Erteilung einer transmortalen Vorsorgevollmacht zugunsten des alleinigen Vorerben
BGB §§ 164, 168, 1922, 2112, 2113, 2136
Erteilung einer transmortalen Vorsorgevollmacht zugunsten des alleinigen Vorerben
I. Sachverhalt
Der Vollmachtgeber hat eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht errichtet. Diese soll auch nach dem Tod des Vollmachtgebers fortgelten.
Bevollmächtigter ist der Sohn des Vollmachtgebers. Der Vollmachtgeber errichtet nun ein Testament, in dem er seinen Sohn – also den zugleich Bevollmächtigten – zu seinem weitgehend nicht befreiten einzigen Vorerben einsetzt; Nacherben sind Enkelkinder.
Der alleinige Vorerbe ist somit zugleich der Bevollmächtigte der transmortalen Vollmacht.
II. Fragen
1. Wie weit reichen die Vertretungsbefugnisse des bevollmächtigten einzigen Vorerben?
2. Greift
III. Zur Rechtslage
1. Wirkungen einer transmortalen Vollmacht
Eine Vollmacht erlischt grundsätzlich nicht mit dem Tod des Erblassers, sondern gilt im Zweifel darüber hinaus (vgl.
Mit dem Tod des Vollmachtgebers wandelt sich die transmortale Vollmacht in eine Vollmacht für die Erben des Vollmachtgebers um (vgl.
2. Erlöschen einer Vollmacht an den alleinigen Erben
Fraglich ist, ob die transmortale Vollmacht gegenstandslos wird, wenn der Bevollmächtigte der Alleinerbe des Vollmachtgebers ist. Diese Frage ist stark umstritten und von der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt worden.
Mehrere Entscheidungen gehen davon aus, dass die Vollmacht mit dem Erbfall durch Konfusion erlischt (OLG Hamm
Die wohl überwiegende Literatur sieht dies anders und beruft sich u. a. auf die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs und die Interessen des Erblassers (BeckOK-GBO/Wilsch, Std.: 1.2.2018, § 35 Rn. 78; Herrler,
Die letztgenannte Ansicht ist u. E. jedenfalls insoweit überzeugend, als es um eine Vollmacht an den Vorerben geht. Mit dem Erbfall vereinigen sich zwar die Rechtsstellungen von Bevollmächtigtem und Erben. Allerdings entstehen in der Person des Vorerben zwei verschiedene Vermögensmassen. Insoweit verbleibt durchaus ein Bedürfnis, die Vollmacht aufrechtzuerhalten. Insbesondere wäre es denkbar, dass der Vorerbe die Nacherben vertritt, wenn der Nacherbfall eintritt. Das Erlöschen der Vollmacht wäre daher nicht sachgerecht.
3. Beschränkung der
Wiederum umstritten ist die Frage, ob die Beschränkungen der
Nach teilweise vertretener Ansicht berechtigt die Vollmacht bis zum Nacherbfall nur zur Vertretung des Vorerben; die Nacherben könne der Bevollmächtigte erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls vertreten (BeckOGK-BGB/Müller-Christmann, § 2112 Rn. 67; jurisPK-BGB/Hamdan/Hamdan, § 2112 Rn. 17; MünchKommBGB/Grunsky, 7. Aufl. 2017, § 2112 Rn. 10; Soergel/Harder/Wegmann, BGB, 13. Aufl. 2003, § 2112 Rn. 10; Staudinger/Avenarius, § 2112 Rn. 33; der Sache nach auch
Nach der Rechtsprechung des KG (KGJ 36, A 166; KGJ 43, A 157, A 159 f.) und einer vordringenden Gegenansicht soll der Bevollmächtigte jedoch auch die Nacherben vertreten und für diese eine Zustimmung zur Verfügung des Vorerben erteilen können (Keim,
4. Ergebnis
Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind noch nicht abschließend geklärt. Unseres Erachtens dürfte die Vollmacht nach dem Erbfall fortgelten. Ob der Bevollmächtigte die Nacherben vertreten kann, ist unsicher.
In Betracht zu ziehen ist die Anordnung einer Nacherbenvollstreckung gem.
161223
Erscheinungsdatum:19.04.2018
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Gesetzliche Erbfolge
BGB § 2136; BGB § 164; BGB § 2112; BGB § 2113; BGB § 1922; BGB § 168