16. Mai 2017
HGB § 172; HGB § 171; BGB § 398

Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten in die eines Komplementärs; Teilgeschäftsanteilsabtretung eines Komplementärs an einen Kommanditisten; Einbuchungslösung

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 152570
letzte Aktualisierung: 16. Mai 2017

HGB §§ 171, 172; BGB § 398
Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten in die eines Komplementärs; Teilgeschäftsanteilsabtretung
eines Komplementärs an einen Kommanditisten; Einbuchungslösung

I. Sachverhalt
Es bestand eine GmbH & Co. KG. Gesellschafter sind zwei Kommanditisten A (Einlage:
10.000,00 EUR) und F (Einlage: 2.500,00 Euro) sowie eine GmbH als Komplementärin. Der
Kommanditist A hat seine Gesellschafterstellung in die eines Komplementärs verändert. Die
GmbH ist aus der KG ausgeschieden. Der KG-Vertrag wurde zumindest ausdrücklich nicht geändert.
Er sah vor, dass die GmbH als Komplementärin keinen Kapitalanteil hat, sondern nur ein
Verrechnungskonto. Laut Gesellschaftsvertrag wurde für jeden Kommanditisten ein Kapitalkonto
I, ein Kapitalkonto II (ebenso Eigenkapitalkonto) und ein Privatkonto geführt. Die Kapitalkonten
I und II sollen hiernach die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen wiedergeben.
Nunmehr soll unter schenkungsweiser Übertragung von 3.500,00 Euro aus vorgenannter „Einlage“
des A der Kommanditanteil des F um 3.500,00 Euro erhöht werden.

II. Fragen
1. Was geschah seinerzeit mit der Kommanditeinlage der A bzw. welche diesbzgl. Varianten
sind/waren denkbar?
2. Ist hieraus noch eine teilweise Einbuchung (Übertragung des Kapitalanteils auf den Kommanditisten)
zum Kommanditisten F möglich?
3. Resultiert hieraus möglicherweise eine volle Haftung des Kommanditisten?

III. Zur Rechtslage
1. Umwandlung der Rechtsstellung eines Kommanditisten in die eines Komplementärs
Bei Umwandlung des Anteils eines Kommanditisten in die eines Komplementärs handelt es
sich um eine Änderung des Gesellschaftsvertrags (Piehler/Schulte, in: Münchener Handbuch
des Gesellschaftsrechts Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 35 Rn. 65). Als Grundlagengeschäft ist hierfür
ein einstimmiger Beschluss erforderlich, sofern keine Mehrheitsklausel vereinbart wurde
(Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 105 Rn. 60). Im vorliegenden Fall dürfte
wohl eine konkludente Vertragsänderung erfolgt sein.
Rechtsfolge der Umwandlung der Umwandlung der Kommanditistenstellung in die eines
Komplementärs ist, dass der Kommanditist das Privileg der beschränkten Haftung nach
§§ 171 f. HGB verliert und analog § 130 HGB unbeschränkt auch für die Altverbindlichkeiten
haftet (Staub/Thiessen, HGB, 5. Aufl. 2015, § 173 Rn. 108; Piehler/Schulte, § 35 Rn. 70;
Westermann/Blaum, Handbuch Personengesellschaften, Stand: 64. Lfg. 3/2016, Band I, § 47
Rn. 2307).
Fraglich ist, wie sich die Umwandlung der Stellung des Kommanditisten auf dessen Kapitalkonto
auswirkt. Dabei handelt es sich um eine Auslegungsfrage der Änderung des Gesellschaftsvertrags
(Piehler/Schulte, § 35 Rn. 70). Im Zweifel wird man davon auszugehen
haben, dass sich die Kapitalbeteiligung nicht zum Nachteil des Gesellschafters verändern
soll, der seine Kommanditbeteiligung in eine Komplementärbeteiligung umwandelt.
Zumindest wegen des Haftungsrisikos scheint dies eher fernliegend zu sein. Von einer
konkludenten Erhöhung des Kapitalanteils des bisherigen Kommanditisten man aber ebenso
wenig ausgehen können, da nicht ersichtlich ist, dass die bloße Übernahme einer Haftung zu
einer Erhöhung der vermögensmäßigen Beteiligung führen soll. Mangels abweichender
Anhaltspunkte wird man daher regelmäßig von einer Kontinuität der Kapitalkonten ausgehen
können.
Auch aus dem Umstand, dass der Kommanditist funktional an die Stelle der Komplementär-
GmbH getreten ist und diese keinen Kapitalanteil hielt, wird man nichts Abweichendes
schlussfolgern können. Denn die GmbH wird regelmäßig lediglich zu Zwecken der Haftungsbeschränkung
eingeschaltet. Wenn der Kommanditist ihre Stellung übernimmt, ist es
naheliegend, dass der Kommanditist wie im bisherigen Umfang am Kapital weiterhin beteiligt
ist. Ebenso wenig wird man dem Umstand Bedeutung zumessen können, dass der Komplementär
keine Hafteinlage nach § 171 HGB mehr schuldet. Denn die Hafteinlage ist nur
für das Außenverhältnis maßgeblich, ist aber nicht von unmittelbarer Bedeutung für die
Pflichteinlage und die Beteiligung an den Kapitalkonten.
Um Unklarheiten zu vermeiden, dürfte es sich empfehlen, die Umwandlung der Stellung des
Kommanditisten in die eines Komplementärs durch ausdrückliche Vertragsänderung unter
Beteiligung aller Gesellschafter klarzustellen und ins Handelsregister eintragen zu lassen.
Dabei sollte auch eine Regelung über die Kapitalkonten getroffen werden, um Unklarheiten
zu vermeiden (für ein Muster zum umgekehrten Fall der Umwandlung einer Komplementärin
eine Kommanditbeteiligung vgl. Giehl, in: BeckOF Vertrag, Stand: 1.3.2017, Ziff.
7.5.2.1, 7.5.2.2.).

2. Teilübertragung eines Komplementäranteils
a) Ist die Umwandlung der Kommanditistenstellung in die eines Komplementärs vollzogen,
fragt sich im nächsten Schritt, wie die Teilübertragung des „Anteils“ des Komplementärs
erfolgen soll. Zunächst ist an eine Übertragung eines Teilgesellschaftsanteils zu
denken. Diese ist grundsätzlich möglich und folgt den Regeln der Vollübertragung
(Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 226).
Sie muss allerdings im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zugelassen sein oder mit Zustimmung
aller Mitgesellschafter erfolgen (Wertenbruch, § 105 Rn. 226;
Piehler/Schulte, § 35 Rn. 62). U. E. dürfte auch die Teilübertragung der Komplementärbeteiligung
unter Umwandlung in eine Kommanditbeteiligung beim erwerbenden Alt- oder
Neukommanditisten möglich sein (so auch Herrler/Berkefeld, in: Hauschild u. a.,
Notarhandbuch Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 2. Aufl. 2017, § 14 Rn. 150).
Ein gravierendes Problem besteht aber auf der Haftungsebene. Aus dem Grundsatz, dass
eine Person nicht gleichzeitig Komplementär und Kommanditist sein kann (Konsequenz
der Einheitlichkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, s. dazu BGHZ 24, 106;
BGHZ 58, 316; BGH NJW 1987, 3184, 3186; OLG Hamm NZG 1999, 344, 345;
Oetker/Lieder, HGB, 5. Aufl. 2017, § 105 Rn. 40), folgt nämlich, dass der zu übertragende
Teil nicht schon beim Veräußerer in eine Kommanditbeteiligung umgewandelt
werden kann. Wenn aber die Umwandlung erst beim Erwerber stattfinden kann, muss
dieser zumindest für eine logische Sekunde Komplementär sein (Herrler/Berkefeld, § 14
Rn. 150). Ein Kommanditist wird damit selbst zum persönlich haftenden Gesellschafter,
wenn er den Anteil eines Komplementärs erwirbt. Diese kurzzeitige Komplementärstellung
genügt wohl, um eine unbeschränkte persönliche Haftung des Erwerbers
für bis zu diesem Zeitpunkt begründete Altverbindlichkeiten (begrenzt i. S. d. § 160
HGB) entstehen zu lassen (Piehler/Schulte, § 35 Rn. 36; allg. auch Strohn, in:
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 173 Rn. 42). Vor diesem Hintergrund dürfte von einer
Teilübertragung abzuraten sein.
b) Als Alternative zur Übertragung eines Komplementäranteils wird die sog. „Einbuchungslösung“
empfohlen (Herrler/Berkefeld, § 14 Rn. 150). Im vorliegenden Fall
bedeutet diese Lösung: Der bereits an der KG beteiligte Kommanditist erhöht sein
Kapitalkonto durch Einbuchung. Gleichzeitig wird durch Änderung des Gesellschaftsvertrags
der Kapitalanteil des Komplementärs um den vorgesehenen Betrag heruntergesetzt.
Die Leistung auf die Einlage des Kommanditisten erfolgt sodann dadurch, dass
eine Einbuchung zulasten des Kapitalkontos des Komplementärs auf das Kapitalkonto
des Kommanditisten stattfindet (vgl. Piehler/Schulte, § 35 Rn. 39; v.
Falkenhausen/Schneider, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2,
§ 18 Rn. 14-19; zur Einbuchung durch bloße Umbenennung des Komplementärkontos
bei Umwandlung von Komplementär- in Kommanditbeteiligung
MünchKommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl. 2012, §§ 171, 172 Rn. 45). Die „Einbuchung“
ist eine schlichte Umbenennung des Kapitalkontos. Das Komplementärkonto wird
Kommanditistenkonto (MünchKommHGB/K. Schmidt, a. a. O.; vgl. hierzu auch
Tillkorn, DNotZ 2014, 724 ff.).
Bei der Einbuchung sollte außerdem festgelegt werden, ob sich mit der Umbuchung die
Pflichteinlage des Kommanditisten erhöht. Dies ist im Zweifel anzunehmen (vgl.
Westermann/Sassenrath, Band I, § 50 Rn. 2867). Geregelt werden sollte auch, ob sich
die Hafteinlage (§ 172 HGB) erhöht und, wenn ja, ob ihre Erbringung durch Einbuchung
des tatsächlich vorhandenen Kapitals erfolgt.

Gutachten/Abruf-Nr:

152570

Erscheinungsdatum:

16.05.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Allgemeines Schuldrecht

Normen in Titel:

HGB § 172; HGB § 171; BGB § 398