01. Juli 2022
FamFG § 378

Möglichkeit der Vorlage einer originär elektronischen Eigenurkunde beim Handelsregister

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 189082
letzte Aktualisierung: 1. Juli 2022

FamFG § 378
Möglichkeit der Vorlage einer originär elektronischen Eigenurkunde beim
Handelsregister

I. Sachverhalt
Es wurde namens des Urkundsbeteiligten eine mit Unterschriftsbeglaubigung versehene Handelsregisteranmeldung
elektronisch an das Amtsgericht übermittelt (Neueintragung eines e. K.). Nach
Einreichung war eine Ergänzung erforderlich. Die Ergänzung der Anmeldung wurde dergestalt
vorgenommen, dass an das Amtsgericht ein mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenes
elektronisches Anschreiben gesandt wurde, in dem die zusätzlich anzumeldende Tatsache
für den Beteiligten angemeldet wurde.

Das Handelsregister ist der Auffassung, dass für eine Anmeldung nach § 378 Abs. 2 FamFG eine
entsprechende Anmeldung mit Siegel und Unterschrift erforderlich sei, die sodann mit elektronischem
Zeugnis versehen zu übermitteln sei.

Dem dürfte zumindest die Entscheidung des OLG Schleswig vom 13. Dezember 2007
(2 W 198/07, s. dazu auch Gutachten DNotI-Report 2009, 183) entgegen stehen, in der davon
ausgegangen wird, dass die Erstellung einer Eigenurkunde auf Papier, deren Unterzeichnung und
Siegelung sowie das anschließende Einscannen nicht erforderlich sei, sondern dass es genüge,
wenn die Erklärung in einem mit einer qualifizierten Signatur versehenen elektronischen Anschreiben
in dem dafür vorgesehenen Übermittlungsweg an das Handelsregister übermittelt wird.

II. Fragen
1. Trifft die Ansicht des Registergerichts zu?
2. Welche Rolle spielt dabei die aktuelle Entscheidung des BGH vom 15. Juni 2021
(II ZB 25/17)?

III. Zur Rechtslage
1. Ermächtigung des Notars zur Berichtigung von Anmeldungen
Gem. § 378 Abs. 2 FamFG gilt der Notar zur Beantragung von Anmeldungen im Namen der
Beteiligten als ermächtigt, wenn der Notar eine zur Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet
oder beglaubigt hat. Dies gilt auch für den Notar, der lediglich die Unterschrift unter
der Anmeldung beglaubigt hat (BeckOK-FamFG/Otto, 40. Ed. 1.10.2021, § 378 Rn. 13;
MünchKommFamFG/Krafka, 3. Aufl. 2019, § 378 Rn. 6; Krafka, Registerrecht, 11. Aufl.
2019, Rn. 123; EBJS/Schaub, HGB, 4. Aufl. 2020, § 12 Rn. 119). Als Annex ist von der Kompetenz
des Notars auch die Berichtigung von offensichtlichen Unrichtigkeiten erfasst (Ising,
NZG 2012, 289, 292; Keidel/Heinemann, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 378 Rn. 13). Im Folgenden
wird unterstellt, dass die Voraussetzungen des § 378 Abs. 2 FamFG grundsätzlich vorliegen.

2. Vorschriften für die Form der Anmeldung
a) § 12 HGB: elektronisch in öffentlich beglaubigter Form
Die Form der Anmeldung ist in § 12 HGB geregelt, der in Abs. 1 S. 1 vorsieht, dass
Anmeldungen „elektronisch in öffentlich beglaubigter Form“ einzureichen sind. Das Gesetz
geht also für den Regelfall von einer vom Beteiligten zu unterzeichnenden Anmeldung
von einem Dreischritt aus:

- Zunächst (Schritt 1) muss eine Papierurkunde vom Anmeldenden unterschrieben
werden.

- Die Unterschrift muss sodann (Schritt 2) öffentlich beglaubigt werden (§ 12 Abs. 1
S. 1 HGB: „in öffentlich beglaubigter Form“).

- Das Dokument ist anschließend (Schritt 3) elektronisch einzureichen (§ 12 Abs. 1
S. 1, Abs. 2 S. 1 HGB). Dies gilt für „Dokumente“, worunter der BGH auch die
Anmeldung selbst rechnet (BGH NZG 2021, 1564, 1566, Rn. 19). § 12 Abs. 2 S. 2
HGB präzisiert dies, indem die Vorschrift verlangt, dass Dokumente, die öffentlich
beglaubigt oder notariell beurkundet einzureichen sind – auch hierunter fällt nach
dem BGH die Anmeldung selbst, BGH NZG 2021, 1564, 1566, Rn. 19 – mit einem
einfachen elektronischen Zeugnis (§ 39a BeurkG) zu versehen sind. Hierdurch wird
die besondere Richtigkeitsgewähr bei der elektronischen Übermittlung der Anmeldung
sichergestellt.

b) Ausnahmen vom Erfordernis der öffentlichen Beglaubigung, insbesondere: Eigenurkunde
Die öffentliche Beglaubigung (Schritt 2) ist aber nicht durchgehend erforderlich. Statt der
Beglaubigung ist die notarielle Beurkundung ausreichend. Aber auch Anmeldungen zum
Handelsregister, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts in einer von ihr als
öffentlicher Behörde ausgestellten öffentlichen Urkunde einreicht, bedürfen anerkanntermaßen
keiner öffentlichen Beglaubigung (OLG Stuttgart FGPrax 2009, 129; OLG
Düsseldorf MittRhNotK 1997, 436; BayObLGZ 1975, 227; MünchKommHGB/Krafka,
5. Aufl. 2021, § 12 Rn. 17). Schließlich reicht – auch schon nach früherer Rechtslage, als
die Anmeldungen noch in Papierform eingereicht wurden – auch die notarielle Eigenurkunde
aus, wenn der Notar etwa eine von ihm selbst beglaubigte Erklärung als bevollmächtigter
Vertreter durch eine Eigenurkunde berichtigt, ergänzt oder den registerrechtlichen
Erfordernissen anpasst (BGH NJW 1981, 125; Ammon, DStR 1993, 1025, 1027;
MünchKommHGB/Krafka, § 12 Rn. 17; Krafka, Registerrecht, Rn. 81). Grund hierfür
ist, dass die Eigenurkunde des Notars selbst öffentliche Urkunde (§ 415 ZPO) ist, wenn
sie vom Notar gezeichnet und gesiegelt ist, da der Notar eine mit öffentlichem Glauben
versehene Urkundsperson ist.

c) Originär elektronische Eigenurkunde
Die Eigenurkunde eines Notars kann grundsätzlich nach allgemeiner Auffassung auch
originär elektronisch errichtet werden, ohne dass zunächst eine Papierfassung ausgedruckt,
unterschrieben und gesiegelt werden muss (BeckOGK-BeurkG/Theilig,
Std.: 1.10.2021, § 39a Rn. 10; Kruse, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot,
8. Aufl. 2020, § 39a BeurkG Rn. 28; KEHE/Volmer, GBO, 8. Aufl. 2019, § 29 Rn. 138;
Bettendorf/Mödl, DNotZ 2010, 795, 796).

aa) Allgemeine Verwendung im Rechtsverkehr
Die so errichtete elektronische Eigenurkunde fällt zwar nicht in den Anwendungsbereich
des BeurkG und stellt damit auch kein Zeugnis nach 39a BeurkG dar (Kruse,
§ 39a BeurkG Rn. 28; Meyer/Mödl, DNotZ 2009, 743, 746; BeckOGK-BeurkG/
Theilig, § 39a Rn. 10; DNotI-Report 2017, 147, 148), wie etwa in § 137 Abs. 1 S. 1
GBO vorausgesetzt. Dennoch handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die die
gleiche Beweiskraft hat wie eine papiergebundene Urkunde (s. explizit BT-Drs.
16/12319, S. 29 f. zur notariellen Eigenurkunde). Daher kann sie gem. § 137 Abs. 1
S. 2 GBO als öffentliches elektronisches Dokument auch im Grundbuchverkehr
verwendet werden (OLG Stuttgart NJW-RR 2018, 758 f.; Kruse, § 39a BeurkG Rn.
28; KEHE/Volmer, § 29 Rn. 138; Meyer/Mödl, DNotZ 2009, 743, 746; DNotIReport
2017, 147, 148 f.; BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 10;
Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl. 2021, § 137 Rn. 37).

bb) Verwendung im Handelsregisterverfahren
Angesichts der Verwendbarkeit im (formstrengeren) Grundbuchverfahren ist schon
nicht ersichtlich, weshalb originär elektronische notarielle Eigenurkunden nicht auch
im Handelsregisterverfahren verwendet werden können sollten. Dies ist entsprechend
auch bereits in der Rechtsprechung, aber auch mehrfach in der Literatur
explizit so vertreten worden (vgl. OLG Schleswig DNotZ 2008, 709 m. zust. Anm.
Apfelbaum; Gutachten DNotI-Report 2009, 183; Bettendorf/Mödl, DNotZ 2010,
795, 796; Jeep/Wiedemann, NJW 2007, 2439, 2446 zur Rücknahme des Antrags;
DNotI-Gutachten Nr. 113959). Gegenstimmen sind nicht ersichtlich (zur Einordnung
der Entscheidung BGH NZG 2021, 1564 s. unten; offen allerdings Milzer,
notar 2013, 35, 42 f.). Die Ansicht ist u. E. auch überzeugend, da durch die Stellung
des Notars als öffentlicher Amtsträger die Anforderungen für das Verfahren gewahrt
sind und der Umweg über einen Ausdruck der Urkunde, die Unterzeichnung und
Siegelung des Papiers, das Einscannen und das Erstellen einer beglaubigten Abschrift
nicht nur eine unnötige Förmelei wäre, sondern u. E. auch vom Gesetz so
nicht vorausgesetzt wird. Dies wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass
die Signatur des Notars dabei in mehrfacher Funktion relevant wird:

- Zunächst ersetzt die Signatur die Unterschrift auf dem Papier (Schritt 1). Dies
ist keine Besonderheit der notariellen Signatur, sondern wäre auch bei der Signatur
einer Privatperson ohne Notarattribut gem. § 126a BGB der Fall, demzufolge
die schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt wird, wenn das
elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen
wird. Es ist nicht ersichtlich, weshalb § 126a BGB im Registerverfahrensrecht
nicht wenigstens analog anzuwenden sein sollte (so auch OLG Schleswig
DNotZ 2008, 710, 711).

- Weiter ersetzt das in der Signatur des Notars enthaltene Notarattribut die sonst
erforderliche öffentliche Beglaubigung (Schritt 2); die Signatur entspricht damit
dem Siegel des Notars bei einer papiergebundenen Urkunde (Apfelbaum/
Bettendorf, RNotZ 2007, 89, 91; Gassen, RNotZ 2007, 142, 144). Es
liegt damit – wie bereits für das Grundbuchverfahren allgemein anerkannt – eine
öffentliche Urkunde vor.

- Schließlich wird auch die vom BGH geforderte Sicherheit der elektronischen
Übermittlung (oben Schritt 3) durch die Mitwirkung des Notars gewährleistet
(so wohl schon Jeep/Wiedemann, NJW 2007, 2439, 2446). Ein der Form des
§ 39a BeurkG genügender Vermerk ist bei originär elektronisch vorliegenden
Urkunden gerade nicht zu fordern (Bettendorf/Mödl, DNotZ 2010, 795, 797).
Dies wäre auch bei originär elektronischen Urkunden von Behörden nicht der
Fall; erstellt eine siegelführende Körperschaft selbst ein öffentliches elektronisches
Dokument (§ 371a Abs. 3 ZPO), kann dieses unmittelbar an das Registergericht
gesendet werden, eine zusätzliche Sicherheit für die Übermittlung der
elektronischen Form ist bei öffentlichen elektronischen Dokumenten nicht vorgesehen
(OLG Stuttgart FGPrax 2009, 129, 130). Eine solche Urkunde wäre
selbst bei Einreichung durch den Notar nicht von diesem mit einer Vermerkurkunde
nach § 39a BeurkG zu versehen, vielmehr wäre das elektronische Dokument
unverändert mit der vorhandenen Signatur an das Registergericht zu übermitteln
(Bettendorf/Mödl, DNotZ 2010, 795, 797). Dies bedeutet u. E., dass
bei einer originär elektronischen Eigenurkunde die Signatur des Notars auch
ausreicht, um die Übermittlung zu gewährleisten. In der Tat ist nicht ersichtlich,
weshalb gerade für die Sicherheit der elektronischen Übermittlung zu fordern
sein sollte, dass die Urkunde zunächst in Papierform vorlag. Ob die Eigenurkunde
des Notars dabei der Form des § 39a BeurkG entspricht (s. o.), ist daher
u. E. nicht relevant.

3. Entscheidung des BGH NZG 2021, 1564
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der genannten Entscheidung BGH NZG 2021, 1564.
Diese befasst sich nicht mit der Frage der originär elektronischen Eigenurkunde durch den
Notar, sondern mit einer Konstellation, in der gerade ohne Mitwirkung eines Notars eine
Anmeldung erst schriftlich abgefasst, dann (von einem Ortsgerichtsvorsteher) öffentlich beglaubigt
und schließlich mit qualifizierter elektronischer Signatur des Unterzeichners – d. h.
des anmeldenden Geschäftsführers – zum Registergericht geschickt worden war. Es lag also
eine zunächst papiergebundene Urkunde vor; der BGH befasste sich daher gar nicht mit dem
Fall einer originär elektronischen Urkunde. Das Problem im Fall des BGH lag entsprechend
auch nicht bei Schritt 1 (eine ursprünglich papiergebundene Urkunde gab es ja) noch bei
Schritt 2 (die Beglaubigung durch den Ortsvorsteher war ja erfolgt), sondern bei Schritt 3.
Der BGH wendete auch auf diese elektronische Übermittlung der Anmeldung selbst – so die
hier interessierende Kernaussage des Urteils – § 12 Abs. 2 HGB an und forderte zur Sicherheit
der elektronischen Übermittlung ein qualifiziertes elektronisches Zeugnis nach § 39a
BeurkG, d. h die Mitwirkung eines Notars. Ein solches Zeugnis lag im Fall des BGH allerdings
gerade nicht vor, sondern lediglich eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 126a
BGB. Dieser fehlte es also an dem öffentlichen Glauben, den § 12 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 HGB
nach Ansicht des BGH für die elektronische Übermittlung verlangt. Die Signatur des Nicht-
Notars hätte lediglich genügt, um eine eigentlich schriftlich abzufassende Erklärung in
elektronischer Form abzugeben (BGH NZG 2021, 1564, 1566, Rn. 18) – hätte also Schritt 1
betroffen, der in diesem Fall aber gar nicht problematisch war.

Im Unterschied dazu stellt sich das aufgeworfene Problem anders dar. Hier ist die Sicherheit
der elektronischen Übermittlung durch die Mitwirkung des Notars gerade sichergestellt. Mit
der hier zu diskutierenden Frage – ob eine Papierform im Ausgang entbehrlich ist – hatte sich
der BGH gerade nicht befasst. Insofern gehen wir im Ergebnis davon aus, dass die Errichtung
einer originär elektronischen Eigenurkunde in diesen Fällen möglich ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

189082

Erscheinungsdatum:

01.07.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

FamFG § 378