Eine abweichende Ansicht wird von Fischer, NJW 2022, 3265 (3269) und von Schulze/Scheuch, BGB, 12. Aufl. 2024, § 656d Rn. 4 vertreten
BGB §§ 656d, 463
Vereinbarung einer konstitutiven Maklerklausel; Wirkung gegenüber Vorkaufsberechtigtem; Notwendigkeit der hälftigen Teilung
I. Sachverhalt
Es soll ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück verkauft werden. Käufer und Verkäufer sind Unternehmer. Das Grundstück wurde vom Verkäufer nach WEG aufgeteilt; die Teilung ist allerdings noch nicht vollzogen. Die Wohnungen sind vermietet. Die Mieter haben ein Vorkaufsrecht. Der Kaufvertrag wurde von einem Makler vermittelt, dem der Käufer nach dem Maklervertrag die gesamte Maklerprovision schuldet. Aufgrund der Vorkaufsrechte bestehen Käufer und Verkäufer auf der Aufnahme einer konstitutiven Maklerklausel. In einer Anlage zum Kaufvertrag sollen die Kaufpreise für die einzelnen Wohnungen aufgenommen werden, außerdem soll dort die anteilig auf die jeweilige Wohnung entfallende Maklerprovision aufgeführt werden.
II. Fragen
1. Was gilt bezüglich der Maklerprovision, wenn ein Mieter ein Vorkaufsrecht ausübt?
2. Muss dieser dann die auf die Wohnung entfallende Maklerprovision vollständig zahlen oder aufgrund der Neuregelung des Maklerrechts lediglich zu 50%?
III. Zur Rechtslage
1. Zulässigkeit und Wirkung einer konstitutiven Maklerklausel
Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei einer konstitutiven Maklerklausel grundsätzlich nicht um einen „Fremdkörper“ im Kaufvertrag (BGH NJW 1996, 654, 655 f.; BGH NJW-RR 2007, 563, 564; BGH WM 1963, 31, 32). Infolgedessen bindet eine derartige Vereinbarung auch den Vorkaufsberechtigten im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts. Obgleich dies in der Literatur teilweise abgelehnt wird (BeckOGK-BGB/Daum, Std.: 1.1.2022, § 464 Rn. 22; Grziwotz, DVBl 2020, 1119, 1120; Roth, ZfIR 2014, 85, 90; Tiedtke, JZ 1997, 931, 932 f.), ist davon auszugehen, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Bestand haben wird. Sie ist deswegen gerechtfertigt, weil dem Vorkaufsberechtigten nur auf diese Weise die Kosten für den Makler auferlegt werden können und somit das wirtschaftlich geplante Ergebnis, dass der Vorkaufsberechtigte das Objekt zum selben Preis wie der ursprüngliche Erstkäufer erwerben kann, erreicht wird (so auch Grziwotz, MDR 2004, 61, 62; Leitmeier, DNotZ 2019, 648, 656; Lindemann/Moormann, MDR 2007, 1113; Meier, notar 2021, 35, 43; Wälzholz, MittBayNot 2000, 357, 359). Würde man auf die Aufnahme einer konstitutiven Maklerklausel verzichten, so könnte im Ergebnis ökonomisch der Vorkaufsberechtigte den Erwerb zu einem geringeren Preis als der Erstkäufer realisieren. Insoweit hat nämlich der Erstkäufer regelmäßig faktisch keine Entscheidungsfreiheit darüber, ob er einen Makler einschalten will, da er nur bei Abschluss eines entsprechenden Maklervertrags in der Lage ist, das Objekt zu erwerben. Diese Situation wird durch eine konstitutive Maklerklausel abgebildet, sodass ihre Anerkennung aus wirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt ist.
2. Auswirkungen der Neuregelung des Maklerrechts
Die §§ 656b ff. BGB enthalten spezifische Beschränkungen für die Aufteilung der anfallenden Maklercourtage zwischen Käufer und Verkäufer. Dabei normiert § 656d BGB auch Vorgaben über konstitutive Maklerklauseln in der Form eines Vertrages zugunsten Dritter (Meier, notar 2021, 35, 43). Dies ergibt sich daraus, dass die Gesetzesbegründung (BTDrucks. 19/15827, 20) derartige Vereinbarungen explizit dem Anwendungsbereich der Norm zuweist und daher die Vorschrift trotz des nicht eindeutigen Wortlauts auf diese Sachverhalte anzuwenden ist. In der Folge darf maximal die Hälfte der Maklerprovision auf die Seite des Vertrages verlagert werden, die mit dem Makler keinen Vertrag geschlossen hat. Haben beide Seiten mit dem Makler einen Vertrag geschlossen, ist nach § 656c BGB sogar eine exakt hälftige Teilung vorgeschrieben. Allerdings bestimmt § 656b BGB als Anwendungsvoraussetzung für §§ 656c und 656d BGB, dass der Käufer Verbraucher sein muss. Ist er Unternehmer, gelten die Vorgaben folglich nicht.
Im mitgeteilten Sachverhalt ist der Käufer im ursprünglichen Kaufvertrag Unternehmer, sodass die entsprechenden Beschränkungen auf die Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer nicht anzuwenden sind. Fraglich ist aber, ob sich an dieser Einschätzung etwas ändert, wenn der Vorkaufsberechtigte Verbraucher ist und vom Vorkaufsrecht Gebrauch macht.
Gem. § 464 Abs. 2 BGB kommt durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer ein weiterer Kaufvertrag mit identischen Bedingungen zustande. Dies könnte zu der Annahme führen, dass insoweit auch jeweils in Bezug auf den neuen Vertragspartner die Rechtsmäßigkeit und Zulässigkeit der enthaltenen Vertragsklauseln zu prüfen ist.
Nach unserer Auffassung würde eine solche Betrachtung allerdings zu kurz greifen. § 464 Abs. 2 BGB bestimmt, dass mit dem Vorkaufsberechtigten ein Vertrag zu identischen Bedingungen wie mit dem Erstkäufer zustande kommen soll. Der Vorkaufsberechtigte hat hiernach die Fristen und Konditionen des ausgehandelten Geschäfts so hinzunehmen, wie sie zwischen den ursprünglichen Beteiligten vereinbart wurden (BGH WM 1973, 1403, 1404). Dies zeigt, dass der Vorkaufsberechtigte zwar grundsätzlich nicht schlechter, aber eben auch nicht besser stehen soll als der Erstkäufer. Zudem hat der Verkäufer ein schützenswertes Interesse daran, dass er die Bedingungen, die er gegenüber dem Erstkäufer ausgehandelt hat, ebenso auch im Verhältnis zum Vorkaufsberechtigten durchsetzen kann. Andernfalls wird die ursprüngliche Vertragsparität gefährdet, wenn gegenüber dem Vorkaufsberechtigten nur einzelne Klauseln Gültigkeit beanspruchen und spezifische Vergünstigungen des Verkäufers, die sich auf die Vertragsgestaltung insgesamt ausgewirkt haben mögen, nunmehr durch den Vorkaufsfall entfallen würden. Insoweit würde sich die Frage stellen, ob § 139 BGB möglicherweise zur Gesamtnichtigkeit führen würde (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1534, 1535 zur unzulässigen Aufteilung von Kaufpreisteilen). Es wäre demnach möglich, dass der Vorkaufsberechtigte den Vertrag insgesamt verliert, wenn nicht sämtliche Bedingungen ihm gegenüber Wirkung entfalten.
U. E. ist die nur partielle Gültigkeit der Vertragsregelungen gegenüber dem Vorkaufsberechtigten mit der ratio des § 464 Abs. 2 BGB nicht zu vereinbaren. Die Norm ist daher so zu verstehen, dass der Vertrag mit identischen Bedingungen wie mit dem Erstkäufer zustande kommt, sodass auch die Rechtmäßigkeit und Zulässigkeit der Vertragsbedingungen aus der Warte des Erstkäufers zu beurteilen sind. Durfte ihm gegenüber eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden, bindet sie auch den Vorkaufsberechtigten. Dieser kann sich nicht darauf berufen, dass bei einem ursprünglich mit ihm geschlossenen Vertrag eine entsprechende Regelung nicht wirksam hätte vereinbart werden können. Für den umgekehrten Fall einer Ausweitung der Mangelhaftung nach § 442 BGB ist dies auch zugunsten des Vorkaufsberechtigten anerkannt, sodass diesem gegenüber die Norm selbst dann greift, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen allein im Verhältnis zum Erstkäufer begründet sind (OLG Nürnberg MDR 2005, 437, 437 f.).
Wir dürfen allerdings darauf hinweisen, dass sich Literatur und Rechtsprechung zu dieser Frage nicht haben auffinden lassen. Zudem hat das OLG Frankfurt (BeckRS 2016, 11715) für den Fall der vereinbarten Vertragsübernahme angenommen, dass sich durch die Übernahme eines Darlehensvertrags mit einem Unternehmer durch einen Verbraucher dieser Vertrag in einen Verbraucherdarlehensvertrag verwandelt und dem Verbraucher daher ein Widerrufsrecht zusteht. Selbst wenn man dem folgen wollte, würde sich aus unserer Sicht aber ein Unterschied deshalb ergeben, weil bei einer Vertragsübernahme eine Mitwirkung durch den weiteren Vertragspartner nötig ist, bei der Ausübung des Vorkaufsrechts obliegt die Entscheidung dagegen allein dem Vorkaufsberechtigten. Die Rechtsfrage muss infolgedessen als offen beurteilt werden.
Würde man der Gegenansicht folgen, könnte die vereinbarte Maklerklausel gegenüber dem Verbraucher keinen Bestand haben, da sie wegen § 656d Abs. 1 S. 1 BGB nicht in dieser Weise vereinbart werden könnte und daher gem. § 134 BGB nichtig wäre. Ob es sich insoweit allerdings um eine Totalnichtigkeit handelt (so Staudinger/Arnold, BGB, 2021 § 656d Rn. 5) oder sich die Rechtsfolge auf den überschießenden Teil beschränkt (Grüneberg/Retzlaff, BGB, 81. Aufl. 2022, § 656d Rn. 2; Meier ZfIR 2020, 765, 772), ist derzeit nicht abschließend geklärt. Für die Teilnichtigkeit spricht jedoch, dass ein Verbot der geltungserhaltenden Reduktion im Rahmen des § 134 BGB nicht existiert (siehe bspw. BGH NJW 1984, 722;BGH NJW 1989, 2470; BGH NJW 2001, 892). Ob dem Makler damit überhaupt ein Anspruch gegen den Vorkaufsberechtigten zustünde, muss daher ebenfalls als unsicher bezeichnet werden. Gegen den Erstkäufer würde ihm dagegen keine Courtage zustehen, da die Rspr. insoweit davon ausgeht, dass bei Ausübung eines Vorkaufsrechts ein Hindernis für die Entstehung des Maklerlohns gegeben sei, weil es dann an der Erreichung des wirtschaftlichen Ziels des Kunden fehle (BGH NJW 1996, 654; BGH NJW 1982, 2662, 2663; NJW 1999, 2271; abl. hierzu aber Meier, ZMR 2015, 100, 102 ff.).