Löschung einer Grundschuld an einem Miteigentumsanteil; Teilvollzug einer Löschungsbewilligung für ein Gesamtgrundpfandrecht
Löschung einer Grundschuld an einem Miteigentumsanteil; Teilvollzug einer Löschungsbewilligung für ein Gesamtgrundpfandrecht
I. Sachverhalt
Ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück steht im Eigentum mehrerer Miteigentümer. Eine Aufteilung in Wohnungseigentumseinheiten nach dem WEG ist nicht erfolgt. Das gesamte Grundstück ist mit einer nicht mehr valutierten Grundschuld belastet. Eine Miteigentümerin möchte die Grundschuld zumindest an ihrem Miteigentumsanteil löschen lassen. Die Grundpfandgläubigerin hat eine Löschungsbewilligung für die gesamte Grundschuld erteilt. Ein anderer Miteigentümer verweigert jedoch seine Zustimmung zur Löschung der Grundschuld im Ganzen.
II. Frage
Wie kann die Löschung der Grundschuld an einem Miteigentumsanteil erreicht werden?
III. Zur Rechtslage
Eine an einem im Eigentum mehrer Miteigentümer stehenden Grundstück lastende Grundschuld kann am Anteil eines Miteigentümers gem.
1. Vorliegen einer Gesamtgrundschuld
Einleitend ist klarzustellen, dass die Belastung eines in Miteigentum stehenden Grundstücks durch alle Miteigentümer mit einer Grundschuld nicht zum Entstehen einer Einzelgrundschuld am Gesamtgrundstück führt. Es entsteht vielmehr eine Gesamtgrundschuld an allen Miteigentumsanteilen (BGH
2. Vorliegen einer Verzichtserklärung (
Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob die Gläubigerin einen Verzicht auf die Grundschuld an einem Miteigentumsanteil erklärt hat.
Im Regelfall wird ein Grundschuldgläubiger zur Löschung einer Gesamtgrundschuld an nur einem mithaftenden Grundstück bzw. Miteigentumsanteil eine „Pfandentlassung“ erklären. Eine solche Erklärung stellt zum einen eine verfahrensrechtliche Erklärung, nämlich eine Bewilligung i. S. d.
Im vorliegenden Fall hat die Gläubigerin jedoch eine Löschungsbewilligung für die Grundschuld am gesamten Grundstück erteilt. Fraglich ist, ob diese als Verzichtserklärung i. S. d.
Dagegen könnte im Ausgangspunkt folgende Überlegung sprechen: Eine Löschungsbewilligung für ein Grundpfandrecht, das kein Gesamtgrundpfandrecht darstellt, soll nach h. M. materiell-rechtlich eine Aufgabeerklärung im Hinblick auf das Grundpfandrecht i. S. d.
Bei einer für eine Gesamtgrundschuld abgegebenen Bewilligung, diese an einem mitbelasteten Grundstück zu löschen („Pfandfreigabe“), ergibt sich jedoch hinsichtlich der eintretenden Rechtsfolgen im Verhältnis zwischen Aufgabe einerseits und Verzicht andererseits in Ansehung eines mithaftenden Grundstücks kein Unterschied. Der Verzicht des Gläubigers auf das Grundpfandrecht an einem mithaftenden Grundstück führt gem.
Ausgehend von diesen Erwägungen kann die für das Gesamtgrundpfandrecht erteilte Löschungsbewilligung dahin ausgelegt werden, dass sie auch einen Teilvollzug am übertragenen Miteigentumsanteil ermöglichen soll und die dafür erforderliche materiellrechtliche Erklärung, nämlich die Verzichtserklärung i. S. d.
Im Ergebnis kann eine Löschungsbewilligung für eine Gesamtgrundschuld daher als Verzichtserklärung i. S. d.
3. Eintragung in das Grundbuch
Ferner bedarf der Verzicht zu seiner Wirksamkeit gem.
Zur Eintragung der Löschung der Grundschuld an einem Miteigentumsanteil sind grundbuchverfahrensrechtlich ein Antrag (
Abgelehnt wurde eine derartige Auslegung zuletzt nur noch in der Vorauflage von Schöner/Stöber (Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 2724a). Ein Antrag sei nur vollziehbar, wenn eine ihn deckende Eintragungsbewilligung vorliege; er dürfe hinter der Bewilligung nicht zurückbleiben. Die Löschungsbewilligung für ein Gesamtgrundpfandrecht erlaube daher nur die Löschung dieses einheitlichen Rechts im Ganzen auf allen Grundstücken. Die Löschung an nur einem Grundstück für Entlassung aus der Mithaft habe der Gläubiger damit gerade nicht bewilligt. Die Löschung des Gesamtgrundpfandrechts erfordere nämlich auch verfahrensrechtlich die Zustimmung der Eigentümer sämtlicher belasteter Grundstücke (
Nach ganz h. M. ermöglicht jedoch eine für das Gesamtgrundpfandrecht abgegebene Löschungsbewilligung auch die Eintragung der Löschung an nur einem einzelnen Grundstück bzw. an einzelnen Miteigentumsanteilen. Eine Löschungsbewilligung umfasse in aller Regel auch eine solche Pfandfreigabeerklärung. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Gläubiger des Gesamtgrundpfandrechts auch mit einem „Teilvollzug“ der von ihm erteilten Löschungsbewilligung einverstanden sei. Der Gläubiger habe an dem weiteren rechtlichen Schicksal des Gesamtrechts nach Erteilung der Löschungsbewilligung kein Interesse mehr. Seine rechtlichen Belange würden durch die Art und Weise des nachfolgenden Grundbuchvollzuges nicht mehr berührt (OLG Frankfurt
Mittlerweile hat sich auch die Kommentierung von Schöner/Stöber der nunmehr allgemeinen Ansicht angeschlossen (16. Aufl. 2020, Rn. 2724a).
4. Kein Erfordernis der Zustimmung anderer Miteigentümer
Die Löschung der Grundschuld am übertragenen Miteigentumsanteil bedarf weder materiellrechtlich gem.
5. Ergebnis
Im Ergebnis kann daher im Grundbuch die Freigabe des Miteigentumsanteils aus der Grundschuld unter Vorlage der bereits vorliegenden Löschungsbewilligung für das Gesamtrecht beantragt werden. Einer Zustimmung anderer Miteigentümer bedarf es nicht.
Im Übrigen stellt sich die Frage, ob dem der Gesamtlöschung nicht zustimmenden Miteigentümer mit einer Aufrechterhaltung der Grundschuld an seinem Miteigentumsanteil gedient ist. Solange die Löschungsbewilligung teilweise unausgenutzt im Grundakt liegt, kann die Grundschuld am Restgrundstück jederzeit gelöscht werden. Die Grundschuld ist deswegen als zukünftige Kreditunterlage wertlos.
194206
Erscheinungsdatum:03.03.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Grundpfandrechte
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1175