Erbauseinandersetzung aufgrund transmortaler Vollmacht
BGB §§ 164, 1922, 925, 2042
Erbauseinandersetzung aufgrund transmortaler Vollmacht
I. Sachverhalt
Die Erblasserin war Eigentümerin von Wohnungseigentum und ist von ihren drei Töchtern kraft gesetzlicher Erbfolge zu gleichen Anteilen beerbt worden. Eine Grundbuchberichtigung ist nicht beantragt worden. Die Erblasserin hatte einer ihrer Töchter eine postmortale Generalvollmacht erteilt.
Die drei Miterbinnen haben hinsichtlich des Wohnungseigentums einen Vertrag zur teilweisen Erbauseinandersetzung geschlossen. Darin haben sie dieses Wohnungseigentum einer (nicht bevollmächtigten) Miterbin zugewiesen und die Auflassung in der Urkunde erklärt.
Das Grundbuchamt verlangt nun die Vorlage eines Erbnachweises nach der eingetragenen Eigentümerin, und zwar mit folgender Begründung:
„Dieser ist zwingend erforderlich, da die postmortale Vollmacht zu der Erbauseinandersetzung nicht ausreicht. Zur Berichtigung des Grundbuchs aufgrund Erbauseinandersetzung ist stets ein Nachweis der Erben durch Erbschein oder notarielles Testament oder Erbvertrag erforderlich. Es wird der Erbteil tangiert, der sich im Eigenvermögen des Erben befindet. Auf dieses Eigenvermögen erstreckt sich die Vollmacht des Erblassers gerade nicht. Eine Erbteilung ist daher aufgrund einer Vollmacht nicht möglich …“
II. Frage
Hat das Grundbuchamt Recht?
III. Zur Rechtslage
1. Grundsätzliches zum Handeln aufgrund transmortaler Vollmacht
Grundsätzlich kann der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers Rechtsgeschäfte tätigen, weil die Vollmacht im Zweifel über den Tod hinaus besteht. Ergibt sich dazu nichts aus der Vollmacht, so ist allerdings die Vollmacht im Verkehr mit dem Grundbuchamt nur brauchbar, wenn in öffentlich-beglaubigter Form nachgewiesen wird, dass ihr ein über den Tod des Vollmachtgebers hinaus fortdauerndes Rechtsverhältnis zugrunde liegt (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 3570).
Die konkret gegebene Vorsorgevollmacht gilt als transmortale Vollmacht nach dem Tod des Vollmachtgebers, die Fortgeltung ist also unproblematisch. Da der Erblasser als Rechtssubjekt weggefallen ist, kann der Bevollmächtigte nur noch die Erben vertreten. Die Willenserklärungen des Bevollmächtigten wirken mithin nach
2. Reichweite der Vertretungsmacht
Der Bevollmächtigte vertritt nicht mehr den Erblasser, sondern den oder die Erben des ursprünglichen Vollmachtgebers. Er kann nach allgemeiner Ansicht im Rahmen seiner Vertretungsmacht mit Wirkung für und gegen die Erben und ohne deren Zustimmung alle Rechtsgeschäfte tätigen, die auch der Erblasser selbst hätte tätigen können. Allerdings bezieht sich die Wirkung der Vollmacht für und gegen die Erben immer nur auf den Nachlass, nicht etwa auf die sonstigen Angelegenheiten der Erben (insbesondere deren Privatvermögen), denn insofern können nur die Erben selbst wirksam Vollmacht erteilen (MünchKommBGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 168 Rn. 39; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl. 1999, § 168 Rn. 32; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2014, § 168 Rn. 31; Palandt/Weidlich, BGB, 76. Aufl. 2017, Vor § 2197 Rn. 10).
3. Vollmacht und Erbauseinandersetzung
Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass eine Erbauseinandersetzung hinsichtlich des Nachlasses des Vollmachtgebers grundsätzlich nicht aufgrund einer transmortalen Vollmacht erfolgen kann, weil die Erbauseinandersetzung ein Rechtsgeschäft der Miterben darstellt, das die Erbteile als solche betrifft, also das Eigenvermögen der Miterben (Kroiß/Horn,
Auch wenn sich die Vollmacht nicht auf den Erbauseinandersetzungsvertrag erstreckt, muss man die Frage des Vollzugs der Erbauseinandersetzung u. E. differenziert beantworten. Denn insoweit geht es lediglich um die Erklärung der Auflassung (
Mit dem Abstraktionsprinzip ließe es sich nicht vereinbaren, wenn man aus der Beschränkung der Vollmacht hinsichtlich der schuldrechtlichen Causa eine Beschränkung hinsichtlich der Auflassung herleiten würde. Die Erben können den Erbauseinandersetzungsvertrag ohne Vollmacht schließen. Der transmortal Bevollmächtigte kann u. E. aber das Vollzugsgeschäft abschließen, weil es lediglich das Nachlassvermögen betrifft. Das Grundbuchamt hat die Vollmacht nur mit Blick auf die Auflassung zu prüfen (
4. Ergebnis
Wir halten die Bedenken des Grundbuchamts daher im Ergebnis für unbegründet.
157731
Erscheinungsdatum:27.10.2017
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Sachenrecht allgemein
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Gesetzliche Erbfolge
Erbengemeinschaft, Erbauseinandersetzung
BGB § 2042; BGB § 164; BGB § 1922; BGB § 925