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Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:
13124 11.09.2003
GmbHG §§ 5 Abs. 4, 9c, 57a Prüfungsrechte des Registergerichts bei der Bewertung von Sacheinlagen; Bewertung einer Darlehensforderung gegen die Gesellschaft
I.
Sachverhalt Der Darlehensgeber E. hat der M-GmbH im Jahr 2002 ein Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro gewährt. Das Darlehen ist fällig. Die M-GmbH kann das Darlehen nicht zurückzahlen, bietet aber an, im Wege der Kapitalerhöhung Gesellschaftsanteile an der 25.000,00 EuroGmbH in Höhe von 1 Mio. Euro zu gewähren. Der Steuerberater der Gesellschaft bestätigt, dass das Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro werthaltig ist. Der zuständige Richter beim Amtsgericht bezweifelt die Werthaltigkeit , da die Gesellschaft bilanziell überschuldet ist.
II. Rechtsfrage Ist ein einer GmbH gewährtes Darlehen in Höhe von 1 Mio. Euro mit dem Nennbetrag im Wege einer Kapitalerhöhung anzusetzen, wenn die GmbH überschuldet ist? III. Zur Rechtslage 1. Prüfungspflicht des Registergerichts Gem. §§ 57a, 9c Abs. 1 S. 2 GmbHG muss der Registerrichter die Eintragung der Kapitalerhöhung ablehnen, wenn Sacheinlagen überbewertet worden sind. Er ist damit verpflichtet, die Werthaltigkeit von Sacheinlagen zu prüfen (Michalski/Hermanns, GmbHG, 2002, § 57a Rn. 11; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl. 1997, § 57a Rn. 5; Scholz/Priester, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 57a Rn. 6; Schulze, in: Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze, GmbH-Recht, 5. Aufl. 2002, § 57a Rn. 2; OLG Thüringen GmbHR 1994, 710, 711). Dementsprechend hat das Registergericht zu prüfen, ob bei der Einbringung einer Darlehensforderung eines Gesellschafters im Wege der Sacheinlage in eine GmbH diese Forderung auch tatsächlich werthaltig ist. Dabei ist nicht deren Nennwert, sondern der tatsächliche Wert der Forderung unter dem Aspekt der Liquidität der Gesellschaft entscheidend (BGH, GmbHR 1984, 313; BGH, GmbHR 1994, 394 = BGHZ 125, 141; a.A.: Karollus, ZIP 1994, 589, 595, der ohne Werthaltigkeitsprüfung auf den Nennwert abstellen will). 2. Wann ist eine Forderung gegen die Gesellschaft werthaltig ? Wie dieser tatsächliche Wert zu bestimmen ist, wird im Detail unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird darauf abgestellt, dass die Forderungen der Gesellschaft durch das Vermögen der Gesellschaft abgedeckt sein müssen (Scholz/Priester, a.a.O., § 56 Rn. 49;
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mr pool
Seite 2 Groß, GmbHR 1983, 290, 293; Reuter, BB 1978, 1195; Gustavus, BB 1977, 215; LG Berlin, BB 1977, 213). Der BGH hat dies spezifiziert, indem er darauf abstellt, dass das Vermögen ausreichen müsse, um alle fälligen Forderungen ihrer Gläubiger zu erfüllen (BGH, DB 1994, 1025, 1026 = NJW 1994, 1477; G. Müller, ZGR 1995, 327, 335; Tillmann, GmbHR 1983, 244, 248). Würde man nur auf die fälligen Forderungen abstellen, so könnte eine Darlehensforderung gegen eine GmbH auch dann werthaltig sein, wenn die Gesellschaft im insolvenzrechtlichem Sinne überschuldet ist, ihr Vermögen also nicht mehr ihre gesamten (also auch noch nicht fälligen) Verbindlichkeiten deckt. Denn in diesem Fall wäre es zumindest denkbar, dass das Vermögen ausreicht, die fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. Offenbar haben der BGH und die vorgenannten Autoren ihre Aussage aber nicht in diesem Sinne verstanden, da sie bei einer Überschuldung der Gesellschaft davon ausgehen, dass die Forderung nicht vollwertig ist (BGH a.a.O.; G. Müller a.a.O.). Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, dass eine Darlehensforderung werthaltig ist, wenn das Vermögen der Gesellschaft ausreicht, um sämtliche Verbindlichkeiten (einschließlich der betreffenden Darlehensforderung, die Gegenstand der Sacheinlage sein soll) zu erfüllen. 3. Ermittlung des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch das Registergericht Vor diesem Hintergrund muss bei eine Sachkapitalerhöhung unter Einbringung einer Gesellschafterforderung das Registergericht also immer ermitteln, ob das Vermögen der Gesellschaft größer ist als die gesamten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dabei stellen sich freilich verschiedene Fragen, die soweit ersichtlich in diesem Zusammenhang noch nicht diskutiert worden sind. So bleibt unklar, wie das Vermögen der Gesellschaft zu bewerten ist. Möglich ist es, auf den Liquidationswert des Vermögens abzustellen, also die Summe zu ermitteln, die bei einer Einzelveräußerung aller Vermögensgegenstände der Gesellschaft erzielt werden kann. Dieser Wert würde freilich nicht berücksichtigen, dass die Gesellschaft mit diesen Vermögenswerten eventuell einen G eschäftsbetrieb führt, der Gewinne erwirtschaftet, so dass nicht der Liquidationswert, sondern der Fortführungswert des Vermögens des Unternehmens entscheidend ist. Es ist also ggfs. zu ermitteln, welche Erträge die Gesellschaft in der Zukunft erwirtschaften wird und ob diese Erträge ausreichen, die Verbindlichkeiten abzudecken. Eine Ermittlung der zukünftigen Erträge ist freilich im Einzelfall äußerst kompliziert. Die Praxis behilft sich daher zumeist mit einer "summarischen" Prüfung, indem die Registergerichte eine zeitnahe und in ihrer Richtigkeit bestätigte Bilanz verlangen (Michalski/Hermanns, a. a. O., § 57a Rn. 17; Hachenburg/Ulmer, a. a. O., § 57a Rn. 10; Scholz/Priester, a. a. O., § 57a Rn. 6; OLG Thüringen, a. a. O.). Ergibt sich aus dieser Bilanz, dass das Vermögen ausreichend ist, so wird die Werthaltigkeit der Forderung bejaht. Vorliegend ergibt sich aus der Bilanz jedoch, dass die Gesellschaft bilanziell überschuldet ist, ihre Aktiva also nicht die Passiva abdecken. Auf der Grundlage der Bilanz kann eine Werthaltigkeit der Forderung daher nicht bejaht werden. Dies bedeutet aber nicht, dass wie vorliegend geschehen die Werthaltigkeit der Forderung bereits abgelehnt werden kann. Eine bilanzielle Überschuldung bedeutet nicht, dass das Vermögen der Gesellschaft nicht ausreicht, um ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen und sie somit im Sinne der oben zitierten BHG-Entscheidung überschuldet ist. Die Bilanz der GmbH zeigt nämlich nicht verdeckte Aktiva auf, so dass möglicherweise das Vermögen der Gesellschaft unter Berücksichtigung dieser versteckten Aktiva die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übersteigt. In diesem Fall wäre die Darlehensforderung
Seite 3 werthaltig (Vgl. Eilers/Sieger/Wienand, Die Finanzierung der GmbH durch ihre Gesellschafter, 2. Aufl. 2001, Rn. 97; Scholz/Priester, a.a.O., § 56 Rn. 49). Zu beurteilen, ob dies der Fall ist, bedarf es i. d. R. des Gutachtens eines Sachverständ igen. Vorliegend ist ein Gutachten des Steuerberaters der Gesellschaft vorgelegt worden, wonach die Darlehensforderung des Gesellschafters vollwertig ist. Der Registerrichter hat sich jedoch anhand aller ihm vorgelegten Unterlagen ein eigenes Werturteil zu bilden. Er ist daher nicht an die Beurteilung Dritter, z. B. eines Gutachtens, gebunden, wenn begründete Zweifel an den Äußerungen des Gutachters bestehen (Micha lski/Heyder, a. a. O., §9c Rn. 25; Scholz/Winter, a. a. O., §9c Rn. 34; Hache nburg/Ulmer, a. a. O., § 9c Rn. 34). Diese Zweifel des Registerrichters dürften auf dem Umstand beruhen, dass der Steuerberater - trotz der bilanziellen Überschuldung der Gesellschaft - seine Aussage nicht weiter begründet hat. Allein auf der Grundlage der Bilanz kann der Registerrichter die Eintragung der Kapitalerhöhung freilich auch nicht ablehnen, wie wir vorstehend ausgeführt haben. Der Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG verpflichtet das Registergericht vielmehr, weitere Ermittlungen vorzunehmen. In der Praxis wird daher der Gesellschaft zumeist aufgegeben, ein weiteres Gutachten bei der IHK oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Kammer einzuholen (Michalski/Heyder, a.a.O., § 9 c Rn. 25). 4. Zusammenfassung Die Darlehensforderung gegen die Gesellschaft muss werthaltig sein. Dies bedeutet, dass das Vermögen der Gesellschaft ausreichen muss, die Verbindlichkeiten zu erfüllen. Ist die Gesellschaft überschuldet, so kann bei einer Sachkapitalerhöhung die Forderung folglich nicht mit ihrem Nennwert angesetzt werden. Vorliegend zeigt die Bilanz der Gesellschaft allerdings nur eine bilanzielle Überschuldung auf. Zwar kann auf der Grundlage einer derartigen Bilanz die Werthaltigkeit einer Darlehensforderung nicht bejaht werden. Umgekehrt bedeutet dies aber noch nicht, dass die Gesellschaft im vorgenanten Sinne überschuldet ist. Aufgrund verdeckter Aktiva ist es möglich, dass das Vermögen der Gesellschaft die Verbindlichkeiten übersteigt. Um dies zu ermitteln, ist ein Sachverständigengutachten erforderlich. Da der Registerrichter dem Gutachten des Steuerberaters vorliegend nicht folgt und auch hierzu nicht verpflichtet ist, empfiehlt sich, ggf. in Absprache mit dem Registerrichter einen weiteren Sachverständigen zu benennen. Die Benennung des Sachverständigen sollte durch die IHK oder eine sonstige öffentlich-rechtliche Kammer erfolgen. Lehnt der Registerrichter diese Vorgehe nsweise ab, kann der Notar ist gegen seine Entscheidung Beschwerde einzulegen.