21. März 2024
GBO § 13; GBO § 15; BNotO § 24 Abs. 3; BGB § 883; BGB § 878

Rücknahme von Eintragungsanträgen durch einen Insolvenzverwalter; Bedeutung von § 13 Abs. 1 S. 3 GBO n. F.

BGB §§ 883, 878; GBO §§ 13, 15; BNotO § 24 Abs. 3
Rücknahme von Eintragungsanträgen durch einen Insolvenzverwalter; Bedeutung von § 13 Abs. 1 S. 3 GBO n. F.

I. Sachverhalt
Die Parteien eines Grundstückskaufvertrages treten mit dem Wunsch an den Notar heran, die Fälligkeit des Kaufpreises nicht von der Eintragung der Eigentumsvormerkung, sondern lediglich von der Antragstellung abhängig zu machen. Hierdurch sollen Verzögerungen betreffend die Kaufpreisfälligkeit infolge langer Bearbeitungsdauer beim zuständigen Grundbuchamt vermieden werden.

Die Urkunde sieht ferner vor, dass der Notar beizeiten den in der Urkunde enthaltenen Antrag des Käufers auf Eintragung des Eigentumswechsels beim Grundbuchamt einreichen soll.

II. Fragen
1. Kann bei einer Insolvenz des Verkäufers der Insolvenzverwalter den Antrag auf Eintragung der Eigentumsvormerkung einseitig zurücknehmen, wenn der Notar

a) den Antrag der Beteiligten als Bote übermittelt,
b) den Antrag gem. § 15 Abs. 2 GBO stellt, oder
c) den Antrag aufgrund besonderer im Vertrag enthaltener Vollmacht im Namen von Verkäufer und Käufer stellt?

2. Kann das Grundbuchamt angesichts von § 13 Abs. 1 S. 3 GBO n. F. verlangen, dass der Notar den Antrag auf Eintragung des Eigentumswechsels auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GBO oder aufgrund einer ausdrücklichen Vollmacht seitens der Beteiligten stellt? Ist also eine Übermittlung eines Beteiligtenantrags durch den Notar als Bote nunmehr aufgrund von § 13 Abs. 1 S. 3 GBO ausgeschlossen?

III. Zur Rechtslage
I. Möglichkeit der Antragsrücknahme durch den Insolvenzverwalter
1. Bedeutung von § 15 Abs. 2 GBO und § 24 Abs. 3 BNotO
Der Insolvenzverwalter hat unzweifelhaft die Möglichkeit, den Eintragungsantrag des Insolvenzschuldners zurückzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob der Notar den Eintragungsantrag als Bote oder auf der „Grundlage“ von § 15 Abs. 2 GBO oder aufgrund Vollzugsvollmacht dem Grundbuchamt einreicht. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Das Grundbuchverfahren ist vom Antragsprinzip beherrscht, d. h. Eintragungen von Amts wegen finden nur ausnahmsweise statt. Antragsberechtigt ist jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Der Notar selbst ist hingegen nicht antragsberechtigt, sondern handelt im Rahmen der Antragstellung entweder als Bote, d. h. als Überbringer einer fremden Verfahrenserklärung, oder als Vertreter, indem er eine eigene Verfahrenserklärung im (stillschweigend) fremden Namen aufgrund Vollmacht abgibt (BayObLG NJW-RR 1989, 1495; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 176).

Hieran ändert auch die Bestimmung des § 15 Abs. 2 GBO nichts. Entgegen dem etwas missverständlichen Wortlaut („… so gilt dieser als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen“) handelt es sich hierbei weder um ein gesetzliches eigenes Antragsrecht noch um eine gesetzliche Vertretungsmacht des Notars. Vielmehr begründet die Vorschrift nach h. M. nur eine grundbuchverfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung, sodass sie den Notar gegenüber dem Grundbuchamt davon befreit, seine von einem Antragsberechtigten erteilte (Vollzugs-)Vollmacht nachweisen zu müssen (vgl. BayObLG NJW-RR 1989, 1495, 1496; BeckOK-GBO/Reetz, Std.: 1.3.2024, § 15 Rn. 37; Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, § 15 Rn. 3, 9; BeckOGK-BeurkG/Regler, Std.: 1.10.2023, § 53 Rn. 5).

Ebenso wenig vermittelt § 24 Abs. 3 BNotO dem Notar eine gesetzliche Vertretungsmacht mit Wirkung gegenüber den Beteiligten, da es sich hierbei lediglich um eine Vorschrift des notariellen Berufsrechts handelt. Die Vorschrift knüpft an die in § 24 Abs. 1 BNotO angeordnete berufsrechtliche Kompetenz, d. h. an die Befugnis zur verfahrensrechtlichen Vertretung von Beteiligten, an und begründet in Ergänzung zum jeweiligen Verfahrensrecht (hier: § 15 Abs. 2 GBO) eine verfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung betreffend die Antragsrücknahme. Darüber hinaus bedingt die Vorschrift zugleich verfahrensrechtliche Formvorschriften (hier: § 31 Abs. 1 S. 1 GBO) durch die speziellere Regelung des § 24 Abs. 3 S. 2 BNotO ab. Die Formerleichterung ist der wesentliche Zweck der Bestimmung (vgl. Seybold/Hornig, RNotO, 1937, § 26 Abschn. III Ziff. 1: „Die Rücknahme war jedoch nach der bisherigen Regelung in der Form des §§ 29, 31 GBO, §§ 107, 109 RFGG zu erklären, d. h. die Unterschrift des antragstellenden Notars unter der Rücknahmeerklärung mußte von einem anderen Notar oder einem Gericht beglaubigt werden. Die bloße Unterzeichnung durch den Notar unter Beifügung des Siegels genügte nicht (…). Dieser sachlich nicht gerechtfertigte Formalismus wird nunmehr durch die Regelung des § 26 Abs. 3 beseitigt.“; vgl. auch Jonas, DNotZ 1938, 175, 186). Die „zentrale“ Verortung in der BNotO ist dem Umstand geschuldet, dass die dort angeordnete Vollmachtsvermutung sowie die erleichterte Form der Antragsrücknahme für eine Vielzahl von Verfahren gelten, also quasi „vor die Klammer“ gezogen wurden (vgl. die nicht abschließende Aufzählung in § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO). Wenn das Gesetz von „ermächtigt“ spricht, so ist hiermit also eine verfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung gemeint (vgl. auch Seybold/Hornig, § 26 Abschn. III Ziff. 1, wonach § 26 Abs. 3 RNotO das verfahrensrechtliche Pendant zu § 15 Abs. 2 GBO ist). Die Vorschrift begründet indes keinesfalls eine gesetzliche Vertretungsmacht gegenüber den Beteiligten (missverständlich insoweit BeckOK-BNotO/Sander, Std.: 1.2.2024, § 24 Rn. 70 sowie Hertel, in: Frenz/Miermeister, BNotO, 5. Aufl. 2020, § 24 Rn. 5, die von einer Erweiterung der „gesetzlich verliehene[n] Vertretungsermächtigung“ gem. § 15 Abs. 2 GBO bzw. einer Erweiterung der „in anderen Vorschriften geregelte[n] Vertretungsbefugnis des Notars“ sprechen; unzutreffend BeckOK-BeurkG/Kleba, Std.: 1.9.2023, § 53 Rn. 3, sowie Diehn/Kilian, BNotO, 2. Aufl. 2019, § 24 Rn. 27, die von „gesetzliche[n] Vollzugsvollmachten mit öffentlich-rechtlichem Charakter“ bzw. „gesetzliche[r] Vertretungsmacht“ sprechen).

Die unzutreffende Annahme, bei § 15 Abs. 2 GBO bzw. § 24 Abs. 3 BNotO handele es sich um „gesetzliche Vollzugsvollmachten“ bzw. einen Fall gesetzlicher Vertretungsmacht, geht zurück auf eine Entscheidung des RG aus dem Jahre 1918 (RGZ 93, 68). Dieser Entscheidung lag indes die Abgrenzungsfrage zugrunde, ob die Einreichung einer vom Notar beglaubigten Anmeldung zum Handelsregister seiner öffentlich-rechtlichen Amtstätigkeit zuzurechnen ist oder eine privatrechtliche „Vertragspflicht“ darstellt. Das Gericht urteilte, es handele sich hierbei um eine notarielle Amtstätigkeit. Die Aussage zum Charakter des § 129 FGG a. F. (entspricht § 378 Abs. 2 FamFG) bzw. zu § 15 Abs. 2 GBO ist nicht ratio decidendi der Entscheidung. Wenn das RG ausführt, „das Antragsrecht der Notare beruh[e] auf ihrer amtlichen Stellung“, so ist dies verkürzt, denn das RG meint mit „Antragsrecht“ die im jeweiligen Verfahrensgesetz angeordnete Vollmachtsvermutung. Dies wird deutlich, wenn sich das RG im nächsten Satz der Entscheidungsgründe mit der (nicht existenten) Vollmachtsvermutung für Rechtsanwälte im Grundbuchverfahren auseinandersetzt. Obgleich zuzugeben ist, dass die Wortwahl des RG („amtliche Berechtigung“; „Antragsrecht“) den Eindruck einer an die Amtstätigkeit anknüpfenden Vertretungsmacht erweckt, so zeigt eine genauere Lektüre, dass es dort lediglich um die Abgrenzung von amtlicher versus privatrechtlich zu qualifizierender Tätigkeit ging, sodass die Entscheidung mit der auch hier vertretenen herrschenden Auffassung im Einklang steht, nach der es sich bei § 15 Abs. 2 GBO lediglich um eine grundbuchverfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung handelt.

Sowohl der BNotO als auch der GBO ist eine den Verfahrensbeteiligten gesetzlich aufgezwungene Vertretung durch einen Dritten – durch Anordnung einer gesetzlichen Vertretungsmacht zugunsten dieser Dritten – fremd.

Jeder Antragsberechtigte kann seinen Eintragungsantrag zurücknehmen, solange dieser noch nicht grundbuchverfahrensrechtlich erledigt ist (vgl. Schaub, in: Bauer/Schaub, GBO, 5. Aufl. 2023, § 31 Rn. 15). Demzufolge kann der Insolvenzverwalter auch einen zeitlich vor Insolvenzverfahrenseröffnung vom Insolvenzschuldner gestellten bzw. diesem zuzurechnenden Eintragungsantrag zurücknehmen (vgl. BeckOK-GBO/Otto, Std.: 1.3.2024, § 31 Rn. 21, Schöner/Stöber, Rn. 93a; BeckOK-GBO/Reetz, Std.: 1.3.2024, § 13 Rn. 128; MünchKommBGB/Lettmaier, 9. Aufl. 2023, § 878 Rn. 26).

Dies gilt auch dann, wenn der Antrag vom Notar auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GBO gestellt wurde. Soweit die Ansicht vertreten wird, im Falle des § 15 Abs. 2 GBO stelle der Notar einen eigenen Antrag, der von einem etwaigen Antrag der Beteiligten zu unterscheiden sei (vgl. Nachweise bei Schaub, § 31 Rn. 24), so ist dies insoweit zutreffend, als es sich in der Tat um eine eigene Verfahrenserklärung (Antrag) des Notars handelt. Dies darf aber nicht zu der irrtümlichen Schlussfolgerung verleiten, der Notar habe ein eigenes Antragsrecht. Vielmehr entspricht es ganz h. M., dass § 15 Abs. 2 GBO kein eigenes Antragsrecht zugunsten des Notars begründet (s. o.), sondern der Notar lediglich als Verfahrensvertreter namens der Antragsberechtigten i. S. v. § 13 Abs. 1 S. 2 GBO handelt (vgl. Seybold/Hornig, § 26 Abschn. III Ziff. 1; Schaub, § 31 Rn. 24; Schöner/Stöber, Rn. 183; BeckOK-GBO/Reetz, § 13 Rn. 41; Wilsch, in: Beck´sches Notar-Handbuch, 8. Aufl. 2024, § 11 Rn. 57). Dennoch handelt es sich um einen eigenen Antrag des Notars, denn die Abgabe einer eigenen Willens-/Verfahrenserklärung (im fremden Namen aufgrund Vertretungsmacht) ist dem Recht der Stellvertretung wesensimmanent. Dass das Handeln im fremden Namen, nämlich für die Antragsberechtigten i. S. v. § 13 Abs. 1 S. 2 GBO, häufig stillschweigend geschieht, ändert nichts daran, dass der Notar lediglich Vertreter der Beteiligten im Grundbuchverfahren ist.

Vor diesem Hintergrund sind die Antragsberechtigten i. S. v. § 13 Abs. 1 S. 2 GBO selbstverständlich befugt, den jeweils für sie gestellten Eintragungsantrag zurückzunehmen.

Reetz ist daher zuzustimmen, wenn er ausführt:

„Ein vom Notar gestellter Antrag kann allerdings von den Antragsberechtigten immer und ohne weitere Voraussetzungen zurückgenommen werden.“

(BeckOK-GBO/Reetz, § 15 Rn. 36 m. w. N.)

Sofern der Notar den Eintragungsantrag zurücknimmt, gilt allerdings zu beachten, dass die verfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung des § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO nur für seinen (namens der Beteiligten) gestellten Antrag gilt, d. h. die Vollmachtsvermutung gilt nur für die Rücknahme eigener Verfahrenserklärungen. Dementsprechend muss der Notar seine Vollmacht im Grundbuchverfahren nachweisen, wenn er eine fremde Verfahrenserklärung, also einen von einem Antragsberechtigten selbst gestellten Antrag zurücknehmen möchte (vgl. Seybold/Hornig, § 26 Abschn. III Ziff. 1; BeckOK-GBO/Reetz, § 15 Rn. 36 m. w. N.).

2. Konsequenzen für die notarielle Praxis
Für die notarielle Praxis wird daher empfohlen, dass die Bewilligung i. S. v. § 19 GBO und der Antrag i. S. v. § 13 GBO stets „über Kreuz“ erklärt werden (siehe nur das Muster von Herrler, in Beck’sches Notarhandbuch, 8. Aufl. 2024, § 1 Rn. 988). Während die Bewilligung vom „verlierenden“ bzw. „betroffenen“ Vertragsteil herrühren muss, sollte der Antrag – jedenfalls auch – vom Begünstigen (hier: dem Käufer) gestellt oder vom Notar in dessen Namen erklärt werden. Dies hat sowohl einen grundbuchverfahrensrechtlichen als auch einen materiell-rechtlichen Hintergrund:

a) In grundbuchverfahrensrechtlicher Hinsicht gilt, dass jeder Antragsberechtigte nur seinen bzw. den in seinem Namen gestellten Antrag, nicht aber den Antrag eines anderen Antragsberechtigten zurücknehmen kann (vgl. Schaub, § 31 Rn. 15). Demzufolge kann der Verkäufer bzw. der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Verkäufers nicht den Eintragungsantrag des Käufers bzw. den im Namen des Käufers gestellten Eintragungsantrag zurücknehmen.

b) In materiell-rechtlicher Hinsicht dient die Antragstellung durch bzw. für den Begünstigten dazu, den Schutzbereich des § 878 BGB zu eröffnen. Nach dieser Vorschrift wird eine von dem Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 BGB abgegebene Erklärung nicht dadurch unwirksam, dass der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist. Nach teils vertretener Ansicht soll der Schutzbereich des § 878 BGB nur dann eröffnet sein, wenn der Antrag (auch) vom Begünstigen gestellt wurde (vgl. zum Streitstand BeckOGK-BGB/Kesseler, Std.: 1.5.2023, § 878 Rn. 35-39; BeckOK-BGB/H.-W. Eckert, Std.: 1.11.2023, § 878 Rn. 18; vgl. auch § 140 Abs. 2 S. 1 InsO: „Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch … erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat.“).

c) Nach Ansicht des für Insolvenzrecht zuständigen IX. Zivilsenats des BGH genügt es für die Vornahme einer Rechtshandlung i. S. v. § 140 Abs. 2 S. 1 InsO nicht, wenn der Notar den Eintragungsantrag zugunsten des Käufers auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GBO stellt (vgl. BGH MittBayNot 2009, 61; Reul, in: Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, 3. Aufl. 2022, § 2 Rn. 99-105, § 3 Rn. 9). Die Frage, ob diese Sichtweise auch für § 878 BGB gilt, ist zwar bislang noch nicht entschieden worden. Es bleibt allerdings zu konstatieren, dass das Verständnis des IX. Zivilsenats zu § 15 Abs. 2 GBO sowie § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO unzutreffend ist. Dem BGH ist hierbei aber freilich zugute zu halten, dass insbesondere § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO auch in der Literatur zuweilen missverstanden bzw. unzutreffend kommentiert wird (s.o.).

Wollte man die Rechtsauffassung des IX. Zivilsenats des BGH auf § 878 BGB übertragen, so wäre der Schutzbereich nur dann eröffnet, wenn der Notar den Eintragungsantrag des Käufers als Bote an das Grundbuchamt übermittelt und er auch nicht vom Käufer im Rahmen einer (üblichen) Vollzugsmacht zur Antragsrücknahme bevollmächtigt worden ist (vgl. Reul, § 2 Rn. 103).

Nach unserem Dafürhalten kann es für die Eröffnung des Schutzbereichs des § 878 BGB indes keinen Unterschied machen, ob der Notar den Antrag des Käufers als Bote übermittelt oder auf der Grundlage von § 15 Abs. 2 GBO (der wiederum eine – auch stillschweigend im Rahmen eines Vollzugsauftrags erteilte – Vollzugsvollmacht voraussetzt) handelt. Selbst wenn § 15 Abs. 2 GBO i. V. m. § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO nicht nur eine verfahrensrechtliche Vollmachtsvermutung, sondern eine gesetzliche Vertretungsmacht zugunsten des Notars wäre, darf nicht übersehen werden, dass der Notar als Verfahrensvertreter die schutzwürdigen Interessen des jeweils Vertretenen zu wahren hat und an den der Vertretungsmacht zugrundeliegenden Vollzugsauftrag des jeweiligen Beteiligten gebunden wäre. Die in der Argumentation des IX. Zivilsenats des BGH anklingende Unterstellung, § 15 Abs. 2 GBO i. V. m. § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO vermittele dem Notar das Recht zur willkürlichen Antragsrücknahme, geht fehl. Das Gericht verkennt zum einen, dass § 15 Abs. 2 GBO i. V. m. § 24 Abs. 3 S. 1 BNotO weder ein rechtliches Können noch Dürfen, sondern lediglich eine im jeweiligen Verfahrensrecht angeordnete Vollmachtsvermutung begründet. Zum anderen lasst das Gericht außer Acht, dass selbst dann, wenn es sich um eine gesetzliche Vertretungsmacht zugunsten des Notars handeln würde, eine willkürliche Antragsrücknahme ein die Vollzugsanweisungen der Beteiligten missachtendes und somit amtspflichtwidriges Verhalten des Notars wäre.

3. Ergebnis
Frage 1 ist mithin dahingehend zu beantworten, dass der Insolvenzverwalter auch einen zeitlich vor Insolvenzverfahrenseröffnung vom Insolvenzschuldner gestellten bzw. diesem zuzurechnenden Eintragungsantrag zurücknehmen kann, solange dieser Antrag noch nicht erledigt ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Notar den Antrag des Verkäufers als Bote übermittelt oder den Antrag im Namen des Verkäufers – aufgrund ggf. nach § 15 Abs. 2 GBO zu vermutender Verfahrensvollmacht – stellt. Der Insolvenzverwalter kann indes nicht einen fremden Antrag, also nicht den Antrag des Käufers bzw. den vom Notar für den Käufer gestellten Antrag zurücknehmen.

II. Einreichungsbeschränkung gem. § 13 Abs. 1 S. 3 GBO
1. Normzweck und Normadressat
§ 13 Abs. 1 S. 3 GBO bestimmt, dass das Grundbuchamt in den Fällen des § 20 GBO die Eintragung nur vornehmen soll, wenn ein Notar den Antrag im Namen eines Antragsberechtigten eingereicht hat. Satz 3 der Vorschrift wurde eingeführt durch das Zweite Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (sog. Sanktionsdurchsetzungsgesetz II) vom 19.12.2022 (BGBl. I., S. 2606 ff.).

Nach der Gesetzesbegründung dient § 13 Abs. 1 S. 3 GBO „der präventiven Kontrolle und Sicherung des eingeführten Verbots bestimmter Gegenleistungen gemäß § 16a GwG. Es handelt sich, wie auch im Übrigen bei dem in § 13 GBO verankerten Antragsgrundsatz um eine formale Ordnungsvorschrift, deren Verletzung die materielle Wirksamkeit der Eintragung nicht berührt. Das Grundbuchamt ist künftig jedoch gehalten, die Eintragung in den von § 20 GBO erfassten Fällen nur auf Antrag des Notars vorzunehmen, der dabei seinerseits das Verbot bestimmter Gegenleistungen gemäß § 16a Absatz 4 und 5 GwG zu überwachen hat, und darf im Übrigen die Eintragung ablehnen.“ (BTDrs. 20/4326, S. 82).

Mit Blick auf diesen Gesetzeszweck kann es u. E. nicht darauf ankommen, ob der Notar bei der Antragstellung als Bote oder als Vertreter handelt. Vielmehr gilt die Vorschrift für beide Arten der Antragstellung. Umgekehrt wird man der Vorschrift nicht entnehmen können, dass die Einreichung eines Eintragungsantrags als Bote nunmehr ausgeschlossen sein soll. Insoweit ist die in sich widersprüchliche Gesetzesformulierung dahingehend aufzulösen, dass in den Fällen des § 20 GBO die Eintragung nur erfolgen soll, wenn ein Notar den Antrag [gedanklich zu streichen: „im Namen“] für einen Antragsberechtigten einreicht [Bote] oder den Antrag im Namen eines Antragsberechtigten stellt [Verfahrensvertreter]. Der Ausschluss der Einreichungsmöglichkeit gem. § 13 Abs. 1 S. 3 GBO ist indes nicht dahingehend zu verstehen, dass den Antragsberechtigten hiermit die rechtliche Möglichkeit zur Abgabe einer Verfahrenserklärung i. S. v. § 13 Abs. 1 S. 1 GBO, also ihre Verfahrensfähigkeit abgesprochen wird; denn dies liefe auf einen faktischen Zwang zur Erteilung einer Verfahrensvollmacht an einen Notar hinaus. Ein solcher – und sei es auch nur faktischer – Zwang zur Vertretung durch einen Dritten (hier: Notar) ist der GBO fremd und lässt sich weder dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO noch der Gesetzesbegründung entnehmen. Überdies sind Normadressaten des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO nicht die Antragsberechtigten, sondern die Grundbuchämter. Diese sind gehalten, den Antrag nur zu vollziehen, wenn ein Notar den Antrag „eingereicht“ hat. Dieses Einreichen des Antrags durch den Notar kann als Bote, also durch Überbringen einer fremden Verfahrenserklärung, oder als Verfahrensvertreter, also durch Abgabe einer eigenen Verfahrenserklärung namens der Antragsberechtigten aufgrund – ggf. gem. § 15 Abs. 2 GBO verfahrensrechtlich zu vermutender – Vollmacht, geschehen.

Vor diesem Hintergrund ist Reetz zuzustimmen, wenn er mit Blick auf den Normzweck des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO ausführt:

„Hierdurch soll der „Eigenvollzug“ durch die Antragsberechtigten mittels einer ihnen zur Verfügung stehenden beglaubigten Abschrift oder Ausfertigung der Auflassung im Grundbuch unterbunden werden, um die Maßgaben der Geldwäschegesetzgebung, insbesondere das Barzahlungsverbot, durchzusetzen. Die Norm richtet sich an das Grundbuchamt, das die Antragstellung durch einen Notar vor dem Vollzug zu prüfen hat.“

(BeckOK-GBO/Reetz, § 13 Rn. 59a – Herv. durch DNotI; in diesem Sinne auch Thelen, in: Herrler/Hertel/Kesseler, Aktuelles Immobilienrecht 2023, 5. Aufl. 2023, A. I. 3. a)).
Die in der Literatur vereinzelt vertretene Ansicht, in den Fällen des § 20 GBO müsse der diesbezügliche Eintragungsantrag durch den Notar als Vertreter gestellt werden (in diesem Sinne Bauer, in: Bauer/Schaub, GBO, 5. Aufl. 2023, § 13 Rn. 44a), vermag nicht zu überzeugen. Diese Ansicht lässt jegliche Auseinandersetzung mit dem Normzweck des § 13 Abs. 1 S. 3 GBO und der Frage des Normadressaten vermissen. Außerdem dürfte diese Ansicht wohl auf einer unzutreffenden Interpretation eines Aufsatzes von Wilsch (ZfIR 2023, 68) beruhen. In diesem Aufsatz spricht Wilsch zwar einerseits vom „Antrag des Notars“, zugleich aber von einer „Einreichungsbeschränkung“ und gerade nicht von einer Beschränkung der Verfahrensfähigkeit der Beteiligten (ZfIR 2023, 68, 68). Wilsch dürfte u. E. daher dahingehend zu verstehen sein, dass nur der Eigenvollzug durch die Antragsberechtigten ausgeschlossen sein soll (vgl. insbesondere Beck´sches Notar-Handbuch, § 11 Rn. 117b: „Die neue Einreichungsbeschränkung dient der präventiven Kontrolle und Sicherung des eingeführten Verbots bestimmter Gegenleistungen gemäß § 16a GwG. Das Grundbuchamt ist gehalten, die Beschränkung zu beachten. Relevant wird dies, sofern nicht das Notariat den Antrag einreicht, sondern einer der Beteiligten, beispielsweise der Erwerber der Immobilie.“).

2. Ergebnis
Die Frage 2 ist mithin dahingehend zu beantworten, dass § 13 Abs. 1 S. 3 GBO einer Einreichung eines vom Begünstigten gestellten Antrags durch den Notar als Bote nicht entgegensteht.

Gutachten/Abruf-Nr:

199716

Erscheinungsdatum:

21.03.2024

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormerkung
Grundbuchrecht
Beurkundungsverfahren

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 41-45

Normen in Titel:

GBO § 13; GBO § 15; BNotO § 24 Abs. 3; BGB § 883; BGB § 878