25. April 2024
WEG § 12; WEG § 26

Anwachsung des Vermögens einer GmbH & Co. KG auf ihre Kommanditist-GmbH; Auswirkungen auf die Verwalterstellung

WEG §§ 12, 26
Anwachsung des Vermögens einer GmbH & Co. KG auf ihre Kommanditist-GmbH; Auswirkungen auf die Verwalterstellung

I. Sachverhalt
Am 25.9.2023 wurde ein Kaufvertrag über eine Wohnungseigentumseinheit beurkundet. Zur Veräußerung des Wohnungseigentums ist die Verwalterzustimmung erforderlich. Am 13.10.2023 wurde die Verwalterzustimmung von der X GmbH erteilt. Ein Verwalternachweis liegt lediglich für die Z GmbH & Co. KG (für die Zeit vom 1.1.2023 bis 31.12.2024) vor.

Einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Z GmbH & Co. KG war zuvor die Y-Beteiligungs-GmbH. Diese wurde durch eine Verschmelzung zur Aufnahme auf die einzige Kommanditistin der Z GmbH & Co. KG, nämlich die X GmbH, verschmolzen.

Die Verwalterzustimmung enthält im Beglaubigungsvermerk einen Nachweis der Rechtsnachfolge der X GmbH anstelle der Z GmbH & Co. KG. Hierzu bescheinigte der Notar aufgrund Einsicht in das elektronische Handelsregister, dass die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Z GmbH & Co. KG, nämlich die Y-Beteiligungs-GmbH, infolge Verschmelzung zur Aufnahme auf die X GmbH verschmolzen worden sei. Die Z GmbH & Co. KG sei somit infolge des Ausscheidens der einzigen persönlich haftenden Gesellschafterin aufgelöst und ohne Liquidation erloschen; deren Vermögen sei der einzigen Kommanditistin und alleine verbleibenden Gesellschafterin, der X GmbH, angewachsen. Die Löschung der Z GmbH & Co. KG im Handelsregister erfolgte am 21. August 2023.

II. Frage
Ist das Verwalteramt i. S. d. § 26 WEG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge der X GmbH als der letzten verbliebenen Gesellschafterin (Kommanditistin) angewachsen und liegt damit ein grundbuchtauglicher Verwalternachweis vor?

III. Zur Rechtslage
1. Gesellschaftsrechtliche Perspektive
Scheidet ein Gesellschafter aus einer Kommanditgesellschaft aus, hat dies gesellschaftsrechtlich zur Folge, dass der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen gem. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. (bzw. nunmehr § 712a BGB aktuelle Fassung) ipso iure, also ohne dass es eines besonderen Übertragungsaktes bedarf, den in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern anteilig im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligung anwächst. Verbleibt nur ein Gesellschafter, so erlischt die Personen(handels)gesellschaft und der verbleibende Gesellschafter übernimmt alle Aktiva und Passiva im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und wird neuer sowie alleiniger Unternehmensträger (st. Rspr., vgl. nur BGH ZIP 2000, 229 = NJW 2000, 1119 = GmbHR 2000, 188).

Hierzu hat sich durch Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 keine Änderung ergeben. Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters führt nunmehr gemäß der gesetzlichen Regelung des § 712a BGB vielmehr ausdrücklich zum Erlöschen der Gesellschaft ohne Liquidation und zum Übergang des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter.

Nach dem Sachverhalt ist die zur Verwalterin bestellte GmbH & Co. KG durch Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin somit liquidationslos beendet worden und ihr Vermögen der einzigen Kommanditistin angewachsen.

2. Meinungsstand zum Übergang der Verwalterstellung
Nach der älteren Rechtsprechung wurde der Übergang der Verwalterstellung im Falle der Anwachsung bei Personengesellschaften verneint (BayObLGZ 1987, 54; OLG Köln NZM 2006, 591). Tragendes Argument war dabei stets, dass die WEG vor einem „aufgedrängten“ Verwalter geschützt werden muss (BayObLGZ 1987, 54, 58; OLG Köln NZM 2006, 591, 592). Das BayObLG hielt überdies das Amt des Verwalters für höchstpersönlich (BayObLGZ 1987, 54, 56) und damit weder durch Sonder- noch durch Gesamtrechtsnachfolge für übertragbar.

Im Jahr 2014 entschied jedoch der BGH, dass bei der Verschmelzung einer zur Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage bestellten juristischen Person auf eine andere juristische Person das Verwalteramt und der Verwaltervertrag im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen (BGH NJW 2014, 1447). Als ratio decidendi führte der BGH dabei an, dass § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG mit dem Prinzip einer umfassenden Gesamtrechtsnachfolge eine Spezialregelung gegenüber der entsprechenden Anwendung von § 673 S. 1 BGB bereithielte (BGH NJW 2014, 1447, 1449). Bei einer juristischen Person als berufenem Verwalter stehe regelmäßig nicht die Ausführung der Dienstleistungen durch bestimmte natürliche Personen im Vordergrund (BGH NJW 2014, 1447, 1449); daher handele es sich nicht um ein höchstpersönliches Recht.

Im Jahr 2021 bestätigte der BGH diese Rechtsprechung schließlich auch für den Fall der Ausgliederung eines einzelkaufmännischen Unternehmens auf eine neu gegründete Kapitalgesellschaft (BGH ZWE 2021, 410). Auch hier entschied der BGH, dass sich die Beurteilung nach dem Umwandlungsrecht richte und das Verwalteramt sowie der Verwaltervertrag regelmäßig nicht als höchstpersönliche Rechtsverhältnisse anzusehen seien, wenn der Inhaber eines im Handelsregister eingetragenen Unternehmens zum Verwalter bestellt werde (BGH ZWE 2021, 410 Rn. 15).

Ein Teil der Literatur hält vor dem Hintergrund der ergangenen BGH-Rechtsprechung nunmehr auch bei Anwachsungsfällen betreffend Personen(handels)gesellschaften außerhalb des UmwG angesichts der damit einhergehenden Gesamtrechtsnachfolge die Stellung des Verwalters in der Person des letzten verbleibenden Gesellschafters für gewahrt (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 2935a; Serr, ZWE 2016, 307, 312; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 35; BeckOK-WEG/Hogenschurz, Std.: 2.4.2024, § 12 Rn. 35.1). Eine andere Ansicht hierzu vertritt Wicke (Grüneberg/Wicke, BGB, 83. Aufl. 2024, § 26 WEG Rn. 27, allerdings ohne nähere Auseinandersetzung mit der jüngeren BGH-Rechtsprechung).

3. Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt
§ 738 Abs. 1 S. 1 BGB a. F. bzw. nunmehr § 712a BGB aktuelle Fassung hält mit dem Modell der Anwachsung ein Rechtsinstitut bereit, das die nach dem BGH erforderliche Kontinuität der Rechtsverhältnisse (BGH NJW 2014, 1447, 1449) ähnlich wie § 20 UmwG absichert. Zudem kommt es regelmäßig bei einer GmbH & Co. KG als Verwalterin auch nicht auf die Ausführung der Dienstleistungen durch bestimmte natürliche Personen an. Ferner erschiene es uns wertungswidersprüchlich, Umstrukturierungen nach dem Umwandlungsrecht anders zu handhaben als solche in Anwachsungsfällen im Personengesellschaftsrecht. Beide Umstrukturierungsvorgänge haben eine Gesamtrechtsnachfolge betreffend ein Unternehmen zum Gegenstand. Für die Ungleichbehandlung umwandlungsrechtlicher und „anwachsungsrechtlicher“ Umstrukturierungen ist mithin kein sachlicher Differenzierungsgrund ersichtlich.

4. Grundbuchrechtlicher Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge
Scheidet ein Gesellschafter aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft aus, wird im Handelsregister ein Vermerk, dass das Vermögen der Gesellschaft infolge Anwachsung auf den letzten Gesellschafter übergegangen ist, nicht eingetragen. Es erfolgt lediglich die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft und des Erlöschens der Firma (Krafka, Registerrecht, 12. Aufl. 2024, Rn. 659; Schaub, in: Bauer/Schaub, GBO, 5. Aufl. 2023, § 32 Rn. 20).

Wie der Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge im Falle des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters geführt werden kann, ist deshalb im Einzelnen streitig (s. hierzu DNotI Abruf-Gutachten Nr. 175028; BGH NJW 2018, 3310; Schaub, § 32 Rn. 20; Lemke, GBO, 3. Aufl. 2022, § 32 Rn. 28). Jedenfalls ausreichend wäre, wenn etwa zum einen eine notariell beglaubigte Handelsregisteranmeldung, aus der sich die zur Gesamtrechtsnachfolge führende Rechtsänderung ergibt, oder eine notariell beglaubigte Ausscheidensvereinbarung der Gesellschafter vorgelegt wird und zum anderen das Ausscheiden des Gesellschafters sowie das Erlöschen der Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist (BGH NJW 2018, 3310 Rn. 13).

Hier erfolgte das Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin aufgrund einer Verschmelzung zur Aufnahme auf die einzige Kommanditistin. Dieser umwandlungsrechtliche Vorgang ergibt sich aus dem Handelsregister und lässt sich insbesondere mittels einer Notarbescheinigung selbst nachweisen, § 32 Abs. 1 S. 2 GBO. Das Ausscheiden der persönlich haftenden Gesellschafterin aufgrund der Verschmelzung zur Aufnahme auf die Kommanditistin wird zudem mit einem (Gesamt-)Rechtsnachfolgevermerk im Handelsregister der Kommanditgesellschaft eingetragen (vgl. Oepen, in: Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl. 2024, § 162 Rn. 26). Schließlich ergibt sich auch das Erlöschen der Gesellschaft aus dem Handelsregister, sodass u. E. vorliegend der grundbuchrechtliche Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge wie vorliegend durch eine Notarbescheinigung erfolgen kann, § 32 Abs. 1 GBO, § 21 BNotO.

5. Ergebnis
Im Ergebnis ist u. E. im Lichte der jüngeren BGH-Rechtsprechung (BGH NJW 2014, 1447 und BGH ZWE 2021, 410) und entgegen früheren Judikaten (BayObLGZ 1987, 54; OLG Köln NZM 2006, 591) von einem Übergang der Verwalterstellung auf die Kommanditistin auszugehen. Der Nachweis der Gesamtrechtsnachfolge lässt sich im Grundbuchverfahren mittels Notarbescheinigung führen.

Gutachten/Abruf-Nr:

202782

Erscheinungsdatum:

25.04.2024

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 60-62

Normen in Titel:

WEG § 12; WEG § 26