Messungskauf; Abweichung nach Vermessung; Erfordernis neuer Unbedenklichkeitsbescheinigung, neuen Vorkaufsrechtszeugnisses und neuer Grundstücksverkehrsgenehmigung
BGB §§ 311b, 925;
Messungskauf; Abweichung nach Vermessung; Erfordernis neuer Unbedenklichkeitsbescheinigung, neuen Vorkaufsrechtszeugnisses und neuer Grundstücksverkehrsgenehmigung
I. Sachverhalt
Es wurde ein Kaufvertrag über eine noch zu vermessende Teilfläche beurkundet. Die Größe der Teilfläche beträgt „ca. 18.000 m²“. Die zu vermessende Teilfläche ergibt sich aus einem der Niederschrift beigefügten Lageplan.
Nach der Beurkundung holte der Notar eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, einen Vorkaufsrechtsverzicht und eine Grundstücksverkehrsgenehmigung ein. Sodann erfolgte die Vermessung. Das Vermessungsergebnis weicht um 88 m² von der angenommenen Größe ab. Die Grenzen des neu vermessenen Flurstücks weichen an der östlichen Grenze des Grundstücks in der Breite vom Lageplan ab.
Die Vertragsbeteiligten haben im Nachtrag zur Urkunde die Auflassung erklärt und eine Identitätserklärung des Inhalts abgegeben, dass das neu vermessene Flurstück mit dem Vertragsgegenstand identisch sei.
Das Grundbuchamt verweigert den Vollzug der Auflassung. Es seien eine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung, ein neuer Vorkaufsrechtsverzicht und eine neue Grundstücksverkehrsgenehmigung einzuholen.
II. Frage
Sind die Bedenken des Grundbuchamts berechtigt?
III. Zur Rechtslage
1. Unbedenklichkeitsbescheinigung
Zunächst ist zu prüfen, ob eine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung nach
Beim Teilflächenkauf kann die Grunderwerbsteuer jedoch grundsätzlich erst auf Grundlage des Messungsergebnisses abschließend festgesetzt werden. In aller Regel ist daher zum grundbuchamtlichen Vollzug eine (weitere) Unbedenklichkeitsbescheinigung gem.
Eine Ausnahme ist dann zu bejahen, wenn im Teilflächenkaufvertrag ein Festpreis vereinbart wurde, der unabhängig von etwaigen Mehr- oder Minderflächen gelten soll. Denn dann kann sich die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (
Keine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung ist außerdem erforderlich, wenn die Steuer bereits auf Grundlage des Kaufvertrags endgültig festgesetzt wurde, weil das Finanzamt davon ausging, dass sich die Gegenleistung durch das Vermessungsergebnis voraussichtlich nicht erhöhen wird; hierin liegt ein Verzicht der Finanzverwaltung auf eine Steuererhebung auf Grundlage des erhöhten Kaufpreises (vgl. Gutachten
In dem Schreiben betreffend die Verwaltungsvereinfachung bei der Ermittlung der Gegenleistung v. 13.12.1984 (FM Bayern 37 - S 4521 - 23/37 - 66350; koordinierter Ländererlass), geändert durch Schreiben FM Bayern v. 15.10.1992, 19.7.1996, 12.3.1997 und 26.1.2001 (BeckVerw 027370), hat das Finanzministerium unter Ziff. II.3 im Hinblick auf Teilflächenverkäufe Folgendes ausgeführt (so auch FM Sachsen-Anhalt
„Ist beim Erwerb eines Grundstücks die Flächengröße noch nicht bekannt und berechnet sich die Höhe der Gegenleistung nach der Fläche des Grundstücks, so ist die Grunderwerbsteuer sofort endgültig festzusetzen, wenn sich die Gegenleistung durch das Vermessungsergebnis voraussichtlich nicht um mehr als 5000,- DM erhöhen wird. Ansonsten ist die Steuer vorläufig festzusetzen, und der Bescheid ist bei Vorliegen des genauen Vermessungsergebnisses zu ändern. Wurde die Grunderwerbsteuer nach Satz 1 endgültig festgesetzt und ermäßigt sich die Gegenleistung aufgrund der Vermessung, so ist auf entsprechenden und vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellten Antrag der Grunderwerbsteuerbescheid nach
Die OFD Niedersachsen hat die Finanzbehörden angewiesen, die Steuer in aller Regel ohne Abwarten des Vermessungsergebnisses sofort endgültig festzusetzen. Der Steuerausfall wird in Kauf genommen (OFD Niedersachsen v. 7.5.2014, BeckVerw 285523).
Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt. Sofern sich aus der Bescheinigung keine abweichenden Anhaltspunkte ergeben, dürfte davon auszugehen sein, dass die Steuer endgültig festgesetzt wurde. Denn anderenfalls hätte das Finanzamt noch keine für den Grundbuchvollzug geeignete Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilen dürfen. Demzufolge darf das Grundbuchamt keine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung verlangen.
2. Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz
Fraglich ist, ob eine neue Genehmigung nach dem GrdstVG (
Ändert sich der Vertragsgegenstand nach der Vermessung des Grundstücks, könnte die bisherige Genehmigung nicht mehr ausreichend sein, weil sich die Genehmigung auf einen anderen Vertragsgegenstand bezieht. Es könnte an der Kongruenz von genehmigtem und tatsächlich abgeschlossenem Rechtsgeschäft fehlen. Es erscheint allerdings sehr zweifelhaft, ob auch bei nur geringfügigen Änderungen eine neue Genehmigung erforderlich ist.
a) Auflassungsvollmacht beim Teilflächenverkauf
Erörtert wird in Rechtsprechung und Literatur die Frage, ob eine Auflassungsvollmacht für einen Vertragsteil eines Teilflächenkaufvertrags gilt, wenn es zwischen der verkauften und der tatsächlich veräußerten Fläche zu Abweichungen kommt. Die einhellige Auffassung nimmt dabei an, dass eine Vollmacht zur Identitätsfeststellung und Auflassung dann an ihre Grenzen stößt, wenn zwischen der Beschreibung der Teilfläche im Vertrag und ihrem Zuschnitt nach Vermessung mehr als nur geringfügige Differenzen bestehen (BayObLG
Die Literatur neigt dazu, die Grenze für die Vollmacht bei einem Größenunterschied von 10 % zwischen verkaufter und anschließend vermessener Fläche anzusetzen (vgl. Staudinger/Pfeifer/Diehn, BGB, 2017, § 925 Rn. 62).
b) Behördliche Genehmigungen
Diese Grenze hat auch die Rechtsprechung als Richtwert für die Frage herangezogen, ob eine behördliche Teilungsgenehmigung wegen mehr als nur unerheblicher Flächenabweichung nach Vermessung nochmals erteilt werden muss (BayObLG
c) Grundstücksverkehrsgenehmigung
Diese Erwägungen wird man ohne Weiteres auf die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung übertragen können. Geringfügige Abweichungen im Flächenmaß dürften grundsätzlich unschädlich sein, sofern sie nicht zu einer erstmaligen Überschreitung eines Schwellenwerts führen. Für diese Betrachtung spricht nicht zuletzt auch der Zweck des Genehmigungserfordernisses, eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden zu verhindern. Kommt es nur zu einer kleinen Flächenabweichung, würde sich die Behörde nicht zu einer anderen Entscheidung veranlasst sehen. Eine Ausnahme wird man auch bei kleinen Flächenabweichungen annehmen können, wenn sich die Lage oder geometrische Form des Grundstücks wesentlich verändert. In diesem Fall ist sogar bei gleichbleibender Fläche eine abweichende behördliche Entscheidung denkbar.
Dass im vorliegenden Fall eine wesentliche Änderung der Lage oder der Form des Grundstücks eingetreten ist, lässt sich dem mitgeteilten Sachverhalt nicht entnehmen. Die Flächenabweichung beträgt lediglich 0,0048 %. Dass sich die Grenze in der Breite verschoben hat, wird man auch nicht als erheblich ansehen können, sofern nicht erkennbar besondere Gegebenheiten in der Lage des Grundstücks zu einer abweichenden Beurteilung zwingen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Sachverhalt gehen wir daher davon aus, dass keine neue Genehmigung nach dem GrdstVG erforderlich ist.
3. Vorkaufsrecht
Nach
162892
Erscheinungsdatum:10.07.2018
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Grunderwerbsteuer
Sachenrecht allgemein
Allgemeines Schuldrecht
Öffentliches Baurecht
GrdstVG § 2; BauGB § 28; BGB § 925; BGB § 311b; GrEStG § 22