17. Oktober 2017
GBO § 29; GBO § 137; BeurkG § 39a

Originär elektronische Eigenurkunde des Notars; Formerfordernis nach § 29 Abs. 1 GBO


GBO §§ 29, 137; BeurkG § 39a
Originär elektronische Eigenurkunde des Notars; Formerfordernis nach § 29 Abs. 1 GBO

I. Sachverhalt
Bei Immobilienkaufverträgen erfolgt der Schutz des Verkäufers dadurch, dass die Bewilligung der Eintragung der Auflassung in der Urkunde nicht erklärt wird. Der Notar wird bevollmächtigt, die Eintragung nach Nachweis der Kaufpreiszahlung zu bewilligen.

Beim elektronischen Rechtsverkehr mit dem Grundbuchamt erfolgt die Erklärung der Bewilligung der Auflassung durch den Notar (bislang beanstandungsfrei) in dem mit XNotar generierten Antragsanschreiben an das Grundbuchamt, welches mit der elektronischen qualifizierten Signatur versehen wird.

Ein Rechtspfleger ist nun der Ansicht, die Form des § 29 GBO sei nicht gewahrt.

II. Frage
Genügt die mit qualifizierter elektronischer Signatur des Notars versehene Bewilligung den Anforderungen des § 29 GBO oder muss die Bewilligungserklärung als papiergebundene Eigenurkunde vom Notar unterschrieben, mit dem Farbdrucksiegel versehen, eingescannt und mit elektronischem Beglaubigungsvermerk versehen werden?

III. Zur Rechtslage
1.    Qualifizierte elektronische Signatur
Mit dem Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren sowie zur Änderung weiterer grundbuch-, register- und kostenrechtlicher Vorschriften (ERVGBG; BGBl. 2009 I, 2713) wurden die Bestimmungen der §§ 135 ff. GBO eingeführt. Ist eine zur Eintragung erforderliche Erklärung oder eine andere Voraussetzung der Eintragung durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen, so kann diese fortan als ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG versehenes elektronisches Dokument übermittelt werden, § 137 Abs. 1 S. 1 GBO.

§ 137 Abs. 1 S. 3 GBO stellt klar, dass ein etwaiges Erfordernis, dem Grundbuchamt den Besitz der Urschrift oder einer Ausfertigung einer Urkunde nachzuweisen, unberührt bleibt.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zweifelfrei, dass mit dem ERVGBG keine Änderung der bisher geltenden Rechtslage beabsichtigt ist. Zu § 137 GBO führt der Gesetzgeber aus (BT-Drs. 16/12319, S. 29 f.):

„Zu § 137 GBO (Form elektronischer Dokumente)

Zu Absatz 1

Nach den allgemeinen Bestimmungen des Grundbuchrechts sind die Eintragungsvoraussetzungen dem Grundbuchamt grundsätzlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nach­zuweisen (§ 29 Absatz 1 GBO). Die Urkunde kann dem Grundbuchamt regelmäßig in (notariell) beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Satz 1 überträgt die vorgenannte Regelung wirkungsgleich auf den elektronischen Rechtsverkehr. …

Im Grundbuchverfahren genügt stets die Vorlage einer Urkunds­ausfertigung. Regelmäßig genügt auch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift bzw. die Übermittlung eines einfachen elektronischen Zeugnisses nach § 39a BeurkG, es sei denn, dass auch der Besitz der Urkunde als eine für das Eintragungsverfahren rechtserhebliche Tatsache nachzuweisen ist. In diesen Fällen greift Satz 3. Die Vorschrift begründet selbst keine neuen Pflichten zur Vorlage von Urschriften oder Ausfertigungen. Sie greift lediglich die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Meinungen auf und stellt klar, dass mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs insoweit keine Änderung der Rechtslage verbunden ist. Die Regelung zielt u. a. auf Vollmachten sowie Bestallungsurkunden von Vormündern, Pflegern, Betreuern und Insolvenzverwaltern. Hier genügt die Vorlage eines einfachen elektronischen Zeugnisses regelmäßig nur dann, wenn der Notar bestätigt, dass ihm bei Beurkundung die Vollmacht oder die Bestallungsurkunde in Urschrift oder Ausfertigung vorgelegen hat. Nach wohl herrschender Meinung sollen jedoch Erbscheine dem Grundbuchamt in Ausfertigung vorzulegen sein (vgl. Hügel, Kommentar zur Grundbuchordnung, § 29 Rn. 130 ff. m. N.). Gleiches gilt für Testamentsvollstreckerzeugnisse. Soweit das Grundbuchamt hier die Vorlage einer Ausfertigung verlangt, ist ein Nachweis auf elektronischem Weg nicht möglich, solange die Ausfertigung zwingend an die Papierform gebunden ist …“

2.    Einfache elektronische Zeugnisse nach § 39a BeurkG
Im Beurkundungsgesetz sind die Neuerungen des elektronischen Rechtsverkehrs in § 39a BeurkG berücksichtigt worden. Hiernach können Beglaubigungen und sonstige Zeugnisse i. S. d. § 39 BeurkG auch elektronisch errichtet werden. Die Beurkundung von Willenserklärungen und von sonstigen Niederschriften bleibt hingegen papiergebunden und kann nicht in rein elektronischer Form erfolgen (Winkler, BeurkG, 18. Aufl. 2017, § 39a Rn. 7).

§ 39a BeurkG spielt aber auch für weiterhin papiergebundene Urkunden eine Rolle, als die Norm die Herstellung elektronisch beglaubigter Abschriften ermöglicht. Von jeder notariellen Urkunde kann daher ein elektronisches Dokument erzeugt werden, das die Qualität einer beglaubigten Abschrift hat und unmittelbar an Gerichte, Behörden und Beteiligte übermittelt werden kann. Der Notar verbleibt dann als einzige papierverwahrende Stelle (Winkler, § 39a Rn. 10 ff.).

3.    Eigenurkunden des Notars
Das Grundbuchamt scheint hier davon auszugehen, dass auch notarielle Eigenurkunden nur als elektronisch beglaubigte Abschriften i. S. d. § 39a BeurkG den Formerfordernissen des § 29 GBO genügen und eine originär elektronische Eigenurkunde nicht ausreichend ist.

Errichtet der Notar aufgrund ausdrücklicher Vollmacht im Namen eines Beteiligten eine grundbuchrechtliche Erklärung als notarielle Eigenurkunde, so genügt diese als öffentliche Urkunde dem Formerfordernis des § 29 GBO, wenn sie vom Notar unterschrieben und mit dem Amtssiegel versehen ist (Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 29 Rn. 35). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine notarielle Eigenurkunde nur in Papierform errichtet werden kann.

Errichtet der Notar eine originär elektronische Eigenurkunde, so fällt diese nicht in den Anwendungsbereich des BeurkG und damit auch nicht unter den Begriff des einfachen elektronischen Zeugnisses nach § 39a BeurkG (vgl. Meyer/Mödl, DNotZ 2009, 743, 746).

Da der Notar als eine mit öffentlichem Glauben versehene Person handelt, kann er aber die Voraussetzungen des § 137 Abs. 1 S. 2 GBO erfüllen und daher auch originär elektronische Eigenurkunden zum Grundbuch einreichen, die den Anforderungen des § 29 GBO genügen (Meyer/Mödl, DNotZ 2009, 743; Meikel/Dressler, GBO, 11. Aufl. 2015, § 137 Rn. 37; Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 137 Rn. 4). Es reicht somit aus, wenn die elektronische Eigenurkunde mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist und das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat die Eigenschaft als mit öffentlichem Glauben versehene Person (Notar) erkennen lässt (vgl. hierzu auch BeckOK-GBO/Wilsch, Stand: 1.5.2017, § 137 Rn. 5).

Es ist also für notarielle Eigenurkunden nicht erforderlich (aber auch nicht schädlich), dass diese zunächst in Papierform erstellt werden und dann im Verfahren nach § 39a BeurkG eine elektronisch beglaubigte Abschrift hergestellt wird (Meikel/Dressler a. a. O.).

Die Möglichkeit, Eintragungsvoraussetzungen dem Grundbuchamt durch originär elektronische Dokumente nachzuweisen, ist auch durch den Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und gewollt. So führt die Regierungsbegründung zu § 137 GBO (BT-Drs. 16/12319, S. 29 f., Hervorhebungen durch das DNotI) aus:

„Behörden sowie mit öffentlichem Glauben versehene Personen können daneben (neben der Papierform) aber auch elektronische Dokumente erzeugen, die die gleiche Beweiskraft haben wie öffentliche Urkunden. Dazu müssen diese Dokumente innerhalb der Grenzen der Amtsbefugnisse oder des zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form erstellt werden (vgl. § 371a Abs. 2 S. 1 ZPO). (…) Beglaubigte Ausdrucke dieser öffentlichen elektronischen Dokumente stehen öffentlichen Urkunden in beglaubigter Abschrift gleich, wenn die Ausdrucke innerhalb der Grenzen der Amtsbefugnisse oder des zugewiesenen Geschäftskreises gefertigt wurden (§ 416a ZPO). Sie entsprechen somit den Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO. (§ 137) S. 2 GBO ermöglicht den Nachweis von Eintragungsvoraussetzungen durch solche öffentliche elektronische Dokumente, ohne dass diese zunächst ausgedruckt oder mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG versehen werden müssen. (…) Mögliche Anwendungsfälle der Vorschrift sind u.a. Eigenurkunden des Notars …“

Die Ansicht des Grundbuchamtes ist daher hier nicht zutreffend. Vielmehr ist die angewandte Praxis i. S. d. § 137 Abs. 1 S. 2 GBO zulässig und erfüllt die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 GBO.

Gutachten/Abruf-Nr:

157915

Erscheinungsdatum:

17.10.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Beurkundungsverfahren
Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 147-149

Normen in Titel:

GBO § 29; GBO § 137; BeurkG § 39a