Grundstücksverkehrsgenehmigung bei Veräußerung mehrerer Teilflächen, die je für sich unter der Freigrenze liegen; Verzicht auf Voreintragung bei Kettenveräußerung von Teilflächen
DNotI Fax - Abfrage Deutsches Notarinstitut
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Dokumentnummer: 11448#
letzte Aktualisierung: 16. März 2006
Grundstücksverkehrsgenehmigung bei Veräußerung mehrerer Teilflächen, die je für sich
unter der Freigrenze liegen; Verzicht auf Voreintragung bei Kettenveräußerung von Teilflächen
I . S a c h v e r h a l t
Aus einem im Saarland gelegenen, insgesamt 0,2 ha (20 Ar) großen Ackergrundstück sollen zwei Teilflächen von
je 0,1 ha veräußert werden. Die Auflassung wird im Kaufvertrag jeweils miterklärt.
Anschließend sollen beide Teilflächen, die zusammen das Gesamtgrundstücks bilden, an einen Golfclub veräußert
und aufgelassen werden. Die Auflassung soll durch Umschreibung des Gesamtgrundstückes ohne
Zwischeneintragung der Teilflächenerwerber erfolgen.
Die Beteiligten gehen dabei davon aus, dass die Verträge keiner Genehmigungspflicht nach dem GrdStVG
unterliegen, da nach saarländischem Landesrecht Grundstücksveräußerungen bis zu einer Freigrenze von 15 Ar (=
0,15 ha) genehmigungsfrei sind. Entsprechend hoffen die Beteiligten auch, ein siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht
zu vermeiden.
I I . F r a g e n
1. Ist die in beiden ursprünglichen Kaufverträgen erklärte Auflassung wirksam, obwohl die Beteiligten diese
Auflassung von vornherein gar nicht vollziehen wollen?
2. Kann die Eigentumsumschreibung unmittelbar hinsichtlich der Gesamtfläche vom jetzigen Eigentümer auf den
Golfclub erfolgen – oder ist eine Zwischeneintragung der beiden Teilflächenerwerber (und damit eine
Vermessung) erforderlich?
3. Bedürfen entweder die beiden ursprünglichen Teilflächenverkäufe oder die beiden nachfolgenden
Weiterveräußerung an den Golfclub einer Genehmigung nach GrdStVG – möglicherweise auch unter dem
Gesichtspunkt einer Umgehung?
I I I . Z u r R e c h t s l a g e
1. Auflassung kein Scheingeschäft (
Eine mögliche Unwirksamkeit der an die Zwischenerwerber erklärten Auflassungen könnte man allenfalls mit
Blick auf ein Scheingeschäft i. S. d.
eine Auflassung vortäuschen, sondern tatsächlich zunächst eine wirksame Auflassung auf die
Zwischenerwerber erklären, da ohne die erste Auflassung auch keine Ermächtigung der Zwischenerwerber
(
gewollt, nicht gewollt ist lediglich deren Vollzug.
2. Zwischeneintragung der Zwischenerwerber hinsichtlich der Teilflächen
a) Voreintragungsgrundsatz (
Die Zwischeneintragung der Zwischenerwerber könnte zum einen im Hinblick auf den
Voreintragungsgrundsatz (
Es ist aber allgemein anerkannt, dass bei einem Kettenkaufvertrag A-B-C in der von A an B erklärten
Auflassung zugleich eine Ermächtigung (
Ermächtigten unmittelbar an C liegt, so dass im Ergebnis eine Auflassung unmittelbar von A an C
vorliegt und damit auch unmittelbar so im Grundbuch vollzogen werden kann (
135, 378;
Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. 2004, Rn. 3317).
b) Identität zwischen Auflassung und Eintragung
Hier beziehen sich die Auflassungen der Kette aber nicht auf das Gesamtgrundstück, sondern nur auf
Teilgrundstücke (auch wenn diese zusammen das Gesamtgrundstück ausmachen). Im Grundbuch
eingetragen werden soll hingegen die Eigentumsumschreibung hinsichtlich des Gesamtgrundstückes.
Damit stellt sich die Frage, ob der Gegenstand der Auflassung (nämlich die beiden Teilgrundstücke) und
der Gegenstand der Eintragung (nämlich das Gesamtgrundstück) identisch sind. Rechtlich sind sie
natürlich nicht identisch, wohl aber wirtschaftlich oder faktisch in ihrer Summe.
Werden mehrere ideelle Bruchteile (Miteigentumsanteile) an einem Grundstück, die zusammen das
Alleineigentum am Grundstück ergeben, an denselben Erwerber aufgelassen, so wird der Erwerber
unmittelbar als Alleineigentümer eingetragen. Ob dies aber auf die Umschreibung von Teilflächen
übertragbar ist, erscheint zweifelhaft. Man könnte entweder eher den rechtlichen Unterschied zwischen
ideellem Miteigentumsanteil und realer Teilfläche betonen, oder umgekehrt eher auf das wirtschaftlich
identische Ergebnis abstellen.
Unmittelbar einschlägige Rechtsprechung ist uns nicht ersichtlich. Am ehesten könnte man noch einen
Fall heranziehen, in dem der BGH eine Eigentumsumschreibung hinsichtlich der von den Beteiligen
gewollten Teilfläche bejaht hat, wenn die Beteiligten im Wege der falsa demonstratio die Auflassung
eines Gesamtgrundstückes erklärten und dies auch so im Grundbuch eingetragen wurde, tatsächlich
jedoch nur eine Teilfläche des umgeschriebenen Grundstücks gemeint war (BGH
dass durch die Umschreibung des Gesamtgrundstückes auch die beiden Auflassungen hinsichtlich
der beiden Teilflächen vollzogen werden.
Dennoch verbleiben rechtliche Zweifel – und jedenfalls die praktische Schwierigkeit, dem Grundbuchamt
nachzuweisen, dass es sich bei den beiden Teilflächen tatsächlich um das gesamte Grundstück handelt
(was bei einer entsprechenden Gestaltung der Teilflächenveräußerungen, etwa auf Grundlage derselben
Karte, allerdings möglich ist). In jedem Fall verbleibt eine Unsicherheit, da auch nicht etwa eine Heilung
mit der Umschreibung einträte (sondern erst mit einem nachfolgenden gutgläubigen Erwerb durch einen
Dritten bzw. bei Buchersitzung durch den Golfclub,
Von daher ist eine Zwischeneintragung der Zwischenerwerb jedenfalls sicherer, wenn man denn die
direkte Umschreibung auf den Golfclub überhaupt für möglich hält.
3. Genehmigungserfordernis nach GrdStVG (und siedlungsrechtliches Vorkaufsrecht)
a) Gesetzliche Regelung
Nach
forstwirtschaftlichen Grundstückes der Genehmigung. Nach
Länder bestimmen, dass die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe keiner
Genehmigung bedarf.
Das Saarland hat die Freigrenze auf 15 Ar festgelegt:
Verordnung zur Durchführung des GrdStVG und des Reichssiedlungsgesetzes
v. 3. Juli 1969 (Amtsblatt Saarland 1969, 408)
§ 1 Abs. 1: „Die rechtsgeschäftlichen Veräußerung einzelner oder mehrerer
zusammenhängender Grundstücke, die eine Wirtschaftseinheit bilden und
deren Gesamtfläche 15 Ar nicht übersteigt, bedarf keiner Genehmigung nach
dem GrdStVG v. 28. Juli 1961.
Abs. 2: Dasselbe gilt für ein Rechtsgeschäft, durch das eine Verpflichtung nach
Absatz 1 eingegangen wird“.
b) Grundstück im Rechtssinn oder im wirtschaftlichen Sinn
Der BGH hat mehrfach entschieden, dass unter Grundstück i. S. d. GrdStVG nur das Grundstück im
Rechtssinne, nicht das im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen sei (
BGH
wirtschaftlichen Grundstücksbegriff aus (
Kontrollratsgesetzes Nr. 45 verstand der BGH im Sinne des wirtschaftlichen Grundstücksbegriffes (BGH
In der jüngsten hierzu ersichtlichen BGH-Entscheidung hatte die Eigentümerin fünf Grundstücke, die
zusammen ca. 1,5 ha groß waren, von denen jedes einzelne aber weniger als ein Hektar groß war, auf ein
und dieselbe Erwerberin übertragen. Ausgehend vom Begriff des Grundstückes im Rechtssinne verneinte
der BGH die Genehmigungsbedürftigkeit nach dem GrdStVG. Gleichzeitig führte er aus, dass der
Vorgang unter das Gesetz fiele, wenn man den wirtschaftlichen Begriff des Grundstücks zugrunde legen
würde. Eben dies hatte das OLG Hamm als Vorinstanz getan (OLG Hamm
In einer neueren Entscheidung wandte das OLG Düsseldorf für das landesrechtliche Ausführungsgesetz
zum GrdStVG Nordrhein-Westfalen den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff an (OLG Düsseldorf
173), unverständlicherweise aber nicht die das OLG Hamm aufhebende Revisionsentscheidung des BGH
(
Während die Freigrenzenregelung von Nordrhein-Westfalen die „Veräußerung von Grundstücken bis zu
einer Größe von 1,0 ha“ vom Genehmigungserfordernis freistellt, stellt die saarländische Regelung ab auf
die „rechtsgeschäftliche Veräußerung einzelner oder mehrerer zusammenhängender Grundstücke, die
eine Wirtschaftseinheit bilden und deren Gesamtfläche 15 Ar nicht übersteigt“. Dies spricht dafür, dass
im Ergebnis für die Freigrenze in Saarland auf den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff abzustellen
ist.
c) Vorliegender Sachverhalt
Würden daher beide Teilflächen an denselben Erwerber veräußert, so wäre die Freigrenze nach dem
saarländischen Recht überschritten, da dann mehrere zusammenhängende Grundstücke veräußert wurden,
die eine Wirtschaftseinheit bilden und deren Gesamtfläche 15 Ar übersteigt. Es fragt sich daher, ob
dasselbe gilt, wenn – wie hier – eine Veräußerung an zwei unterschiedliche Erwerber erfolgt.
Vorliegend beabsichtigen die Beteiligten aber von vornherein, dass die Verteilung auf zwei
unterschiedliche Zwischenerwerber nur einen (nicht einmal grundbuchlich zu vollziehenden)
Zwischenschritt darstellt, während aufgrund eines bereits jetzt zwischen allen Beteiligten abgesprochenen
Planes am Ende derselbe Erwerber (nämlich der Golfclub) beide Teilflächen erwerben soll. Damit ist die
Freigrenze jedenfalls bei einer Gesamtbetrachtung beider Teilschritte des Veräußerungsvorganges
überschritten. Für eine solche Gesamtbetrachtung spricht vorliegend das abgesprochene Vorgehen für
beide Erwerbschritte (ähnlich Netz, GrdStVG, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2004, 4.2.13.3.2, S. 298 f. –
auch unter Bezugnahme auf BGH
bei einem derartigen Fall eine Umgehung zumindest für möglich hält – wobei Netz allerdings in der
nächsten Randnummer genau das Gegenteil behauptet und Genehmigungsfreiheit annimmt – beides Mal
allerdings aufgrund des Grundstücksbegriffes im Rechtssinne, während nach unserer Auslegung das
saarländischem Landesrecht wohl umgekehrt vom Grundstücksbegriff im wirtschaftlichen Sinne
ausgeht).
Schwieriger erscheint die Lösung, wenn man durch den Zwischenerwerb und die Weiterveräußerung als
zwei getrennte Akte jeweils für sich untersuchen würde. Dann würde man zu einem
Genehmigungserfordernis nur dann kommen, wenn man nicht nur von einem Grundstücksbegriff im
wirtschaftlichen Sinne ausgeht, sondern auch die beiden zeitgleichen Veräußerungsgeschäfte über die
beiden Teilflächen als Einheit ansieht – was sicher vertretbar ist, aber sinnvollerweise dann zu einer
Gesamtschau unter Einbezug beider hintereinander geschalteter Veräußerungsvorgänge führt.
Im Ergebnis besteht damit ein Genehmigungserfordernis nach dem GrdStVG.
d) Umgehung
In der bereits mehrfach zitierten BGH-Entscheidung (BGH
Umgehung des Vorkaufsrechtes bei einem Verkauf mehrerer kleiner, je für sich unter der Freigrenze die
Genehmigungsbedürftigkeit nach dem GrdStVG liegenden Grundstücke.
Im Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall soll aber vorliegend die Aufteilung in kleinere
Teilgrundstücke bereits mit Hinblick auf die Veräußerung erfolgen (und zudem gar nicht grundbuchlich
vollzogen werden, sondern in einem zweiten Schritt sofort wieder zu einem einheitlichen Grundstück
vereinigt werden). Von daher stünde die Entscheidung des BGH wohl auch bei einem Landesrecht, das
vom Grundstücksbegriff im Rechtssinne ausgeht, der Annahme eines Umgehungsfalles nicht notwendig
entgegen.
Allerdings hat der BGH zumindest den Fall der tatsächlich durchgeführten Aufteilung in mehrere kleine
Grundstücke im Vorgriff auf eine anstehende Veräußerung in einem obiter dictum seines Urteils bereits
mitbehandelt. Dort verweist er darauf, dass die Genehmigung nach
ist, falls durch die Veräußerung das Grundstück unwirtschaftlich verkleinert oder aufgeteilt würde, was
nach
kleiner als 1 ha wird. Dies deutet an, dass der BGH möglicherweise auch bei einer vorherigen Aufteilung
vor Veräußerung sich auf eine Anwendung des Gesetzeswortlautes beschränken würde, ohne zu erwägen,
ob die verschiedenen Teilschritte zusammen als Umgehung zu werten sind.
Der schon zitierte einzige aktuelle Kommentar zum GrdStVG enthält unmittelbar nacheinander
widersprechende Aussagen zur Frage, ob in derartigen Fällen eine ebenfalls genehmigungspflichtige
Umgehung vorläge: Zum einen wird dies unter Bezugnahme auf BGH-Entscheidung zu Art. IV des
Kontrollratsgesetzes Nr. 45 bejaht (Netz, GrdStVG, Rn. 4.2.13.3.2, S. 298 f.), zum anderen unter
Bezugnahme auf die zitierte Rechtsprechung des BGH zum GrdStVG (BGH AgrarR 1986 211) verneint
(Netz, Rn. 3.2.13.3.3, S. 299 f.).
Im vorliegenden Fall muss man u. E. aber gar nicht auf den Gesichtspunkt der Umgehung abstellen, da
das saarländische Ausführungsgesetz ohnehin vom wirtschaftlichen Grundstücksbegriff ausgeht. Dies
spricht dafür, dass man die beiden parallelen Teilflächenveräußerungen jeweils als Einheit betrachten
kann. Den Gesichtspunkt der Umgehung müsste man dann noch heranziehen, um zu begründen, ob man
auch die Veräußerung an die Zwischenerwerber und die nachfolgende Veräußerung durch die Zwischenerwerber
an den Golfclub als einheitlichen Vorgang ansieht.
c) Vorkaufsrecht (§ 4 Reichssiedlungsgesetz)
Bejaht man ein Genehmigungserfordernis, so greift auch das Vorkaufsrecht nach § 4 Abs. 1
Reichssiedlungsgesetz (RSG) ein. Hier liegt die Mindestgrenze bei 2 ha, da das Saarland eine
abweichende Größenfestsetzung nach
Zusammenlegungsverfahren angeordnet hat (§ 3 der bereits genannten Verordnung v. 3. Juli 1969,
Amtsblatt Saarland 1969, S. 408). Da das RSG auf den wirtschaftlichen Grundstücksbegriff abstellt
(
Ausführungen hier erreicht.
4. Mögliches Vorgehen: Genehmigung des Vertragsentwurfes beantragen
Eine mögliche Vorgehensweise, um insbesondere eine Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes zu
verhindern, wäre, bereits für den Vertragsentwurf die Genehmigung nach dem GrdStVG zu beantragen. Dies
ist ein in der Praxis häufiges und sogar empfehlenswertes Verfahren, um ohne Risiko des Eingreifens eines
siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes vorab die Genehmigungsfähigkeit des Vertrages zu klären (vgl. etwa
Flik,
11448
Erscheinungsdatum:16.06.2006
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
BGB § 185; BGB § 925; GrdstVG § 9; GBO § 39; GrdstVG § 2; GBO § 28