01. Januar 1997
EGBGB Art. 15

Schweiz: Güterstatut, Güterstand, Erbstatut, Erbvertrag

DNotI
Deutsches Notarinstitut

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Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 1434# 14. Juni 2004

Schweiz, Güterstatut, Güterstand, Erbstatut, Erbvertrag

I. Zum Sachverhalt Ein Schweizer und eine Deutsche haben 1965 in der Schweiz geheiratet. Durch die Eheschließung erhielt die Ehefrau auch die schweizerische Staatsangehörigkeit. Die Ehe wurde in Basel-Land geschlossen. Beide Ehegatten sind nach ihren Angaben jedoch Bürger von Zürich. Vor der Eheschließung wohnte der Ehemann in der Schweiz, seine Ehefrau wohnte in Deutschland. Erster gemeinsamer Wohnsitz war in der Schweiz, wo die Eheleute auch bis vor etwa drei Jahren ununterbrochen wohnten, um danach nach Deutschland zu kommen, wo die Ehefrau ein Haus geerbt hat. Die derzeitige Planung der Eheleute sieht vor, daß sie ihren Lebensabend in Deutschland verbringen. Die Eheleute haben zwei Kinder und möchten regeln, daß nach dem Tod der Ehefrau der Ehemann das Haus erbt. Der Ehemann selbst hat kein nennenswertes Vermögen.

II. Fragestellung 1. 2. 3. In welchem Güterstand leben die Eheleute? Wem gehört das Haus in Deutschland? Können die Eheleute sich erbvertragsmäßig gegenseitig zu Alleinerben einsetzen?

III. Zur Rechtslage 1. Das auf den Güterstand anwendbare Recht

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Gem. Art. 220 Abs. 3 EGBGB beurteilen sich die güterrechtlichen Wirkungen von Ehen, die nach dem 31.3.1953 und vor dem 9.4.1983 geschlossen worden sind primär nach dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten bei der Eheschließung angehörten, sonst nach dem Recht, dem sich die Ehegatten unterstellt haben und von dessen Anwendung sie ausgegangen sind, und höchsthilfsweise nach dem Recht des Staates, dem der Ehemann bei der Eheschließung angehörte. Für die Zeit nach dem 8.4.1983 ist aber wiederum Art. 15 EGBGB anzuwenden, wobei für Ehen, die vorher an das Heimatrecht des Ehemanns angeknüpft wurden, an die Stelle des Zeitpunkts der Eheschließung der 9.4.1983 tritt. a) Gemeinsame Staatsangehörigkeit Hatten die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so könnte gem. Art. 220 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit berufen sein. Es stellt sich aber die Frage, ob diese Veränderung der Staatsangehörigkeit durch die Eheschließung zu berücksichtigen ist. Grundsätzlich erwarb die Ehefrau eines Schweizer Bürgers bis zum 1.1.1992 gem. Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts vom 29.9.1952 die Schweizer Staatsbürgerschaft. Ob eine durch Eheschließung hinzuerworbene Staatsangehörigkeit zu berücksichtigen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur sehr umstritten. Zum einen wird eine Berücksichtigung der durch die Eheschließung erworbenen Staatsangehörigkeit aus mehreren Gründen abgelehnt (BayObLG IPRax 1986, 379, 381; von Bar, JZ 1984, 126, 127; von Bar, IPR, Bd. 2, Rn. 215; Schurig, JZ 1985, 559, 561; Erman/Hohloch, 9. Aufl. 1993, Art. 15 Rn. 18). Gegen eine Anerkennung spreche eine Divergenz zu Art. 13 EGBGB, für den es auf die staatsangehörigkeitsrechtliche Lage vor der Heirat ankomme. Darüber hinaus bedeute eine Berücksichtigung eine mittelbare Bevorzugung des Mannesrechts, da regelmäßig nur Frauen automatisch die jeweilige Staatsangehörigkeit des Mannes hinzuerwarben (Staudinger/von Bar/Mankowski, 13. Aufl. 1996, Art. 15 Rn. 32). Weiter wird eingewandt, daß die hinzuerworbene Staatsangehörigkeit zumindest zumeist nicht die effektive sei (Heldrich, FamRZ 1983, 1079, 1084). Demgegenüber will die Gegenansicht eine durch Eheschließung hinzuerworbenen Staatsangehörigkeit zumindest bei Effektivität der hinzuerworbenen Staatsangehörigkeit berücksichtigen (KG IPRax 1987, 117, 119 f.; MünchKomm-Siehr, 2. Aufl. 1990, Art. 15 Rn. 11; Soergel/Schurig, 12. Aufl. 1996, Art. 15 Rn. 5; BayObLG IPRspr. 1975, Nr. 52; BayObLG FamRZ 1979, 585; OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 50, 51; OLG Düsseldorf MittRhNotK 1984, 62; OLG Karlsruhe NJW 1984, 570). Nur wenn man der letztgenannten Auffassung folgt, könnte hier von einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute gesprochen werden. Alsdann stellt sich aber eine zweite Frage, nämlich die, ob die durch die Ehefrau hinzuerworbene Staatsangehörigkeit auch ihre effektive Staatsangehörigkeit gewesen ist. Für die Effektivität der Schweizer Staatsangehörigkeit könnte insbesondere sprechen, daß sie vor

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oder unmittelbar nach der Heirat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in die Schweiz gelegt hat. In diesem Fall stehe die Effektivität von Anfang an fest (vgl. Soergel/Schurig, a. a. O., Art. 15 Rn. 5). Auch ein Blick in die Zukunft ergibt wohl, daß die neuerworbene Staatsangehörigkeit bald nach der Heirat zur effektiven geworden ist, da die Ehegatten über Jahrzehnte im Heimatstaat des Mannes ihren ersten ehelichen Wohnsitz genommen haben. Geht man davon aus, daß die effektive Staatsangehörigkeit der Ehefrau tatsächlich die Schweizer Staatsangehörigkeit war, so könnte sie jedoch wegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB bedeutungslos sein. Danach ist eine zugleich bestehende deutsche Staatsangehörigkeit vorrangig zu behandeln. Ob Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB aber seinerseits wiederum Anwendung findet auf Ehen, die vor der Neuregelung des IPR im Jahre 1986 geschlossen worden sind, ist wiederum umstritten. Vor der Neuregelung des IPR hatte sich der Grundsatz durchgesetzt, daß mehrfache Staatsangehörigkeiten gleich zu behandeln seien und die effektive Staatsangehörigkeit die entscheidende sei. Fraglich aber ist, ob Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB anzuwenden ist, obwohl die Ehe vor dem 1.9.1986 geschlossen wurde. Zum einen wird vertreten, daß Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB nicht für das Übergangsrecht gelte (Schotten, Das IPR in der notariellen Praxis, München 1995, Rn. 183; Schurig, IPRax 1988, 89; Jayme, IPRax 1987, 96; Jayme, IPRax 1990, 103; Henrich, Internationales Familienrecht, S. 77; MünchKomm-Siehr, a. a. O., Art. 15 Rn. 151). Folgt man dieser Ansicht, so hätten die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ggf. eine gemeinsame Schweizer Staatsangehörigkeit, so daß Schweizer Recht berufen wäre. Die Gegenansicht hingegen will auch im Übergangsrecht Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB berufen, so daß bei gleichzeitig bestehender deutscher Staatsangehörigkeit vom Vorliegen einer gemischtnationalen Ehe auszugehen wäre (in diesem Sinne: Lorenz, Intertemporales internationales Ehegüterrecht, S. 76 und 91). Insbesondere der BGH (BGH NJW 1987, 583 m. Anm. Rauscher, NJW 1987, 531) hat bei einer Eheschließung, die im Jahre 1956 zwischen einem Italiener und einer Deutschen erfolgte, die durch die Eheschließung die italienische Staatsangehörigkeit erwarb, keine gemeinsame Staatsangehörigkeit angenommen, da nach der nunmehr geltenden Rechtslage die Rechtsstellung der Ehefrau als Deutsche vorgehe. Folgt man dieser Rechtsprechung, so würde auch im vorliegenden Fall keine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Beteiligten gegeben sein. b) Unterstellung unter ein Recht Ist nicht von einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Eheleute auszugehen, so stellt sich die Frage, ob sie sich einem bestimmten Recht i. S. v. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB unterstellt haben oder ob sie von einem bestimmten Recht ausgegangen sind. Sofern eine Unterstellung unter ein bestimmtes Recht stattgefunden hat oder die Parteien von der G eltung eines bestimmten Rechts ausgegangen sind, hätte eine wirkliche oder fingierte Rechtswahl auch über den 9.4.1983 grundsätzlich Bestand (Palandt/Heldrich, a. a. O., Art. 15 Rn. 11; BGH IPRax 1988, 103;

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Schotten, a. a. O., Rn. 195; BGH NJW 1987, 584). Schwierig ist jedoch die Frage zu beantworten, ob sich die Eheleute einem bestimmten Recht unterstellt haben oder ob sie von der Geltung eines bestimmten Rechts ausgegangen sind. Dies ist je nach Lage des Falles zu entscheiden. Dazu heißt es beim BGH: Es bedarf einer Gesamtbetrachtung, in die alle äußeren Umstände einzubeziehen sind, wie etwa Eheschließungsort, gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten im Libanon, in anderen arabischen Ländern und in Deutschland, Erwerb von Vermögen, insbesondere des Hauses in Deutschland zum Zwecke der Erschaffung eines Familienheimes, Auflösung oder Transfer von Auslandskonten nach Deutschland, andererseits aber auch Belastung von wesentlichen Vermögensteilen im Libanon, Grundbucheintragung, Erklärung gegenüber Behörden oder Handlungen, die ohne Bezug zu einer bestimmten Güterrechtsordnung nicht denkbar wären. Soweit sich dabei Änderungen in den Vorstellungen der Parteien seit Eheschluß ergeben haben, sind diese beachtlich, da es auf dasjenige Recht ankommt, dem sich die Parteien vom dem 8.4.1983 zuletzt übereinstimmend unterstellt haben. Lediglich einseitige Änderungen bleiben außer Betracht. (BGHZ 119, 400) Insbesondere also auch Grundbucheintragungen erachtet der BGH im Rahmen seiner Gesamtbetrachtung als erhebliche Tatsache (ebenso BGH IPRax 1988, 104: Eintragung der Parteien im Grundbuch als Miteigentümer in niederländischer Gütergemeinschaft). Der BGH will Art. 220 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB weit auslegen, um auf diese Weise den Anwendungsbereich des verfassungsrechtlich bedenklichen Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EGBGB einzuschränken, der an das Heimatrecht des Mannes anknüpft. Dem steht ein großer Teil der Lehre und der Rspr. ablehnend gegenüber (Soergel/Schurig, a. a. O., Art. 220 Rn. 46; Schotten, a. a. O., Rn. 185 ff.; Schurig, IPRax 1988, 92; MünchKomm-Siehr, a. a. O., Art. 15 Rn. 152, 153; Lorenz, a. a. O., S. 142). I. S. d. BGH hat auch das OLG Köln (FamRZ 1996, 1479 f.) in einer jüngsten Entscheidung eine konkludente Rechtswahl gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB aufgrund einer Gesamtbetrachtung aller die Ehe bestimmenden äußeren Umstände angenommen und schreibt: Nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien in der Berufungsverhandlung ist davon auszugehen, daß sie sich ungeachtet der Eheschließung in Belgien und der seitdem gemeinsamen niederländischen Staatsangehörigkeit von 1959 bis zum Stichtag 8.4.1983 durchgängig übereinstimmend dem deutschen Recht unterstellt haben. Im Jahre 1959 haben sie das seit 1957 bewohnte elterliche Haus der Antragsteller in R. verlassen und sind in Verfolgung ihrer Eheplanung in die Nähe von A.

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(Bundesrepublik Deutschland) gezogen, wo sie seither gewohnt haben und ihren Arbeitsplatz hatten. Abgesehen von dem 1964 veräußerten 1/6Anteil an dem elterlichen Grundstück hatten sie kein Auslandsvermögen. Ihre Sparkonten waren stets bei deutschen Kreditinstituten eingerichtet. Die gemeinsame Tochter besuchte deutsche Schulen. Soweit es sich um Angelegenheiten mit Bezug auf die niederländische Staatsangehörigkeit handelte (Ausweispapiere), wandten sich die Parteien an deutsche Behörden. Dies alles belegt, daß sie sich gemeinsam dem deutschen Rechtskreis zugehörig gefühlt haben und stillschweigend auch von der Geltung deutschen Ehegüterrechts ausgegangen sind. Somit gilt für sie kraft Rechtswahl der nicht vertraglich ausgeschlossene gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, dem sie ohne Thematisierung auch in dem Vergleich zugrundegelegt haben und in dem sich der Antragsteller zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs verpflichtet hat. Legt man die vom BGH und OLG Köln genannten Kriterien zugrunde, so wird man im vorliegenden Fall vermutlich zwanglos zur Anwendung Schweizer Rechts kommen. Die Konten werden die Eheleute vermutlich in der Schweiz besessen haben und ihre Kinder werden auch in der Schweiz die Schule besucht haben. Diese Kriterien zeigen allerdings auch, wie untauglich die Abgrenzung in der Rechtsprechung ist. c) Heimatrecht des Mannes Sollte man eine konkludente Rechtswahl vorliegend nicht annehmen, so wäre höchsthilfsweise gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EGBGB an das Heimatrecht des Ehemannes anzuknüpfen. Da der Ehemann Schweizer Staatsangehöriger war, wäre insoweit Schweizer Ehegüterrecht berufen. d) Die Zeit nach dem 8.4.1983 Für die Zeit nach dem 8.4.1983 verweist Art. 220 Abs. 3 S. 2 EGBGB jedoch auf Art. 15 EGBGB n. F. Danach beurteilen sich die güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten nach dem auf die allgemeinen Wirkungen der Ehe anwendbaren Recht. Die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterliegen primär dem gemeinsamen Staatsangehörigkeitsrecht, hilfsweise dem Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der Eheleute. Abzustellen ist auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Eheleute am 9.4.1983. Da die Eheleute erst vor drei Jahren in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sind, war der gewöhnliche Aufenthalt am 9.4.1983 in der Schweiz, so daß Schweizer Recht berufen gewesen wäre. e) Rück- und Weiterverweisung Je nachdem, welcher der oben beschriebenen Meinungen man folgen will, sind Rück- und Weiterverweisung u. U. zu beachten. Sofern eine Anknüpfung an die gemeinsame

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Staatsangehörigkeit gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EGBGB angenommen wird, wären Rückund Weiterverweisung zu beachten (Schotten, a. a. O., Rn. 183; Palandt/Heldrich, a. a. O., Art. 15 Rn. 18). Auch bei einer Anknüpfung auf der dritten Stufe gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 EGBGB an das Mannesrecht wäre ein Rück- und Weiterverweisung zu beachten. Gleiches gilt für die Zeit nach dem 8.4.1983 gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Haben sich aber die Ehegatten einem bestimmten Recht unterstellt oder sind sie von der Geltung eines bestimmten Rechts ausgegangen, so sind Rück- und Weiterverweisung des gewählten Rechts nicht zu beachten (Palandt/Heldrich, a. a. O., Art. 15 Rn. 9; MünchKomm-Siehr, a. a. O., Art. 15 Rn. 152; Erman/Hohloch, a. a. O., Art. 15 Rn. 44; a. A. Lorenz, a. a. O., S. 76, 91). Bei einer Unterstellung unter ein bestimmtes Recht würde vielmehr dieses Recht entgegen dem Wortlaut des Art. 220 Abs. 3 S. 1 und 2 EGBGB nicht mit Ablauf des 8.4.1983 enden. Vielmehr gilt eine solche Rechtswahl auch für das jetzige neue Recht und damit unbegrenzt für die Zukunft. Es endete lediglich am 8.4.1983 die Möglichkeit, eine Rechtswahl gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 EGBGB vorzunehmen (Schotten, a. a. O., Rn. 195). Die Grundsätze über Rück- und Weiterverweisung gelten folglich nur, wenn nicht vom Vorliegen ausdrücklichen oder konkludenten Rechtswahl ausgegangen werden kann. Das internationale Ehegüterrecht in der Schweiz ist in den Art. 51 - 58 des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG) vom 18.12.1987 geregelt: Art. 51. Für Klagen oder Massnahmen Verhältnisse sind zuständig: betreffend die güterrechtlichen

a) für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle des Todes eines Ehegatten die schweizerischen Gerichte oder Behörden, die für die erbrechtliche Auseinandersetzung zuständig sind (Art. 86-89); b) für die güterrechtliche Auseinandersetzung im Falle einer gerichtlichen Auflösung oder Trennung der Ehe die schweizerischen Gerichte, die hierfür zuständig sind (Art. 59, 60, 63, 64); c) in den übrigen Fällen die schweizerischen Gerichte oder Behörden, die für Klagen oder Massnahmen betreffend die Wirkungen der Ehe zuständig sind (Art. 46, 47).

II. Anwendbares Recht
1. Rechtswahl
a) Grundsatz

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Art. 52. (1) Die güterrechtlichen Verhältnisse unterstehen dem von den Ehegatten gewählten Recht. (2) Die Ehegatten können wählen zwischen dem Recht des Staates, in dem beide ihren Wohnsitz haben oder nach der Eheschliessung haben werden, und dem Recht eines ihrer Heimatstaaten. Artikel 23 Absatz 2 ist nicht anwendbar.
b) Modalitäten

Art. 53. (1) Die Rechtswahl muss schriftlich vereinbart sein oder sich eindeutig aus dem Ehevertrag ergeben. Im übrigen untersteht sie dem gewählten Recht. (2) Die Rechtswahl kann jederzeit getroffen oder geändert werden. Wird sie nach Abschluss der Ehe getroffen, so wirkt sie, wenn die Parteien nichts anderes vereinbaren, auf den Zeitpunkt der Eheschliessung zurück. (3) Das gewählte Recht bleibt anwendbar, bis die Ehegatten ein anderes Recht wählen oder die Rechtswahl aufheben.

2. Fehlen einer Rechtswahl
a) Grundsatz

Art. 54. (1) Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, so unterstehen die güterrechtlichen Verhältnisse: a) dem Recht des Staates, in dem beide gleichzeitig ihren Wohnsitz haben, oder, wenn dies nicht der Fall ist, b) dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten zuletzt gleichzeitig ihren Wohnsitz hatten. (2) Hatten die Ehegatten nie gleichzeitig Wohnsitz im gleichen Staat, so ist ihr gemeinsames Heimatrecht anwendbar.

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(3) Hatten die Ehegatten nie gleichzeitig Wohnsitz im gleichen Staat und haben sie auch keine gemeinsame Staatsangehörigkeit, so gilt die Gütertrennung des schweizerischen Rechts.
b) Wandelbarkeit und Rückwirkung bei Wohnsitzwechsel

Art. 55. (1) Verlegen die Ehegatten ihren Wohnsitz von einem Staat in einen anderen, so ist das Recht des neuen Wohnsitzstaates rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschliessung anzuwenden. Die Ehegatten können durch schriftliche Vereinbarung die Rückwirkung ausschliessen. (2) Der Wohnsitzwechsel hat keine Wirkung auf das anzuwendende Recht, wenn die Parteien die Weitergeltung des früheren Rechts schriftlich vereinbart haben oder wenn zwischen ihnen ein Ehevertrag besteht.

3. Form des Ehevertrages Art. 56. Der Ehevertrag ist formgültig, wenn er dem auf den Ehevertrag anwendbaren Recht oder dem Recht am Abschlussort entspricht.

4. Rechtsverhältnisse mit Dritten Art. 57. (1) Die Wirkungen des Güterstandes auf das Rechtsverhältnis zwischen einem Ehegatten und einem Dritten unterstehen dem Recht des Staates, in dem dieser Ehegatte im Zeitpunkt der Entstehung des Rechtsverhältnisses seinen Wohnsitz hat. (2) Hat der Dritte im Zeitpunkt der Entstehung des Rechtsverhältnisses das Recht, dem die güterrechtlichen Verhältnisse unterstanden, gekannt oder hätte er es kennen müssen, so ist dieses anzuwenden.

III. Ausländische Entscheidungen
Art. 58.

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(1) Ausländische Entscheidungen über güterrechtliche Verhältnisse werden in der Schweiz anerkannt: a) wenn sie im Wohnsitzstaat des beklagten Ehegatten ergangen sind oder wenn sie dort anerkannt werden; b) wenn sie im Wohnsitzstaat des klagenden Ehegatten ergangen sind oder dort anerkannt werden, v orausgesetzt, der beklagte Ehegatte hatte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz; c) wenn sie im Staat, dessen Recht nach diesem Gesetz anwendbar ist, ergangen sind oder wenn sie dort anerkannt werden, oder d) wenn sie Grundstücke betreffen und am Ort der gelegenen Sache ergangen sind oder dort anerkannt werden. (2) Für Entscheidungen über güterrechtliche Verhältnisse, die im Zusammenhang mit Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft oder infolge Tod, Nichtigerklärung, Scheidung oder Trennung ergangen sind, richtet sich die Anerkennung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes über das Ehe, Ehescheidungs oder Erbrecht (Art. 50, 65 und 96). (Text: Riering, IPR-Gesetze in Europa, München/Bern 1997) Danach unterstehen gem. Art. 52 IPRG die güterrechtlichen Verhältnisse primär dem von den Ehegatten gewählten Recht. Haben die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen, so unterstehen die güterrechtlichen Verhältnisse dem Recht des Staates, in dem beide gleichzeitig ihren Wohnsitz haben, oder, wenn dies nicht der Fall ist, dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatte zuletzt gleichzeitig ihren Wohnsitz hatten. Anders als die Bundesrepublik Deutschland stellt die Schweiz also auf den beiderseitigen Wohnsitz der Eheleute ab. Darüber hinaus wird das Güterrechtsstatut nach schweizerischem Verständnis wandelbar angeknüpft, das bedeutet, daß sich im Laufe der Ehe das Güterrecht der Eheleute ändern kann, weil die Ehegatten ihren Wohnsitz geändert haben (Siehr in: Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Basel 1996, Art. 54 Rn. 9). Daraus folgt, daß die Ehegatten aufgrund ihres beiderseitigen gemeinsamen Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland aus Schweizer Sicht derzeit den Bestimmungen des BGB unterworfen sind, sich das Güterstatut also bei Änderung des Wohnsitzes gewandelt hat. Gem. Art. 55 IPRG wirkt dieser Wohnsitzwechsel sogar zurück auf den Zeitpunkt der Eheschließung (Heini in: IPRG-Kommentar, Zürich 1993, Art. 55 Rn. 1). Obwohl das deutsche Recht des Güterstatut grundsätzlich unwandelbar an den Zeitpunkt der Eheschließung anknüpft, ist das Güterstatut auch aus deutscher Sicht wandelbarer Natur, wenn eine Rück- oder Weiterverweisung durch ein Recht ausgesprochen wird, das seinerseits dem

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Wandelbarkeitsprinzip unterliegt (Staudinger/von Bar/Mankowski, a. a. O., Art 15 Rn. 51). Soweit keine konkludente Rechtswahl angenommen wird und die Verweisung auf die Schweizer Rechtsordnung als Gesamtverweisung zu verstehen ist, würden die Ehegatten somit aufgrund der Rückverweisung durch das Schweizer Recht im deutschen gesetzlichen Güterstand leben. Nach dem berufenen Schweizer Recht hat diese Unterwerfung unter das Wohnsitzrecht rückwirkende Kraft, so daß auch aus deutscher Sicht die Eheleute ab dem Zeitpunkt der Eheschließung im gesetzlichen Güterstand des BGB leben würden. Es stellt sich aber die weitere Frage, ob Art. 54 und 55 IPRG berufen sind, da das Schweizer IPRG erst am 1.1.1989 in Kraft trat, also nachdem die Ehe geschlossen worden ist. Die Übergangsregelungen finden sich im Schweizer IPRG in Art. 196 IPRG: Art. 196. (1) Die rechtlichen Wirkungen von Sachverhalten oder Rechtsvorgängen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden und abgeschlossen sind, beurteilen sich nach bisherigem Recht. (2) Die rechtlichen Wirkungen von Sachverhalten oder Rechtsvorgängen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes entstanden, aber auf Dauer angelegt sind, beurteilen sich nach bisherigem Recht. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes richtet ich die Wirkung nach neuem Recht. Art. 196 IPRG unterscheidet zwischen Vorgängen, die unter dem alten Recht abgeschlossen wurden und Vorgängen, die auf Dauer angelegt sind. Es stellt den Grundsatz der Nichtrückwirkung auf. Gem. Art. 196 Abs. 2 IPRG findet es auch bei den auf Dauer angelegten Rechtsverhältnissen grundsätzlich keine Rückwirkung statt. Eine übergangsrechtliche Frage stelle sich aber nicht, wenn die Ehegatten nach dem 31.12.1988 den Wohnsitz in einen anderen Staat verlegt haben. Der Tatbestand vollziehe sich insoweit ausschließlich unter dem neuen IPRG, so daß die Art. 52 ff. IPRG anwendbar seien (Greiner/Kaiser in: IPR, a. a. O., Art. 196 Rn. 20). Wenn die Ehegatten weder einen Ehevertrag noch eine Rechtswahl getroffen haben, noch die Rückwirkung ausgeschlossen haben, gelange somit das Recht des neuen Wohnsitzes für die ganze Dauer der Ehe zur Anwendung, auch dann, wenn die Ehegatten noch unter altem Recht geheiratet haben (Greiner/Kaiser, a. a. O., Art. 196 Rn. 20). Da die Ehegatten 1994 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt sind, vollzog sich dieser Wohnsitzwechsel also unter der Geltung des neuen IPRG, so daß es insoweit Anwendung findet. Aus diesem Grund würden sie somit aus Schweizer Sicht nunmehr im gesetzlichen Güterstand des BGB leben. Diese Betrachtung ist auch aus Sicht des Bundesrepublik Deutschland verbindlich, soweit die Grundsätze über Rück- und Weiterverweisung angewendet werden, also keine ausdrückliche oder konkludente Rechtswahl gem. Art. 220 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB anzunehmen ist.

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Die Unsicherheit bezüglich des anwendbaren Güterrechts kann ebenso wie die Diskrepanz zwischen deutscher und Schweizer Vorstellung über das anwendbare Güterrecht durch eine Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB beseitigt werden. Danach haben die Eheleute die Möglichkeit, für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe das Recht des Staates zu wählen, dem einer von ihnen angehört oder auch das Recht des Staates zu wählen, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine Rechtswahl zugunsten des anwendbaren Güterrechts wird auch im Schweizer IPR gestattet. 2. Die Zugehörigkeit der Immobilie Unterstellt man, daß die Ehegatten eine konkludente Rechtswahl zugunsten des Schweizer Ehegüterrechts getroffen haben, so stellt sich die Frage, ob die in der Bundesrepublik Deutschland ererbte Immobilie im Alleineigentum der Ehefrau steht. Dem Alleineigentumserwerb könnten güterrechtliche Gesichtspunkte des Schweizer materiellen Ehegüterrechts entgegenstehen. Es stellt sich daher die Frage, welche güterrechtlichen Bestimmungen das Schweizer ZGB kennt. Gesetzlicher Güterstand ist in der Schweiz die sog. Errungenschaftsbeteiligung gem. Art. 181 ZGB. Die Errungenschaftsbeteiligung nach Schweizer Verständnis ist aber keine Gesamthandsgemeinschaft, vielmehr behält jeder Ehegatte das Eigentum an dem, was er zu Beginn des Güterstandes hat und während dessen Dauer erwirbt (Hegnauer/Breitschmied, Grundriß des Eherechts, 3. Aufl. 1993, S. 232). Es findet lediglich ein schuldrechtlicher Ausgleich bei Auflösung der Ehe statt. Errungenschaftsbeteiligung Schweizer Recht beinhaltet vier verschiedene Vermögensmassen: - das Eigengut der Gattin; - das Eigengut des Gatten; - die Errungenschaften der Gattin; - die Errungenschaften des Gatten. Zum Eigengut eines Ehegatten zählen die Vermögenswerte, die einem Ehegatten zu Beginn des Güterstandes gehören oder ihm später durch Erbgang oder sonst wie unentgeltlich zufallen (Junot/Grasser, in: Notarielle Fragen des internationalen Rechtsverkehrs, Schweiz, S. 15). Grundsätzlich verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen (Errungenschaft und Eigengut, Schotten, a. a. O., S. 367 f.) und kann selbständig darüber verfügen. Die in der Bundesrepublik Deutschland ererbte Immobilie stellt daher Eigengut der Gattin dar. 3. Das auf das Erbrecht anwendbare Recht

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a)

Grundsatz Gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte. Die Anknüpfung an das Heimatrecht des Erblassers gilt vorbehaltlich einer möglichen Rechtswahl gemäß Art. 25 Abs. 3 für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen und vorbehaltlich einer Durchbrechung des Gesamtstatuts durch ein Einzelstatut gemäß Art. 3 Abs. 3 EGBGB. Da die Ehefrau zugleich Deutsche ist, wird sie gem. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB als Deutsche behandelt, so daß sie trotz ihrer zugleich bestehenden Schweizer Staatsangehörigkeit aus deutscher Sicht nach deutschem Recht beerbt wird. Lediglich ihr Ehemann ist ausschließlich Schweizer Staatsangehöriger, so daß auf ihn grundsätzlich Schweizer Recht Anwendung findet. Macht der Ehemann von der Rechtswahlmöglichkeit gemäß Art. 25 Abs. 2 EGBGB keinen Gebrauch, so wird er somit nach Schweizer Recht beerbt. Den Verweis auf die fremde Rechtsordnung haben wir gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB als sogenannte Gesamtnormverweisung zu verstehen mit der Folge, daß nicht das materielle Recht der Schweiz unmittelbar Anwendung findet, sondern dessen gesamtes Recht einschließlich der einschlägigen international-privatrechtlichen Regelungen zur Anwendung gelangt.

b) Renvoi Gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB hat der deutsche Richter einen renvoi zu beachten. Zu einem renvoi könnte es wegen Art. 91 Abs. 1 IPRG kommen, der lautet: Art. 91 (1) Der Nachlaß einer Person mit letztem Wohnsitz im Ausland untersteht dem Recht, auf welches das Kollisionsrecht des Wohnsitzstaates verweist. (2) Soweit nach Art. 87 die schweizerischen Gerichte am Heimatort zuständig sind, untersteht der Nachlaß eines Schweizers mit letztem Wohnsitz im Ausland schweizerischem Recht, es sei denn, der Erblasser habe in der letztwilligen Verfügung oder im Erbvertrag ausdrücklich das Recht an seinem letzten Wohnsitz vorbehalten. Anders als in Art. 28 NAG wird gemäß Art. 91 Abs. 1 IPRG das anwendbare Recht nunmehr durch den letzten Wohnsitzort des Erblassers bestimmt, dies vorbehaltlich einer möglichen Rückverweisung, die nach Art. 14 Abs. 1 IPRG zu beachten ist, wenn es das Gesetz vorsieht. Nimmt man die Vorschrift des Art. 91 Abs. 1 IPRG "beim Wort" und gibt ihr "den naheliegendsten Sinn", dann verstehen wir sie als eine Verweisung auf deutsches Kollisionsrecht, die wir gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB annehmen, so daß wir im Endergebnis deutsches

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materielles Erbrecht anwenden (so wohl i. S. der foreign court theory: Siehr, Die Vererbung von Schweizer Bürgern mit letztem in der Bundesrepublik Deutschland, Mélanges Piotet, S. 531, 540; Schnyder, Internationales Privatrecht, a. a. O., Art. 91 Rn. 6; Krzywon, Die erbrechtlichen Bestimmungen des schweizerischen Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht aus deutscher Sicht, BWNotZ 1989, 153, 156 ff.; Heini/Keller/Siehr/Vischer/Volken, IPRGKommentar, Zürich 1993, Art. 91 Rn. 8). Demgegenüber vertritt von Overbeck eine gegenteilige Ansicht, wonach von einer Rückverweisung des schweizerischen Rechts auf deutsches Recht nur bei oberflächlicher Betrachtung ausgegangen werden könne. Er begründet es damit, daß Art. 91 Abs. 2 IPRG keine Verweisung auf das Wohnsitzrecht beinhalte, so daß der deutsche Richter schweizerisches Recht anzuwenden habe (von Overbeck, Das neue schweizerische Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht, IPRax 1988, 329, 332). Herrschend dürfte die Auffassung von Overbecks aber nicht sein. Unseres Erachtens folgt aus der Verweisung in Art. 91 IPRG auf deutsches Recht, daß deutsches Recht zur Anwendung gelangt, denn der Verweis auf die Kollisionsnorm beinhaltet nicht nur den Verweis auf Art. 25 EGBGB, sondern auch den Verweis auf Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB, wonach eine Rückverweisung angenommen und abgebrochen wird. Somit dürfte es im Ergebnis aus deutscher Sicht zur Anwendung deutschen materiellen Erbrechts kommen (so auch Siehr, Die Beerbung von Schweizer Bürgern mit letztem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, Mélanges/Piotet, S. 531, 541). Anderes gilt jedoch, wenn der Erblasser von der Möglichkeit der professio iuris Gebrauch macht und gemäß Art. 87 Abs. 2 IPRG Schweizer Recht wählt: Art. 87 (1) War der Erblasser Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte und Behörden am Heimatort zuständig, soweit sich die ausländische Behörde mit seinem Nachlaß nicht befaßt. (2) Sie sind stets zuständig, wenn ein Schweizer Bürger mit letztem Wohnsitz im Ausland sein in der Schweiz belegenes Vermögen oder seinen gesamten Nachlaß durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag der schweizerischen Zuständigkeit oder dem schweizerischen Recht unterstellt. Art. 86 Abs. 2 ist vorbehalten. Ob auch Schweizer Gerichte deutsches Recht bei Fehlen einer professio iuris gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB anwenden, erscheint wegen Art. 91 Abs. 1 IPRG sehr fraglich. Im Sinne der foreign court theory könnten sie eine Rückverweisung abbrechen (so Siehr, a.a.O., S. 547 f.). Sie könnten aufgrund der Rückverweisung in Art. 25 Abs. 1 EGBGB aber auch zur Anwendung materiellen schweizerischen Erbrechts kommen. Auf Einzelheiten sei an dieser Stelle nicht weiter eingegangen, sie finden sich bei Siehr (a.a.O., Anlage).

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4.

Der Erbvertrag im schweizerischen Recht International-privatrechtlich ist der Erbvertrag in Art. 59 IPRG geregelt: Art. 59 1. Der Erbvertrag untersteht dem Recht am Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Vertragsabschlusses. 2. Unterstellt ein Erblasser im Vertrag den ganzen Nachlaß seinem Heimatrecht, so tritt dieses an die Stelle des Wohnsitzrechtes. 3. Gegenseitige Verfügungen von Todes wegen müssen dem Wohnsitzrecht jedes Verfügenden oder einem von ihnen gewählten gemeinsamen Heimatrecht entsprechen. 4. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen dieser Gesetze über die Form und die Verfügungsfähigkeit (Art. 93 und 94). Während Abs. 1 nur den Erbvertrag mit einseitiger erbrechtlicher Bindung betrifft, regelt Abs. 3 den Fall, daß beide Parteien von Todes wegen mit gegenseitiger Bindungswirkung verfügen. Bei Fehlen einer Vereinbarung der Anwendung des gemeinsamen Heimatrechts untersteht der Erbvertrag jeweils dem eigenen Statut des Verfügenden. Dieses ist das des Wohnsitzes des Verfügenden (vgl. Heini/Keller/Siehr/Vischer/Volken, IPRG-Kommentar, Zürich 1993, Art. 95 Rn. 8). Sofern beide Beteiligte in der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz haben, ist aus schweizerischer Sicht also deutsches Recht berufen, wobei man aber auch insoweit wieder zu einer Rückverweisung wegen Art. 25 Abs. 1 EGBGB kommen kann. Eine Rückverweisung wird man insoweit jedoch nicht annehmen, da Art. 14 IPRG klarstellt, daß die durch das Gesetz angeordneten Verweisungen generell als Sachnormverweisungen zu behandeln sind, wenn nicht das Gesetz anderes vorsieht. Demnach dürfte sich die Bindungswirkung bei bestehendem Wohnsitz der Erblasser in der Bundesrepublik Deutschland nach den §§ 2274 ff. BGB richten. Hinsichtlich der Form letztwilliger Verfügungen bestimmt Art. 93 IPRG, daß das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 Anwendung findet. Es gilt sinngemäß gemäß Art. 93 Abs. 2 IPRG auch für die Form anderer Verfügungen von Todes wegen. Grundsätzlich erfaßt das Haager Testamentsabkommen keine Erbverträge, doch wird gemäß Abs. 2 die Anwendung des Abkommens dekretiert, so daß die Einhaltung der Ortsform (Art. 1 Abs. 1 a Haager Testamentsübereinkommen) ausreichend ist. Unabhängig von diesen Überlegungen ist der Erbvertrag auch nach schweizerischem Zivilrecht zulässig. Die einschlägigen Artikel lauten:

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Art. 512 (1) Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentlichen letztwilligen Verfügung. (2) Die Vertragschließenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.

Art. 513 (1) Der Erbvertrag kann von den Vertragschließenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden. (2) Der Erblasser kann einseitig einen Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag aufheben, wenn sich der Erbe oder Bedachte nach dem Abschluß des Vertrages dem Erblasser gegenüber eines Verhaltens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt. (3) Die einseitige Aufhebung hat in einer der Formen zu erfolgen, die für die Errichtung der letztwilligen Verfügung vorgeschrieben sind. Art. 514 Wer aufgrund eines Erbvertrags Leistung unter Lebenden zu fordern hat, kann, wenn sie nicht vertragsgemäß erfüllt oder sichergestellt werden, nach den Bestimmungen des Obligationenrechtes den Rücktritt erklären. Art. 515 (1) Erlebt der Erbe oder Vermächtnisnehmer den Tod des Erblassers nicht, so fällt der Vertrag dahin. (2) Ist der Erblasser zur Zeit des Todes des Erben aus dem Vertrag bereichert, so können die Erben des Verstorbenen, wenn es nicht anders bestimmt ist, diese Bereicherung herausverlangen. Art. 516 Tritt für den Erblasser nach Errichtung einer Verfügung von Todes wegen eine Beschränkung der Verfügungsfreiheit ein, so wird die Verfügung nicht aufgehoben, wohl aber einer Herabsetzungsklage unterstellt. Die Rechtsnatur des Erbvertrages bestimmt Art. 494 ZGB: Art. 494

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(1) Der Erblasser kann sich durch Erbvertrag einem anderen gegenüber verpflichten, ihm oder einem Dritten seine Erbschaft oder ein Vermächtnis zu hinterlassen. (2) Er kann über sein Vermögen frei verfügen. (3) Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungen, die mit seinen Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, unterliegen jedoch der Anfechtung. 5. Die Rechtswahl Gemäß Art. 25 Abs. 2 EGBGB kann ein Ausländer für in der Bundesrepublik Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen. Diese Wahl ist selbst dann gültig, wenn die abgewählte Rechtsordnung sie nicht anerkennt, was jedoch in der Schweiz nicht der Fall sein wird (vgl. Art. 86 Abs. 2, 87 Abs. 2 und 91 Abs. 2 IPRG, vgl. Siehr, a.a.O., S. 541). Nach Art. 87 Abs. 2 IPRG kann der Schweizer Bürger seinen gesamten Nachlaß durch letztwillige Verfügung oder Erbvertrag der schweizerische Zuständigkeit und dem schweizerischen Recht unterstellen. Damit ist also nur eine beschränkte professio iuris möglich. Dieses Gutachten ist nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt.

Gutachten/Abruf-Nr:

1434

Erscheinungsdatum:

01.01.1997

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 15