01. Januar 1999
EGBGB Art. 13

Rumänien: Asylberechtigter; Erbrecht; Doppelehe

DNotI
Deutsches Notarinstitut

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Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1459#

letzte Aktualisierung:02. Oktober 1998

Rumänien, Asylberechtigter, Erbrecht, Doppelehe

I. Zum Sachverhalt Am 04.05.1995 verstarb der zuletzt in Stuttgart wohnhaft gewesene rumänische Staatsangehörige Gheorge Vancea. Er lebte seit 1982 in Deutschland und war seit 1984 als Asylberechtigter anerkannt. Am 22.03.1988 heiratete er in Stuttgart die ebenfalls rumänische Staatsangehörige Maria GrigorasVancea. Dabei versicherte er vor dem Standesamt Stuttgart, daß er ledigen Standes und kinderlos sei. Nach seinem Tod tauchte ein in Rumänien lebender Sohn auf, der anhand standesamtlicher Urkunden beweisen konnte, daß er der leibliche Sohn des Erblassers ist und die Ehe seiner Eltern in Rumänien nie geschieden wurde. Eine entsprechende eidesstattliche Versicherung und standesamtliche Urkunde der ersten in Rumänien lebenden Ehefrau liegen vor. Der Sohn möchte jetzt einen Erbschein für sich und für seine Mutter beantragen.

II. Fragestellung In welchem Umfang sind die beiden Witwen erbberechtigt?

III. Zur Rechtslage 1. Erbstatut

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Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen grundsätzlich nach dem Heimatrecht des Erblassers. Da dieser hier rumänischer Staatsangehöriger ist, wäre demnach rumänisches Erbrecht anzuwenden. Hier besteht jedoch die Besonderheit, daß der Erblasser seit 1984 als Asylberechtigter in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt war. Nach § 2 AsylVfG genießen Asylberechtigte, die als solche anerkannt sind (Erman/Hohloch, 9.Aufl., 1993, Art. 5 EGBGB Rn. 93), die Rechtsstellung nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention). Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention sieht vor, daß das Personalstatut jedes Flüchtlings sich nach dem Recht des Landes seines Wohnsitzes oder, in Ermangelung eines Wohnsitzes, nach dem Recht seines Aufenthaltslandes bestimmt. Daraus folgt, daß das Personalstatut und damit auch das Erbstatut eines anerkannten Asylberechtigten, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, deutsches Recht ist. Eine alternative Anwendung von günstigeren Regelungen des Heimatrechtes kommt nicht in Betracht. § 2 Abs. 2 AsylVfG hat nur fremdenrechtliche Bedeutung, aber keine kollisionsrechtliche Funktion (Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 5 EGBGB Rn. 94; MünchKomm-Sonnenberger, 3. Aufl. 1998, Art. 5 EGBGB Anh. II Rn. 94; Soergel/Kegel, 12. Aufl. 1996, Art. 5 EGBGB Anh. Rn. 103; a. A. Palandt/Heldrich, 57. Aufl. 1998, Anh. zu Art. 5 EGBGB Rn. 32; Jayme, Neue Bestimmungen zum Personalstatut der Asylberechtigten, IPRax 1984, 114, 115). Da der Erblasser seit 1984 als Asylberechtigter anerkannt ist und seinen persönlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist deutsches Erbrecht maßgeblich. 2. Erbberechtigte Personen a) Witwe in Rumänien Gem. § 1931 BGB ist der überlebende Ehegatte immer gesetzlicher Erbe, gleichgültig mit welchen Verwandten des Erblasser er zusammentrifft. Voraussetzung ist jedoch eine rechtsgültig geschlossene und beim Erbfall noch bestehende Ehe mit dem Erblasser (Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 1931 BGB Rn. 2). Die Wirksamkeit der Eheschließung ist eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage (Staudinger/Dörner, 13. Aufl. 1995, Art. 25 EGBGB Rn. 146; BGH NJW 1981, 1900, 1901). Gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB richten sich die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten nach dem Recht des Staates, dem er angehört. Hier wurde die Ehe geschlossen, bevor der Erblasser Rumänien verlassen hat. Es ist davon auszugehen, daß seine noch in Rumänien lebende Ehefrau ebenfalls rumänische Staatsangehörige ist. Somit verweist Art. 13 Abs. 1 EGBGB auf rumänisches Recht, das diese Verweisung annimmt. Denn das rumänische IPR enthält die gleiche Anknüpfung, sowohl vor als auch nach der Reform von 1992 (Jayme/Munteanu, Rumänisches Familienrecht, 1983, S. 15; Capatina, Das neue rumänische internationale Privatrecht, RabelsZ 58 (1994), 465, 485). Hier ist in Ermange lung gegenteiliger

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Anhaltspunkte davon auszugehen, daß die Ehe nach rumänischem Recht wirksam geschlossen wurde. Eine Scheidung ist nie erfolgt, so daß die Erbberechtigung der in Rumänien lebenden Witwe auch nicht gem. § 1933 BGB ausgeschlossen ist. Mithin ist die Witwe in Rumänien überlebender Ehegatte i. S. d. § 1931 BGB und folglich erbberechtigt. b) Witwe in Deutschland Auch sie ist gem. § 1931 BGB erbberechtigt, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers mit diesem wirksam verheiratet war. Die Wirksamkeit der Eheschließung ist nach den von Art. 13 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechtsordnungen zu beurteilen, da es sich um eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage handelt (s. o.). Art. 13 Abs. 1 EGBGB umfaßt sowohl die materiellen Voraussetzungen für eine wirksame Eheschließung als auch die Auswirkungen des Fehlens bzw. der Verletzung der Voraussetzungen (Palandt/Heldrich, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 6, 11; Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 23). aa) Personalstatut des Ehemannes Die Eheschließung mit der in Deutschland lebenden Witwe erfolgte 1988, als der Erblasser bereits als Asylberechtigter in Deutschland anerkannt war. Da § 2 AsylVfG i. V. m. Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention auch im Rahmen des Art. 13 EGBGB maßgeblich ist (MünchKomm-Coester, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 10; Soergel/Schurig, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 125), ist nicht das rumänische Heimatrecht, sondern das deutsche Wohnsitzrecht maßgeblich. Bisher war das deutsche materielle Eheschließungsrecht im Ehegesetz enthalten, seit dem 1. Juli dieses Jahres ist es in den §§ 1303 ff. BGB geregelt. Die Übergangsregelung hierfür ist in Art. 226 EGBGB enthalten. Gem. Abs. 3 dieser Vorschrift gilt grundsätzlich auch für Altehen das neue Recht. Nach Abs. 1 ist die Aufhebung einer vor dem 1. Juli 1998 geschlossenen Ehe allerdings ausgeschlossen, wenn die Ehe nach dem bis dahin geltenden Recht nicht hätte aufgehoben oder für nichtig erklärt werden können. Diese Ausnahme greift im vorliegenden Fall nicht ein. Denn das hier möglicherweise vorliegende Ehehindernis der Doppelehe war nach dem alten Recht Nichtigkeitsgrund (§§ 5, 20, 23 EheG). Eine weitere Aus nahme von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des neuen Rechts enthält Art. 226 Abs. 2 EGBGB. Danach bleibt für die Voraussetzungen und die Folgen der Nichtigkeit oder Aufhebung wie für das Verfahren das bis dahin geltende Recht maßgeblich, sofern vor dem 1. Juli 1998 die Nichtigkeits- oder Aufhebungsklage erho ben worden ist. Auch dies ist hier nicht der Fall. Mithin richtet sich die Wirksamkeit der vom Erblasser in

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Deutschland geschlossenen Ehe ausschließlich nach den §§ 1303 ff. n. F. BGB. Gem. § 1306 BGB darf eine Ehe nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe besteht. Das Bestehen einer anderen Ehe ist wiederum eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage (Palandt/Heldrich, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 6; Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 13 EGBGB Rn. 31). Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Danach war der Erblasser bis zu seinem Tod und damit auch bei der zweiten Eheschließung 1988 weiterhin mit seiner ersten Frau verheiratet, so daß das Eheverbot des § 1306 BGB vorlag. Allerdings ist nach der Neuregelung in den §§ 1313 ff. BGB nur noch eine Aufhebung der fehlerhaften Ehe ex nunc möglich (Bosch, Neuordnung oder nur Teilreform des Eheschließungsrechts?, NJW 1998, Heft 28, S. 2004, 2006; Hepting, Das Eheschließungsrecht nach der Reform, FamRZ 1998, Heft 12, S. 713, 727). Das hat zur Folge, daß auch die zweite Ehe des Erblassers wirksam ist und nicht mehr mit Rückwirkung auf den Todeszeitpunkt des Erblassers vernichtet werden kann. Zudem kann nach § 1317 Abs. 3 BGB der Antrag auf Aufhebung der Ehe nicht mehr gestellt werden, wenn die Ehe bereits aufgelöst ist. Dies gilt wohl auch bei der Auslösung durch den Tod eines Ehegatten, so daß die zweite Ehe auch aus diesem Grund nicht mehr beseitigt werden kann. Mithin ist nach dem Personalstatut des verstorbenen Ehemannes auch die zweite Ehe wirksam. bb) Personalstatut der Ehefrau Da die Ehefrau rumänische Staatsangehörige ist, verweist Art. 13 Abs. 1 EGBGB auf das rumänische Recht. Dieses nimmt die Verweisung an, da es die Wirksamkeit der Eheschließung in gleicher Weise wie das deutsche Recht anknüpft (s. o.). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Ehefrau ebenfalls als Asylberechtigte in Deutschland anerkannt oder Vertriebene i. S. d. BVFG ist. Dann wäre wie für den Ehemann gem. § 3 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention oder Art. 116 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 9 Abschnitt II Nr. 5 FamRÄndG deutsches Recht maßgeblich. Auch das rumänische Recht verbietet die Doppelehe. Art. 5 des Familiengesetzbuches lautet (in der Übersetzung von Bergmann/Ferid-Munteanu/Leonhardt, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Rumänien, Stand 30.11.1996, S. 14): ,,Die Eheschließung eines verheirateten Mannes oder einer verheirateten Frau ist verboten."

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Ob eine Person bereits verheiratet ist, ist auch hier eine selbständig anzuknüpfende Vorfrage. Da bei Schließung der ersten Ehe ausschließlich Bezugspunkte zum rumänischen Recht bestanden, ist die Wirksamkeit dieser Eheschließung nach rumänischem Recht zu beurteilen und auch zu bejahen (s. o.). Somit war der Erblasser auch aus Sicht des rumänischen Rechts bei Eingehung der zweiten Ehe bereits verheiratet. Der Verstoß gegen Art. 5 des rumänischen Familiengesetzbuches hat aus Sicht des deutschen IPR allerdings nur dann Bedeutung, wenn es sich um ein doppelseitiges Ehehindernis handelt, das auch dem Ledigen die Eheschließung mit einem Verheirateten verbietet. Handelt es sich nur um ein einseitiges Verbot, so ist es hier gar nicht einschlägig, da die rumänische Staatsangehörige selbst bei der Eheschließung ledig war. Aus der uns zur Verfügung stehende Literatur kann leider nicht mit Sicherheit entnommen werden, ob das Verbot der Doppelehe im rumänischen Recht ein einseitiges oder ein doppelseitiges Ehehindernis ist (Jayme/ Munteanu, a. a. O., S. 37 f.). Die Entscheidung dieser Frage kann jedoch offenbleiben, denn selbst wenn es sich um ein doppelseitiges Verbot handelt, führt der Verstoß im konkreten Fall nicht zum Wegfall der Ehegatteneigenschaft der zweiten Ehefrau. Gem. Art. 19 des rumänischen Familiengesetzbuches ist eine Ehe nichtig, die unter Verletzung der Bestimmung in Art. 5 geschlossen ist (Bergmann/Ferid-Munteanu/Leonhardt, a. a. O., S. 15). Trotz dieser gesetzlich angeordneten Nichtigkeit ist die Ehe allerdings solange wirksam, bis sie vom Gericht für nichtig erklärt wird (Jayme/Munteanu, a. a. O., S. 39 f.; Capatina, Juris Classeur droit comparé, Roumanie, Stand: August 1995, Rn. 80, 82). Durch die gerichtliche Nichtigkeitserklärung wird die Ehe rückwirkend beseitigt (Capatina, a. a. O., Rn. 85). Allerdings enthält Art. 23 rumänisches Familiengesetzbuch eine Schutzvorschrift zugunsten des gutgläubigen Ehegatten: Art. 23 Abs. 1 Ein Ehegatte, der bei Eingehung der für nichtig erklärten oder aufgehobenen Ehe im guten Glauben war, behält bis zur Rechtskraft des Urteils die Stellung eines Ehegatten in einer gültigen Ehe. (Übersetzung von Bergmann/Ferid-Munteanu/Leonhardt, a. a. O., S. 16). Nach dieser Vorschrift behält der gutgläubige Ehegatte auch die Erbberechtigung am Nachlaß des bigamischen Ehegatten, wenn dieser vor dem Nichtigkeitsurteil verstorben ist (Capatina, a. a. O., Rn. 85). Hier hat der Erblasser beim Standesamt Stuttgart versichert, er sei ledig. Daher ist davon auszugehen, daß die zweite Ehe frau hinsichtlich des Bestehens der ersten Ehe gutgläubig war. Mithin würde auch eine Nichtigkeitsklage nach rumänischem Recht nichts daran ändern, daß die zweite Witwe im Todeszeitpunkt als Ehefrau des Erblassers anzusehen ist.

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Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß auch die zweite Ehe nach dem Personalstatut beider Ehegatten (dem deutschen und dem rumänischen Recht) im Todeszeitpunkt des Erblassers als wirksam anzusehen ist. Folglich ist auch die in Deutschland lebende zweite Witwe Ehefrau und damit gem. § 1931 BGB erbberechtigt. c) Sohn Der aus der ersten Ehe stammende Sohn ist als Abkömmling gem. § 1924 BGB erbberechtigt. 3. Die genauen Erbquoten der einzelnen Erbberechtigten a) Grundsatz Nach allgemeiner Ansicht müssen sich die überlebenden Ehegatten im Fall der Doppelehe den Anteil eines Ehegatten teilen (Staudinger/Werner, 13. Aufl. 1994, § 1931 BGB Rn. 13; Palandt/Edenhofer, a. a. O., § 1931 BGB Rn. 3). Fraglich ist jedoch, wie hoch der zwischen den beiden überlebenden Witwen zu verteilende Anteil des Ehegatten ist. Hiervon hängt auch der für den Abkömmling verbleibende Erbteil ab. Gem. § 1931 Abs. 1 S. 1 erhält der überlebende Ehegatte des Erblassers neben Verwandten der ersten Ordnung, also den Abkömmlingen des Erblassers (§ 1924 BGB), 1/4 des Nachlasses. Dieser Erbteil kann sich aber gem. § 1931 Abs. 3 i. V. m. § 1371 Abs. 1 BGB erhöhen, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt ha ben. Auf den Streit, ob § 1371 Abs. 1 BGB auch bei ausländischem Erbstatut gilt (vgl. Soergel/Schurig, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rn. 40; Schotten, Das IPR in der notariellen Praxis, 1995, Rn. 285 ff.; MünchKomm-Siehr, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rn. 115), kommt es nicht an, da Erbstatut hier deutsches Recht ist (s. o.). Voraussetzung für die Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB ist nach h. M. jedoch, daß deutsches Recht Ehegüterstatut ist. Bevor also der genaue Anteil ermittelt werden kann, der den beiden Witwen zusteht, ist für jede Ehe gesondert das jeweilige Güterrechtsstatut zu ermitteln.

b) Güterrechtsstatut der in Rumänien geschlossenen Ehe Da der Erblasser schon 1982 in der Bundesrepublik lebte, ist davon auszugehen, daß die erste Ehe vorher geschlossen wurde, so daß die Übergangsregelung des Art. 220 Abs. 3 EGBGB anzuwenden ist. Sofern die Ehe bereits vor dem 1. April 1953 geschlossen wurde, gilt gem. Art. 220 Abs. 3 S. 6 EGBGB Art. 15 Abs. 1 a. F. EGBGB. Danach ist das

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Heimatrecht des Ehemannes im Zeitpunkt der Eheschließung, hier also rumänisches Recht maßgeblich. Sollte dagegen die Eheschließung nach dem 31.03.1953 und vor dem 09.04.1983 stattgefunden haben, beruft Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB zunächst das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten bei Eheschließung. Diese Anknüpfung führt ebenfalls zum rumänischen Recht, weil der Erblasser rumänischer Staatsangehöriger ist und wohl auch seine erste Frau diese Staatsangehörigkeit besitzt. Für die Zeit nach dem 08.04.1983 gilt gem. Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB Art. 15 n. F. EGBGB. Nach Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist ebenfalls das gemeinsame rumänische Heimatrecht im Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblich. Eine Überleitung des Güterstandes nach dem Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen findet nicht statt, denn nach §§ 1, 3 dieses Gesetzes setzt die Überleitung voraus, daß beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. Hier ist jedoch nur der Ehemann aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland gekommen. Somit verweist das deutsche IPR für die gesamte Zeit der Ehe auf das rumänische Recht. Nach Art. 4 Abs. 1 EGBGB ist diese Verweisung allerdings Gesamtverweisung, so daß eine Rückverweisung durch das rumänische Recht zu beachten wäre. Das rumänische Gesetz Nr. 105 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des IPR vom 22.9.1992 (abgedr. in: Riering (Hrsg.), IPR-Gesetze in Europa, München 1997, S. 133) bestimmt das Ehegüterstatut wie folgt:
Art. 20. Relaþiile personale ºi patrimoniale dintre soþi sînt supuse legii naþionale comune, iar în cazul în care au cetãþenii deosebite, sînt supuse legii domiciliului lor comun. Artikel 20 Die persönlichen und vermö gensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten unterliegen dem gemeinsamen Heimatrecht; besitzen die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten, unterliegen diese Beziehungen dem Recht ihres gemeinsamen Wohnsitzes. Das gemeinsame Heimatrecht oder das Recht des gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten regelt die Wirkungen der Ehe auch für die Zeit, nach einer etwaigen Änderung der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes durch einen der Ehegatten. Liegt keine gemeinsame Staatsangehörigkeit oder kein gemeinsamer Wohnsitz vor, so unterliegen die persönlichen

Legea naþionalã comunã sau legea domiciliului comun al soþilor continuã sã reglementeze efectele cãsãtoriei în cazul în care unul dintre ei îºi schimbã, dupã caz, cetãþenia sau domiciliul.

În lipsã de cetãþenie comunã sau de domiciliu comun, relaþiile personale sau patrimoniale dintre soþi sînt

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supuse legii statului pe teritoriul cãruia au ori au avut reºedinþa comunã sau cu care întreþin în comun cele mai strînse legãturi.

oder vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten dem Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie einen gemeinsamen Aufenthalt haben oder hatten oder mit dem sie am engsten verbunden sind.

Hiernach ist also grundsätzlich das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten maßgeblich. Da der Erblasser und Ehemann seine rumänische Staatsangehörigkeit nicht verloren hat, ist auch aus Sicht des rumänischen IPR das rumänische Ehegüterrecht als gemeinsames Heimatrecht der Ehegatten berufen. Die Verweisung des deutschen IPR wird damit angenommen; eine Rückverweisung auf deutsches Ehegüterrecht findet nicht statt. Dies gilt auch für die Zeit vor Inkrafttreten des rumänischen IPR-Gesetzes. Auch damals wurde an das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten angeknüpft (Capatina, Das Ehegüterrechtsstatut im rumänischen internationalen Privatrecht, IPRax 1983, 250; Jayme/Munteanu, a. a. O., S.15 f.). Nicht eindeutig feststellbar ist allerdings, ob auch für Immobilien das gemeinsame Heimatrecht oder ob insoweit das Belegenheitsrecht maßgeblich war (in diesem Sinne AG Wolfratshausen, 25.11.1980, IPRax 1982, 23, 24; Jayme, Auskunftsanspruch und Stufenklage bei ausländischem Ehegüterrechtsstatut, IPRax 1982, 11; offen Jayme/Munteanu, a. a. O., S.16). Nach der einzigen deutschen Stellungnahme eines rumänischen Autors (Capatina IPRax 1983, 250, 251) ist das Heimatrecht Güterrechtsstatut für das gesamte Vermögen der Ehegatten, einschließlich der Immobilien. Daher ist wohl davon auszugehen, daß das IPR in Rumänien auch vor der Neuregelung keine Spaltung des Güterrechtsstatuts vorsah. Da also das rumänische Recht die Verweisung des deutschen IPR annimmt, gilt für die erste Ehe des Erblassers rumänisches Ehegüterrecht. Folglich ist § 1371 Abs. 1 BGB nicht anwendbar; der ersten Ehefrau steht daher nur 1/4 der Erbschaft nach § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB zu.

c)

Güterrechtsstatut der in Deutschland geschlossenen Ehe Da diese Ehe 1988 geschlossen wurde, richtet sich das Güterrechtsstatut nach Art. 15 n. F. EGBGB. Danach unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Art. 15 Abs. 1 EGBGB verweist somit auf Art. 14 EGBGB. Gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist primärer Anknüpfungspunkt das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten. Diese Anknüpfung an das übereinstimmende Personalstatut der Ehegatten (Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 14 EGBGB Rn. 13) versagt jedoch, wenn zwar beide Ehegatten die gleiche

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Staatsangehörigkeit haben, das Personalstatut eines Ehegatten sich jedoch nach seinem Aufenthaltsrecht richtet, weil er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies war hier für den Erblasser schon im Zeitpunkt der Eheschließung der Fall. In Ermangelung eines übereinstimmenden Personalstatuts beruft Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB das Rechts des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Hier lebten die Ehegatten 1988 in der Bundesrepublik Deutschland, so daß gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB deutsches Ehegüterrecht maßgeblich ist. Es ist nicht ersichtlich, daß die Eheleute einen Ehevertrag geschlossen haben. Sie leben damit gem. § 1363 Abs. 1 BGB im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Damit steht der zweiten Witwe an sich die Hälfte des Nachlasses zu (§ 1931 Abs. 3 i. V. m. § 1371 Abs. 1 BGB). d) Berechnung der konkreten Quoten Die bisherigen Überlegungen führen zunächst zu folgendem Ergebnis: Die erste Witwe könnte 1/4 des Nachlasses verlangen, die zweite Witwe die Hälfte. Würde der Sohn aus erster Ehe nur mit seiner Mutter zusammentreffen, hätte er Anspruch auf 3/4 des Nachlasses. Die Addition dieser Quoten übersteigt die Gesamtheit des Nachlasses, so daß sie zu reduzieren sind. Fraglich ist jedoch, wie diese Kürzung zu erfolgen hat. Hierzu bestehen zwei Vorschläge von Ferid (Beerbung eines bigamen Erblassers, in dessen einer Ehe die Zugewinngemeinschaft gegolten hat, FamRZ 1963, 410 ff.) und Epple (Noch einmal: Beerbung eines bigamen Erblassers, in dessen einer Ehe die Zugewinngemeinschaft gegolten hat, FamRZ 1964, 184 ff.). Einigkeit besteht darüber, daß den beiden Ehegatten nur ein Ehegattenerbteil zusteht. Diesen Erbteil haben sich die Ehegatten nach dem Verhältnis der Bruchteile ihrer gesetzlichen Erbteile zueinander zu teilen. Die zweite Witwe hat einen Erbteil von 1/2, die erste Witwe von nur 1/4. Daher müssen sich auch die beiden Bruchteile innerhalb des Ehegattenerbteils verhalten wie 2:1. Streitig ist jedoch, wie hoch der Ehegattenerbteil im Verhältnis zu dem Erbteil des Sohnes ist. Ferid stellt darauf ab, daß der Sohn Anspruch auf 3/4 des Nachlasses gehabt hätte, wenn er nur mit seiner Mutter zusammengetroffen wäre. Um dieses Recht soweit wie möglich zu erhalten, ist nicht nur der Anteil des Sohnes, sondern auch der Anteil der Ehefrauen verhältnismäßig zu kürzen. Begründet wird dies mit einer entsprechenden Anwendung von § 2090 BGB. Die verhältnismäßige Kürzung der beiden Bruchteile von 1/2 auf der einen und 3/4 auf der anderen Seite führt dazu, daß der Sohn 3/5 des Nachlasses erhält, während sich die Ehefrauen 2/5 des Nachlasses zu teilen haben. Wird dieser Ehegattenerbteil wiederum anteilig auf die beiden überlebenden Ehe frauen verteilt, so bekommt die erste Witwe 2/15 des Nachlasses, die zweite 4/15.

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Epple lehnt dagegen im Verhältnis der überlebenden Ehefrauen und des Sohnes zueinander eine verhältnismäßige Kürzung der Erbteile analog § 2090 BGB ab. Hierfür spricht, daß nach den §§ 1924 ff. BGB Abkömmlingen des Erblassers im Verhältnis zu einem überlebenden Ehegatten kein quotenmäßig bestimmter Erbteil zusteht. Ihr Erbteil ist vielmehr davon abhängig, in welchem Güterstand der überlebende Ehegatte mit dem Erblasser gelebt hat. Sie erben daher nur den Teil des Nachlasses, der nicht nach § 1931 BGB dem überlebenden Ehegatten zusteht. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, daß dem Sohn nur die Hälfte des Nachlasses zukommt. Denn der maximale Ehegattenerbteil beträgt hier ebenfalls die Hälfte des Nachlasses, da die zweite Ehefrau mit dem Erblasser im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat. Dieser Ehegattenerbteil ist anteilig auf die beiden Witwen zu verteilen, d. h. im Verhältnis 2:1 (siehe oben), so daß die erste Witwe 1/6 und die zweite Witwe 2/3 des Nachlasses erhält. Für diese Berechnungsmethode spricht, daß der Sohn aus erster Ehe auch dann nur die Hälfte des Nachlasses als Erbe erhalten hätte, wenn seine Mutter vor der zweiten Eheschließung gestorben wäre und daher keine Bigamie vorgelegen hätte. Er ist daher nicht schutzbedürftig, zumal ein möglicher gesetzlicher Erbe vor Eintritt des Erbfalles keine Rechtsposition, sondern nur eine rein tatsächliche, noch unsichere Erwerbsaussicht hat (Staudinger/Marotzke, 13. Aufl. 1994, § 1922 BGB Rn. 11 ff.). Folgt man daher dem wohl überzeugenden und gleichzeitig einfacheren Ansatz von Epple, führt dies zu folgendem Ergebnis: Der Sohn aus erster Ehe bekommt die Hälfte des Nachlasses, seine Mutter, die Witwe aus der ersten Ehe, erhält 1/6 und die in Deutschland lebende Witwe aus der zweiten Ehe 1/3 des Nachlasses.

Gutachten/Abruf-Nr:

1459

Erscheinungsdatum:

01.01.1999

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 13