15. September 2010
BGB § 181; GBO § 35; BGB § 2205

In-sich-Geschäft durch den Testamentsvollstrecker; Erfüllung einer Verbindlichkeit; Zweifel an der Testierfähigkeit; Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes

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GBO § 35; BGB §§ 181, 2205 In-sich-Geschäft durch den Testamentsvollstrecker; Erfüllung einer Verbindlichkeit; Zweifel an der Testierfähigkeit; Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes

I. Sachverhalt Es liegt ein eröffnetes privatschriftliches Testament vor. In diesem wurde R als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Ein Erbe hat die Testierfähigkeit des Erblassers bezweifelt. Der Nachweis konnte aber im Ergebnis nicht erbracht werden. Ein ärztliches Gutachten bestätigt zwar zeitweise Demenz, kann aber eine Geschäftsfähigkeit nicht ausschließen. Daraufhin hat das Nachlassgericht dem R ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Zudem hat der Erblasser in einem Nachtrag zum Testament auf derselben Seite zu einem späteren Datum angeordnet, dass der R eine bestimmte Wohnung erhält. R hat nun als Testamentsvollstrecker über den Nachlass an sich selbst die Wohnung zur Erfüllung des angeordneten Vermächtnisses aufgelassen. Der Rechtspfleger weigert sich, die Eigentumsumschreibung einzutragen, da er nicht sicher ist, ob das Vermächtnis wirksam angeordnet wurde und damit die Übertragung in Erfüllung einer Verbindlichkeit geschieht bzw. nicht klar ist, ob R als Testamentsvollstrecker von § 181 BGB befreit ist. II. Fragen 1. Kann der Rechtspfleger im Rahmen einer Vermächtniserfüllung bezüglich eines Grundstücks die Wirksamkeit eines eröffneten privatschriftlichen Testaments in Frage stellen, weil Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Testators bestehen und daher die Eigentumsumschreibung ablehnen? Kann bzw. muss der Rechtspfleger den Erben rechtliches Gehör gewähren?

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III. Zur Rechtslage 1. Anwendung von § 181 BGB Gesetzlicher Regelfall der Testamentsvollstreckung ist die Abwicklungsvollstreckung gemäß den §§ 2203, 2204 BGB. Vorliegend gehen wir davon aus, dass eine derartige Abwicklungstestamentsvollstreckung angeordnet ist. Zu den Aufgaben des AbwicklungstestaDeutsches Notarinstitut · Gerberstraße 19 · 97070 Würzburg · Telefon (0931) 35576-0 · Fax (0931) 35576-225 email: dnoti@dnoti.de · internet: www.dnoti.de

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mentsvollstreckers gehört auch die Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten. Hierzu zählt auch die Erfüllung eines Vermächtnisses. Insofern gehört grundsätzlich auch die Erfüllung eines Vermächtnisses zugunsten des Testamentsvollstreckers selbst zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers. Problematisch ist nur, dass in diesem Fall § 181 BGB eingreifen könnte. Auch wenn der Testamentsvollstrecker nicht der Vertreter der Erben, sondern Treuhänder des Nachlasses ist, so gebietet der Schutzzweck des § 181 BGB anerkanntermaßen die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift (BGHZ 30, 67, 69; BGHZ 51, 209, 214; OLG Frankfurt ZEV 1998, 315; Bamberger/Roth/J. Mayer, 2. Aufl. 2008, § 2205 BGB Rn. 16). Ein (unzulässiges) In-Sich-Geschäft i. S. des § 181 BGB liegt allerdings nicht vor, wenn das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Dies ist u. a. auch dann der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker eine wirksame Nachlassverbindlichkeit zu seinen eigenen Gunsten erfüllt, insbesondere wenn der Testamentsvollstrecker ein ihm zugewandtes Grundstückvermächtnis durch Auflassung des Grundstücks an sich selbst erfüllt (BayObLG DNotZ 1983, 176; NomosKomm-BGB/Weidlich, 3. Aufl. 2010, § 2205 BGB Rn. 24; Bamberger/Roth/J. Mayer, § 2205 BGB Rn. 19). Im vorliegenden Fall läge also dann kein Verstoß gegen § 181 BGB vor, wenn der Testamentsvollstrecker entweder von § 181 BGB befreit wurde oder wenn er eine wirksam begründete Nachlassverbindlichkeit erfüllt. 2. Nachweis in der Form des § 29 GBO Fraglich ist allerdings, ob ein Nachweis, dass es sich um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt, in der Form des § 29 GBO geführt werden muss. Dieses Problem ist vergleichbar mit dem Problem, das der Testamentsvollstrecker dem Grundbuchamt gegenüber nachweisen muss, dass es sich nicht um eine (zumindest teilweise) unentgeltliche Verfügung handelt. In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass der Nachweis grundsätzlich nicht der Form des § 29 GBO bedarf, da die Einhaltung dieser Vorschrift regelmäßig praktisch nicht möglich ist (BayObLG NJW-RR 1989, 587; LG Köln MittRhNotK 1989, 172; Staudinger/Reimann, Neubearbeitung 2003, § 2205 BGB Rn. 51). Es genügt daher, dass der Testamentsvollstrecker einen Sachverhalt glaubhaft darlegt, der nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung die Entgeltlichkeit der Verfügung ergibt (Staudinger/Reimann,. § 2205 BGB Rn. 51). Ein ähnlicher Gedanke wird für die In-Sich-Geschäfte angewandt. Hierzu führt beispielsweise Reimann aus: ,,Dass die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht gem. § 181 BGB beschränkt ist, ist dem Grundbuchamt gegenüber in gleicher Weise nachzuweisen wie die Entgeltlichkeit einer Verfügung. Das Grundbuchamt hat von Amts wegen zu prüfen, ob der Verfügungsbefugnis der Wille des Erblassers entgegensteht (§ 2208 BGB) oder ob ein Interessenwiderstreit im oben erörterten Sinne vorliegt. Eine Verfügung des Testamentsvollstreckers über einen Nachlassgegenstand zu seinen eigenen Gunsten kann im Grundbuch nur dann vollzogen werden, wenn dargetan ist, dass sie in ordnungsgemäßer Verwaltung des Amtes des Testamentsvollstreckers erfolgt ist. Der Nachweis der pflichtgemäßen Ausübung dieses Amtes bedarf nicht der Form des § 29

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GBO. Es genügt, wenn die Beweggründe für die Verfügung substantiiert vorgetragen werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und wenn irgendwelche Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Handlung nicht ersichtlich sind." (Staudinger/Reimann, § 2205 BGB Rn. 73) Noch deutlicher führt dies Zahn aus (Zahn, MittRhNotK 2000, 90, 107): ,,Bei Insichgeschäften des Testamentsvollstreckers ist dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen, dass dieser das Rechtsgeschäft entweder ausschließlich in Erfüllung einer Verbindlichkeit vorgenommen hat (§ 181 2. Hs. BGB) oder ihm die Vornahme eines solchen Geschäfts vom Erblasser gestattet war. Der weitere Nachweis, dass die Vornahme des Geschäfts eine ordnungsgemäße Nachlassverwaltung (§ 2216 BGB) darstellt, kann nicht durch öffentliche Urkunde geführt werden. Hierbei gelten die für den Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügung entwickelten Grundsätze entsprechen: Es genügt also, wenn die Beweggründe für die Vornahme des Rechtsgeschäfts vom Testamentsvollstrecker substantiiert vorgetragen werden, verständlich und der Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und wenn irgendwelche Zweifel an der Pflichtmäßigkeit nicht ersichtlich sind. Der Nachweis der Gestattung kann problematisch sein, weil die Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB im Testamentsvollstreckerzeugnis nicht vermerkt sein wird. Soweit ersichtlich, wird allgemein davon ausgegangen, dass eine solche Gestattung auch nicht im Testamentsvollstreckerzeugnis gem. § 2368 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermerken ist. Liegt ein öffentliches Testament oder ein Erbvertrag vor, so kann der Testamentsvollstrecker durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift ­ oder Verweis auf die bei demselben Amtsgericht geführten Nachlassakten ­ nachweisen, dass er in Ausführungen eine Erblasseranordnung handelt. Bei einem privatschriftlichen Testament wird die Vorlage einer beglaubigten Abschrift mit Eröffnungsvermerk genügen müssen. Sofern sich der Testamentsvollstrecker auf eine Gestattung aufgrund konkludenten Erblasserwillens beruft, kann das Grundbuchamt die letztwillige Verfügung im Wege der freien Beweiswürdigung auslegen. [Hervorhebung durch Sachbearbeiter]". Ebenso führt Schaub aus (Bauer/v. Oefele/Schaub, 2. Aufl. 2006, § 52 GBO Rn. 90): ,,Der Testamentsvollstrecker muss, weil Insichgeschäfte nur ausnahmsweise erlaubt sind, nachweisen, dass ihm das Selbstkontrahieren gestattet ist. Beruft er sich dabei auf eine ausdrückliche Gestattung durch den Erblasser, hat er dem Nachlassgericht die letztwillige Verfügung vorzulegen (zumindest in beglaubigter Abschrift, vgl. § 2264 BGB). Sofern sich die Nachlassakten beim selben Amtsgericht befinden, kann er sich hierauf berufen."

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Aus diesen Ausführungen ergibt sich u. E., dass es auch für den Nachweis der Tatsache, dass das Insichgeschäft in Erfüllung einer Verbindlichkeit vorgenommen wird, ausreichend ist, wenn dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsprotokoll vorgelegt wird. Hierbei muss es sich ­ wie ausgeführt ­ nicht zwingend um eine Verfügung von Todes wegen in der Form der öffentlichen Urkunde handeln. Vielmehr muss nach den vorstehenden Ausführungen auch die Vorlage eines privatschriftlichen Testaments genügen. Das Grundbuchamt hat dann in freier Beweiswürdigung festzustellen, ob der Testamentsvollstrecker in Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt. 3. Prüfungskompetenz des Grundbuchamtes Damit kommen wir nun zu der hier entscheidenden Frage, ob das Grundbuchamt prüfen darf, ob das Vermächtnis, das hier erfüllt werden soll, wirksam angeordnet wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das Grundbuchamt die Testierfähigkeit in eigener Zuständigkeit prüfen darf. a) Nur eingeschränkte Prüfungskompetenz Testamentsvollstrecker hinsichtlich der Stellung als

Zunächst könnte man die Frage stellen, ob das Grundbuchamt hier auch nochmals überprüfen darf, ob die Ernennung des R zum Testamentsvollstrecker wirksam war. Dem könnte entgegenstehen, dass R hier ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorgelegt hat. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit darüber, dass der Erbschein vom Grundbuchamt grundsätzlich auf seine inhaltliche Richtigkeit nicht zu prüfen ist, sofern sich das Erbrecht aus ihm unzweideutig, d. h. klar, verständlich und vollständig ergibt (BayObLGZ 1952, 67; BayObLGZ 1990, 53; KG OLGE 5, 430; OLG Frankfurt Rpfleger 1953, 35; Bauer/v. Oefele/Schaub, 2. Aufl. 2006, § 35 GBO Rn. 80; Meikel/Roth, 10. Aufl. 2009, § 35 GBO Rn. 56). Die Vermutung des Erbscheins wird allerdings dann entkräftet, wenn dem Nachlassgericht Tatsachen unbekannt geblieben sind (Meikel/Roth, § 35 GBO Rn. 81; Bauer/v. Oefele/Schaub, § 35 GBO Rn. 93). Dies ist aber vorliegend nicht der Fall, denn das Nachlassgericht hat im Verfahren um die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses die Geschäftsfähigkeit geprüft. Folglich gehen wir davon aus, dass das Grundbuchamt hier an das erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis gebunden ist. R gilt dem Grundbuchamt gegenüber als Testamentsvollstrecker. Eine weitergehende Prüfungskompetenz dürfte dem Grundbuchamt vorliegend nicht zukommen. Soweit Vorliegend zweifelt das Grundbuchamt aber auch hier nicht an der Stellung als Testamentsvollstrecker. b) Prüfung des Vorliegens einer wirksamen Nachlassverbindlichkeit Damit stellt sich die entscheidende Frage, ob das Grundbuchamt prüfen darf, ob eine wirksame Nachlassverbindlichkeit besteht, die vom Testamentsvollstrecker erfüllt werden kann, sodass kein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegt. Grundsätzlich müsste es das Grundbuchamt wohl berücksichtigen, wenn ein Verstoß gegen § 181 BGB gegeben wäre, da das Grundbuchamt auch zu prüfen hat, ob Verfügungsberechtigung bzw. Vertretungsmacht gegeben sind. Ein Verstoß gegen § 181 BGB kann das Grundbuchamt aber sicher nur dann ausschließen, wenn es entweder dem Testament eine Befreiung des

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Testamentsvollstreckers vom Verbot des § 181 BGB entnimmt oder wenn sich aus dem Testament ergibt, dass eine Nachlassverbindlichkeit besteht, die der Testamentsvollstrecker erfüllen kann. Für beide Fragen kommt es letztlich darauf an, ob der Erblasser in dem Zeitpunkt, in dem der Nachtrag zu dem Testament errichtet wurde, testierfähig war. aa) Grundsätze zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit durch das Grundbuchamt Grundsätzlich muss die Geschäftsfähigkeit des Erklärenden dem Grundbuchamt nicht als andere Voraussetzung der Eintragung nach § 29 Abs. 1 S. 2 GBO nachgewiesen werden. Vielmehr hat das Grundbuchamt von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass ein Volljähriger geschäftsfähig ist (Meikel/Hertel, § 29 GBO Rn. 108; Bauer/v. Oefele/Knothe, § 29 GBO Rn. 40). Lediglich bei auf Tatsachen gründenden Zweifeln ist eine besondere Prüfung der Geschäftsfähigkeit durch das Grundbuchamt geboten bzw. zulässig (Bauer/v. Oefele/Knothe, § 29 GBO Rn. 40; Meikel/Hertel, § 29 GBO Rn. 109). So führt das OLG Frankfurt in der Entscheidung vom 20.10.2005 (12 W 151/05, NJW-RR 2006, 450 = NotBZ 2006, 285) aus, dass das Grundbuchamt vom Grundsatz der Geschäftsfähigkeit auszugehen hat. Ergeben sich aus Tatsachen begründete Zweifel, darf das Grundbuchamt näher nachforschen. Das OLG Frankfurt führt aus, dass ein besonderer Nachweis der Geschäftsfähigkeit nur verlangt werden kann, wenn auf Tatsachen begründete Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Veräußerers bestehen, die sich auch aus Umständen außerhalb der vorgelegten Eintragungsunterlagen ergeben können. In diesem Fall ist den Beteiligten nach der Auffassung des OLG Frankfurt durch Zwischenverfügung dahingehend, dass die beantragte Eintragung von dem Nachweis der Geschäftsfähigkeit durch ein ärztliches Gutachten abhängig gemacht wird, Gelegenheit zur Behebung des Zweifels zu geben. Ebenso hat auch das BayObLG im Beschluss vom 5.4.1989 (BReg. 2 Z 33/89, NJW-RR 1989, 910) entschieden. Das BayObLG führt dort aus, dass ein besonderer Nachweis der Geschäftsfähigkeit nur dann verlangt werden kann, wenn tatsächlich begründete, ernsthafte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen. Die Zweifel müssen durch festgestellte Tatsachen hinreichend begründet sein. Auch das BayObLG geht davon aus, dass die Behebung der Zweifel sodann durch Zwischenverfügung aufzugeben ist. Insoweit wird den Beteiligten also rechtliches Gehör gewährt. bb) Übertragung auf den vorliegenden Sachverhalt Die vorliegenden Ausführungen zur Prüfung der Geschäftsfähigkeit durch das Grundbuchamt beziehen sich zunächst nur auf den Fall, dass hinsichtlich eines Beteiligten, der eine Erklärung abgegeben hat, Zweifel an der Geschäftsfähigkeit bestehen. Ausdrückliche Stellungnahmen zu einem Fall der hier vorliegenden Art konnten wir in Rechtsprechung und Literatur nicht auffinden. U. E. dürften die vorstehend gemachten Ausführungen jedoch auf den vorliegenden Fall zu übertragen sein. Auch hier gehen wir davon aus, dass das Grundbuchamt nur bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit, die sich auf Tatsachen stützen, berechtigt ist, den Vollzug auszusetzen. Inwieweit hier derartige tatsächliche Zweifel bestehen, ist eine Tatfrage, die von uns nicht abschließend beantwortet werden kann. Zunächst ist zuzugeben, dass sich aus dem vorgelegten ärztlichen Gutachten nicht eindeutig ergibt, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Nachtrags auf dem Testament testierfähig war. Das ärztliche Gutachten bezieht sich wohl nur auf den Zeitpunkt der ursprünglichen

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Testamentserrichtung. Andererseits dürften sich aus dem ärztlichen Gutachten aber wohl auch keine Zweifel an der Testierfähigkeit im zweiten Zeitpunkt ergeben. Das ärztliche Gutachten verhält sich nicht zur Frage der Testierfähigkeit im zweiten Zeitpunkt. Insofern wäre hier die Frage, ob es weitere Anhaltspunkte gibt, die den Verdacht nahe legen, dass der Erblasser in dem zweiten Zeitpunkt, d. h. im Zeitpunkt der Errichtung des Nachtrags, nicht testierfähig war. Ob dies der Fall ist, kann von uns nicht abschließend beurteilt werden. Allein auf der Basis des ärztlichen Gutachtens, das keine Testierunfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des ersten Testaments feststellen konnte, wird man aber wohl nicht davon ausgehen können, dass Zweifel an der Testierfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des Nachtrags bestehen. Letztlich ist dies aber ­ wie ausgeführt ­ eine Tatfrage. cc) Rechtliches Gehör Wie ausgeführt, gehen Rechtsprechung und h. M. in der Literatur davon aus, dass die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit durch Zwischenverfügung mitzuteilen sind. Insofern wird den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör gegeben. Verfahrensbeteiligt dürfte aber im vorliegenden Fall nur der Testamentsvollstrecker sein. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund das Grundbuchamt hier verpflichtet sein sollte, den Erben rechtliches Gehör zu gewähren. Auch ist anerkannt, dass bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit das Grundbuchamt zur eigenen Ermittlung weder berechtigt noch verpflichtet ist (Meikel/Hertel, § 29 GBO Rn. 109; BayObLG NJW-RR 1989, 910). Eine Befragung der Erben liefe aber letztlich darauf hinaus, dass das Grundbuchamt eigene Ermittlungen anstellt. Zu diesem ist das Grundbuchamt ­ wie ausgeführt ­ grundsätzlich nicht befugt.

Gutachten/Abruf-Nr:

100358

Erscheinungsdatum:

15.09.2010

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

In-sich-Geschäft
Grundbuchrecht
Testamentsvollstreckung

Normen in Titel:

BGB § 181; GBO § 35; BGB § 2205