18. Februar 2022
FamFG § 14b; ZPO § 130d

Pflicht der Notare zur elektronischen Einreichung gem. § 14b FamFG

FamFG § 14b; ZPO § 130d
Pflicht der Notare zur elektronischen Einreichung gem. § 14b FamFG

I. Sachverhalt
Seit dem 1.1.2022 sieht § 14b FamFG vor, dass bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen durch Notare zwingend als elektronische Dokumente zu übermitteln sind (Abs. 1) und andere Anträge und Erklärungen als elektronische Dokumente übermittelt werden sollen (Abs. 2). Nicht elektronisch eingereicht werden können jedoch weiterhin Erklärungen, die aufgrund materiell-rechtlicher Vorgaben dem Gericht verkörpert (bspw. in Ausfertigung) zugehen müssen.

II. Frage
Für welche in der notariellen Praxis häufig vorkommenden Anträge bzw. Erklärungen gegenüber Gerichten ist die elektronische Übermittlung nach dem FamFG künftig zwingend bzw. ausreichend, welche Anträge bzw. Erklärungen müssen weiterhin in verkörperter Urschrift/Ausfertigung übermittelt werden?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zu § 14b FamFG
Nach der seit dem 1.1.2022 geltenden Fassung des § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG sind bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen durch einen Rechtsanwalt, durch einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse als elektronisches Dokument zu übermitteln (vgl. dazu auch ausführlich Woinar, NotBZ 2022 – im Erscheinen). Im Anwendungsbereich des § 14b Abs. 1 S. 1 FamFG ist die elektronische Übermittlung Wirksamkeitsvoraussetzung (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung, vgl. BR-Drucks. 818/12, S. 36). Gem. § 14b Abs. 2 FamFG sollen alle anderen Anträge und Erklärungen (die nicht der Schriftform unterliegen) als elektronisches Dokument übermittelt werden. Es erscheint arbeitsökonomisch sinnvoll, in diesen Fällen von vornherein ein elektronisches Dokument zu übermitteln, da das Gericht ein solches ansonsten nachfordern kann (§ 14b Abs. 2 S. 2 FamFG). Insofern empfiehlt sich seit dem 1.1.2022, sämtliche Dokumente in FamFG-Verfahren elektronisch einzureichen, sofern nicht die körperliche Einreichung materiell-rechtlich vorgegeben ist (vgl. dazu auch das BNotK-Rundschreiben Nr. 15/2021 v. 17.11.2021, S. 1).

Eingeführt wurde die Norm bereits durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl. I 2013, 3786). Während der ursprüngliche Regierungsentwurf (BT-Drucks. 17/12634) den Regelungsgehalt im Wesentlichen in einem neuen § 14a FamFG vorsah, wurde die Nummerierung im weiteren Gesetzgebungsprozess in § 14b FamFG geändert (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses v. 12.6.2013, BT-Drucks. 17/13948). Die Einfügung des § 14b FamFG (im Regierungsentwurf noch als § 14a – neu – bezeichnet) diente der Einführung der elektronischen Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Notare und Behörden in den vom FamFG erfassten Verfahren (BT-Drucks. 17/12634, S. 36). Die nunmehr geltende Fassung erhielt § 14b FamFG durch die Neufassung durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften v. 5.10.2021 (BGBl. I 2021, 4607).

Der sachliche Anwendungsbereich des § 14b FamFG umfasst hinsichtlich der aktiven Nutzungspflicht des Abs. 1 nur Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BeckOK-FamFG/Burschel, 41. Ed. Std.: 1.1.2022, § 14b Rn. 3; Keidel/Sternal, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 14b Rn. 2). Das sind nicht nur die im FamFG unmittelbar geregelten Verfahren (bspw. die Beschwerde in Registersachen, § 382 Abs. 4 S. 2 FamFG), sondern – für Notare praktisch besonders relevant – auch diejenigen, für die andere Gesetze auf das FamFG verweisen, insb. § 15 Abs. 2 BNotO (Beschwerdeverfahren wegen Verweigerung der Amtstätigkeit) oder § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG (Kostenbeschwerde).

Für Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit findet sich eine ähnliche Regelung in § 130d ZPO, die sich aber nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur an Rechtsanwälte und Behörden richtet. Notare sind dementsprechend nicht vom Anwendungsbereich erfasst. Für eine analoge Anwendung auf Notare – bspw. im Rahmen von Anträgen auf öffentliche Zustellung gem. § 185 Abs. 1 ZPO – dürfte es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen. Die Norm des § 130d ZPO wurde ebenfalls durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 eingeführt, also uno actu mit § 14b FamFG. Dass der Gesetzgeber hierbei die Notare in § 14b FamFG ausdrücklich nennt und in § 130d ZPO planwidrig nicht erwähnt, erscheint unwahrscheinlich. Die Gesetzesbegründung betont zwar, dass § 130d ZPO nicht nur für das Erkenntnisverfahren gelte (BT-Drucks. 17/12634, S. 28), spricht jedoch auch dort nur von „anwaltlichen“ Anträgen und Erklärungen. Relevant wird die Frage für die notarielle Praxis vor allem im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung über den Verweis in § 753 Abs. 5 ZPO.

Im Folgenden soll beleuchtet werden, welche praktisch relevanten Fälle von § 14b FamFG erfasst bzw. nicht erfasst werden, weil bspw. wegen Regelungen im materiellen Recht der Zugang oder die Vorlage einer Ausfertigung erforderlich ist. Gedanklich muss hierbei zwischen rein verfahrensrechtlichen Anträgen und Erklärungen und der Übermittlung materiell-rechtlicher (amtsempfangsbedürftiger) Willenserklärungen wie bspw. bei der Erbausschlagung oder der Einwilligung in eine Adoption unterschieden werden (dazu sogleich).

2. Erbscheinsanträge mit eidesstattlicher Versicherung
Zuständig für die Erteilung von Erbscheinen ist gem. § 2353 BGB das Nachlassgericht als Abteilung des Amtsgerichts. Das Erbscheinsverfahren ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und fällt damit grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Norm. Das ergibt sich neben der systematischen Stellung der Vorschriften über das Erbscheinsverfahren im FamFG ausdrücklich aus § 23a Abs. 2 Nr. 2 GVG. Der Erbscheinsantrag ist grundsätzlich nicht formgebunden (OLG Köln ZEV 2010, 89; Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 352e FamFG, Rn. 14; Keidel/Zimmermann, FamFG, § 352 Rn. 2). Das Erfordernis der notariellen Beurkundung ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung. Gem. § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG hat der Antragsteller vor Gericht oder vor einem Notar an Eides statt zu versichern, dass ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit seiner Angaben entgegenstehe. Für die Abnahme des Eides und die Aufnahme eidesstattlicher Versicherungen gelten gem. § 38 Abs. 1 BeurkG die Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen entsprechend. Die Abnahme des Eides und die Aufnahme der eidesstattlichen Versicherung sind dementsprechend regelmäßig zu beurkunden (und es ist nicht etwa lediglich eine Beglaubigung unter der Erklärung des Versichernden vorzunehmen). Nicht ausdrücklich erwähnt ist in § 38 BeurkG (ebenso wenig in der Zuständigkeitsnorm des § 22 BNotO) der Fall, dass der Notar – wie im Erbscheinsverfahren – selbst die zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zuständige Stelle ist (RGSt 74, 175; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 8. Aufl. 2020, § 38 Rn. 14; Sandkühler, in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl. 2016, § 22 Rn. 6; Dieterle, BWNotZ 1987, 11, 12; Diehn/Kilian, BNotO, 2. Aufl. 2019, § 22 Rn. 11; Heinemann, FGPrax 2019, 138; Klingsch/v. Stralendorff, notar 2017, 3, Fn. 4; Winkler, BeurkG, 19. Aufl. 2019, § 38 Rn. 11). Die Zuständigkeit für den Notar als abnehmende Behörde bzgl. der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich unmittelbar aus § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG und ist weder in der BNotO noch im BeurkG noch einmal ausdrücklich aufgegriffen (§ 22 BNotO und § 38 BeurkG sprechen jeweils nur von der „Aufnahme“ durch den Notar). Man wird aber insofern § 38 BeurkG entsprechend heranzuziehen haben, da die Vorschriften für die Aufnahme der eidesstattlichen Versicherung für die Abnahme erst recht gelten müssen. Eine Beurkundung nach den Vorschriften über Willenserklärungen ist deshalb auch bei der Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung zwingend.

Die höhere Richtigkeitsgewähr der eidesstattlichen Versicherung ergibt sich aus der Strafandrohung gem. § 156 StGB (ausführlich Klingsch/v. Stralendorff, notar 2017, 3 ff.; BeckOGK-BeurkG/Theilig, Std.: 1.10.2021, § 38 Rn. 2; vgl. auch schon die Motive der 1. Kommission zum BGB, abgedruckt bei Horn, Materialienkommentar Erbrecht, 1. Aufl. 2020, § 2356 Rn. 3). Ist der Notar für die Abnahme zuständige Behörde i. S. d. § 156 StGB, ist im Moment der Erklärung vor dem Notar die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Eines Zugangs der Erklärung in Urschrift oder durch eine diese vertretende Ausfertigung bei der Behörde oder sonstigen Dienststelle bedarf es in diesem Fall nicht. Das übersandte Dokument dokumentiert die bereits abgegebene Versicherung, ist aber nicht Abgabe gegenüber dem Gericht selbst. Deshalb ist die Übermittlung einer Ausfertigung an das Nachlassgericht nicht erforderlich, es genügt die Übermittlung einer (in diesem Fall elektronisch) beglaubigten Abschrift (OLG Oldenburg FGPrax 2019, 138 m. Anm. Heinemann; BeckOK-FamFG/Schlögel, Std.: 1.1.2022, § 352 Rn. 28 m. w. N.; vgl. auch BGH, Urt. v. 18.8.1970, Az. 1 StR 43/70, GA 1971, 180, 181, wonach die eidesstattliche Versicherung sogar durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift gegenüber der zuständigen Behörde „abgegeben“ werden kann).

Da der Antrag nicht der Schriftform i. S. d. § 14b Abs. 1 FamFG unterliegt (Keidel/Zimmermann, § 352 Rn. 2), fällt der Antrag unter § 14b Abs. 2 FamFG – er „soll“ also elektronisch übermittelt werden. Zwar wird in der Literatur teilweise betont, dass ein Verstoß keine Sanktion nach sich ziehe (BeckOK-FamFG/Burschel, § 14b Rn. 6). Jedenfalls erscheint eine elektronische Übermittlung (wie oben bereits erwähnt) schon deshalb zweckmäßig, weil das Gericht gem. § 14b Abs. 2 S. 2 FamFG eine elektronische Übermittlung anfordern kann und dann ggf. der gleiche Antrag nochmals übersandt werden muss. Aufgrund der in der Praxis nicht abschließend geklärten Bedeutung des § 23 Abs. 1 S. 5 FamFG für die Form des Antrags ist eine elektronische Einreichung schon rein vorsorglich zu empfehlen (vgl. BNotK-Rundschreiben Nr. 15/2021 v. 17.11.2021, S. 1).

3. Ausschlagung der Erbschaft und Anfechtung der Ausschlagung
Bzgl. der Ausschlagung der Erbschaft hat das DNotI bereits in der Vergangenheit ausführlich Stellung genommen. Insofern sei auf DNotI-Report 2020, 113 verwiesen, dem entnommen werden kann, dass die Ausschlagungserklärung gem. § 1945 Abs. 1 BGB als amtsempfangsbedürftige Willenserklärung dem Nachlassgericht im Original übersandt werden muss. Die Übermittlung einer (elektronisch) beglaubigten Abschrift genügt nicht, sodass auch eine elektronische Übermittlung gem. § 14b FamFG ausscheidet. Gleiches gilt aufgrund des Verweises in § 1955 S. 2 BGB auch für die (seltenere) Anfechtung der Annahme oder Anfechtung der Ausschlagung.

4. Anmeldungen zum Vereinsregister
§ 14b FamFG nennt das Vereinsregister nicht explizit, befindet sich jedoch in den allgemeinen Vorschriften des FamFG, sodass er für alle Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt (vgl. oben). Registersachen sind gem. § 23a Abs. 2 Nr. 3 GVG Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. In diesem Zusammenhang bestimmt § 387 Abs. 4 FamFG, dass nähere Bestimmungen über die Einrichtung und Führung des Vereinsregisters, insbesondere über das Verfahren bei Anmeldungen, Eintragungen und Bekanntmachungen sowie über die Einsicht in das Register und über die Aktenführung im Beschwerdeverfahren durch Rechtsverordnung geregelt werden können. Hiervon wurde durch die Vereinsregisterverordnung (VRV v. 10.2.1999) Gebrauch gemacht. Zwar wird das Vereinsregister gem. § 2 Abs. 1 S. 1 VRV grundsätzlich in Karteiform als Papierregister geführt. Jedoch kann durch Rechtsverordnung nach § 55a Abs. 1 BGB die maschinelle Führung als automatisierte Datei („elektronisches Register“) angeordnet werden (§ 2 Abs. 2 VRV), was inzwischen in allen Bundesländern geschehen ist (Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 2108). Vorgaben für die Form der Anmeldung zum Vereinsregister finden sich in der VRV gleichwohl nicht.

Die Form der Anmeldung zum Vereinsregister ist vielmehr weiterhin in § 77 BGB geregelt. Die Anmeldung ist durch öffentlich beglaubigte Erklärung zu bewirken (§ 129 BGB, §§ 39, 40 BeurkG) und muss daher schriftlich verfasst sein; zudem muss die Unterschrift des Erklärenden durch einen Notar oder eine aufgrund § 68 BeurkG in Verbindung mit dem jeweiligen Landesrecht berufene Urkundsperson beglaubigt werden. Nach § 77 S. 2 BGB kann die Anmeldung in Urschrift oder öffentlich beglaubigter Abschrift erfolgen. Dementsprechend reicht auch die Übersendung einer elektronisch beglaubigten Abschrift i. S. v. § 39a BeurkG zur Anmeldung aus (BeckOGK-BGB/Geißler, Std.: 1.12.2021, § 77 Rn. 6; MünchKommBGB/Leuschner, 9. Aufl. 2021, § 77 Rn. 3; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 77 Rn. 4; vgl. auch BT-Drucks. 16/12813, 14). Gleichwohl bleibt die Einreichung der Anmeldung in Urschrift jedenfalls möglich. § 77 BGB stellt im Verhältnis zu § 14b FamFG die speziellere Regel für Anmeldungen zum Vereinsregister dar, weshalb u. E. aufgrund des lex-specialis-Grundsatzes jedenfalls keine Pflicht zur elektronischen Anmeldung beim Vereinsregister bestehen kann.

Hätte der Gesetzgeber eine solche Pflicht etablieren wollen, hätte er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lediglich § 14b FamFG eingeführt, sondern, wie etwa im Recht des Handels- und des Genossenschaftsregisters – § 12 Abs. 1 S. 1 HGB und § 157 GenG – die Materie im spezielleren Sachrechtszusammenhang geregelt oder jedenfalls § 77 BGB entsprechend modifizieren müssen. Dementsprechend steht dem Befund der Spezialität u. E. hier auch nicht der Grundsatz lex posterior derogat legi priori entgegen.

Die Gesetzesbegründung (BR-Drucks. 818/12, S. 36) zu § 130d ZPO legt ein solches Verständnis des Verhältnisses der Regelungen zueinander sogar nahe:

„Vorgaben im materiellen Recht wie etwa § 2356 Absatz 1 Satz 1 BGB, die die Vorlage von öffentlichen Urkunden oder Ausfertigungen in gerichtlichen Verfahren vorschreiben, bleiben als leges speciales von der allgemeinen Nutzungspflicht elektronischer Kommunikationswege unberührt. Dasselbe gilt erst recht für die Vorlage von Urkunden, die vom Gericht zu informatorischen Zwecken (§§ 142, 273 Absatz 2 Nummer 5 ZPO) oder zu Beweiszwecken angeordnet worden ist. […]“

Auf diese Ausführungen verweist der Gesetzgeber ausdrücklich im Rahmen der Begründung des § 14b FamFG (BR-Drucks. 818/12, S. 51, damals noch § 14a FamFG). Insofern lässt sich der gesetzgeberische Grundgedanke erkennen, dass bislang bestehende und im Rahmen der Reform nicht geänderte Vorlagepflichten und -möglichkeiten bestehen bleiben. Unabhängig davon, ob man § 77 S. 2 BGB als materiell-rechtliche Vorschrift oder Verfahrensvorschrift einordnet, greift für beide Varianten der lex-specialis-Grundsatz im Verhältnis zu § 14b FamFG.

Auch fehlen Anhaltspunkte dafür, dass § 77 S. 2 BGB durch § 14b FamFG partiell für den Bereich der notariell eingereichten Anmeldungen abbedungen werden sollte. Da § 77 S. 1 BGB die öffentliche Beglaubigung vorsieht, stellt die Anmeldung durch den Notar in der Praxis den Regelfall dar, wenn auch eine Einreichung der Anmeldung durch die Beteiligten selbst möglich ist. Insofern dürfte davon auszugehen sein, dass ein Wille dahingehend, dass § 77 S. 2 BGB nur noch für die Einreichung der Anmeldung durch Nichtnotare gelten soll, nicht besteht. § 77 S. 2 BGB wurde erst 2009 in das Gesetz eingefügt (MünchKommBGB/Leuschner, § 77 Rn. 3). Dass der Gesetzgeber die Norm nur wenige Jahre später schlicht übersieht, dürfte unwahrscheinlich sein. Ein grundlegender Paradigmenwechsel (auch) im Vereinsrecht hätte zudem wohl in der Gesetzesbegründung Erwähnung gefunden. Dass der Gesetzgeber das Vereinsregister nicht erwähnt, dürfte insofern als beredtes Schweigen zu deuten sein. Eine Pflicht zur elektronischen Einreichung dürfte insofern in Vereinsregistersachen nicht bestehen. Gleichwohl bleibt eine elektronische Einreichung möglich und im Sinne der einheitlichen Handhabung mit Handelsregistersachen empfehlenswert.

5. Adoptionsanträge und Einwilligungserklärungen
Gem. §§ 1746, 1747 und 1749 BGB sind Einwilligungen der dort genannten Personen zu einem gestellten Adoptionsantrag erforderlich. Der Einwilligung kommt nach zutreffender Auffassung in der Literatur eine Doppelnatur zu. Auf Ebene des materiellen Rechts handelt es sich um amtsempfangsbedürftige Willenserklärungen, gleichzeitig ist die Einwilligung Verfahrenshandlung im Rahmen des Adoptionsverfahrens (ausführlich BeckOGK-BGB/Löhnig, Std: 1.4.2021, § 1746 Rn. 7; im Einzelnen strittig, in Richtung einer rein verfahrensrechtlichen Natur tendierend BGH NJW 1980, 1746; OLG Hamm NJW 1979, 49; für eine rein materiell-rechtliche Sichtweise MünchKommBGB/Maurer, 8. Aufl. 2020, § 1746 Rn. 7). Nach § 1750 Abs. 1 S. 2 BGB bedürfen diese Erklärungen der notariellen Beurkundung. Sie sind nach § 1750 Abs. 1 S. 1 BGB dem Familiengericht gegenüber abzugeben. Zur wirksamen Übermittlung bedarf es der Übersendung der jeweiligen Zustimmungen im Original oder als Ausfertigung (BeckOGK-BGB/Löhnig, Std.: 1.4.2021, § 1750 Rn. 9; MünchKommBGB/Maurer, § 1750 Rn. 24; BeckOK-BGB/Pöcker, Std.: 1.11.2021, § 1750 Rn. 4; Erman/Teklote, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1750 Rn. 3). Daher genügt die Übersendung einer beglaubigten Abschrift grundsätzlich nicht, um die Anforderungen des § 1750 BGB zu wahren.

Da eine elektronische Ausfertigung auch nach Inkrafttreten der Regelungen zum elektronischen Urkundsarchiv nicht vorgesehen ist (siehe dazu Danninger/Stepien, DNotZ 2021, 812 ff.), muss die Ausfertigung weiterhin in Papierform erteilt werden. Weil somit eine beglaubigte Abschrift nicht ausreichend ist, kann eine Übermittlung in elektronischer Form nach § 14b FamFG an das Familiengericht mithin nicht erfolgen. Der Gesetzgeber kann durch die Einführung des § 14b FamFG auch die materiell-rechtlichen Anforderungen nicht ändern, sodass es unumgänglich ist, dass die Ausfertigung weiterhin in Papierform beim Familiengericht durch den Notar eingereicht wird.

Fraglich ist allerdings, ob die Notwendigkeit, die Zustimmungen in Papierform bei Gericht einzureichen, auch dazu führt, dass der Adoptionsantrag selbst ebenfalls nicht in der von § 14b Abs. 1 FamFG vorgesehenen Form elektronisch bei Gericht eingereicht werden muss. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Neuschaffung des § 14b FamFG, die Akzeptanz und die tatsächliche Nutzung der elektronischen Einreichungsform zu erhöhen (BT-Drucks. 17/12634, S. 1). Stellungnahmen zu der hier dargestellten oder einer vergleichbaren Konstellation lassen sich aber weder dem Gesetz selbst noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Nimmt man den Wortlaut des § 14b FamFG ernst, wäre eine entsprechende Einreichung des Antrags auch dann in elektronischer Form erforderlich, wenn dieser Teil der Urkunde ist, die auch die Einwilligungen enthält.

Eine solche Sichtweise erscheint uns aber unter teleologischen Gesichtspunkten nicht angezeigt. Der Gesetzgeber beabsichtigte, den Verwaltungsaufwand für die Justiz durch die Einführung des § 14b FamFG zu senken, indem vor allem die Notwendigkeit zur Vornahme etwaiger Scans reduziert wird (s. dazu BT-Drucks. 17/12634, S. 20). Dieses Ziel kann allerdings dann nicht mehr erreicht werden, wenn ohnehin das Papierdokument bei Gericht eingehen muss und seinerseits zu archivieren ist. In diesem Fall muss die Justiz die bei ihr eingegangene Urkunde entsprechend verwahren oder selbst einscannen, sodass durch eine nochmalige Übermittlung des Antrags, der in der Urkunde bereits enthalten ist, kein Mehrwert für die Gerichte zu erzielen ist. Es würde sich daher um eine bloße Förmlichkeit handeln, den Antrag zusätzlich in elektronischer Form einzureichen, da hierdurch keine Erleichterung für die Gerichte geschaffen würde. Wir gehen daher davon aus, dass der Wortlaut planwidrig über die Zwecke des Gesetzes hinausgeht und daher eine teleologische Reduktion geboten ist (vgl. zu deren Voraussetzungen Meier/Jocham, JuS 2016, 392, 397 f.).

Diese Überlegungen gelten allerdings dann nicht mehr, wenn der Antrag in einer anderen Urkunde enthalten ist und daher diese insgesamt nach § 14b FamFG elektronisch übermittelt werden kann. Eine teleologische Reduktion ist aus unserer Sicht nur dann geboten, wenn es sich um dieselbe Urkunde handelt, die sowohl den Antrag als auch die in Ausfertigung zu übersendenden Zustimmungen enthält. Handelt es sich dagegen um zwei Dokumente, ist der Antrag nach § 14b FamFG elektronisch einzureichen, da insoweit die vom Gesetz verfolgten Zwecke durch die Übersendung in elektronischer Form gewahrt werden.

6. Betreuungs- und familiengerichtliche Genehmigungen
Ebenfalls im FamFG geregelt ist das Verfahren zur Erteilung von betreuungs- und familiengerichtlichen Genehmigungen (§§ 271 ff. bzw. §§ 151 ff. FamFG). Für sie ist zwar kein Antrag erforderlich (und damit greift auch nicht § 64 Abs. 2 FamFG), sondern lediglich ein formloses Ersuchen durch die Beteiligten (für die betreuungsgerichtliche Genehmigung vgl. BeckOGK-BGB/Kilian, Std.: 1.11.2021, § 1828 Rn. 8; MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, 8. Aufl. 2020, § 1828 Rn. 35; für die familiengerichtliche Genehmigung BeckOGK-BGB/Becker, Std.: 1.1.2021, § 1643 Rn. 54). Der Notar übermittelt jedoch regelmäßig die relevanten Urkunden für die Beteiligten und ist im weiteren Verfahren umfangreich bevollmächtigt. Die Übermittlung der Urkunden soll künftig gem. § 14b Abs. 2 FamFG ebenfalls elektronisch erfolgen.

7. Beschwerdeverfahren in Registersachen
Registersachen i. S. d. FamFG sind gem. § 374 FamFG Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-, Vereins- und Güterrechtsregistersachen. Wird ein Eintragungsantrag abgelehnt, ergeht die ablehnende Entscheidung durch Beschluss. Ist der Antrag unvollständig oder steht ein behebbares Hindernis entgegen, setzt das Gericht dem Antragsteller eine entsprechende Frist zur Behebung (§ 382 Abs. 4 FamFG). Der Beschluss und die Entscheidung sind mit der Beschwerde anfechtbar (§§ 58 ff. FamFG, 382 Abs. 4 S. 2 FamFG).

Das Beschwerdeverfahren in Registersachen hat im Zusammenhang mit § 14b FamFG eine besondere Bedeutung, da bei diesem Verfahren aufgrund der Regelung in § 64 Abs. 2 FamFG die Einlegung der Beschwerde in Schriftform erforderlich ist (auch die Einlegung zur Niederschrift der Geschäftsstelle ist eine schriftliche Erklärung, vgl. MünchKommFamFG/A. Fischer, 3. Aufl. 2018, § 64 Rn. 24; Haußleiter, FamFG, FamFG § 64 Rn. 4). Deshalb fallen die Anträge im Rahmen des Beschwerdeverfahrens unter § 14b Abs. 1 FamFG und sind zwingend elektronisch einzureichen.

8. Anwendbarkeit im Grundbuchverfahren
Von vornherein ausscheiden dürfte eine Anwendung der Norm in Verfahren beim Grundbuchamt. Grundbuchsachen sind zwar gem. § 23a Abs. 2 Nr. 8 GVG ebenfalls Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Insofern finden die Regelungen des FamFG grundsätzlich Anwendung. Es besteht allerdings Einigkeit, dass ein Rückgriff auf die Regelungen des FamFG in Grundbuchsachen nur dann möglich ist, wenn die spezielleren Vorschriften der GBO keine Regelungen enthalten (OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 116; Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, Allgemeiner Teil, A Rn. 41; Demharter, GBO, 32. Aufl. 2021, Einleitung Rn. 82; BeckOK-GBO/Holzer, Std.: 1.11.2021, § 1 Rn. 36).

§ 135 Abs. 1 S. 2 GBO bestimmt, dass die Landesregierungen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, von welchem Zeitpunkt an Dokumente elektronisch übermittelt werden können (Nr. 1) und ab welchem Zeitpunkt Notare Dokumente elektronisch übermitteln müssen (Nr. 4). Diese Regelungstechnik wurde bewusst gewählt, da der Gesetzgeber zu der Erkenntnis gelangte, dass „die unterschiedlichen finanziellen, technischen und organisatorischen Ausgangssituationen in den einzelnen Ländern […] eine bundesweit einheitliche Führung des elektronischen Rechtsverkehrs in Grundbuchsachen sowie der elektronischen Grundakte nicht [zulassen]“ (BT-Drucks. 16/12319 S. 23 – Hervorhebung durch das DNotI). Insofern dürfte eine Anwendung des § 14b FamFG aufgrund der spezialgesetzlichen Regelung ausgeschlossen sein. Eine Überlagerung des § 135 GBO durch § 14b FamFG würde dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen widersprechen.

Im Gegensatz zu Handelsregistersachen ist im Grundbuchverfahren auch die Beschwerde spezialgesetzlich geregelt (s. auch Woinar, NotBZ 2022 – im Erscheinen). Die Form der Beschwerde ist in § 73 Abs. 2 GBO abschließend geregelt, so dass eine Anwendung des § 14b FamFG auf dieses Verfahren ausscheiden dürfte.

9. Aufgebotsverfahren
Nicht dem Grundbuchverfahren zuzuordnen, sondern unmittelbar im FamFG geregelt ist der Antrag auf Aufgebot des Grundpfandrechtsgläubigers (§§ 433 ff. FamFG), der in der Praxis eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Weder das materielle Recht (§ 1170 BGB) noch das Verfahrensrecht des FamFG schreiben für den Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens eine bestimmte Form vor (Woinar, NotBZ 2022 – im Erscheinen). Insofern fällt der Antrag unter § 14b Abs. 2 FamFG und nicht unter § 14b Abs. 1 FamFG.

Zur Glaubhaftmachung der Tatsache, dass der Gläubiger unbekannt ist, ist regelmäßig die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung erforderlich (aber auch genügend, § 450 Abs. 3 S. 1 FamFG). Im Gegensatz zum Erbscheinverfahren fehlt es an einer Zuständigkeitsanordnung zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch den Notar. Der Notar nimmt die eidesstattliche Versicherung daher in diesem Verfahren nur auf (§ 22 Abs. 2 BNotO). Die Einreichung einer aufgenommenen eidesstattlichen Versicherung führt jedoch nicht dazu, dass diese zwingend in Papierform (als Ausfertigung) einzureichen ist. Die Strafandrohung des § 156 StGB greift zwar erst mit Eingang der eidesstattlichen Versicherung bei dem Gericht, hängt jedoch nicht davon ab, ob ein Original, eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift eingereicht wird (BGH, Urt. v. 18.8.1970, Az. 1 StR 43/70, GA 1971, 180, 181). Insofern ist im Geltungsbereich des § 14b Abs. 1 FamFG auch die Übersendung einer elektronisch beglaubigten Abschrift ausreichend, um den Sinn und Zweck der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung zu erreichen.

Der Antrag zur Einleitung eines Aufgebotsverfahrens soll künftig gem. § 14b Abs. 2 FamFG elektronisch eingereicht werden. Es sei aber nochmals darauf hingewiesen, dass aufgrund des unklaren Zusammenspiels von § 23 Abs. 1 S. 5 FamFG und § 14b Abs. 1 FamFG stets eine elektronische Einreichung empfehlenswert ist (BNotK-Rundschreiben Nr. 15/2021 v. 17.11.2021, S. 1).

10. Zusammenfassung
Für die in der notariellen Praxis relevanten Bereiche ergibt sich folgendes Bild: § 14b FamFG erfasst aufgrund vorrangiger spezialgesetzlicher Regelungen von vornherein die Bereiche des Grundbuchverfahrens sowie Anmeldungen zum Handels-, Vereins- und Genossenschaftsregister nicht.

Für die Übermittlung von Erbausschlagungen und Einwilligungen in eine Adoption gilt § 14b FamFG nicht, da das materielle Recht weitergehende Vorgaben macht. Gleiches gilt aufgrund des Verweises in § 1955 S. 2 BGB auch für die (seltenere) Anfechtung der Annahme oder Anfechtung der Ausschlagung.

Unter § 14b Abs. 2 FamFG fallen die Beantragung eines Erbscheins sowie die Übermittlung von Dokumenten in Verfahren der Notar- und Kostenbeschwerde (§ 15 Abs. 2 BNotO bzw. § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG), sofern sie nicht unter § 64 Abs. 2 FamFG fallen, also kein Verfahren einleiten. Das Gleiche gilt für die Übermittlung von Dokumenten im Rahmen von betreuungs- bzw. familiengerichtlichen Verfahren.

Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 14b Abs. 1 FamFG) ist die elektronische Einreichung in Fällen, in denen das Gesetz eine schriftliche Erklärung fordert, bspw. bei Einlegung der Beschwerde in Registersachen (§§ 382 Abs. 4 S. 2, 64 Abs. 2 FamFG).

Gutachten/Abruf-Nr:

189833

Erscheinungsdatum:

18.02.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 25-30

Normen in Titel:

FamFG § 14b; ZPO § 130d