Erforderlichkeit der Beurkundung einer Finanzierungsvollmacht
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 167266
letzte Aktualisierung: 1 4 . Februar 2019
Erforderlichkeit der Beurkundung einer Finanzierungsvollmacht
I. Sachverhalt
Der noch nicht eingetragene Grundstückserwerber hat eine Grundschuld beurkundet, mittels
einer Vollmacht des Grundstückseigentümers, welche isoliert und nur als Unterschriftsbeglaubigung
vorlag.
II. Fragen
1. Ist die Finanzierungsvollmacht als reine Unterschriftsbeglaubigung ausreichend / wirksam,
oder hätte sie beurkundet werden müssen?
2. Wird durch die Eintragung der Grundschuld im Grundbuch ein etwaiger Formmangel der
Vollmacht geheilt?
III. Zur Rechtslage
1. Grundbuchrechtliche Anforderungen
Gem.
oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch
öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Zwar bedürfen
Vollmachten materiellrechtlich zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich keiner Form (§ 167 Abs.
2 BGB), dem Grundbuchamt gegenüber müssen sie aber in der Form des § 29 Abs. 1 S. 1
GBO nachgewiesen werden (BGH
beglaubigter Form; weitere Nachweise sind nicht erforderlich (KEHEGBO/
Volmer, 7. Aufl. 2015, § 29 Rn. 41).
Aus grundbuchverfahrensrechtlicher Sicht bedarf die Finanzierungsvollmacht folglich
nicht der Beurkundung; es genügt, dass sie öffentlich beglaubigt ist.
2. Beurkundungsbedürftigkeit nach
Möglicherweise ergibt sich jedoch eine Beurkundungsbedürftigkeit aus § 311b Abs. 1 S. 1
BGB, demzufolge bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum
an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung.
Beurkundet werden muss in diesem Zusammenhang das gesamte Rechtsgeschäft, das die
Grundstücksveräußerungs- oder -erwerbsverpflichtung enthält (statt aller: MünchKomm-
BGB/Kanzleiter, 7. Aufl. 2016, § 311b Rn. 50). Beurkundungsbedürftig sind bei Grundstücksgeschäften
alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner
das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt (BGH NJW
1983, 563, 564).
a) Beurkundungsbedürftigkeit als Nebenabrede
Fraglich ist, ob hierzu auch die Vollmacht zur Bestellung einer Finanzierungsvollmacht
gehört. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass nicht nur die essentialia
negotii, sondern auch accidentalia (Nebenabreden) zu beurkunden sind, soweit die
entsprechenden Punkte für die Parteien im konkreten Fall tatsächlich regelungsbedürftig,
also zum Vertragsinhalt gemacht worden sind (BeckOGK-BGB/Schreindorfer, Std:
1.9.2018, § 311b Rn. 153). Entscheidend ist, ob die Vereinbarung Regelungswirkungen
entfalten und nicht lediglich das ohnehin kraft Gesetzes geltende wiedergeben sollen
(BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 172). Eine Unterscheidung zwischen
„wichtigen“ und „unwichtigen“ Teilen kennt das Gesetz dabei nicht
(MünchKommBGB/Kanzleiter, § 311b Rn. 50). Anerkannt ist insoweit, dass beurkundungsbedürftig
die vertraglich vereinbarten weiteren Schritte zum Vollzug des Vertrages
sind, gleich ob diese durch den Notar oder durch die Parteien vorzunehmen sind
(BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 173.2).
Soweit die Parteien bereits bei Vertragsschluss davon ausgingen, dass der Käufer den
Kaufpreis wird finanzieren müssen, kann u. E. davon ausgegangen werden, dass die
Parteien den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätten, wenn nicht die Mitwirkung des
Verkäufers / Grundstückseigentümers bei der Bestellung von Grundpfandrechten
gesichert wäre. Dies liegt darin begründet, dass weder Verkäufer noch Käufer ein
Interesse daran haben werden, einen Kaufvertrag zu schließen, wenn die Finanzierung
nicht gesichert ist. U. E. dürfte daher eine Vereinbarung zur Verpflichtung zur Mitwirkung
des Veräußerers bei der Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten
durch den Erwerber beurkundungsbedürftig sein (BeckOGKBGB/
Schreindorfer, § 311b Rn. 173.2). Aufzunehmen wäre bei einem entsprechenden
Willen der Parteien also die Verpflichtung des Veräußerers zur Mitwirkung.
Soweit eine solche Verpflichtung nicht in den Grundstückskaufvertrag aufgenommen
wurde, aber dies nach dem Willen der Parteien ein regelungsbedürftiger Punkt gewesen
wäre, hätte dies zur Folge, dass die entsprechende Vereinbarung nach
wegen Formmangels nichtig wäre. Ist eine Vereinbarung nach
richtet sich das Schicksal des Rechtsgeschäfts i. Ü. nach
BGB/Kanzleiter, § 311b Rn. 71). Gem.
Rechtsgeschäfts nichtig ist, das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen
ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Da die Mitwirkung
des Veräußerers bei der Grundschuldbestellung im Falle der Finanzierungsbedürftigkeit
essentiell ist und nicht davon ausgegangen werden kann, dass Käufer und Verkäufer
den Vertrag ohne gesicherte Finanzierung abgeschlossen hätten, dürfte insofern Gesamtnichtigkeit
des Kaufvertrags gegeben sein. Dieser formelle Mangel wäre allerdings
gem.
im Grundbuch erfolgen.
Anders wäre der Fall dann, wenn die Parteien entweder bei Abschluss des Kaufvertrags
noch gar nicht wussten, dass eine Finanzierung vonnöten sein würde, oder wenn sie
sich hierüber schlicht keine Gedanken gemacht hätten. In diesem Fall wäre nämlich die
Verpflichtung zur Mitwirkung nach dem Willen der Parteien nicht Teil des
Grundstückskaufvertrags und damit auch nicht nach
gewesen. In diesem Fall könnte die Verpflichtung zur Erteilung der
Vollmacht problemlos nachgeholt werden. Sie wäre dann, wenn die Auflassung bereits
erklärt worden wäre, auch nicht formbedürftig, da Änderungen eines Grundstückskaufvertrags
nach der Auflassung formlos möglich sind, wenn die Auflassung
bindend geworden ist (BGH
entweder konkludent durch Übergabe der (unterschriftsbeglaubigten) Vollmachtsurkunde
eingegangen werden. Möglich wäre aber auch ein privatschriftlicher Nachtrag
zum Kaufvertrag, in dem die Beteiligten erklären, dass sie bei Vertragsschluss die Aufnahme
einer Verpflichtung zur Mitwirkung nicht erforderlich gehalten haben, eine entsprechende
Erklärung aber nun nachholen wollen.
b) Beurkundungsbedürftigkeit als gemischter bzw. zusammengesetzter Vertrag
Von der Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Bestellung von Grundpfandrechten zu
trennen ist indes die Erteilung einer Vollmacht zur Bestellung von Grundpfandrechten.
Diese ist als Erfüllung der vorgenannten Verpflichtung zu betrachten, und als
eigenständiges Rechtsgeschäft nicht Teil des Kaufvertrags.
Zwar können auch eigenständige Rechtsgeschäfte nach
sein, wenn es sich bei ihnen entweder um einen gemischten
(BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 156 f.) oder um einen zusammengesetzten
(BeckOGK-BGB/Schreindorfer, § 311b Rn. 180 ff.) Vertrag handelt.
Zu beachten ist hierbei allerdings, dass sich das Beurkundungserfordernis stets nur auf
das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft bezieht, nicht indes auf jene Rechtsgeschäfte
/ -handlungen, die der Erfüllung des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes
dienen. Bei der Erteilung der Vollmacht handelt es sich aber gerade nicht
um ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft, sondern um dessen Erfüllung, mithin
das Verfügungsgeschäft. Dieses ist nicht beurkundungsbedürftig.
3. Vollmacht zur Erklärung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung
Möglicherweise ergibt sich eine Beurkundungspflicht jedoch daraus, dass eine Finanzierungsvollmacht
i. d. R. auch dazu berechtigt, die dingliche Zwangsvollstreckungsunterklärung
im Namen des Grundstückseigentümers zu erklären (vgl. hierzu das Muster
in Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 8. Aufl. 2017, Rn. 2001).
Die Bestellung einer Buchgrundschuld ist grundsätzlich formfrei möglich. Lediglich für
den Grundbuchverkehr ist es erforderlich, dass die Grundschuld zumindest in öffentlich
beglaubigter Form dem Grundbuch vorgelegt wird. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn
in der Grundschuldbestellungsurkunde eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung enthält;
in diesem Fall ist notarielle Beurkundung erforderlich (
Die Vollmacht bedarf indes nach
auf das sich die Vollmacht bezieht.
Auch aus anderen Rechtsgründen ergibt sich keine Formbedürftigkeit der Vollmacht aufgrund
der (regelmäßig) enthaltenen Bevollmächtigung zur Erklärung der Zwangsvollstreckungsunterwerfung.
So führte der BGH in seinem Urt. v. 18.11.2003 – XI ZR 332/02
aus:
„Allerdings hat das BerGer. im Ergebnis zu Recht angenommen,
dass die mit notarieller Urkunde vom 19. 12. 1994 erklärte Vollstreckungsunterwerfung
unwirksam ist mit der Folge, dass hiermit
kein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO geschaffen wurde.
Dies folgt jedoch - anders als das BerGer. meint - nicht aus der
fehlenden notariellen Beurkundung der Vollmacht vom 6. 12.
1994, mit der die Kl. dem Bankkaufmann G neben der Abschlussvollmacht
für den Erwerb der Eigentumswohnung auch
Vollmacht zur Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung
erteilt haben. Entgegen der Auffassung des BerGer. ist die auf die
Schaffung des Titels gerichtete Vollmacht nicht formunwirksam.
Wie das BerGer. an anderer Stelle zutreffend gesehen hat, ist die
Vollstreckungsunterwerfungserklärung keine privatrechtliche,
sondern eine ausschließlich auf das Zustandekommen eines Vollstreckungstitels
gerichtete einseitige prozessuale Willenserklärung,
die rein prozessualen Grundsätzen untersteht […]. Das bedeutet,
dass die auf Abgabe einer solchen Erklärung gerichtete Vollmacht
allein den Vorschriften der §§ 80ff. ZPO und nicht denen
der §§ 164ff. BGB […]. Damit erweisen sich die Ausführungen
des BerGer. zu
verfehlt. Auf die Frage, wann eine Vollmacht abweichend von
bedarf, kommt es für die hier allein maßgebliche Prozessvollmacht
nicht an. Die Vorschriften der §§ 80ff. ZPO bilden für
die Prozessvollmacht ein Sonderrecht. Materiell-rechtliche Regelungen
über die Vollmacht können daher nur Geltung erlangen,
wenn die ZPO auf sie verweist oder in ihnen allgemeine Rechtsgedanken
der Stellvertretung zum Ausdruck kommen […].
Das ist hier nicht der Fall. Die ZPO enthält insbesondere in den
§§ 80, 89 Abs. 2 eigene Regelungen, die eine notarielle Beurkundung
der Prozessvollmacht nicht vorsehen. Die Prozessvollmacht
kann danach formlos - sogar durch schlüssiges Verhalten (§89
Abs. 2 ZPO) - erteilt werden […].
Soweit in der Literatur vereinzelt die Auffassung vertreten wird,
eine Vollmacht zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung
unterfalle in bestimmten Fällen der Beurkundungspflicht
des
1147f.), kann dahinstehen, ob dem zu folgen ist. Eine Beurkundungspflicht
besteht nach dieser Auffassung jedenfalls nur für
unwiderruflich erteilte Prozessvollmachten, die von den Kl. erteilte
Vollmacht ist aber frei widerruflich. Das verkennt auch das
BerGer. nicht. Es meint aber, wegen der hohen Risiken, die die
Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung auch in
das persönliche Vermögen für den Schuldner mit sich bringe,
müsse auch die frei widerrufliche Vollmacht zur Abgabe einer
entsprechenden Erklärung notariell beurkundet werden, da nur so
eine ausreichende Belehrung durch den Notar sichergestellt werde.
Auch das vermag jedoch die Notwendigkeit einer notariellen
Beurkundung der prozessualen Vollmacht abweichend von § 80
ZPO nicht zu begründen. Wie der Senat - nach Erlass des Berufungsurteils
- entschieden hat, kommt es für die Frage der Wirksamkeit
einer Vollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung
nicht auf eine Belehrung durch
den Notar an. Es entspricht nämlich jahrzehntelanger Praxis, dass
sich der mit dem persönlichen Kreditschuldner identische
Grundschuldbesteller bei Bankdarlehen regelmäßig der Zwangsvollstreckung
in sein gesamtes Vermögen unterwerfen muss […].
Ebenso wie er sich aus diesem Grund zur Abgabe einer entsprechenden
Erklärung formlos in einem Darlehensvertrag verpflichten
kann […], bedarf auch die Vollmacht zur Abgabe einer entsprechenden
Erklärung keiner besonderen Form.“ (BGH NJW
2004, 844 f.)
Soweit es sich – wie dies regelmäßig der Fall ist, zumal streitig ist, ob eine unwiderrufliche
Vollmacht überhaupt denkbar ist (vgl. hierzu Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis,
Fn. 4029 zu Rn. 1852) – um eine unwiderrufliche Vollmacht handelt, bedarf diese mithin
keiner notariellen Beurkundung.
4. Ergebnis
I. Erg. ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Vollmacht beurkundungsbedürftig sein sollte.
Dass sie notariell beglaubigt ist, reicht mithin aus, um wirksam eine Grundschuld bestellen
und im Grundbuch eintragen lassen zu können.
Beurkundungsbedürftig wäre hingegen – bei entsprechendem Willen der Parteien bei Vertragsschluss
(Grundstückskaufvertrag) – die Verpflichtung des Veräußerers zur Mitwirkung
bei der Grundpfandrechtsbestellung gewesen. Soweit die Parteien bereits bei Vertragsschluss
davon ausgingen, dass eine Finanzierung notwendig sein würde, könnte u. E. die
fehlende Beurkundung der Mitwirkungsverpflichtung dazu geführt haben, dass der gesamte
Vertrag nach
Abs. 1 S. 2 BGB eintreten, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.
Soweit sich die Parteien bei Vertragsschluss keine Gedanken um die Finanzierung des
Kaufpreises gemacht hätten, wenn also die Verpflichtung zur Mitwirkung nach ihrer Vorstellung
nicht Teil des Kaufvertrags sein sollten, so könnte diese nunmehr privatschriftlich
(als Nachtrag zum Kaufvertrag) nachgeholt werden, soweit die Auflassung bindend geworden
wäre, da ab diesem Zeitpunkt Änderungen des Kaufvertrags formfrei möglich sind.
167266
Erscheinungsdatum:14.02.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Allgemeines Schuldrecht
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Grundbuchrecht
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte
Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
BGB § 1191; GBO § 29; ZPO § 794; BGB § 311b; BGB § 167; ZPO § 80