02. Oktober 2012
EGBGB Art. 14

Iran: Eheliches Güterstatut heute deutsch-iranischer Doppelstaater; Problematik des „Herausfallens“ aus dem deutsch-iranischen Niederlassungsabkommen durch Einbürgerung

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EGBGB Art. 14, 15 Iran: Eheliches Güterstatut heute deutsch-iranischer Doppelstaater - Problematik des "Herausfallens" aus dem deutsch-iranischen Niederlassungsabkommen durch Einbürgerung

I. Sachverhalt Deutsch-iranische Eheleute, die seit 1963 ununterbrochen in Deutschland leben, haben 1968 im Iran geheiratet. Beide Eheleute wurden 1997 - unter Beibehaltung ihrer iranischen Staatsangehörigkeit in Deutschland eingebürgert, so dass sie seitdem also deutsch-iranische Doppelstaater sind. Zuvor waren beide Eheleute ausschließlich iranische Staatsangehörige. Die Eheleute möchten sich jetzt offenbar trennen und/oder scheiden lassen und vor diesem Hintergrund für ihre Ehe den Güterstand der Gütertrennung vereinbaren.

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II. Frage Es stellt sich die Frage, welches Recht als eheliches Güterstatut der heute deutsch-iranischen Eheleute berufen ist.

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III. Zur Rechtslage 1. Zum ehelichen Güterstatut der heute deutsch-iranischen Eheleute a) Zum Zeitraum bis zur Einbürgerung: Maßgeblichkeit des deutsch-persischen Niederlassungsabkommen Im deutsch-iranischen Verhältnis ist vorrangig das zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Islamischen Republik Iran fortgeltende Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.12.1929 zu beachten (im Folgenden auch: ,,Abkommen" - vgl. RGBl. 1931 II, S. 9; Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 109; Staudinger/Hausmann, Neubearbeitung 2003, Anhang zu Art. 4 EGBGB, Rn. 684). Die Weitergeltung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran ist durch das deutsch-iranische Protokoll vom 4.11.1954 (vgl. BGBl. 1955 II, 829) ausdrücklich bestätigt worden (vgl. BGH, Urt. vom 6.10.2004, Az. XII ZR 225/01, BeckRS 2004, 10621). Seit der Herstellung der deutschen Einheit erfasst der räumliche Anwendungsbereich dieses Abkommens auch die fünf neuen Bundesländer und das ehemalige Ostberlin (vgl. BGH, Urt. vom 6.10.2004, Az. XII ZR 225/01, BeckRS 2004, 10621). Auch die islamische Revolution im Iran hat an der Weitergeltung des Abkommens nichts geändert (vgl. BGH, Urt. vom 6.10.2004, Az. XII ZR 225/01, BeckRS 2004, 10621). Art. 8 Abs. 3 des Abkommens lautet wie folgt:
In bezug auf das Personen-, Familien- und Erbrecht bleiben die Angehörigen jedes der vertragschließenden Staaten im Gebiet des anderen Staates jedoch den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze unterworfen. Die Anwendung dieser Gesetze kann von dem anderen vertragschließenden Staat nur ausnahmsweise und nur insoweit ausgeschlossen werden, als ein solcher Ausschluß allgemein gegenüber jedem anderen fremden Staat erfolgt. Quelle: www.datenbanken.justiz.nrw.l

Das Schlussprotokoll vom 17.12.1929 (vgl. RGBl. 1930 II, S. 1012) zu Art. 8 Abs. 3 des Abkommens hat folgenden Wortlaut:
Die vertragschließenden Staaten sind sich darüber einig, daß das Personen-, Familienund Erbrecht, das heißt das Personalstatut, die folgenden Angelegenheiten umfaßt: Ehe, eheliches Güterrecht, Scheidung, Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, Mitgift, Vaterschaft, Abstammung, Annahme an Kindes Statt, Geschäftsfähigkeit, Volljährigkeit, Vormundschaft und Pflegschaft, Entmündigung, testamentarische und gesetzliche Erbfolge, Nachlaßabwicklungen und Erbauseinandersetzungen, ferner alle anderen Angelegenheiten des Familienrechts unter Einschluß aller den Personenstand betreffenden Fragen. Quelle: www.datenbanken.justiz.nrw.

Bei der Verweisung in Art. 8 Abs. 3 des Abkommens handelt es sich um eine sog. Sachnormverweisung, so dass Rück- und Weiterverweisungen ausgeschlossen sind (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationales Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 274).

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Als eheliches Güterstatut ausschließlich iranischer Eheleute, die in Deutschland leben, ist mithin nach Art. 8 Abs. 3 des Abkommens das iranische Recht berufen. Allerdings findet das Abkommen keine Anwendung auf deutsch-iranische Mehr- oder Doppelstaater (vgl. Tahashi, Das iranische Familienrecht aus der Perspektive der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, 1. Aufl. 2005, S. 216; Staudinger/Dörner, Neubearb. 2007, Vorbem. zu Art. 25 EGBGB Rn. 157; OLG Hamm, FamRZ 1976, 30; Schotten/Wittkowski, FamRZ 1995, 269; Unger, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Iran, Stand: August 2008, S. 23; v. Bar, Internationales Privatrecht, 2. Band: Besonderer Teil, 1. Aufl. 1991, S. 141; Sieghörtner, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, NK-BGB, Bd. 1: Allgemeiner Teil und EGBGB, 1. Aufl. 2005, Art. 15 EGBGB, Rn. 2). Dies lässt sich damit begründen, dass es sich bei einem deutsch-iranischen Doppelstaater nicht um einen ,,Angehörigen des anderen Staates" i. S. v. Art. 8 Abs. 3 des Abkommens handelt. Zum anderen kann als Begründung auch auf den Sinn und Zweck des Abkommens verwiesen werden, welches den Staatsangehörigen der Vertragspartner im Staatsgebiet des jeweils anderen Vertragsstaates grundsätzlich die gleichen Rechte einräumen soll wie den eigenen Staatsangehörigen (vgl. Tahashi, Das iranische Familienrecht aus der Perspektive der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, 1. Aufl. 2005, S. 216). Deutsch-Iraner genießen allerdings bereits aufgrund der doppelten Staatsangehörigkeit Rechte und Schutz beider Staaten, so dass eine Regelung dieser Fälle durch das Abkommen nicht erforderlich ist (vgl. Tahashi, Das iranische Familienrecht aus der Perspektive der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, 1. Aufl. 2005, S. 216 f.). Deutsch-Iraner sind folglich vom Schutzzweck des Abkommens nicht erfasst (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 464). Vor diesem Hintergrund meinen wir, dass die heute deutsch-iranischen Eheleute lediglich bis zum Zeitpunkt ihrer Einbürgerung bzw. bis zum Zeitpunkt der Einbürgerung des ersten Ehegatten, also nur bis zum Jahr 1997, in den Anwendungsbereich des Abkommens fielen, die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe also nur bis zu diesem Zeitpunkt dem iranischen Recht unterstanden (so wohl auch: Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 134). Für den Zeitraum nach ihrer Einbürgerung ­ bzw. nach der Einbürgerung des zuerst eingebürgerten Ehegattens ­ ist nach unserem Dafürhalten hingegen jeweils auf das autonome deutsche bzw. das autonome iranische IPR zurückzugreifen (so wohl auch: Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 134). b) Zum Zeitraum seit der Einbürgerung: Sicht des autonomen deutschen IPR Aus Sicht des autonomen deutschen IPR unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht.

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Das deutsche IPR stellt bei der Anknüpfung des ehelichen Güterstatuts also grds. auf den Zeitpunkt der Eheschließung ab. Im hiesigen Fall meinen wir allerdings, dass für die Anknüpfung des ehelichen Güterstatuts für den Zeitraum nach der Einbürgerung der Eheleute - bzw. nach der Einbürgerung des zuerst eingebürgerten Ehegattens - und damit für den Zeitraum, in dem das Abkommen keine Anwendung mehr finden kann, nicht etwa rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschließung abgestellt werden kann, sondern vielmehr auf den Zeitpunkt der Einbürgerung - bzw. den Zeitpunkt der Einbürgerung des zuerst eingebürgerten Ehegatten bzw. auf die logische Sekunde nach der Einbürgerung abzustellen ist (so auch: Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 134, Fn. 113 - ausdrücklich a. A.: Sieghörtner, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, NK-BGB, Bd. 1: Allgemeiner Teil und EGBGB, 1. Aufl. 2005, Art. 15 EGBGB, Rn. 2 dort Fn. 8; a. A. auch noch: DNotI-Gutachten Nr. 100380; a. A. möglicherweise auch: v. Bar, Internationales Privatrecht, 2. Band: Besonderer Teil, 1. Aufl. 1991, S. 141, wonach mit der Nicht-Anwendbarkeit des Abkommens wieder das ,,Unwandelbarkeitsprinzip" gelte). Nachdem das vorrangige Übereinkommen die Anwendung des autonomen deutschen (und iranischen) IPR in seinem Anwendungsbereich gerade sperrt, muss das deutsche IPR - konsequenterweise - auch für die gesamte Zeitdauer der Anwendbarkeit des Übereinkommens auf einen individuellen Sachverhalt ,,ausgesperrt" bleiben. So ist es auch wohl ganz h.M., dass Art 15 EGBGB durch die staatsvertragliche Kollisionsnorm des Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens i. V. m. dem Schlußprotokoll des Übereinkommens verdrängt wird (vgl. hierzu nur: Staudinger/Mankowski, Neubearbeitung 2011, Art. 15 EGBGB, Rn. 4). Würde man in einem Fall wie dem hiesigen jedoch im Rahmen des Art. 15 Abs. 1 EGBGB bei der Bestimmung des ehelichen Güterstatuts auf den Zeitpunkt der Eheschließung und damit auf einen Zeitpunkt abstellen, für den das Übereinkommen (noch) zur Anwendung gelangt(e), so käme es für diesen Zeitraum zu einer Anwendung des autonomen deutschen IPR - nämlich von Art. 15 Abs. 1 EGBGB - ,,durch die Hintertür", welche nach unserer Einschätzung gerade nicht mit dem in Art. 3 Abs. 2 EGBGB verankerten Vorrang von Staatsverträgen vor dem autonomen deutschen IPR vereinbar wäre. Deshalb meinen wir, dass dem in Art. 3 Abs. 2 EGBGB verankerten Vorrang von Staatsverträgen in dieser Konstellation ­ letztlich und bei verständiger Würdigung ­ nur dadurch genügt werden kann, dass für die Anknüpfung des ehelichen Güterstatuts im Rahmen des autonomen deutschen IPR - nämlich nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB - auf denjenigen Zeitpunkt abzustellen ist, in dem das (zuvor) vorrangige Übereinkommen (erstmals) keine Anwendung mehr beanspruchen kann, hier also auf den Zeitpunkt der Einbürgerung der Eheleute bzw. den Zeitpunkt der Einbürgerung des ersten Ehegatten bzw. die logische Sekunde danach. Dies mag man allerdings auch anders sehen (vgl. hierzu nur: Sieghörtner, in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, NK-BGB, Bd. 1: Allgemeiner Teil und EGBGB, 1. Aufl. 2005, Art. 15 EGBGB, Rn. 2 dort Fn. 8) und wir können natürlich leider auch in keiner Weise gewährleisten, dass ein deutsches Gericht - sollte es mit diesem Fall befasst werden - unserer Einschätzung folgen würde.

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Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB unterliegen die allgemeinen Wirkungen einer Ehe primär dem Recht desjenigen Staates, dem beide Ehegatten gemeinsam angehören, also ihrem gemeinsamen Heimatrecht. Sollten die Eheleute seinerzeit also absolut zeitgleich eingebürgert worden sein, so wäre folglich nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB für den Zeitraum seit der Einbürgerung das deutsche Recht als ihr eheliches Güterstatut berufen, waren sie doch in dem - jedenfalls nach unserem Dafürhalten - maßgeblichen Zeitpunkt bereits beide deutsch-iranische Doppelstaater und damit aus der Sicht des deutschen IPR nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB als ausschließlich deutsche Staatsangehörige zu behandeln. Nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB geht aus der Sicht des deutschen IPR bei der Anknüpfung des sog. Personalstatuts die deutsche Staatsangehörigkeit bei deutschausländischen Doppelstaatern stets vor. Sollten die Eheleute hingegen nicht absolut zeitgleich, sondern vielmehr nacheinander eingebürgert worden sein, so wäre nach unserem Dafürhalten nach Art. 15 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB für den Zeitraum seit der Einbürgerung des ersten Ehegatten ebenfalls das deutsche Recht als ihr eheliches Güterstatut berufen, weil sie dann im nach unserem Dafürhalten maßgeblichen - Zeitpunkt der Einbürgerung des ersten Ehegatten - bzw. in der logischen Sekunde danach - aus der Sicht des deutschen IPR unterschiedliche Staatsangehörigkeiten gehabt hätten, wäre dann doch ein Ehegatte deutsch-iranischer Doppelstaater - und damit aus der Sicht des deutschen IPR nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB ausschließlich Deutscher - und ein Ehegatte ausschließlich iranischer Staatsangehöriger gewesen. Zugleich hätten die Eheleute im Zeitpunkt der Einbürgerung - und damit in dem nach unserem Dafürhalten maßgeblichen Zeitpunkt einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB gehabt. Auf der Grundlage unserer Einschätzung ist somit also aus der Sicht des deutschen IPR für den Zeitraum seit der Einbürgerung das deutsche Recht als eheliches Güterstatut der heute deutsch-iranischen Eheleute berufen. c) Zum Zeitraum seit der Einbürgerung: Sicht des autonomen iranischen IPR Das autonome internationale Eherecht des Iran ist in den Art. 5 - 10 sowie in den Art. 956 - 975 des iranischen Zivilgesetzbuchs (im Folgenden: ,,ZGB") geregelt (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 23). Aus der Sicht des autonomen iranischen IPR wird das eheliche Güterstatut vorrangig an eine gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute angeknüpft (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 465). In der deutschen Übersetzung bei Enayat (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 114) lautet der maßgebliche Art. 963 ZGB wie folgt:
Art. 963. Falls beide Ehepartner nicht Staatsangehörige eines Staates sind, richten sich ihre persönlichen und finanziellen Beziehungen untereinander nach dem Recht des Staates, dem der Ehemann angehört.

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Nach Art. 6 ZGB findet auf iranische Staatsangehörige in familienrechtlichen Angelegenheiten stets iranisches Recht Anwendung, auch dann, wenn sie ihren Wohnsitz - wie hier - im Ausland haben (vgl. Yassari, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Iran, 1. Teil: Grdz., Stand: 1.1.2006, S. 4; vgl. hierzu auch: Siahpoosh, Das Familien- und Erbrecht im Iran, 1. Aufl. 2005, S. 173). In der deutschen Übersetzung bei Yassari (vgl. Yassari, in: Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Iran, 2. Teil: Gesetzestexte, Stand: 1.1.2006, S. 1) lautet der Art. 6 ZGB wie folgt:
Art. 6. Die Gesetze in den Angelegenheiten des Personalstatuts wie Eheschließung, Ehescheidung, Rechts- und Geschäftsfähigkeit sowie Erbrecht finden auf alle Iraner Anwendung, auch wenn sie ihren Wohnsitz im Ausland haben.

Fraglich ist allerdings, wie es sich aus der Sicht des iranischen IPR vorliegend auswirkt, dass die Eheleute die deutsche Staatsangehörigkeit zu ihrer bereits bestehenden iranischen Staatsangehörigkeit hinzuerworben haben. Offenbar verhält es sich so, dass ein Iraner, der nach 1901/1902 - was wohl dem iranischen Sonnenjahr 1280 entspricht - eine ausländische Staatsangehörigkeit ohne Einbeziehung der iranischen Behörden (hinzu-)erworben hat, demnach - wie hier - zum Doppelstaater geworden ist, aus iranischer Sicht gem. Art. 989 ZGB nach wie vor (und ausschließlich) als Iraner angesehen wird (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 11, S. 15). In der deutschen Übersetzung bei Enayat (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 19 f.) lautet der Art. 989 ZGB wie folgt:
Jeder iranische Staatsangehörige, der ohne Einhaltung gesetzlicher Vorschriften nach dem Sonnenjahr 1280 eine ausländische Staatsangehörigkeit erhalten haben sollte, wird als iranischer Staatsangehöriger angesehen und seine ausländische Staatsangehörigkeit gilt als null und nichtig, während trotzdem sein gesamtes unbewegliches Vermögen unter der Aufsicht des Staatsanwaltes des Ortes verkauft und ihm nach Begleichung der Verkaufskosten dessen Verkaufserlös ausgehändigt werden wird. Darüber hinaus wird er von den Posten als Minister oder stellvertretender Minister oder einer Mitgliedschaft in Gesetzgebungskommissionen oder Provinz-, Landes- oder Stadtversammlungen und jedweder Art staatlicher Beschäftigung ausgeschlossen sein. Anmerkung: Der Ministerrat kann bei Zweckdienlichkeit auf Vorschlag des Außenministeriums die ausländische Staatsangehörigkeit von dieser Norm erfasster Personen offiziell anerkennen. Diesen Personen kann mit Einverständnis des Außenministeriums die Erlaubnis zur Einreise in den Iran oder zum Wohnen erteilt werden.

Sollten die Eheleute ihre deutsche Staatsangehörigkeit also ohne Einbeziehung der iranischen Behörden hinzu erworben haben, dürften sie aus der Sicht des iranischen IPR wohl weiterhin ausschließlich als Iraner anzusehen sein. Nach Art. 6 ZGB fände daher dann wohl in allen familien- und erbrechtlichen Angelegenheiten stets iranisches Recht auf sie Anwendung, selbst dann, wenn sie - wie hier - ihren Wohnsitz im Ausland, nämlich in Deutschland, haben.

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Folglich dürfte aus der Sicht des iranischen IPR die deutsche Staatsangehörigkeit der Eheleute unberücksichtigt bleiben, so dass das iranische IPR bei der Anknüpfung wohl ausschließlich von der gemeinsamen iranischen Staatsangehörigkeit der deutsch-iranischen Ehegatten ausgehen wird, so dass aus der Sicht des iranischen IPR wohl das iranische Recht als eheliches Güterstatut gilt (vgl. hierzu Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 465). Die kollisionsrechtlichen Anknüpfungsnormen des ZGB nennen wohl keinen konkreten Anknüpfungszeitpunkt, so dass aus der Sicht des iranischen IPR wohl eine Wandelbarkeit des ehelichen Güterstatuts gegeben ist (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 466). Wir wissen leider nicht, wie das iranische IPR auf die doppelte Staatsangehörigkeit der deutsch-iranischen Eheleute reagieren würde, wenn diese beim Hinzuerwerb ihrer deutschen Staatsangehörigkeit die iranischen Behörden einbezogen und deren Zustimmung hierzu erhalten hätten. Allerdings vermuten wir, dass das iranische IPR die Eheleute selbst dann ausschließlich als Iraner ansehen würde, so dass sich also wohl am vorstehenden Ergebnis nichts ändern würde. Sicher ist dies allerdings leider nicht. Zwar ist auch das Familienrecht des Iran interpersonal - nämlich interreligiös - gespalten (vgl. Unger, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Iran, Stand: August 2008, S. 1). Soweit ersichtlich, stimmen die Grundsätze der schiitischen und nicht-schiitischen Religionsgemeinschaften des Iran im Bereich des Ehegüterrechts allerdings überein, so dass es hier auf die Bestimmung der jeweiligen religiösen Teilrechtsordnung insoweit wohl nicht ankommt (vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 466). d) Zur Möglichkeit einer Rechtswahl im Bereich des ehelichen Güterstatuts aa) Zur Sicht des autonomen deutschen IPR Nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB können Eheleute für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe das Recht desjenigen Staates wählen, dem (jedenfalls) einer von ihnen angehört. Nachdem die Eheleute aus der Sicht des deutschen IPR (ausschließlich) als Deutsche anzusehen sind, könnten sie also nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB eine ehegüterrechtliche Rechtswahl hin zum deutschen Recht treffen, wenngleich diese jedenfalls nach unserer Auffassung - nur deklaratorischen Charakter hätte, beruft doch - jedenfalls nach unserer Einschätzung - das autonome deutsche IPR für den Zeitpunkt seit der Einbürgerung ohnehin das deutsche Recht als eheliches Güterstatut der Eheleute. Die Möglichkeit einer ehegüterrechtlichen Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB gewährt das deutsche IPR, weshalb ihre Zulässigkeit und ihr Umfang weder von der Zustimmung der abgewählten noch der gewählten Rechtsordnung abhängig sind (vgl. MünchKomm/Siehr, 5. Aufl. 2009, Art. 15 EGBGB Rn. 25). Eine ehegüterrechtliche Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EGBGB kann auch noch zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Ehe - allerdings nur mit Wirkung ex nunc - vorgenommen werden (vgl. Palandt/Thorn, 71. Aufl. 2012, Art. 15 EGBGB, Rn. 21).

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bb) Zur Sicht des autonomen iranischen IPR Ob das iranische IPR eine Rechtswahlmöglichkeit im Bereich des Güterstatuts kennt, wissen wir leider nicht. Allerdings vermuten wir, dass dies nicht der Fall ist, denn das internationale Eherecht des Iran ist nach Enayat in den Art. 5 - 10 sowie in den Art. 956 - 975 ZGB geregelt (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 23), wo sich eine derartige Rechtswahlmöglichkeit ganz offenbar gerade nicht findet. 2. Zum ehelichen Güterstand des materiellen iranischen Rechts Wenngleich wir - wie oben dargestellt - meinen, dass aus der - aus deutscher Sicht insoweit alleinig maßgeblichen - Sicht des deutschen IPR für den Zeitraum seit der Einbürgerung das deutsche Recht als eheliches Güterstatut berufen ist, sei nachfolgend höchstvorsorglich noch kurz der eheliche Güterstand des iranischen Rechts skizziert: Ehemann und Ehefrau sind - was die vermögensrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe angeht - im iranischen Recht nach islamischen Grundsätzen grundsätzlich finanziell getrennt und genießen materielle Selbständigkeit (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 50). (Auch) nach der Eheschließung haben beide voneinander unabhängige Einkommen und können eigenständig über ihr Vermögen verfügen (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 50 f.). (Lediglich) in drei Bereichen entstehen im Verhältnis zwischen Ehegatten insoweit Berührungspunkte: Bei der Mahr (Morgen/Brautgabe), dem Unterhalt und der Mitgift (vgl. Enayat, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Iran, Stand: 1.10.2002, S. 51).

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Im Ergebnis lässt sich also festhalten, dass der eheliche Güterstand iranischen Rechts demjenigen der Gütertrennung deutschen Rechts nahe kommt. Unger spricht sogar ausdrücklich davon, dass der gesetzliche Güterstand Irans derjenige der Gütertrennung sei (vgl. Unger, in: Rieck, Ausländisches Familienrecht, Iran, Stand: August 2008, S. 9). 3. Fazit Im Ergebnis meinen wir, dass aus heutiger Sicht des - insoweit aus deutscher Sicht alleinig maßgeblichen - deutschen IPR für den Zeitraum seit der Einbürgerung das deutsche Recht als eheliches Güterstatut der heute deutsch-iranischen Eheleute berufen ist. Nachdem die deutsch-iranischen Eheleute bislang offenbar noch keine abweichenden ehegüterrechtlichen Vereinbarungen getroffen haben, müssten sie aus deutscher Sicht also im gesetzlichen Güterstand des deutschen Rechts - also in Zugewinngemeinschaft - leben. Nach unserer Auffassung hat somit im Zeitpunkt der Einbürgerung hinsichtlich des ehelichen Güterstatuts ein Statutenwechsel - nämlich vom iranischen zum deutschen Recht und hinsichtlich des Güterstandes eine Wechsel vom Güterstand der Gütertrennung iranischen Rechts hin zur Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts stattgefunden.

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An dieser Stelle sei höchstvorsorglich nochmals darauf hingewiesen, dass man die Frage, ob bei der Anknüpfung des ehelichen Güterstatuts aus der Sicht des autonomen deutschen IPR auf den Zeitpunkt der Eheschließung oder aber - wie von uns hier vertreten - auf den Zeitpunkt der Einbürgerung abzustellen ist, durchaus auch anders sehen kann. Diesbezüglich sei insbesondere auch auf das DNotI-Gutachten Nr. 100380 verwiesen. Wenn man zu der abweichenden Einschätzung gelangt, dass aus der Sicht des autonomen deutschen IPR (auch) für den Zeitraum seit der Einbürgerung das iranische Recht als eheliches Güterstatut berufen ist, so würden die deutsch-iranischen Eheleute (nach wie vor) im Güterstand der Gütertrennung iranischen Rechts leben. Eine etwaige ehegüterrechtliche Rechtswahl im Rahmen des deutschen IPR nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB hin zum deutschen Recht hätte dann dementsprechend auch nicht nur deklaratorischen, sondern vielmehr konstitutiven Charakter.

Gutachten/Abruf-Nr:

120802

Erscheinungsdatum:

02.10.2012

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 14