1132 Abs. 1 Satz 2 BGB, welche der mit dem Gesamtrecht belasteten Pfandobjekte er zur Verwertung bringt, macht deutlich, dass der Gesamtbelastung gerade keine einheitliche Verwertung folgen muss, also unabhängig von den Anforderungen an die Einheitlichkeit des Gesamtrechts die Verwertung der einzelnen Pfandobjekte auch in unterschiedlichen Ausgeboten denkbar ist. Ein Gesamtrecht mit unterschiedlichen Fälligkeiten begrenzt die Wahlfreiheit des Gläubigers lediglich dahingehend, dass für eine Verwertung des jeweiligen Pfandobjekts die Fälligkeit hinsichtlich dieses individuellen Pfandobjekts gegeben sein muss. Vorher ist eine Vollstreckung in dieses Pfandobjekt unzulässig. Soll also eine Verwertung der Pfandobjekte durch einheitliches Ausgebot erreicht werden, muss durch etwa erforderliche Kündigungen die Fälligkeit des Gesamtrechts hinsichtlich aller Pfandobjekte herbeigeführt werden.“

Unter Zugrundelegung der h. M., wonach die Grundstücksvereinigung nur ex-nunc-Wirkung entfaltet und sich demzufolge die Rechtsnatur eines bereits zuvor an den beteiligten Grundstücken bestehenden Gesamtgrundpfandrechts durch die Vereinigung nicht ändert, offenbart sich, dass das Ansinnen des Grundbuchamts jedenfalls mit Blick auf § 5 Abs. 1 S. 1 u. S. 2 GBO nicht gerechtfertigt sein kann. Denn auch dann, wenn die vom Grundbuchamt verlangte Vereinheitlichung der Fälligkeit der Grundschuld stattfinden würde, hätte dies auf die zuvor beschriebenen Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger, insbesondere sein Wahlrecht gem. § 1132 Abs. 1 S. 2 BGB, keinerlei Auswirkungen.

Eine Besorgnis der Verwirrung lässt sich auch nicht damit begründen, dass nach der Vereinigung der Grundstücke (und ihrer ggf. später nachfolgenden katastermäßigen Verschmelzung) der jeweilige ursprüngliche Belastungsgegenstand nicht mehr festgestellt werden könnte. Insoweit gelten vielmehr die Überlegungen des BGH in seiner Entscheidung vom 24.11.2005 (MittBayNot 2006, 227, 228) fort, die ihre Über­zeugungskraft durch die Neufassung des § 5 Abs. 1 GBO nicht eingebüßt haben:

„bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Antrag auch nicht deshalb zurückzuweisen, weil sich der Grund­stücksteil, auf dem das Grundpfandrecht der Gläubigerin lastet, nicht mehr aus dem Grundbuch feststellen ließe und es dem Vollstreckungstitel deshalb an der erforderlichen Bestimmtheit fehlte.

Richtig ist zwar, dass die Zwangsvollstreckung in einen Grund­stücksteil im Allgemeinen voraussetzt, dass dieser katastermäßig ein Flurstück darstellt (Meikel/Böttcher, Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 5 Rdnr. 81). Ihren Grund hat dieses Erfordernis in dem Bestimmtheitsgrundsatz des Sachen- und Grundbuchsrechts (vgl. Senat, Urteil vom 2.5.1975, V ZR 131/73, NJW 1975, 1314; Urteil vom 11.7.2003, V ZR 56/02, WM 2004, 230, 231). Er gewährleistet im Zwangsversteigerungsverfahren, dass der Umfang der Gläubigerrechte, die Rechtsstellung des Erstehers sowie die Änderungen, die an den dinglichen Rechten der Beteiligten eintreten, zweifelsfrei feststellbar sind. Demgemäß muss bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücksteils feststehen, auf welche Bodenfläche sich die Rechte des betreibenden Gläubigers beziehen.

Keine Schwierigkeiten treten in dieser Hinsicht auf, wenn der im Vollstreckungstitel als belastet bezeichnete Grundstücksteil seine rechtliche Selbständigkeit infolge einer Vereinigung gemäß § 890 BGB zwar verloren hat, er jedoch – weil eine katastermäßige Ver­schmelzung mit den anderen Flurstücken, aus denen sich das ver­einigte Grundstück zusammensetzt, nicht stattgefunden hat – weiterhin als Flurstück besteht (vgl. KG, NJW-RR 1989, 1360). Da im Bestandsverzeichnis des neuen Grundstücks auf die früheren, nunmehr geröteten Eintragungen verwiesen wird, lässt sich durch Vergleich der Flurstücksnummern weiterhin aus dem Grundbuch feststellen, auf welcher Bodenfläche das Grundpfandrecht lastet (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 608; Wendt, Rpfleger 1983, 192).

Nichts anderes gilt, wenn der Grundstücksteil, in den vollstreckt werden soll, nach einer Verschmelzung zwar nicht mehr als Flur­stück existiert, seine Benennung und Feststellung aber anhand der alten Grundbuchbezeichnung, mit der zugleich auf die katastermäßige Vermessung des alten Flurstücks Bezug genommen wird, noch möglich ist. Ist die Einzelbelastung des Grundstücksteils weiterhin aus dem Grundbuch ersichtlich und lässt sich daraus auch die Rangfolge der Belastungen entnehmen, ist der Flächenabschnitt, auf den sich das Recht des betreibenden Gläubigers bezieht, katastermäßig und damit in einer dem Bestimmtheitsgebot genügenden Weise feststellbar (so zutreffend Stöber, MittBayNot 2001, 281, 284 f.). So verhält es sich auch hier. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ergibt sich aus dem Bestandsverzeichnis des neu gebildeten Grundstücks, dass es durch Verschmelzung der Flurstücke 245/4, 245/7 und 245/8 entstanden ist. Weiterhin ist ersichtlich, dass die Grundschuld der Gläubigerin auf dem Teil des einheitlichen Grundstücks (245/11) lastet, welcher dem früheren Flurstück 245/4 entspricht, und dass dieses Recht allen anderen am Grundstück bestehenden Grundpfandrechten im Rang vorgeht.“

Vor dem Hintergrund, dass aus dem Grundbuch das Schicksal des jeweiligen Belastungsgegenstandes (beispielsweise, dass er zu einem nicht wesentlichen Bestandteil eines vereinigten Grundstücks geworden ist) stets nachvollzogen werden kann, ist eine spätere Zwangsvollstreckung in den ursprünglichen Belastungsgegenstand möglich. An dem Umstand, dass das Nachvollziehen dieser Historie mit Aufwand verbunden sein kann, würde sich auch durch die vom Grundbuchamt verlangte einheitliche Fälligkeitsregelung des Gesamtgrundpfandrechts nicht ändern. Um eine getrennte Zwangsvollstreckung der ursprünglichen Belastungsgegenstände zu verhindern, müsste man vielmehr entgegen der h. M. davon ausgehen, dass sich das Gesamtrecht mit der Vereinigung sämtlicher belasteten Grundstücke ipso iure in ein Einzelrecht am vereinigten Grundstück wandelt.

Schlussendlich darf nicht übersehen werden, dass § 5 Abs. 1 S. 2 GBO eine Besorgnis der Verwirrung zwar dann annimmt, wenn die an der Vereinigung beteiligten Grundstücke mit „unterschiedlichen Grundpfandrechten“ (Plural!) belastet sind. Eine Gesamtgrundschuld ist allerdings nur eine einzige Grundschuld, d. h. es besteht keine Mehrzahl an Grundschulden, sondern lediglich eine Mehrzahl an Belastungsgegenständen. Mit den eingangs genannten Entscheidungen hat der BGH ausdrücklich anerkannt, dass eine (einzige) Gesamtgrundschuld unterschiedliche Fälligkeiten haben kann.

bb) A. A.: Änderung der Rechtsnatur in ein Einzelrecht am vereinigten Grund­stück
Hilfsweise soll der Frage nachgegangen werden, ob sich an der rechtlichen Beurtei­lung etwas ändert, wenn man mit der Gegenansicht davon ausgeht, dass sich ein Gesamtgrundpfandrecht infolge der Vereinigung der Belastungsgegenstände ipso iure in ein Einzelrecht am vereinigten Grundstück umwandelt.

Doch auch unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht würde jedenfalls die Bestimmung des § 5 Abs. 1 GBO der beantragten Vereinigung der Grundstücke nicht entgegenste­hen, denn im Falle eines Einzelrechts am vereinigten Grundstück kann eine Besorgnis der Verwirrung per se nicht bestehen. Die Änderung der Rechtsnatur würde lediglich dazu führen, dass der Gläubiger fortan nicht mehr von seinem Wahlrecht gem. § 1132 Abs. 1 S. 2 BGB Gebrauch machen und demzufolge nur noch das vereinigte Grundstück verwerten kann. Aus der Sicht des Zwangsvollstreckungsrechts ist die Verwertung des vereinigten Grundstücks aufgrund eines in ein Einzelrecht verwandelten Gesamtgrundpfandrechts indes nicht anders zu beurteilen als das einheitliche Ausgebot sämtlicher ursprünglicher Belastungsgegenstände durch den Gläubiger einer Gesamtgrundschuld. M. a. W.: Aus der Sicht des Vollstreckungsrechts ist es gleichgültig, ob die betroffenen Grundstücke vereinigt sind oder nicht (zum Kündigungserfordernis bei einem einheitlichen Ausgebot s. oben).

b) Vermeintlich abweichende Kommentaransicht
In einem (vermeintlichen) Widerspruch zu der hier vertretenen Rechtsauffassung stehen die Ausführungen von Böttcher in seiner aktuellen Kommentierung zu § 5 GBO (in: Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021). Dort führt er u. a. aus, dass die Vereinigung von Grundstücken unter gleichzeitiger Pfanderstreckung des Altrechts auf den neuen Grundstücksteil zur Entstehung eines Einzelrechts am vereinigten Grundstück führe. Das Einzelrecht könne nur einen einheitlichen Inhalt haben, und zwar auch hinsichtlich der Fälligkeit. Demzufolge müsse vor Eintragung der Pfanderstreckung die Fälligkeitsregelungen der „alten“ Grundschuld an § 1193 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB angepasst werden, wofür eine Mitwirkung des Gläubigers erforderlich sei (Böttcher, § 5 Rn. 86).

Andererseits vertritt Böttcher im Einklang mit der vorgenannten h. M. zum Schicksal eines Gesamtgrundpfandrechts im Falle der Grundstücksvereinigung die Rechtsauffassung, dass eine Zwangsvollstreckung, insbesondere eine Zwangsversteigerung in ein früheres Einzelgrundstück, auch nach der Grundstücksvereinigung möglich sei, und zwar als gesonderte Vollstreckung in diesen Grundstücksteil. Hierzu sei der katastermäßige Fortbestand des ursprünglichen Belastungsgegenstands nicht erforderlich. Seien die ursprünglichen Grundstücke auch katastermäßig verschmolzen worden, so werde diese katastermäßige Verschmelzung im Rahmen der Zwangsversteigerung durch Neuvermessung wieder rückgängig gemacht. Erfolge die Zwangsversteigerung eines realen Grundstücksteils, könne die grundbuchliche Abschreibung zwar grds. nur auf Antrag des Eigentümers erfolgen; gegen seinen Willen sei dies allerdings nach Rechtskraft des Zuschlags in Ausführung des Grundbuchersuchens (§ 130 ZVG) möglich (notwendige Teilung). Lediglich aus einem nach der Grundstücksvereinigung eingetragenen Recht könne die Zwangsversteigerung oder Zwangsvollstreckung nur bezüglich des gesamten Grundstücks erfolgen (Böttcher, § 5 Rn. 88).

Nach unserem Dafürhalten lassen sich die Ausführungen von Böttcher nur dann wider­spruchsfrei verstehen, wenn man unterstellt, er gehe im Falle der Vereinigung „unter gleichzeitiger Pfanderstreckung auf den neuen Grundstücksteil“ (Rn. 86) davon aus, dass zuerst der Antrag auf Vereinigung (Antrag Nr. 1) und anschließen der Antrag auf Pfanderstreckung (Antrag Nr. 2) gestellt wird. In diesem Fall entsteht quasi eine juristische Sekunde zuvor das vereinigte Grundstück, das ab diesem Moment nur noch mit einem Einzelrecht am vereinigten Grundstück belastet werden kann. In diesem Fall ist die Entstehung eines Gesamtgrundpfandrechts denklogisch ausgeschlossen. Unseres Erachtens übersieht Böttcher allerdings, dass zuerst der Antrag auf Nachverpfändung (Antrag Nr. 1) gestellt werden muss, damit der spätere Antrag auf Vereinigung (Antrag Nr. 2) überhaupt vollzugsfähig ist; anderenfalls stünde der Vereinigung die Bestimmung des § 5 Abs. 1 S. 2 GBO entgegen. Sinnvollerweise wird also zuerst der Antrag auf Pfanderstreckung gestellt, um zu verhindern, dass die beteiligten Grundstücke mit „unterschiedlichen Grundpfandrechten“ (so der Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 2 GBO) belastet sind, und sodann der Antrag auf Vereinigung. In diesem Fall entsteht allerdings eine juristische Sekunde vor der Vereinigung ein Gesamtrecht an den ursprünglichen Grundstücken. Dieses Gesamtgrundpfandrecht kann nach Ansicht des BGH in Ansehung der (ursprünglichen) Belastungsgegenstände unterschiedliche Fälligkeitsregelungen haben. Unlösbare Schwierigkeiten sind hierdurch im Falle einer späteren Zwangsvollstreckung nicht gegeben, wie Böttcher selbst (in Rn. 88) zutreffend ausführt.

3. Ergebnis
Im Ergebnis gehen wir daher davon aus, dass das Ansinnen des Grundbuchamts nur dann gerechtfertigt wäre, wenn zunächst der Antrag auf Vereinigung (Antrag Nr. 1) und sodann der Antrag auf Pfanderstreckung (Antrag Nr. 2) gestellt worden wäre. Diese Reihenfolge wäre allerdings mit Blick auf § 5 Abs. 1 S. 2 GBO nicht zweckmäßig. Zur Vermeidung der Besorgnis der Verwirrung wäre zuerst die Pfanderstreckung und sodann die Grundstücks­vereinigung zu beantragen. In diesem Fall entsteht eine juristische Sekunde vor der Vereinigung der Belastungsgegenstände ein Gesamtgrundpfandrecht an diesen. Die Gesamtgrundschuld kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in Ansehung einzelner Belastungsgegenstände unterschiedliche Fälligkeiten haben. Das Gesamtrecht bereitet auch im Falle einer späteren Zwangsversteigerung keine unlösbaren Schwierigkeiten. Dies gilt selbst dann, wenn man mit der Mindermeinung davon ausgeht, dass sich das Gesamtgrundpfandrecht infolge der Grundstücksvereinigung in ein Einzelrecht am ver­einigten Grundstück verwandelt. Aus der Sicht des Zwangsvollstreckungsrechts ist die Verwertung des vereinigten Grundstücks aufgrund eines in ein Einzelrecht verwandelten Gesamtgrundpfandrechts nicht anders zu beurteilen als das einheitliche Ausgebot sämtlicher ursprünglichen Belastungsgegenstände durch den Gläubiger einer Gesamtgrundschuld.

Gutachten/Abruf-Nr:

209105

Erscheinungsdatum:

27.06.2025

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2025, 88-92

Normen in Titel:

GBO § 5; BGB § 1132; BGB § 1193 Abs. 2; BGB § 1191