03. März 2023
ZPO § 130b; GmbHG § 40 Abs. 2; ZPO § 894; ZPO § 173; ZPO § 754a; ZPO § 169; ZPO § 317; ZPO § 298a

Anforderungen an die Ausfertigung eines Urteils, das als elektronisches Dokument vorliegt; Überzeugungsbildung des Notars bei der Listeneinreichung

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 195102
letzte Aktualisierung: 03. März 2023

ZPO §§ 130b, 169, 173, 298a, 317, 754a, 894 S. 1; GmbHG § 40 Abs. 2
Anforderungen an die Ausfertigung eines Urteils, das als elektronisches Dokument
vorliegt; Überzeugungsbildung des Notars bei der Listeneinreichung

I. Sachverhalt

Der Geschäftsanteil an einer GmbH wurde übertragen. Die Übertragung bedurfte aufgrund der
Satzung der Zustimmung der übrigen Gesellschafter. Ein Gesellschafter verweigerte die Zustimmung.
Es wurde ein Endurteil erwirkt, das den Gesellschafter zur Abgabe der Zustimmungserklärung
verurteilt. Nach Wirksamkeit der Urkunde soll nunmehr eine notariell bescheinigte
Gesellschafterliste eingereicht werden. Zum Nachweis der Wirksamkeit wurde um Übersendung
der Urschrift der Ausfertigung des Urteils samt Rechtskraftvermerk gebeten. Nach Aussage des
Anwalts der Beteiligten gibt es außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs „keine Original-
Urteile“ mehr. Der Rechtsanwalt übersandte lediglich mittels beA eine „Kopie der Ausfertigung“.

II. Frage

Gemäß dem Gutachten im DNotI-Report 16/2022, S. 121 tritt die Fiktionswirkung mit
Rechtskraft und Zugang einer Ausfertigung beim Erklärungsempfänger ein. Welche
Anforderungen sind an die Vorlage der Ausfertigung in diesem Fall zu stellen, da eine
Ausfertigung nicht im Original vorzuliegen scheint?

III. Zur Rechtslage

1. Prüfungspflicht des Notars im Rahmen des § 40 Abs. 2 GmbHG

Wie in dem erwähnten DNotI-Gutachten näher ausgeführt ist, gilt § 894 S. 1 ZPO auch für
Weisungen gegenüber dem Notar im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags. Insofern setzt
die Fiktionswirkung des § 894 S. 1 ZPO voraus, dass dem Notar als Erklärungsempfänger
eine Ausfertigung des Urteils mit Rechtskraftvermerk zugeht (DNotI-Report 2022, 121,
122). § 894 S. 1 ZPO setzt die Rechtskraft des Urteils voraus, die vorläufige Vollstreckbarkeit
genügt hingegen nicht (OLG München NJW-RR 2022, 813 Rn. 19). Es handelt sich insofern
um eine einfache Ausfertigung, da bei der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung
nach § 894 S. 1 ZPO mangels Vollstreckungsmaßnahmen eine vollstreckbare Ausfertigung
lediglich hinsichtlich der Kosten erteilt wird.

Vorliegend aber ist die Einreichung der Gesellschafterliste nach Abtretung eines
Geschäftsanteils betroffen. Insofern muss der Notar gem. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG
unverzüglich nach Wirksamwerden der Veränderungen, an denen er mitgewirkt hat – hier die
Veränderungen im Gesellschafterbestand aufgrund der Geschäftsanteilsübertragung – eine
neue Liste zum Handelsregister einreichen. Es wird zwar diskutiert, ob auch der Notar – wie
die Geschäftsführer (§ 40 Abs. 1 S. 4 GmbHG) – nur auf Mitteilung und Nachweis tätig
werden muss und darf (so etwa Wachter, ZNotP 2008, 378, 390; Reymann, DB 2009, 506,
508 f.). Jedoch statuiert § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG richtigerweise eine Pflicht des Notars,
von sich aus tätig zu werden, sodass er die Gesellschafterliste „eigenmächtig“ – ohne
Mitteilung und Nachweis – aufgrund seiner Amtspflicht erstellen und zum Handelsregister
einreichen muss (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, 4. Aufl. 2023, § 40 Rn 219;
Hasselmann, NZG 2009, 449, 455; Ebbing, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt,
GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 16 Rn. 35; Mayer, MittBayNot 2014, 114).

Allerdings ist der Notar nach § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG nur gehalten, „nach Wirksamkeit“
der Veränderungen, an denen er mitwirkte, die Einreichung der neuen Liste vorzunehmen.
Der Notar, der Zweifel hat, ob die Veränderung, an der er mitgewirkt hat, wirksam ist, darf
eine entsprechende Liste zum Handelsregister erst dann einreichen, wenn die Zweifel
beseitigt sind (vgl. BGH NZG 2019, 979 Rn. 46; KG NJOZ 2022, 1142 Rn. 15;
MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 226 f.). Wie weit die Prüfungspflicht des
Notars vor Erstellen und Einreichung einer neuen Gesellschafterliste i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 1
GmbHG geht und wie hoch der Grad an Überzeugungsbildung insofern sein muss, ist im
Gesetz nicht geregelt (vgl. dazu etwa MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 227; Mayer,
MittBayNot 2014, 114, 119).

Wegen der gesteigerten Bedeutung der Gesellschafterliste bezüglich der unwiderleglichen
Vermutung der relativen Gesellschafterstellung (§ 16 Abs. 1 GmbHG) und der Möglichkeit
des darauf beruhenden gutgläubigen Erwerbs (§ 16 Abs. 3 GmbHG) ist es einerseits wichtig,
dass die Liste so schnell wie möglich im Handelsregister aufgenommen wird. Andererseits
muss auch verhindert werden, dass der Falsche in der Gesellschafterliste ausgewiesen wird
(vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225). Auch wenn sich eine generelle
Aussage dahingehend, dass nur Nachweise in einer bestimmten Form – wie z.B. in § 29 GBO,
§ 12 HGB oder § 55 GmbHG – zu akzeptieren wären, verbietet, erscheint eine Orientierung
am Prüfungsmaßstab des Handelsregisters sinnvoll (MünchKommGmbHG/Heidinger,
§ 40 Rn. 227; Hauschild, ZIP 2012, 660, 663 f.; Schmidt, NotBZ 2013, 13, 16). Damit muss
keine volle Gewissheit bestehen, jedoch ist eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, ob
die begehrte Eintragung schlüssig dargelegt und in sich glaubwürdig ist; bei sachlich
berechtigten Zweifeln sind weitere Ermittlungen erforderlich (vgl. Hauschild, ZIP 2012, 660,
664). In der – auch jüngsten – obergerichtlichen Rechtsprechung wird jedoch mitunter sogar
davon ausgegangen, dass der Notar die aktualisierte Gesellschafterliste erst zum
Handelsregister einreichen darf, wenn er sich vom Eintritt der Veränderungen sicher
überzeugt hat (KG NJOZ 2022, 1142 Rn. 15; OLG Jena DNotZ 2011, 65, 66).
Die Intensität der Überzeugungsbildung ist damit eine Einzelfallfrage. Für den vorliegenden
Fall ergibt sich nach unserem Dafürhalten letztlich jedoch eine ähnliche Situation wie bei der
Anweisung im Rahmen eines Grundstückkaufvertrags. Denn die Geschäftsanteilsabtretung
bedarf der Zustimmung der anderen Gesellschafter, vorliegend wohl auf Basis einer Vinkulierungsklausel
i. S. d. § 15 Abs. 5 GmbHG. Solange eine solche Zustimmung nicht erteilt
wurde, ist der Abtretungsvertrag schwebend unwirksam (MünchKomm-
GmbHG/Reichert/Weller, 4. Aufl. 2022, § 15 Rn. 407 m.N.). Da eine Zustimmung des beklagten
Gesellschafters nicht abgegeben wurde, kann vorliegend nur die Fiktion des § 894 S. 1
ZPO diese Zustimmung bewirken und die Wirksamkeit der Abtretung (und damit auch die
Wirksamkeit der Veränderung i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG) begründen. Dies setzt aber
ausweislich des Wortlauts des § 894 S. 1 ZPO die Rechtskraft des Urteils voraus. Da sich die
Überzeugungsbildung mithin nur aus der Rechtskraft des Endurteils ergibt, erscheint es aus
unserer Sicht jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG, sich
als Notar so zu verhalten, dass Zweifel an der Rechtskraft des Endurteils nur durch Vorlage
einer mit Rechtskraftvermerk versehenen Ausfertigung ausgeräumt werden können.
Nichts anderes würde ebenfalls gelten, wenn man der oben erwähnten Rechtsprechung
folgten wollte, wonach der Notar vom Eintritt der Veränderungen sogar sicher überzeugt
sein müsste.

Nach alledem kann nach unserem Dafürhalten auch im vorliegenden Fall die Vorlage einer
Ausfertigung des Urteils samt Rechtskraftzeugnis verlangt werden.

2. Vorgaben der ZPO

Nach Aussage des Anwalts der Beteiligten gibt es außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs
keine „Original-Urteile“ mehr, weshalb er mittels des besonderen elektronischen
Anwaltspostfachs (beA) nur eine „Kopie der Ausfertigung“ zukommen ließ. Es ist fraglich,
ob dies der Vorlage einer Ausfertigung (dazu oben Ziff. 1) gleichstehen kann.

a) Gesetzliche Vorgaben zur Aktenführung und Zustellung

aa) Elektronische Führung der Prozessakten

Die Prozessakten können elektronisch geführt werden, wenn dies mittels Rechtsverordnung
zugelassen wurde (§ 298a Abs. 1 S. 1 ZPO). Sie sind ab dem 1.1.2026 elektronisch
zu führen (§ 298a Abs. 1a S. 1 ZPO). Werden die Prozessakten elektronisch
geführt, sind etwaige in Papierform vorliegende Schriftstücke und sonstige Unterlagen
nach dem Stand der Technik zur Ersetzung der Urschrift in ein elektronisches
Dokument zu übertragen (§ 298a Abs. 2 S. 1 ZPO). Bis zum 31.12.2025 ist die elektronische
Aktenführung aber nur zulässig, wenn die zuständige Bundes- oder Landesregierung
oder die von letzterer ermächtigte Landesjustizverwaltung eine entsprechende
Verordnung erlassen und darin die grundlegenden Rahmenbedingungen
festlegen (BeckOK-ZPO/Bacher, 47. Ed. Std.: 1.12.2022, § 298a Rn. 2). Eine Übersicht
der entsprechenden Rechtsverordnungen in den einzelnen Bundesländern findet
sich beispielsweise bei BeckOK-ZPO/Bacher, § 298a Rn. 2.1.
In Bayern gilt für die ordentliche Gerichtsbarkeit § 14 der E-Rechtsverkehrsverordnung
Justiz (ERVV Ju). Hiernach werden die Akten elektronisch geführt, soweit dies
durch Verwaltungsvorschrift des Staatsministeriums, die im Bayerischen Ministerialblatt
bekanntzumachen ist, angeordnet ist. In Ziff. 1. der Bekanntmachung des Bayerischen
Staatsministeriums der Justiz v. 2.3.2020, Az. D1 – 1500 – I – 1649/2020
(BayMBl. 2020 Nr. 119), zuletzt geändert durch Bekanntmachung des Bayerischen
Staatsministeriums der Justiz vom 11. Januar 2023, Az. D1 - 1500 - I - 249/2022
(BayMBl. 2023 Nr. 39) wurde die elektronische Aktenführung bei einzeln aufgeführten
Gerichten und Staatsanwaltschaften in den jeweils genannten Verfahren zu
jeweils vorgegebenen Zeitpunkten angeordnet. Hierzu zählen in Zivilsachen erster
Instanz beispielsweise das LG Regensburg (Ziff. 1.2.1; seit 27.3.2017), das LG
Coburg (Ziff. 1.3.1; seit 20.11.2017), das LG Ingolstadt (Ziff. 1.7.1; seit 17.3021), das
LG Würzburg (Ziff. 1.13; seit 18.10.2021), das LG Memmingen (Ziff. 1.14; seit
8.11.2021) oder das AG Erding (Ziff. 1.59 [ausgenommen Verfahren des
Vollstreckungsgerichts]).

bb) Zustellung der elektronischen Dokumente

Ein gerichtliches elektronisches Dokument liegt vor, wenn die Voraussetzungen des
§ 130b S. 1 ZPO eingehalten sind (hierzu Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 19. Aufl.
2022, § 130b Rn. 2). Nach § 169 Abs. 4 ZPO kann ein elektronisches Dokument in
beglaubigter elektronischer Abschrift zugestellt werden, wobei die Beglaubigung mit
einer qualifizierten elektronischen Signatur des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
erfolgt. Gem. § 169 Abs. 5 ZPO kann ein elektronisches Dokument ohne Beglaubigung
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zugestellt werden, wenn es
– nach § 130a ZPO oder § 130b ZPO mit einer qualifizierten elektronischen Signatur
der verantwortenden Person versehen ist oder
– auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht und mit einem Authentizitätsund
Integritätsnachweis versehen worden ist (§ 130a ZPO) oder
– sich nach Maßgabe des § 298a ZPO richtet und mit einem
Übertragungsnachweis nach § 298a Abs. 2 S. 3 oder S. 4 ZPO versehen wurde
(vgl. dazu BeckOK-ZPO/Dörndorfer, 47. Ed. Std.: 1.12.2022, § 169 Rn. 8; zu
§ 169 Abs. 5 ZPO auch Müller, RDi 2021, 78, 79).

Damit kann ein Urteil, das aufgrund der elektronischen Aktenführung gem. § 298a
ZPO (nur) als elektronisches Dokument vorliegt, den Parteien gem. § 169 Abs. 4
und Abs. 5 ZPO – ggf. auch ohne weiteren Beglaubigungsvermerk – grundsätzlich
rein elektronisch über das beA zugestellt werden. Gem. § 173 ZPO kann ein
elektronisches Dokument elektronisch allerdings nur auf einem sicheren Übermittlungsweg
zugestellt werden. Unter anderem haben Notare und Rechtsanwälte insofern
einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung zu eröffnen
(§ 173 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Hiermit sind das beA sowie das Besondere elektronische
Notarpostfach (beN) angesprochen (vgl. BeckOK-ZPO/Dörndorfer,
47. Ed. Std.: 1.1.2023, § 173 Rn. 2). Die elektronische Zustellung wird durch ein
elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen (vgl. § 173 Abs. 3 S. 1 ZPO).
Anderen Personen als denjenigen, die in § 173 Abs. 2 ZPO genannt sind, kann das
Dokument nur dann elektronisch zugestellt werden, wenn sie eine entsprechende
Zustimmung erklärt haben (§ 173 Abs. 4 S. 1 ZPO).

b) Vorgaben zur Ausfertigung eines Urteils

aa) Zwingende Papierform bei der Ausfertigung

Sofern nach den vorgenannten Maßstäben eine elektronische Aktenführung erfolgt,
kann in der Praxis das elektronische Dokument (Urteil) – jedenfalls im Verfahren
vor dem LG, bei dem Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 1 S. 1 ZPO) – den Rechtsanwälten
auch lediglich über das beA zugestellt werden (§ 169 Abs. 4, Abs. 5 ZPO).
Dies regelt aber allein die Frage, in welcher Form den Parteien die Dokumente zuzustellen
sind.

Für die Erteilung von Ausfertigungen gilt jedoch die Norm des § 317 ZPO. Nach
§ 317 Abs. 2 S. 1 ZPO werden Ausfertigungen eines Urteils nur auf Antrag und
nur in Papierform erteilt. Die Ausfertigung des Urteils ist von dem Urkundsbeamten
der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen
(§ 130 Abs. 4 ZPO). Ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz
zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten findet die
Erteilung einer Ausfertigung in der elektronischen Welt keine Entsprechung und das
Institut der Ausfertigung ist auf den elektronischen Rechtsverkehr nicht
übertragbar (BT-Drs. 17/12634 S. 30 f.).

Hieran hat sich auch durch Gesetzesänderungen der letzten Jahre nichts geändert.
Zwar können nach § 754a Abs. 1 S. 1 ZPO inzwischen auch gewisse Vollstreckungsaufträge
elektronisch über das beA eingereicht werden. Dies gilt jedoch nur für die
Vollstreckung aus Vollstreckungsbescheiden und zudem nur unter weiteren in der
Norm genannten einschränkenden Voraussetzungen, etwa dem Vorliegen einer
Geldforderung von nicht mehr als 5.000 EUR (vgl. § 754a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Der Wortlaut der Norm bestätigt im Übrigen das hier gefundene Ergebnis. Denn in
den Fällen des § 754a Abs. 1 S. 1 ZPO bedarf es ausnahmsweise der Übermittlung
der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nicht (ebenso bei § 829a Abs. 1 S. 1
ZPO) – dies ergibt Sinn, da die Ausfertigung nur in Papierform erteilt werden kann
und damit die rein elektronische Abwicklung nicht möglich wäre. Stattdessen muss
dem Antrag eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung
als elektronisches Dokument beigefügt sein (§ 754a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ZPO).
Obwohl der Gerichtsvollzieher auch Zustellungen durch Übermittlung von elektronischen
Dokumenten vornehmen kann (§§ 173, 193a ZPO), ist dies auf die Dokumente
beschränkt, welche in § 753 Abs. 4 ZPO genannt sind (vgl. Brunner,
DGVZ 2022, 1, 2). Erfasst werden also neben dem Vollstreckungsauftrag auch Einwendungen,
Auskünfte oder Wissenserklärungen (vgl. BeckOK-ZPO/Ulrici,
47. Ed. Std.: 1.12.2022, § 753 Rn. 16). Die Ausfertigung des Titels ist hiervon aber
nicht erfasst.

bb) Übertragung der elektronischen Urteile in Papierform

Für den Fall der elektronischen Aktenführung sieht § 317 Abs. 3 ZPO die Übertragung
eines elektronischen Originalurteils in eine Papierausfertigung vor (vgl.
Musielak/Voit/Musielak, § 317 Rn. 9a; BeckOK-ZPO/Elzer, 47. Ed.
Std.: 1.12.2022, § 317 Rn. 36).

Zwar wird im Schrifttum ausgeführt, diese Norm diene dazu, Parteien, mit denen
nicht elektronisch kommuniziert werden kann, Ausfertigungen, Auszüge und
Abschriften erteilen zu können (BeckOK-ZPO/Elzer, § 317 Rn. 36; BeckOKZPO/
von Selle, 47. Ed. Std. 1.12.2022, § 130b Rn. 6). Dies thematisiert die
Problematik, dass mit gewissen Personen wegen der Vorgaben des § 173 ZPO nicht
elektronisch kommuniziert werden kann. Jedoch gibt § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO
(weiterhin) vor, dass Ausfertigungen von Urteilen nur in Papierform erstellt
werden. Insofern hat die Norm des § 317 Abs. 3 ZPO eine weitergehende Bedeutung
als die Erleichterung der Kommunikation.

cc) Exkurs zur Terminologie

Nach alledem kann es keine „elektronische Ausfertigung“ eines Urteils geben. Das
über das beA übermittelte Dokument kann auch keine „Kopie der Ausfertigung“
sein.

Es wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass sich noch keine feste Terminologie
für die Form, die in § 169 Abs. 5 ZPO aufgegriffen wird, etabliert habe (vgl. Müller,
RDi 2022, 78, 79). Die für Papierfassungen verwendeten Begriffe Urschrift/Original,
Ausfertigung und Abschrift lassen sich auf die digitalen Erscheinungsformen
nicht ohne Weiteres übertragen (so zu Recht Müller, RDi 2022, 78, 79). Die Gesetzesbegründung
zu § 169 Abs. 5 ZPO stützt sich darauf, dass eine erneute Beglaubigung
unnötigen Mehraufwand bedeuten würde, wenn das Dokument ohnehin „bereits
originär elektronisch in der Form des § 130b vorliegt“ (vgl. BTDrs.
17/13948, S. 34 li. Sp.; Herv. d. DNotI). Gegen die Verwendung des Worts
„Original“ spricht aber, dass elektronisch erstellte und signierte Dokumente nach
§ 130b ZPO einschließlich der Signaturdateien im Grundsatz beliebig
reproduzierbar sind und das elektronische Dokument beim elektronischen Versand
vervielfältigt wird (Müller, RDi 2022, 78, 79). Teilweise wird gleichwohl von
„elektronischen Originalurteilen“ gesprochen (vgl. MünchKomm-
ZPO/Musielak, 6. Aufl. 2020, § 317 Rn. 11). Andere sprechen von einem „Original
im weitesten Sinne“ (vgl. Müller, RDi 2022, 78, 79 m.N.).

c) Rechtskraftvermerk

Der Rechtskraftvermerk nach § 706 ZPO erfolgt dergestalt, dass auf der vom Antragsteller
vorgelegten Entscheidungsausfertigung eine entsprechende Bescheinigung des Urkundsbeamten
angebracht wird (vgl. BeckOK-ZPO/Ulrici, 47. Ed. Std. 1.12.2022, § 706
Rn. 9.1). Zwar ist es möglich, dass das Rechtskraftzeugnis separat erteilt wird (BGH
NJW-RR 2021, 1653 Rn. 24 ff.). Jedoch sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den
Rechtskraftvermerk elektronisch zu erstellen. In der Praxis wird meist so verfahren, dass
mit dem Antrag auf Erteilung des Rechtskraftzeugnisses eine Ausfertigung der
Entscheidung eingereicht wird (vgl. BGH NJW-RR 2021, 1653 Rn. 26). Der Vermerk
wird dann auf dieser Entscheidungsausfertigung angebracht (vgl. MünchKomm-
ZPO/Götz, 6. Aufl. 2020, § 706 Rn. 5).

d) Antrag auf Erteilung einer Ausfertigung und des Rechtskraftzeugnisses
Nur auf Antrag wird eine Ausfertigung des Urteils in Papierform erteilt (§ 317 Abs. 2
S. 1 ZPO). Die Erteilung eines Rechtskraftzeugnisses erfolgt ebenfalls ausschließlich auf
Antrag (BGH NJW-RR 2021, 1653 Rn. 9).

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass für den Fall der Weigerung des
Rechtsanwalts, eine Ausfertigung in Papier samt Rechtskraftzeugnis zu beantragen und
vorzulegen, der Erlass eines notariellen Vorbescheids in Betracht zu ziehen sein könnte
– freilich ohne, dass dieses Vorgehen zwingend wäre. Erforderlich ist hierfür, dass die
Rechtslage oder der Sachverhalt in entscheidungserheblichen Punkten unklar ist
(BeckOGK-BeurkG/Franken, Std. 1.9.2022, § 60 Rn. 35). Der Vorbescheid muss
beschwerdefähig sein, der Notar mithin ankündigen, wie er weiter zu verfahren gedenkt
(Hariefeld, RNotZ 2019, 365, 371 - anbei; vgl. auch OLG Zweibrücken DNotZ 2004,
364). Der Erlass eines Vorbescheids im Kontext der Listeneinreichung nach § 40 Abs. 2
S. 1 GmbHG wird auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung explizit für möglich
erachtet (vgl. KG NJOZ 2022, 1142 Rn. 26; mit Hinweis darauf, dass gleichwohl keine
Pflicht des Notars bestehe). Es könnte daher beispielsweise ein Vorbescheid erlassen
werden, mit dem angekündigt wird, die Liste nicht ohne den Nachweis der Ausfertigung
des Endurteils samt Rechtskraftvermerk vorzulegen. Durch den Erlass eines
Vorbescheids können Haftungsrisiken minimiert werden (dazu Hariefeld, RNotZ 2019,
365, 380). Freilich kommt aber auch gerade eine Amtshaftung in Betracht, wenn der
Notar zu Unrecht einen notariellen Vorbescheid erlässt (vgl. BeckOGKBeurkG/
Franken, § 60 Rn. 35).

3. Ergebnis

a) Nach unserem Dafürhalten ist es jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, eine Ausfertigung
des Endurteils in Papierform samt Rechtskraftvermerk für die Überzeugungsbildung nach
§ 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG zu verlangen. Davon ausgehend wäre die über das beA übermittelte
Fassung des Urteils nicht ausreichend.

b) Die Ausfertigung eines Urteils muss nach § 317 Abs. 2 S. 1 ZPO weiterhin stets in Papierform
erteilt werden. Die Ausfertigung wird zudem nur noch auf Antrag einer Partei
erteilt. Wenn das Urteil – wie hier – nur als elektronisches Dokument vorliegt, kann die
Papierausfertigung gem. § 317 Abs. 3 ZPO von einem Urteilsausdruck erteilt werden.

Gutachten/Abruf-Nr:

195102

Erscheinungsdatum:

03.03.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
GmbH

Normen in Titel:

ZPO § 130b; GmbHG § 40 Abs. 2; ZPO § 894; ZPO § 173; ZPO § 754a; ZPO § 169; ZPO § 317; ZPO § 298a