DNotI
Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 1382 05.07.2001
HGB § 161 Einheits-GmbH & Co. KG; gesellschaftsinterne Willensbildung bei der KomplementärGmbH
I.
Sachverhalt Eine GmbH ist auf eine andere GmbH zur Aufnahme verschmolzen worden. Alleingesellschafterin der übertragenden GmbH ist eine KG. Komplementärin dieser KG ist wiederum die übertragende GmbH. Die Satzung der übertragenden GmbH schreibt vor: ,,Sofern die KG als einzige Gesellschafterin in der Gesellschaft ihre Gesellschafterrechte wahrzunehmen hat, werden Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, soweit dies gesetzlich zulässig ist, ihren Kommanditisten übertragen." Die Satzung der KG enthält eine entsprechende Regelung, die auf die Alleinkomplementärstellung der übertragenden GmbH zugeschnitten ist. Alleingesellschafterin der übernehmenden GmbH ist wiederum dieselbe KG. An der KG ist auch diese übernehmende GmbH seit kurzem als Komplementärin beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag der übernehmenden GmbH sieht eine Beschränkung der Geschäftsführungsund Vertretungsmacht der Gesellschafterin nicht vor. Auch die Satzung der KG beschränkt die Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht nur hinsichtlich der Wahrnehmung der Gesellschafterrechte bei der übertragenden GmbH, nicht aber hinsichtlich jener bei der übernehmenden GmbH.
II. Fragen 1. Ist es zulässig, die ausweislich des Handelsregisters bestehende Vertretungsmacht der KG in der Gesellschafterversammlung der übertragenden GmbH dahingehend zu beschränken, dass nur die Kommanditisten handeln dürfen? Gilt bei Bejahung der Frage 1 im Hinblick auf das auch zwischen KG und übernehmender GmbH bestehende ,,Einheitsverhältnis" die Beschränkung der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht der Komplementärin auch hinsichtlich ihrer Stellung als Alleingesellschafterin der übernehmenden GmbH, obwohl zwar deren Satzung diese Beschränkung nicht vorsieht, wohl aber jene der KG, wenn auch zugeschnitten auf die übertragende Gesellschaft?
2.
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III. Zur Rechtslage 1. Die Konstruktion einer Einheits-GmbH & Co. KG ist heute unbestritten (Brönner/Rux/Wagner, Die GmbH & Co. KG, 8. Aufl. 1998, S. 41 Rn. 21; Esch, Die GmbH & Co. als ,,Einheitsgesellschaft", BB 1991, 1129). Der Gesetzgeber hat die EinheitsGmbH & Co. KG mittelbar in § 172 Abs. 6 HGB anerkannt. Erbringt nämlich ein Kommanditist, der gleichzeitig Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist, seine Einlage dadurch, dass er Anteile an der Komplementär-GmbH einbringt, gilt die Einlage Gesellschaftsgläubigern ge genüber als nicht geleistet. Durch die wechselseitige Beteiligung von GmbH & Co. KG und Komplementär-GmbH soll die Klammer zwischen KG und GmbH unlösbar, d. h. unabhängig vom Wechsel der Gesellschafter gemacht werden (Koller, in: Koller/Roth/Morck, HGB, 2. Aufl. 1999, § 161 Rn. 2; Staub/Schilling, HGB, 4. Aufl. 1987, § 161 Rn. 30; Priester, Vertragsgestaltung bei der GmbH & Co., 3. Aufl. 2000, S. 107; Liebscher, in: Sudhoff, GmbH & Co. KG, 5. Aufl. 2000, § 3 Rn. 7). Zeitweilig galt die Einheits-GmbH & Co. KG als Patentlösung zur Behebung der sog. Verzahnungsprobleme der GmbH & Co. KG. Da aber die EinheitsGmbH & Co. KG eine Reihe von nicht unerheblichen Problemen mit sich bringt und einer ausgefeilten Vertragsgestaltung bedarf, ist sie für die Praxis nicht im jeden Fall attraktiv. Daher wird im Schrifttum vor ihr sogar gewarnt (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl. 1995, Anh. § 45 Rn. 61). Ein Problem entsteht aus der wechselseitigen Beteiligung zwischen KG und Komplementär-GmbH. Da die Geschäftsführung der KG dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH obliegt, fällt in seinen Aufgabenbereich grundsätzlich auch die Ausübung von Beteiligungsrechten der KG, also auch die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung der GmbH, an der allein die KG beteiligt ist. Auf diese Weise könnte der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH über seine eigene Entlastung und Abberufung entscheiden (Priester, a. a. O.; Liebscher, in: Sudhoff, a. a. O., § 3 Rn. 9; Fleck, Die sogenannte Einheitsgesellschaft ein funktionsunfähiges Gebilde?, FS Semmler, 1993, S. 115, 125). Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH kann also als Alleingesellschafterin Gesellschafterbeschlüsse fassen (BGH DB 1995, 1169, 1171). Diesen Schwierigkeiten kann durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung begegnet werden. Durch eine Vertragsbestimmung kann dem einzigen persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft die Geschäftsführungsbefugnis entzogen werden (BGHZ 17, 392, 394; 51, 198, 201; WM 1968, 509, 510). Für die EinheitsGmbH & Co. KG wird dementsprechend vorgeschlagen, dass die Kommanditisten die KG in der Versammlung der GmbH vertreten (Riegger, in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1 Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2000, S. 288 ff.; Priester, a. a. O.; Staub/Schilling, § 161 Rn. 35; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl. 2000, Anh. § 177a Rn. 32; Scholz/K. Schmidt, a. a. O., Anh. § 45 Rn. 59; v. Gerkan, in: Röhricht/Graf von Westfalen, HGB, § 161 Rn. 42). Zwar ist der Kommanditist zur Vertretung der Gesellschaft gem. § 170 HGB nicht ermächtigt, jedoch kann dies durch eine Vollmacht der KG auf die Kommanditisten ausgeräumt werden (Riegger, in: Münchener Vertragshandbuch, a. a. O.; Baumbach/Hopt, a. a. O.; Priester, a. a. O.; kritisch Fleck, a. a. O., S. 131 f.). Nach anderer Auffassung greife § 170 HGB nicht ein, weil die Ausübung der Gesellschafterrecht durch die Kommanditisten in der GmbH als Ausübung von Rechten der Gesellschafter untereinander zu qualifizieren sei, die nicht der Geschäftsführungsund Vertretungsbefugnis des Komplementärs unterliege (Staub/Schilling, a. a. O., § 161
2.
3.
Seite 3 Rn. 35). Folglich ist es möglich, die Vertretungsmacht der Komplementärin und damit der Geschäftsführung der Komplementär-GmbH dahingehend zu beschränken, dass die Kommanditisten hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH die Gesellschafterrechte der KG ausüben können. 4. Die der Kommanditisten zur Vertretung der Gesellschaft hinsichtlich der Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH sind in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen (Riegger, in: Münchener Vertragshand buch, a. a. O.; Staub/Schilling, a. a. O., § 161 Rn. 35; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl. 1986, § 161 Rn. 101; a. A. Liebscher, in: Sudhoff, a. a. O., § 3 Rn. 11). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der KGVertrag eine entsprechende Regelung hinsichtlich der übernehmenden Gesellschaft enthalten muss.