Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Vorkaufsrecht; Bestandteilszuschreibung; Aufteilung nach WEG
BGB §§ 890, 467, 1094
Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Vorkaufsrecht; Bestandteilszuschreibung; Aufteilung nach WEG
I. Sachverhalt
Ein Flurstück ist mit einem dinglichen Vorkaufrecht belastet. Im Wege der Bestandteilszuschreibung sollen zwei weitere – nicht mit dem Vorkaufsrecht belastete – Flurstücke hinzukommen. Sodann soll der neue Bestand nach WEG aufgeteilt werden. Die Zuschreibung ist nun erfolgt. Das Vorkaufrecht lastet alleine auf dem bisherigen Flurstück.
II. Frage
Wie würde sich die Belastung eines von mehreren Flurstücken mit einem dinglichen Vorkaufsrecht bei der späteren Veräußerung einzelner Wohnungseigentumseinheiten auswirken?
III. Zur Rechtslage
1. Vorüberlegungen
Zur Beantwortung der Frage sind zunächst folgende Überlegungen anzustellen:
a) Verkauf eines Miteigentumsanteils an einem mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstück
Das dingliche Vorkaufsrecht wird durch den Abschluss eines Kaufvertrages des Vorkaufsverpflichteten über den mit dem Vorkaufsrecht belasteten Vertragsgegenstand ausgelöst,
Ist somit ein Grundstück insgesamt mit einem Vorkaufsrecht belastet, so führt der Verkauf eines ideellen Bruchteils an einen Dritten dazu, dass das Vorkaufsrecht ausgelöst wird. Das Vorkaufsrecht ist in diesem Fall jedoch nur hinsichtlich des verkauften ideellen Teils des Vorkaufsgegenstandes ausübbar, während es im Übrigen für den Rest fortbesteht (Grüneberg/Herrler, BGB, 83. Aufl. 2024, § 1097 Rn. 4).
b) Auswirkungen einer Aufteilung des belasteten Grundstücks nach WEG auf das dingliche Vorkaufsrecht
Bei Aufteilung des belasteten Grundstücks nach WEG setzt sich die an diesem Grundstück bestehende Belastung an allen Wohnungseigentumsrechten fort (BeckOGK-WEG/M. Müller, Std.: 1.6.2024, § 2 Rn. 45; Staudinger/Rapp/Wobst, WEG, 2023, § 3 Rn. 87; Thoma,
Besteht also ein dingliches Vorkaufsrecht an einem ganzen Grundstück, das in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt wird, so erstreckt sich das Vorkaufsrecht nach der Aufteilung – im Übrigen inhaltsgleich – auf sämtliche entstehenden Wohnungs- und Teileigentumseinheiten. Handelt es sich um ein Vorkaufsrecht nur für den ersten Vorkaufsfall, kann der Vorkaufsberechtigte das Vorkaufsrecht so lange ausüben, bis das Grundstück insgesamt einmal verkauft ist (LG Köln
Konsequenterweise führt also die Aufteilung nach WEG zu keiner Besonderheit oder Abweichung von den Überlegungen unter Ziffer 1. Festhalten lässt sich an dieser Stelle, dass, wenn ein Grundstück insgesamt mit einem Vorkaufsrecht belastet ist, der Verkauf eines Miteigentumsanteils an diesem Grundstück – unabhängig davon, ob als „einfaches“ Bruchteilseigentum i. S. v.
c) Auswirkung der Bestandsteilzuschreibung oder Vereinigung (
Wird einem mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstück ein anderes nicht mit einem Vorkaufsrecht belastetes Grundstück als Bestandteil zugeschrieben oder mit ihm vereinigt (
2. Problemfall: Vorkaufsrecht bei Veräußerung eines Miteigentumsanteils nach Vereinigung von Grundstücken oder Bestandteilszuschreibung (
Die Problematik liegt jedoch nun in den konkreten Folgen im Hinblick auf das Vorkaufsrecht, wenn eine Bestandteilzuschreibung (oder Vereinigung) mit einem unbelasteten Grundstück erfolgt ist und nunmehr ein Miteigentumsanteil an dem gesamten (vereinigten) Grundstück verkauft wird. Diese Problematik stellt sich stets bei der Veräußerung eines Miteigentumsanteils an dem gesamten Grundstück, und zwar unabhängig davon, ob es sich um „schlichtes“ Miteigentum i. S. v.
Die konkrete Frage, welche Konsequenzen die Veräußerung eines Miteigentumsanteils an einem ganzen (vereinigten) Grundstück auf das dingliche Vorkaufsrecht hat, wenn das Vorkaufsrecht nur an dem Ausgangsgrundstück (also an einer Teilfläche des vereinigten Grundstücks) lastet, wird – soweit ersichtlich – weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung erörtert. Die folgenden Ausführungen beruhen damit allein auf einer Anwendung des Gesetzes und unseren eigenen Einschätzungen.
a) Die gesetzgeberische Wertung in
Relevant für die Beurteilung des Problemfalls ist u. E. primär die Vorschrift des
Wird der vorkaufsrechtsbelastete Gegenstand mit einem anderen, nicht belasteten Gegenstand verkauft, so gewährleistet
Würde nun allerdings der vorkaufsrechtsbelastete Gegenstand von den übrigen Kaufgegenständen getrennt, könnte dies im Einzelfall zu einem Nachteil für den Vorkaufsverpflichteten führen. Für diesen Fall sieht
b) Entsprechende Anwendung des
Die Rechtsprechung wendet bisher die Vorschrift des
Weiter hat die Rechtsprechung die Vorschrift des
c) Würdigung des vorliegenden Problemfalls
Die in der Rechtsprechung skizzierten Fälle behandeln nicht die Konstellation, dass ein Miteigentumsanteil an einem durch Vereinigung oder Bestandteilszuschreibung „vergrößerten“ Grundstück verkauft wird. Wendet man jedoch die Wertungen der Rechtsprechung auch auf diesen Fall an, so dürfte dies u. E dazu führen, dass in einem ersten Schritt – nach Ausübung des Vorkaufsrechts – zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Vorkaufsverpflichteten ein Kaufvertrag hinsichtlich des Miteigentumsanteils allein an dem vorkaufsrechtsbelasteten Ausgangsgrundstück entsteht. Die schuldrechtliche Verpflichtung, einen Miteigentumsanteil an der vorkaufsrechtsbelasteten (Teil-)Fläche (= Ausgangsgrundstück) zu verschaffen, ist rechtlich ohne Weiteres denkbar und zulässig; denn auf schuldrechtlicher Ebene kann die Leistungspflicht auch ein derzeit (noch) nicht existierendes Grundstück im Rechtssinne betreffen (vgl. den sog. Teilflächenkaufvertrag, zu dessen dinglicher Erfüllung das Grundstück im rechtlichen Sinne erst noch durch Realteilung gebildet werden muss). Eine Ausdehnung des Vorkaufsrechts auch auf den zugeschriebenen (nicht vorkaufsrechtsbelasteten) Grundstücksteil findet u. E. somit nicht automatisch statt.
Die Erfüllung dieses im ersten Schritt zustande kommenden Kaufvertrags kann jedoch – je nach Einzelfall – für den Vorkaufsverpflichteten Schwierigkeiten bereiten. Ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Begegnen kann man u. E. diesen Schwierigkeiten des Vorkaufsverpflichteten – in einem zweiten Schritt – durch die entsprechende Anwendung des
Ist die vorkaufsrechtsbelastete Grundstücksfläche hingegen nicht bebaut und sind baurechtswidrige Zustände infolge der Realteilung nicht zu befürchten, so könnte den Vorkaufsverpflichteten die Pflicht treffen, die Realteilung durchzuführen und entsprechend auf seine Miteigentümer hinzuwirken. Ob eine Rückgängigmachung der Grundstücksvereinigung bzw. Bestandteilszuschreibung (also Realteilung) sowie eine Hinwirkungspflicht im konkreten Einzelfall dem Vorkaufsverpflichteten zumutbar ist oder nicht, lässt sich indes nicht abstrakt vorhersehen, zumal im Streitfall hierüber das hierfür zuständige Gericht zu entscheiden hätte. Nimmt man im konkreten Einzelfall keinen Nachteil i. S. v.
3. Ergebnis
Ist ein Grundstück insgesamt mit einem Vorkaufsrecht belastet, löst der Verkauf eines ideellen Anteils an diesem Grundstück – unabhängig davon, ob als schlichtes Bruchteilseigentum oder als Wohnungs- oder Teileigentum – ein Vorkaufsrecht hinsichtlich dieses Anteils aus und lässt das Vorkaufsrecht im Übrigen unberührt.
Die Bestandteilszuschreibung oder Vereinigung (
Wird ein Miteigentumsanteil an dem gesamten Grundstück verkauft und wird das Vorkaufsrecht ausgeübt, so führt dies – insofern in Abweichung zum inhaltlichen Identitätsgrundsatz des
203957
Erscheinungsdatum:27.09.2024
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Dingliches Vorkaufsrecht
BGB § 890; BGB § 1094; BGB § 467