Übertragung von Kommanditanteilen auf die Kinder unter Vorbehalt von Rückforderungsrechten; ertragsteuerliche Anerkennung
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 173171
letzte Aktualisierung: 13. Dezember 2019
Übertragung von Kommanditanteilen auf die Kinder unter Vorbehalt von Rückforderungsrechten;
ertragsteuerliche Anerkennung
I. Sachverhalt
Zu notarieller Urkunde übertrug der einzige Kommanditist einer GmbH & Co. KG von seinem
festen Kapitalanteil vier Teilanteile an seine vier Kinder und behielt sich den Anspruch auf
Rückübertragung vor, unter anderem, wenn eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
„b) der Erwerber nicht spätestens zwölf Monate nach seiner Verheiratung
den Nachweis erbringt, dass er im Güterstand der Gütertrennung
lebt oder durch Ehevertrag eine Berechnung des Zugewinns
wenigstens aus der Beteiligung und allen sich daraus ergebenden
Erträgen ausgeschlossen, sowie die Verfügungsbeschränkung
nach
sich ergebenden Rechten aufgehoben hat …“
Weitere Rückübertragungsgründe sind:
- der Erwerber verstirbt vor dem Veräußerer;
- über das Vermögen des Erwerbers wird das Insolvenz- oder Vergleichsverfahren eröffnet;
- in den Gesellschaftsanteil wird die Zwangsvollstreckung angeordnet.
Das Finanzamt vertritt nun nach einer Betriebsprüfung mit Verweis auf BFH, Urt. vom
29.4.1981, BStBl. II 1981, 6, 63, die Auffassung, die Kinder (Kommanditisten) seien nicht Mitunternehmer
geworden, weil hier ein außerbetriebliches Motiv für die Einschränkung der Mitunternehmerschaft
vorliege.
Der Gesellschaftsvertrag gewährt dem Vater keinerlei Sonderrechte. Ein jederzeitiges einseitiges,
unbenanntes Kündigungsrecht oder ein freier Widerrufsvorbehalt sind weder im Veräußerungsvertrag
noch im Gesellschaftsvertrag geregelt.
II. Frage
Führt die zitierte Rückübertragungsklausel dazu, dass eine Mitunternehmerschaft von Kommanditisten
nicht begründet wurde?
III. Zur Rechtslage
Schenkweise in eine Kommanditgesellschaft aufgenommene Kinder können nur Mitunternehmer
sein, wenn ihnen wenigstens annäherungsweise diejenigen Rechte eingeräumt
sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zukommen. Maßstab ist das nach dem HGB
für den Kommanditisten vorgesehene Regelstatut (so EStR 2012, Abschn. H 15.9 Abs. 2
m. w. N. auf die Rspr.).
Zur Beurteilung, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt, werden alle gesellschaftsrechtlichen
Regelungen miteinbezogen. Insgesamt muss sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände
des Einzelfalls ergeben, dass der Beteiligte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags
Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann (so BFH, Urt. v.
19. Juli 2018 – IV R 10/17, juris, Rn. 16). Der BFH führt hierzu aus:
„aa) Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilnahme an
unternehmerischen Entscheidungen, wie sie z.B. Gesellschaftern
oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen
oder anderen leitenden Angestellten obliegen. Ausreichend
ist allerdings schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten,
die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und
Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten
nach dem HGB zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen
Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) entsprechen (z.B. Beschluss des Großen Senats
des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82,
1984, 751).
bb) Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder
eine dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg und
Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens. Dieses Risiko wird
regelmäßig durch Beteiligung an Gewinn und Verlust sowie an
den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines
Geschäftswerts vermittelt (z.B. Beschluss des Großen Senats des
BFH in
cc) Diese beiden Hauptmerkmale der Mitunternehmerstellung
können zwar im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein. Sie
müssen jedoch beide vorliegen. Ob dies zutrifft, ist unter Berücksichtigung
aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer
Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (ständige
Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Großen Senats des BFH
in
Trägt der Kommanditist für die Dauer seiner Beteiligung Mitunternehmerrisiko und kann er
Mitunternehmerinitiative entfalten, so führt dies i. d. R. dazu, dass er während der Zeit der Innehabung
dieser Rechtsstellung auch Mitunternehmer ist. Rückfallklauseln haben i. d. R. darauf
keinen Einfluss, wenn der Gesellschafter, auf den die Beteiligung zurückfallen soll, nicht selbst
Einfluss darauf hat, dass die Beteiligung auf ihn zurückfällt (so im Ergebnis BFH, Urt. v.
27. Januar 1994 – IV R 114/91, juris, Rn. 21).
Im Rahmen einer Gesamtabwägung wurde von der finanzgerichtlichen Rechtsprechung beispielsweise
eine Mitunternehmerstellung von schenkweise aufgenommenen Kindern verneint,
wenn die Gesellschafterstellung der Kinder von vornherein befristet oder auflösend bedingt war
oder sich der Schenker die Möglichkeit eines freien Widerrufs bzw. eines bindenden Angebots
des Beschenkten zur unentgeltlichen Rückübertragung vorbehalten hat oder der Schenker sich
auf gesellschaftsvertraglicher Ebene ein freies Kündigungsrecht eingeräumt hat, um das Kind
gegen Buchwertabfindung wieder aus der Gesellschaft ausschließen zu können (vgl. hierzu auch
Blümich, EStG, Loseblatt, § 15 Rn. 341 ff; 383 ff, 386)
Einen ähnlichen Fall betraf auch das Urteil des BFH, Urteil vom 29.4.1981 (IV R 131/78, BStBl.
1981 II 663, juris). Der BFH hat eine Mitunternehmerschaft der Kommanditistinnen deshalb
verneint, weil der persönlich haftende Gesellschafter die Gesellschaft jederzeit zum Ende des
Geschäftsjahres kündigen konnte und die Kommanditistinnen gegen eine Abfindung zum
Buchwert aus dem Unternehmen verdrängen konnte. Der BFH führte hier im weiteren aus:
„Durch ein so gestaltetes Ausschließungsrecht wird die rechtliche
und wirtschaftliche Stellung der Kommanditisten
außergewöhnlich eingeengt und einseitig von den
Entscheidungen des persönlich haftenden Gesellschafters
abhängig gemacht (Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom
29.Januar 1962 II ZR 172/60, Wertpapier-Mitteilungen 1962
S. 462 --
1962, 465--; vom 18.März 1968 II ZR 26/66,
Drohung der Hinausdrängung zum Buchwert steht, kann seine
Kontroll-, Widerspruchs- und Mitwirkungsrechte nicht so
ausüben, wie es seinem eigenen Interesse als Gesellschafter
entspricht (Schilling,
Auch in den Einkommensteuerrichtlinien (R 15.8 und R 15.9) sowie in den Einkommensteuer-
Hinweisen (H 15.8 und H 15.9) wird ausgeführt, dass eine Rückforderungsklausel bzw. Rückübertragungsverpflichtung
dann als schädlich angesehen wird, wenn z.B. Kommanditanteile
schenkweise mit der Maßgabe übertragen werden, dass der Schenker ihre Rückübertragung jederzeit
ohne Angabe von Gründen einseitig veranlassen kann (so H 15.9 Abs. 1 unter Stichwort
„Rückübertragungsverpflichtung“) oder wenn die Gesellschafterstellung eines Kindes von vornherein
nur befristet etwa auf die Zeit, in der das Kind vermutlich unterhaltsbedürftig ist und eine
persönliche Aktivität als Gesellschafter noch nicht entfalten wird (H 15.9 Abs. 2 unter Stichwort
„befristete Gesellschafterstellung“). Die Finanzverwaltung weist aber auch darauf hin, dass eine
Mitunternehmerschaft minderjähriger Kinder, die als Kommanditisten einer Familien-KG im
Schenkungswege beteiligt wurden, nicht schon deshalb verneint werden, weil der Vater nach
dem Gesellschaftsvertrag berechtigt ist, die Gesellschafterstellung eines Kindes zum Ende des
Jahres der Erreichung der Volljährigkeit zu kündigen.
Indizien, die gegen eine Mitunternehmerschaft sprechen, sind auch im Aufsatz von Günther
(steuerliche Anerkennung von Personengesellschaften,
Bei den von hier vereinbarten Rückforderungstatbeständen handelt es sich um übliche Rückforderungsansprüche,
die im Grundsatz die Mitunternehmerstellung unberührt lassen, da es sich
um Gründe handelt, deren Eintritt im Einflussbereich des Beschenkten liegt.
Ähnliche Rückforderungsklauseln sind so auch in den gängigen Formularbüchern enthalten mit
dem Hinweis, dass die bloße Vereinbarung mehrerer Rückforderungsrechte in der Regel weder
die Mitunternehmerinitiative noch das Mitunternehmerrisiko beeinträchtigt, wenn der Schenker
auf deren Eintritt keinen Einfluss hat (so z. B. Formularbuch Recht und Steuern, 9. Aufl. 2017,
Muster A.8.11 (S. 479-482); Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge,
2. Aufl. 2017, A 2.30 (S. 277-291)).
Solange daher die Rückforderungsrechte nicht dazu führen, dass die Kommanditistenstellung
einseitig von den Entscheidungen des Schenkenden (oder eines Mitgesellschafter) abhängig
ist, führt dies nach unserer Auffassung nicht zur Aberkennung der Mitunternehmerschaft,
sofern nicht noch andere Umstände vorliegen, die Auswirkungen auf die Mitunternehmerstellung
haben.
173171
Erscheinungsdatum:13.12.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Einkommens- und Körperschaftssteuer
Normen in Titel:EStG § 15