Änderung der Teilungserklärung vor Vollzug im Grundbuch; Erfordernis einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung
Änderung der Teilungserklärung vor Vollzug im Grundbuch; Erfordernis einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung
I. Sachverhalt
Ein Bauträger hat Grundbesitz gem.
II. Fragen
1. Gibt es Literatur oder Rechtsprechung, wonach das Bauaufsichtsamt Anspruch auf Erteilung einer komplett neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung hat?
2. Wie ist die Rechtslage, wenn zunächst die Teilungserklärung auf Basis der alten Abgeschlossenheit grundbuchlich vollzogen und die Änderungen im Nachgang vorgenommen wird?
III. Zur Rechtslage
1. Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung i. S. v.
Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung i. S. v.
2. Erfordernis einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht
Vor dem Hintergrund dieses Zwecks entspricht es – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht nicht notwendig ist, soweit Sondereigentumseinheiten von Veränderungen des Wohnungseigentumsgrundstücks nicht betroffen sind.
Das OLG Hamburg (
Das OLG München (
Entsprechend verlangt das BayObLG (
In einer früheren Entscheidung forderte das BayObLG (
„Ist die Abgeschlossenheit bereits bescheinigt, so bedarf es keiner neuen Bescheinigung, falls Veränderungen beim Wohnungseigentumsgrundstück eintreten (z. B. eine Realteilung desselben), und anhand öffentlicher Urkunden (z. B. amtlicher Lageplan) nachgewiesen werden kann, dass die Gebäude, für deren Wohnungen die Abgeschlossenheitsbescheinigung gegeben ist, von der Änderung nicht betroffen sind.“
Ähnlich verhält sich Rapp (
Schöner/Stöber (Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 2968) führen zu dem Thema allgemein aus, dass eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung dann erforderlich ist, „soweit sich die Abgeschlossenheit nicht aus dem bisherigen Plan und der zugehörigen Bescheinigung ergibt.“ Auch Schneider (Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl. 2017, § 2 Rn. 113) hält die Anpassung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Änderung der Grundstückverhältnisse vor Vollzug der Aufteilung für entbehrlich, soweit sich an den „bereits bescheinigten maßgeblichen Rechtsverhältnissen (…) keine Änderungen ergeben.“
3. Anspruch des Grundstückseigentümers auf Erteilung einer Teilabgeschlossenheitsbescheinigung gegenüber der Baubehörde
Von der Frage, ob es dem grundbuchverfahrensrechtlichen Erfordernis des
Die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung durch die Baubehörde fußt öffentlich-rechtlich auf einer Verwaltungsvorschrift vom 19.3.1974 (BAnz. Nr. 58 vom 23.3.1974). In deren Nr. 1 heißt es: „Die Bescheinigung darüber, dass eine Wohnung oder nicht zu Wohnzwecken dienende Räume in sich abgeschlossen im Sinne des § 3 Abs. 2 bzw. des § 32 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes sind, wird auf Antrag des Grundstückseigentümers oder Erbbauberechtigten durch die Bauaufsichtsbehörde erteilt.“
Aus dieser Formulierung könnte sich ein Anspruch auf Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung ergeben. Dieser Anspruch würde u. E. auch die Erteilung einer Teilabgeschlossenheitsbescheinigung erfassen. Der Wortlaut ist insoweit eindeutig: Bescheinigt werden kann, dass „eine Wohnung“ in sich abgeschlossen ist. Die Vorschrift sieht somit auch die Möglichkeit einer Teilabgeschlossenheitsbescheinigung, die sich bloß auf eine Wohneinheit innerhalb einer größeren Wohnungseigentumsanlage bezieht, vor. Die Auffassung der Baubehörde, es könne stets nur die Abgeschlossenheit aller Wohnungen bescheinigt werden, findet im Wortlaut der Verwaltungsvorschrift hingegen keinen Widerhall. Dafür hätte es bspw. heißen müssen, dass auf Antrag die Abgeschlossenheit aller Wohnungen/Räume auf einem Grundstück bescheinigt wird. Das ist aber gerade nicht der Fall.
Zwar stellen Verwaltungsvorschriften keine Gesetze im formellen oder materiellen Sinne dar. Sie haben keine unmittelbare Außenwirkung, sondern sind lediglich Handlungsanweisungen für den internen Verwaltungsbereich (BVerwG
Geht man demnach von dem Bestehen eines Rechtsanspruchs auf Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung aus, kann sich dieser Anspruch aufgrund der konkreten Formulierung der hierfür maßgeblichen Verwaltungsvorschrift (s. o.) u. E. auch auf Erteilung einer „Teilabgeschlossenheitsbescheinigung“ richten. Wir weisen jedoch darauf hin, dass wir zu dieser Frage keine Stellungnahmen aus Rechtsprechung und Literatur ausfindig machen konnten.
4. Ergebnis
Aus dem Zweck der Abgeschlossenheitsbescheinigung und den aufgeführten Fundstellen ergibt sich, dass in diesem Fall eine komplett neue Abgeschlossenheitsbescheinigung, die auch die unverändert bleibenden Sondereigentumseinheiten miteinbezieht, grundbuchverfahrensrechtlich entbehrlich sein dürfte. Denn die Abgeschlossenheit dieser Sondereigentumseinheiten ergibt sich bereits aus dem bisherigen Plan und der zugehörigen Bescheinigung. Änderungen an diesen Sondereigentumseinheiten, die die Frage ihrer Abgeschlossenheit neu aufwerfen würden, sind nicht ersichtlich.
Anders könnte die Rechtslage in grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht dann einzuschätzen sein, wenn die Teilungserklärung zunächst auf Grundlage der alten Abgeschlossenheitsbescheinigung grundbuchlich vollzogen und die Änderung dann im Nachgang vorgenommen wird. Denn zumindest bei einem deutlichen zeitlichen Abstand zwischen der ursprünglichen Abgeschlossenheitsbescheinigung und der nachträglichen Änderung könnte die Abgeschlossenheitsbescheinigung entsprechend der bereits erwähnten Entscheidung des BayObLG (
Sollte nach alledem eine Teilabgeschlossenheitsbescheinigung aber grundbuchverfahrensrechtlich ausreichend sein, kann der Grundstückseigentümer diese im Verhältnis zur Baubehörde u. E. auch verlangen. Der entsprechende Rechtsanspruch ergibt sich aus Nr. 1 der Verwaltungsvorschrift vom 19.3.1974 i. V. m.
163754
Erscheinungsdatum:28.02.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:WEG
Erschienen in: Normen in Titel:WEG § 7 Abs. 4