15. Oktober 2009
EGBGB Art. 26

Rumänien: gemeinschaftliches Testament bzw. Erbvertrag in deutsch-rumänischer Ehe

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts Fax - A b r u f - Nr.: 94976# letzte Aktualisierung: 18. Juni 2009

EGBGB Art. 26 Rumänien: gemeinschaftliches Testament bzw. Erbvertrag in deutsch-rumänischer Ehe

I. Sachverhalt
Es geht um den Abschluss eines Ehe- und Erbvertrages zwischen Eheleuten. Die Ehefrau hat ausschließlich die rumänische Staatsangehörigkeit, der Ehemann ist ausschließlich deutscher Staatsangehöriger.

II. Frage
Ist die Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments oder eines Erbvertrags möglich?

III. Zur Rechtslage
1. Erbstatut Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt aus deutscher Sicht die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Heimatrecht des Erblassers. Dies gilt vorbehaltlich einer auf das inländische unbewegliche Vermögen bezogenen Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB. Das deutsche Recht verweist also grundsätzlich auf das rumänische Heimatrecht der rumänischen Staatsangehörigen. Hierbei handelt es sich gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung, die auch das rumänische IPR umfasst. Insbesondere wäre eine Rückverweisung durch das rumänische IPR zu befolgen. Dieses bestimmt das Erbstatut in Art. 66 ff. des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse des internationalen Privatrechts (IPRG) wie folgt:

Art. 66. Motenirea este supusã:

Artikel 66 Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt bunurile a) bezüglich beweglicher Sa-

a) în

ce

privete

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mobile, oriunde acestea sar afla, legii naþionale pe care persoana decedatã o avea la data morþii; chen, unabhängig davon, wo diese sich befinden, dem Heimatrecht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte; b) bezüglich unbeweglicher Sachen und Handelsgeschäfte dem Recht des Ortes, an dem diese Sachen belegen sind. Artikel 67 Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht legt insbesondere fest a) den Zeitpunkt der Testamentseröffnung; b) die Erben; c) die Erbfähigkeit;

b) în ce privete bunurile imobile i fondul de comerþ, legii locului unde fiecare din aceste bunuri este situat. Art. 67. Legea aplicabilã moºtenirii stabileºte îndeosebi:

a) momentul motenirii;

deschiderii

b) persoanele cu vocaþie de a moteni; c) calitãþi cerute pentru a moteni; d) exercitarea posesiei asupra bunurilor rãmase de la defunct;

d) Ausübung des Besitzes über vom Erblasser hinterlassene Sachen; e) die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verfügung von Todes wegen; f) den Umfang der Verpflichtung der Erben zur Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten; g) die Rechte des Staates bei nicht angetretenen Erbschaften. Artikel 68 Der Erblasser kann die Erbüberlassung seiner Sachen einem anderen Recht unterwerfen als dem nach Artikel 66, ohne zur Beseitigung von dessen zwingenden Vorschriften berechtigt zu sein. Das so gewählte Recht wird auf die Fälle in Art. 67 angewandt. Die Eröffnung, Änderung oder Widerrufung letztwilliger Verfügungen ist gültig, wenn das Dokument die anwendbaren Formerfordernisse zum Zeitpunkt seiner Eröffnung, Änderung oder Widerrufung oder zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Einklang mit ei-

c) condiþiile i opþiunii succesorale; f) întinderea motenitorilor de pasivul;

efectele

obligaþiei a suporta

g) drepturile statului asupra succesiunii vacante. Art. 68. Testatorul poate supune transmiterea prin motenire a bunurilor sale altei legi decît cea arãtatã în art. 66, fãrã a avea dreptul sã înlãture dispoziþiile ei imperative. Legea astfel aleasã se aplicã situaþiilor prevãzute la art. 67. Întocmirea, modificarea sau revocarea testamentului sînt socotite valabile dacã actul respectã condiþiile de formã aplicabile, fie la data cînd a fost întocmit, modificat sau revocat, fie la data decesului testatorului, conform oricãreia dintre legile urmãtoare:

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ner der folgenden Rechtsordnungen beachtet: a) legea testatorului; naþionalã a a) dem Heimatrecht des Erblassers; b) dem Recht seines Wohnsitzes; c) dem Recht des Ortes, an dem das Dokument eröffnet, geändert oder widerrufen wurde; d) dem Recht des Ortes, an dem die unbewegliche Sache, die Gegenstand der letztwilligen Verfügung ist, belegen ist; e) dem Recht des Gerichts oder der Stelle, die das Verfahren der Erbüberlassung durchführt.

b) legea domiciliului acestuia; c) legea locului unde actul a fost întocmit, modificat sau revocat; d) legea situaþiei imobilului ce formeazã obiectul testamentului;

e) legea instanþei sau a organului care îndeplinete procedura de transmitere a bunurilor motenite.

Hieraus ergibt sich, dass das bewegliche Vermögen der Ehefrau aus rumänischer Sicht ihrem rumänischen Heimatrecht unterliegt. Insoweit nimmt das rumänische Recht die Verweisung an. Eine Rückverweisung erfolgt nicht. Gleiches würde für ggf. vorhandenes, in Rumänien belegenes unbewegliches Vermögen gelten. Bezüglich in Deutschland belegenem ggf. vorhandenen unbeweglichen Vermögens käme es hingegen zu einer Rückverweisung auf das deutsche Erbrecht. Sollte sie also Immobilien in Deutschland haben, käme es insoweit zu einer Nachlassspaltung. Folge wäre, dass die Ehefrau zumindest in Bezug auf diesen deutschem Erbrecht unterliegenden Vermögensteil nach den Regeln des deutschen materiellen Rechts verfügen könnte. Daneben lässt Art. 68 Abs. 1, 2 IPRG eine Rechtswahl durch den Erblasser zu. Diese Rechtswahl umfasst alle Aspekte der Erbfolge (s. Capatina, Das neue rumänische IPR, RabelsZ 58 (1994), 265, 495; Leonhardt, IPRax 1994, 156, 158), so dass der in Bezug genommene Art. 67 IPRG nicht als abschließende Aufzählung angesehen werden kann. Die Rechtswahl berührt jedoch nicht die ,,zwingenden Vorschriften" des gesetzlichen Erbstatuts. Unklar ist, wie weit der Rahmen der zwingenden Vorschriften zu ziehen ist. Mit Sicherheit werden hierunter die objektiven Grenzen der Testierfreiheit, wie z. B. die Pflichtteilsrechte fallen. Nach Capatina (a. a. O., 495) umfasst der Rahmen bei in Rumänien belegenen Grundstücken das gesamte rumänische Erbrecht. Insoweit würde es also zumindest bezüglich des etwaigen in Rumänien belegenen Grundbesitzes der rumänischen Staatsangehörigen zwingend bei der Geltung des rumänischen Erbrechts bleiben. Wie weit durch eine Rechtswahl für das übrige, also das in Deutschland belegene bewegliche Vermögen, die Geltung deutschen Rechts herbeigeführt werden kann und welche Bestimmungen des rumänischen Erbrechts anwendbar blieben, ist aus den uns zugänglichen deutschsprachigen Quellen nicht eindeutig zu klären. 2. Formstatut Die Formwirksamkeit eines Testaments bestimmt sich aus deutscher Sicht nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5.10.1961 (BGBl. 1965 II, S. 1145), dessen Bestimmungen in Art. 26 EGBGB inkorporiert worden sind. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens (= Art. 26

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Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) ist ein Testament formwirksam, wenn es dem innerstaatlichen Recht des Ortes entspricht, an dem der Erblasser verfügt hat. Mithin ist ein in Deutschland den Bestimmungen des deutschen Rechts entsprechend beurkundetes Testament aus deutscher Sicht unabhängig von der rumänischen Staatsangehörigkeit der Erblasserin formwirksam. Das gilt gem. Art. 26 Abs. 4 EGBGB auch für einen Erbvertrag. Rumänien ist dem Haager Testamentsformübereinkommen nicht beigetreten. Gem. Art. 68 Abs. 3 lit. c IPRG ist eine letztwillige Verfügung aus rumänischer Sicht jedoch ebenfalls formwirksam, wenn die Rechtsordnung des Ortes beachtet wird, an dem das Testament errichtet wird. Mithin reicht auch aus rumänischer Sicht die Einhaltung der Formerfordernisse nach dem deutschen Recht aus. Bei einer Errichtung in Deutschland würde mithin eine Beurkundung entsprechend den Bestimmungen des deutschen Rechts für die Beurkundung von Testamenten ausreichend sein. 3. Wirksamkeit einer gemeinschaftlichen Verfügung Das rumänische Recht verbietet in Art. 857, 931 rumän. ZGB die gemeinschaftliche Errichtung von Testamenten. Auch sind gem. Art. 935 des rumän. ZGB Erbverträge unzulässig. Das Verbot gemeinschaftlicher Testamente soll allerdings im rumänischen IPR lediglich als Formvorschrift behandelt werden (vgl. die Nachweise bei Munteanu/Leonhardt in Ferid/Firsching, Internationales Erbrecht, Rumänien, Stand: 30.6.2006, Grdz. F Rn. 101; Bormann, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2008, Rumänien Rn 35), so dass es bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments in Deutschland aufgrund der Geltung des deutschen Ortsrechts als Formstatut (Art. 68 Abs. 3 lit. c rumän. IPRG; Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) nicht mehr eingreifen würde. Da ein derartiges Testament jedoch nach dem rumänischen Erbstatut keinerlei Bindungswirkung entfalten könnte, ergäben sich im Vergleich zu einer Errichtung von Einzeltestamenten keine großen rechtlichen Unterschiede. Vielmehr riefe die gemeinschaftliche Errichtung möglicherweise unerwünschte Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments hervor. 4. Zulässige Verfügungen nach rumänischem Recht Der Erblasser kann ­ wie im französischen Recht ­ keine Erben einsetzen, aber Universalvermächtnisse, Erbteilsvermächtnisse und Stückvermächtnisse anordnen, Art. 888 ff. rumän. ZGB (Bormann, in: Süß, Erbrecht in Europa, 2008, Rumänien Rn. 37). Eine Einschränkung der Testierfreiheit könnte sich allenfalls aus dem in den Art. 841 ff. rumän. ZGB geregelten Pflichtteilsrecht (reserva) ergeben. Der Pflichtteil sichert den gesetzlichen Erben ein echtes Noterbrecht (Munteanu/Leonhard, a. a. O., Grdz. F Rn. 179). Pflichtteilsberechtigt sind grundsätzlich die Abkömmlinge, die Eltern und der Ehegatte des Erblassers (Art. 841 ff., 939 C.C. i. V. m. Art. 2 des Gesetzes Nr. 319/1944). Weitere Personen sind als Pflichtteilsberechtigte nicht vorgesehen.

Gutachten/Abruf-Nr:

94976

Erscheinungsdatum:

15.10.2009

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 26