18. Juli 2017
WEG § 4; BGB § 883; WEG § 10; WEG § 8; WEG § 5; BGB § 877; WEG § 3

Sukzessive Wohnungseigentumsbegründung bei Mehrhausanlage; Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Verkäufers auf Änderung der Teilungserklärung

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Abruf-Nr.: 142812
letzte Aktualisierung: 18. Juli 2017

BGB §§ 883, 877; WEG §§ 3, 4, 5, 8, 10
Sukzessive Wohnungseigentumsbegründung bei Mehrhausanlage; Vormerkung zur
Sicherung des Anspruchs des Verkäufers auf Änderung der Teilungserklärung

I. Sachverhalt
Ein Bauträger hat Bauträgerverträge mit Erwerbern beurkundet, bei denen es um den vorhandenen
Altbaubestand mit Sanierungsverpflichtung geht. Auf dem gleichen Grundstück wird
daneben noch ein Neubau errichtet, wobei die Einzelheiten des Bauvorhabens noch nicht vollständig
geklärt sind.
Sobald die Planung fertiggestellt ist, soll dieser Neubau dann in die Teilungserklärung einbezogen
werden durch Änderung derselben. Der Bauträger hat über Änderungsbefugnisse als
Verkäufer im Kaufvertrag geregelt und will diese sicherheitshalber durch Vormerkung
absichern. Die maßgebliche Passage der Urkunde enthält unter Ziffer 2 eine umfassende
Vollmacht des Käufers an den Verkäufer und in Ziffer 3 die Bewilligung der Eintragung einer
Vormerkung gem. § 883 BGB am Vertragsgegenstand
„zugunsten des Verkäufers zur Sicherung des Anspruchs des Verkäufers
auf Änderung der Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung
gemäß der vorstehenden Ziffer (1), insbesondere
auf Begründung neuer Wohnungs- und Teileigentumseinheiten
durch Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum
und Umwandlung von Sondereigentum in Gemeinschaftseigentum
und auf Begründung neuer Sondernutzungsrechte
an Räumen und Flächen des Gemeinschaftseigentums. Die
Vormerkung hat Rang zu erhalten vor der nach Abschnitt III dieser
Niederschrift zu bestellenden Auflassungsvormerkung zugunsten
des Käufers, …“
Ziffer 1. der Urkunde, die den Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung
regelt, wurde uns nicht mitgeteilt.
Nach Beurkundung der entsprechenden Bauträgerverträge wurde nunmehr die Eintragung der
Auflassungsvormerkung für den Käufer und der Vormerkung für den Verkäufer zur Sicherung
des Anspruchs auf Änderung der Teilungserklärung beantragt. Das Grundbuchamt erhebt die
folgenden drei Einwände gegen die beantragte Eintragung:
1. Wegen inhaltlicher Unbestimmtheit sei die Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des
Verkäufers auf Änderung der Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung nicht eintragungsfähig.
2. Die Unbestimmtheit könne jedoch dahinstehen, weil diese Vormerkung deshalb nicht eintragungsfähig
ist, da Eigentümer und Vormerkungsberechtigter identisch seien. Eine Vormerkung
mit identischem Schuldner und Gläubiger könne jedoch nicht in das Grundbuch
eingetragen werden.
3. Derzeit sei der Käufer als Berechtigter der Auflassungsvormerkung hinsichtlich einer etwaigen
Änderung der Teilungserklärung ohnehin nur zustimmungspflichtig gem. § 877
BGB. Eine solche Zustimmungserklärung könne jedoch durch Vormerkung gerade nicht gesichert
werden.

II. Frage
Sind die Einwände des Grundbuchsamts berechtigt? Sie geben hierbei zu bedenken, dass das
Grundbuchamt verkenne, dass jedenfalls nach Eigentumsumschreibung auf den Erwerber keine
Identität mehr bestehe.

III. Zur Rechtslage
1. Möglichkeit einer sukzessiven Wohnungseigentumsbegründung bei Mehrhausanlagen
Zur Frage, welche Möglichkeiten der sukzessiven Wohnungseigentumsbegründung bei
Mehrhausanlagen bestehen, werden in der Gestaltungsliteratur im Wesentlichen folgende
Möglichkeiten diskutiert (vgl. hierzu auch Schmidt, ZWE 2005, 58 ff.; Hügel, in: Würzburger
Notarhandbuch, 4. Aufl. 2015, Teil 2 Kap. 4 Rn. 70 ff.; Rapp, in: Beck’sches Notar-
Handbuch, 6. Aufl. 2015, A III Rn. 36 ff.):
a) Möglich ist zunächst die sofortige endgültige Aufteilung (sog. große Aufteilung), die
allerdings voraussetzt, dass die Planung von Anfang an festliegt und die allgemeinen
Voraussetzungen für die Begründung von Wohnungseigentum gegeben sind.
b) Darüber hinaus ist die sog. kleine Aufteilung möglich. Dabei erfolgt die Aufteilung
(aller 1000/1000 Miteigentumsanteile) nur entsprechend der Anzahl der Wohnungen,
die im aktuellen Bauabschnitt realisiert werden. Die Erwerber verpflichten sich jedoch,
bei der Realisierung weiterer Bauabschnitte entsprechende Miteigentumsanteile an den
Veräußerer zu übertragen, um bei der Umwandlung des an neu errichteten Bauabschnitten
entstehenden Gemeinschaftseigentums in Sondereigentum mitzuwirken.
c) Eine andere Lösung wird schließlich in der Aufteilung überdimensionierter Miteigentumsanteile
gesehen. Hierbei vermeidet man die spätere Übertragung von
Miteigentumsanteilen von den anderen jetzigen Wohnungseigentümern auf die neu zu
begründenden Wohnungseigentumseinheiten dadurch, dass zunächst die beim Bauträger
(bzw. ursprünglichen Eigentümer) verbleibende Einheit mit einem überdimensionierten
Miteigentumsanteil verbunden wird.
Insoweit kann sich der Bauträger zunutze machen, dass das WEG nicht vorschreibt,
dass der Miteigentumsanteil einer Wohnung dem Anteil ihres Sondereigentums am
Wert der Sondereigentumsrechte entsprechen muss (BGH DNotZ 1976, 441; BGH
NJW 1986, 2759; BayObLG Rpfleger 1982 418; Hügel, in: Würzburger Notarhand-
buch, Teil 2 Kap. 4 Rn. 66). Sinnvoll ist es jedoch bei dieser Variante zu schätzen, wie
viele Wohnungen bzw. Nutzflächen in allen Bauabschnitten insgesamt erstellt werden.
Dementsprechend wird der überdimensionale große Anteil zu berechnen sein (Röll,
MittBayNot 1993, 5, 6; Rapp, in: Beck’sches Notar-Handbuch, A III Rn. 38).
Diese Variante wirft aber verschiedene Probleme im Hinblick auf die Mitwirkung der
Erwerber des ersten Bauabschnittes bei den späteren Bauabschnitten auf:
(1) Die spätere Durchführung der Baumaßnahme als rein faktischer Vorgang, bedarf
wohl gem. § 22 Abs. 1 WEG als bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums
der Zustimmung sämtlicher Eigentümer. Es entspricht jedoch mittlerweile
einhelliger Meinung, dass § 22 WEG in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung
abdingbar ist, so dass eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG
getroffen werden kann. Dies kann über § 10 Abs. 2 WEG durch Grundbucheintragung
mit dinglicher Wirkung ausgestaltet werden (BGH MDR 1970, 754;
BayObLG WE 1988, 63). Eine spätere Zustimmung der Erwerber der ersten Abschnitte
oder ihrer Grundpfandrechtsgläubiger ist insoweit dann nicht erforderlich.
(2) Eine Änderung der ursprünglichen Teilungserklärung ist auch notwendig, weil die
„Parkeinheit“ entweder Wohnungseigentum oder Teileigentum sein muss, wohingegen
die späteren, hierzu neu zu bildenden Einheiten möglicherweise gerade umgekehrt
qualifiziert werden sollen. Der Bauträger benötigt somit ein Recht zur
nachträglichen Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt
(F. Schmidt, BWNotZ 1989, 39, 40 ff.; Rapp, in: Beck’sches Notar-Handbuch,
A III Rn. 39d). Erforderlich ist insoweit die Einigung aller Miteigentümer in der
Form der Auflassung (§§ 873, 925 BGB; Hügel, in: Würzburger Notarhandbuch,
Teil 2 Kap. 4 Rn. 264) oder eine entsprechende Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung
(dazu Rapp, in: Beck’sches Notar-Handbuch, A III Rn. 113 f.)
(3) Weiter wird man aber davon ausgehen können, dass hinsichtlich der späteren weiteren
Aufteilung nicht nur ein einfacher Fall der Unterteilung von Sondereigentum
vorliegt, der sich nach § 8 WEG analog richtet und nicht der Zustimmung der übrigen
Wohnungseigentümer und dinglicher Berechtigter bedarf (vgl. hierzu Böttcher,
BWNotZ 1996, 80, 87 m. w. N.). Vielmehr wird bei der Entstehung völlig
neuer Raumeinheiten die Verbindung von Sondereigentum mit den geparkten Miteigentumsanteilen
nur gem. §§ 3 Abs. 1, 4 WEG durch entsprechende Einigung
sämtlicher Eigentümer erfolgen können (BGH NJW 1998, 3712; BayObLG DNotZ
1995, 235; BayObLG MittBayNot 1996, 29; 1994, 41; Hügel, ZMR 2004, 551;
Rapp, in: Beck’sches Notar-Handbuch, A III Rn. 38). Danach ist ein Vertrag unter
Mitwirkung der bereits vorhandenen Wohnungseigentümer erforderlich. Ein solcher
wird also in dem Moment erforderlich, in dem an nur einer Einheit eine Vormerkung
für einen Käufer eingetragen wurde, da für diesen damit die Anwartschaft
auf den Erwerb des Wohnungseigentums entsteht (Schüller, RNotZ 2011, 203,
204).
Dem mitgeteilten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, welche der o. g. Varianten im vorliegenden
Fall gewählt wurde.

2. Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Änderung der Teilungserklärung
a) Steht bereits fest, dass die Teilungserklärung künftig geändert werden muss, können
sich die Miteigentümer verpflichten, an einer solchen Änderung mitzuwirken. Im
Grundsatz ist es – soweit ersichtlich – unstreitig, dass ein solcher Anspruch auf
Änderung der Teilungserklärung durch eine Vormerkung gem. § 883 BGB im Grundbuch
dinglich gesichert werden kann (vgl. BayObLGZ 1974, 118; Kreuzer, ZWE 2002,
285, 287; Staudinger/Rapp, BGB, Neubearb. 2005, § 4 WEG Rn. 13; vgl. auch das
umfangreiche Muster bei Kreuzer, in: in: Müller, Beck’sches Formularbuch
Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl. 2016, B. II. 2.; Hügel, in: Hügel/Scheel,
Rechtshandbuch Wohnungseigentum, 3. Aufl. 2011, Teil 2 Rn. 125.).
b) Die Vormerkung gem. § 883 BGB ist ein akzessorisches Sicherungsmittel eigener
Art, welche das Bestehen eines auf dingliche Rechtsänderung an einem Grundstück gerichteten
Anspruchs voraussetzt. Hieraus folgt, dass eine Vormerkung materiell-rechtlich
nur dann entstehen kann, wenn der Schuldner des gesicherten Anspruchs derjenige
ist, dessen Eigentum oder Grundstücksrecht im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung
von der künftigen Rechtsänderung betroffen wird (sog. Identitätsgebot auf
der Passivseite; vgl. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 1493
m. zahlr. N.).
Hieraus folgt weiter, dass eine Vormerkung nur dann eintragungsfähig ist, wenn der
Schuldner des vorzumerkenden Anspruchs im Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung
Eigentümer des betroffenen Grundbesitzes ist. Völlig zutreffend hat daher das
Grundbuchamt im vorliegenden Fall den Antrag auf Eintragung der Vormerkung
zugunsten des Verkäufers betreffend den gegen den Erwerber gerichteten Anspruch auf
Änderung der Teilungserklärung beanstandet, weil im derzeitigen Vollzugsstand des
Vertrages der Gläubiger dieses Anspruchs (Bauträger) noch als Eigentümer des
betroffenen Grundstücks eingetragen ist. Mithin ist dem Identitätsgebot derzeit noch
nicht Genüge getan. Freilich wäre das Identitätsgebot beachtet, wenn die Vormerkung
zur Sicherung des Anspruchs des Bauträgers auf Änderung der Teilungserklärung
zusammen mit der Auflassung an den Erwerber zur Eintragung in das Grundbuch
beantragt wird.
c) Ein auf dingliche Rechtsänderung gerichteter Anspruch ist jedoch nur dann vormerkbar,
wenn der Inhalt der Leistungspflicht hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar ist
(vgl. Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2013, § 883 Rn. 49 ff.; Palandt/Bassenge,
BGB, 74. Aufl. 2015, § 883 Rn. 7 jeweils m. w. N.). Diese aus dem materiellen Recht
folgenden Bestimmtheitsanforderungen sind insbesondere nicht mit dem grundbuchverfahrensrechtlichen
Bestimmtheitsgebot zu verwechseln (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 1492).
Ob im vorliegenden Fall der dem Verkäufer eingeräumte Anspruch auf Änderung der
Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung diesem – materiell-rechtlichen – Bestimmtheitsanforderungen
genügt, können wir nicht abschließend beurteilen.
Insbesondere ist uns der Inhalt des gesicherten Anspruchs nicht bekannt. Maßgeblich
dürfte u. E. in diesem Zusammenhang sein, inwieweit der Umfang der beabsichtigten
Änderung der Teilungserklärung zum Inhalt der Verpflichtung der Erwerber gemacht
wurde. Insbesondere dann, wenn sich der Urkunde in keiner Weise entnehmen lassen
würde, auf welche Änderungen der Teilungserklärung sich der entsprechende Anspruch
der Erwerber bezieht, dürfte die Bestimmbarkeit des vorzumerkenden Anspruchs zu
verneinen sein. Insofern sei auch auf die bereits oben zitierte Entscheidung des
BayObLG (BayObLGZ 1974, 118) verwiesen.

3. Keine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Erteilung einer Zustimmung
gem. § 877 BGB
Im gegenwärtigen Vollzugsstadium – also vor Auflassung der vertragsgegenständlichen
Eigentumswohnung an den Erwerber – ist für eine Änderung der Teilungserklärung durch
den aufteilenden Eigentümer gem. § 877 BGB u. A. die Zustimmung des Erwerbers als Berechtigtem
der Auflassungsvormerkung notwendig. Sofern in dem zugrunde liegenden Bauträgervertrag
auch eine Verpflichtung des Erwerbers enthalten ist, vor der Auflassung an ihn
die Zustimmung zu einer etwaigen Änderung der Teilungserklärung zu erteilen, kann ein
solcher Anspruch nicht durch eine Vormerkung gem. § 883 BGB gesichert werden. Ein solcher
Anspruch ist nämlich nicht auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem
Grundstück oder an einem das Grundstück belasteten Recht oder auf Änderung des Inhalts
oder des Ranges eines solchen Rechts gerichtet. Ein Anspruch auf Erteilung einer Zustimmung
gem. § 877 BGB ist daher nicht im Grundbuch vormerkbar (vgl. Staudinger/
Rapp, § 4 WEG Rn. 16; Staudinger/Gursky, § 883 Rn. 32).

4. Ergebnis
Der Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung kann durch Vormerkung im Grundbuch
gesichert werden, wenn dieser Anspruch die materiell-rechtlichen Bestimmtheitsanforderungen
des § 883 BGB erfüllt. Ist der Erwerber einer Eigentumswohnung Schuldner
dieses Anspruchs, kann die darauf bezogene Vormerkung wegen des Identitätsgebots auf der
Passivseite erst mit der Auflassung an den Erwerber eingetragen werden, weil es vorher an
der Identität zwischen im Grundbuch eingetragenem Eigentümer und Schuldner des vorzumerkenden
Anspruchs fehlt.

Gutachten/Abruf-Nr:

142812

Erscheinungsdatum:

18.07.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormerkung
WEG
Sachenrecht allgemein

Normen in Titel:

WEG § 4; BGB § 883; WEG § 10; WEG § 8; WEG § 5; BGB § 877; WEG § 3