28. Mai 2019

Indonesien: Spaltung des Güterstands

Gutachten des Deutschen Notarinstituts

Abruf-Nr.: 168707

letzte Aktualisierung: 28. Mai 2019

EuGüVO Art. 22, 25, 23

Indonesien: Spaltung des Güterstands

I. Sachverhalt

Die künftige Ehefrau ist indonesische Staatsangehörige. Der künftige Ehemann ist deutscher
Staatsangehöriger. Die Eheleute möchten demnächst in Indonesien heiraten. Hier leben sie auch
und wollen dort auch mittelfristig bleiben. Ein Umzug in einen anderen Staat ist nicht ausgeschlossen,
aber auch nicht konkret geplant. Sie wollen nun einen Ehevertrag schließen, mit dem
sie die Geltung deutschen Rechts vereinbaren. Ausgenommen davon soll das in Indonesien
belegene Immobilienvermögen sein, wofür nach Möglichkeit indonesisches Recht gelten soll.
Hinsichtlich des in Indonesien belegenen Vermögens soll eine dingliche Beteiligung des Ehemannes
an dem in Indonesien belegenen Immobilienvermögen ausgeschlossen werden. Hinsichtlich
des übrigen Vermögens soll vereinbart werden, dass das Anfangsvermögen der Eheleute
einschließlich der hierauf entfallenen Wertsteigerung vom Zugewinnausgleich ausgenommen
wird.

II. Fragen

1. Welches Güterrecht gilt?
2. Wird die Rechtswahl in Indonesien anerkannt?
3. Wie wäre ein in Indonesien abgeschlossener Vertrag im Verhältnis zum deutschen Recht zu
beurteilen?

III. Zur Rechtslage

1. Anwendbares Recht nach der EuGüVO
Aus deutscher Sicht unterliegt die Ehe, da diese nach dem 29.1.2019 geschlossen werden
wird, – wie sie bereits festgestellt haben – den Vorschriften der Europäischen Güterrechtsverordnung
(EuGüVO) v. 24.6.2016. Vorbehaltlich einer abweichenden Rechtswahl gilt
danach das Recht des Staates, in dem die Eheleute ihren „ersten ehelichen Wohnsitz“ nehmen
werden. Da die Eheleute in Indonesien eine gemeinsame Wohnung haben, gilt also
über Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO das indonesische Recht.

Auf diese Verweisung ist das in Indonesien geltende IPR nicht anwendbar (Art. 32
EuGüVO), vielmehr ist unmittelbar das in Indonesien geltende materielle Güterrecht zu
beachten.

Dabei ist zu beachten, dass es in Indonesien kein einheitliches Güterrecht gibt, sondern auf
den verschiedenen Inseln unterschiedliches Recht gilt und auch für unterschiedliche
Religionsgemeinschaften differenzierte Regeln gelten, insbes. gilt für Moslems islamisches
Recht. Die Bestimmung der einschlägigen Teilrechtsordnung soll in diesem Fall gem.
Art. 34 EuGüVO dem interpersonalen Kollisionsrecht dieses Staates unterliegen.
Insoweit gehen wir davon aus, dass aufgrund der Beteiligung eines deutschen Ehemannes
keines der religiösen Sonderrechte bzw. insularen Partikularrechte zur Anwendung kommt,
sondern vielmehr das für eingewanderte Europäer geltende staatliche Recht (vgl. dazu
Rieck/Lewenton, Ausländisches Familienrecht, Länderbericht Indonesien, Rn. 1 Ziff. 3).

2. Möglichkeit einer Rechtswahl
Darüber hinaus können die Eheleute auch eine Rechtswahl treffen. So wäre im vorliegenden
Fall aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit des Ehemannes gem. Art. 22
EuGüVO die Wahl deutschen Güterrechts möglich. Die gegenständliche Beschränkung der
Rechtswahl ist allerdings nach der Europäischen Güterrechtsverordnung nicht mehr möglich.
Das gewählte Recht gilt also zwingend für das gesamte Vermögen der Eheleute. Es
würde also auch in Indonesien belegene Grundstücke der Ehefrau erfassen. Dies gilt unabhängig
davon, ob eine derartige Rechtsanwendung auch aus indonesischer Sicht beachtet
werden würde. Insoweit müssen sich die Eheleute daher entscheiden, ob sie einheitlich
deutsches oder einheitlich indonesisches Recht gelten lassen möchten.

Zu beachten sind in diesem Zusammenhang die strengen Vorschriften der EuGüVO hinsichtlich
der Formgültigkeit einer Rechtswahlvereinbarung (Art. 23 EuGüVO) und der
Formwirksamkeit eines Ehevertrages (Art. 25 EuGüVO).

Die Vereinbarung muss zunächst in Schriftform erfolgen, ist zu datieren und muss von
beiden Parteien unterzeichnet werden. Diese Voraussetzungen (Art. 23 Abs. 1, 25 Abs. 1
EuGüVO) wären im vorliegenden Fall bei Beurkundung durch einen deutschen Notar
jedenfalls erfüllt. Fraglich ist insoweit allenfalls, ob auch die Unterschrift durch einen Bevollmächtigten
das Erfordernis der Unterschrift i. S. v. Art. 23 Abs. 1 bzw. 25 Abs. 1
EuGüVO erfüllt oder ob insoweit eine höchstpersönliche Unterschrift verlangt wird.
Besondere Formvorschriften des Staates, in dem die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt
haben, sind für die Rechtsmittel gem. Art. 23 Abs. 2 u. 3 bzw. Art. 25 Abs. 2
EuGüVO zu beachten. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt
in einem Mitgliedstaat i. S. d. EuGüVO befindet. Insoweit werden also Ehegatten, die sich
in einem Mitgliedstaat der EuGüVO aufhalten, gegenüber solchen Ehegatten, die in
Drittstaaten i. S. d. Verordnung leben, privilegiert. Da im vorliegenden Fall die Eheleute in
Indonesien leben, und Indonesien kein Mitgliedstaat im Sinne der EuGüVO ist, kommt
diese Verweisung daher nicht zur Anwendung.

3. Auf die Formwirksamkeit des Ehevertrags anwendbares Recht
Die Vereinbarung über den ehelichen Güterstand (nicht die Rechtswahl) muss gem. Art. 25
Abs. 3 EuGüVO zusätzliche Formvorschriften des Rechts beachten, welches auf den
ehelichen Güterstand anzuwenden ist (Art. 25 Abs. 3 EuGüVO). Treffen die Eheleute keine
Rechtswahl oder wählen sie indonesisches Recht, sind also auch die Formvorschriften des
indonesischen materiellen Güterrechts zu beachten. Danach ist für die Formwirksamkeit
eines Ehevertrags lediglich die Schriftform vorgeschrieben. Die Beurkundung durch einen
Notar ist zwar üblich, ist aber nicht kraft Gesetzes zur Formwirksamkeit erforderlich
(Rieck/Lewenton, Rn. 28).

Des Weiteren muss der Vertrag vom Registrierungsbeamten legalisiert und registriert
werden. Insoweit stellt sich die Frage, ob dieses Erfordernis ein konstitutives
Formerfordernis ist, oder nicht vielmehr ausschließlich der Wirksamkeit des Vertrags
gegenüber Dritten verhilft, also ein reines Publizitätserfordernis darstellt. Mithin sollte den
Eheleuten angeraten werden, den Vertrag in Indonesien beim Registrierungsbeamten
entsprechend legalisieren und registrieren zu lassen, damit die Wirksamkeit auch aus
deutscher Sicht gesichert ist. Auch aus indonesischer Sicht gilt insoweit das Recht einheitlich.
Eine Spaltung des Güterstatuts ist offensichtlich nicht möglich.

4. Rechtsanwendung aus indonesischer Sicht

Aus indonesischer Sicht unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe dem Heimatrecht
der Parteien. Haben diese keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so gilt das Heimatrecht
des Ehemannes (so Rieck/Lewenton, Rn. 86, die insoweit Zweifel an der Fortgeltung
dieser Regel aufgrund der Gleichberechtigung der Ehegatten hat). Insoweit käme im vorliegenden
Fall also auch aus indonesischer Sicht das deutsche Heimatrecht des Ehemannes
zur Anwendung.

Ergänzend ist insoweit zu berücksichtigen, dass nach indonesischem Recht Ausländer
grundsätzlich kein Eigentum an indonesischen Grundstücken erwerben können. Ob dies
auch dann gilt, wenn der Erwerb aufgrund der Vorschriften über die gesetzliche Gütergemeinschaft
erfolgt und der andere Ehegatte indonesischer Staatsangehöriger ist, ist uns
nicht bekannt.

5. Zum indonesischen Eherecht

Gesetzlicher Güterstand ist im staatlichen Gesetzesrecht in Indonesien die
Gütergemeinschaft. Dabei werden von der Gütergemeinschaft allerdings solche
Vermögensgegenstände ausgenommen, die von den Eheleuten in die Ehe eingebracht
worden sind oder die während der Dauer der Ehe durch Schenkung oder Erbfolge
erworben werden „Errungenschaftsgemeinschaft“. Der gesetzliche Güterstand kann in
Indonesien durch Ehevertrag modifiziert werden. Eine entsprechende vertragliche
Vereinbarung kann sowohl vor der Eheschließung, bei der Eheschließung und auch noch
während der Dauer der Ehe abgeschlossen werden (so Rieck/Lewenton, Rn. 28).

Gutachten/Abruf-Nr:

168707

Erscheinungsdatum:

28.05.2019

Rechtsbezug

International

Rechtsgebiete:

Ausländisches Recht (nach Ländern)