BGB § 1822
Genehmigung eines von Eltern abgeschlossenen Erbauseinandersetzungsvertrags; Minderjährigkeit der Miterben; Verfügung über Grundbesitz
I. Sachverhalt
Miterben (darunter auch Minderjährige, vertreten durch ihre Eltern) haben sich im Rahmen eines Erbauseinandersetzungsvertrags dahingehend auseinandergesetzt, dass ein Nachlassgrundstück auf einen der volljährigen Miterben zu Alleineigentum übergeht. Eine unmittelbare Geldleistung haben die Beteiligten nicht vereinbart, sondern lediglich, dass die Grundstücksübertragung im Rahmen der weiteren Erbauseinandersetzung berücksichtigt wird.
Das zuständige Familiengericht verweigert die Erteilung einer familiengerichtlichen Genehmigung, weil es eine solche nicht für erforderlich hält. Es handele sich um eine Erbteilung nach § 1822 Nr. 2 BGB; § 1643 BGB verweise darauf aber gerade nicht. Eine Genehmigungsbedürftigkeit nach den §§ 1643, 1822 Nr. 1 BGB scheide aus, da nicht über den Erbteil verfügt werde. Ebenso wenig sei eine Genehmigung gem. § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erforderlich, denn dieser sei grundsätzlich kein Auffangtatbestand zu § 1822 BGB. Er sei nur zu prüfen, wenn die Erbschaft ganz oder zum Teil an einen Dritten verkauft werde, nicht bei der Veräußerung an einen oder mehrere Miterben.
II. Frage
Ist die familiengerichtliche Genehmigung zur Teilerbauseinandersetzung erforderlich?
III. Zur Rechtslage
1. Genehmigungsbedürftigkeit der Erbauseinandersetzung
Gem. § 1822 Nr. 2 BGB bedarf der Vormund zu einem Erbteilungsvertrag der Genehmigung des Familiengerichts. Genehmigungsbedürftig ist damit auch ein Erbauseinandersetzungsvertrag, und zwar gleichgültig, ob er gerichtlich oder außergerichtlich geschlossen wird, ob er schuldrechtlich oder bereits dinglich wirkt, ob die Erbengemeinschaft dadurch im Ganzen oder nur bzgl. eines Nachlassgegenstands aufgehoben wird (MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, 7. Aufl. 2017, § 1822 Rn. 10). § 1822 Nr. 2 BGB gilt außer für den Vormund auch für den Pfleger (§ 1915 BGB) und den Betreuer (§ 1908i Abs. 1 S. 1 BGB), er gilt aber nicht für Eltern, wie sich aus der ausdrücklichen Bestimmung des § 1643 Abs. 1 BGB rückschließen lässt. Grundsätzlich bedürfen Eltern daher keiner Genehmigung, wenn sie einen Auseinandersetzungs-vertrag für ihr Kind abschließen wollen (Staudinger/Löhnig, BGB, Neubearb. 2016, § 2042 Rn. 18; G. Müller/Braun, in: Beck’sches Formularbuch Erbrecht, 3. Aufl. 2014, J.VI.1, Anm. 10).
Der Erbauseinandersetzungsvertrag oder sein Vollzug können gleichwohl genehmigungspflichtig sein, wenn darin oder dabei ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft nach den §§ 1821, 1822 Nr. 1, 3, 5, 8-11 BGB vorgenommen wird (BGH FamRZ 1961, 216 = BeckRS 1961, 31188470 zur Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts; Staudinger/Löhnig, § 2042 Rn. 18; G. Müller/Braun, J.VI.1, Anm. 10). So ist der Vertrag bspw. nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB genehmigungspflichtig, wenn er die Verfügung über ein Grundstück enthalten soll, das im Gesamthandseigentum des Minderjährigen steht (MünchKommBGB/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn. 10; G. Müller/Braun, J.VI.1, Anm. 10).
2. Vorliegender Fall
Die Rechtsansicht des Gerichts, § 1821 BGB greife nur bei Veräußerung an Dritte ein und nicht im Rahmen der Erbauseinandersetzung, trifft im Hinblick auf die bisherige Ansicht in Rechtsprechung und Literatur nicht zu. Im vorliegenden Fall bedarf es daher einer familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB, weil über Grundbesitz der Minderjährigen verfügt worden ist. Dass der Erwerber ein Miterbe ist, hat für die Genehmigungsbedürftigkeit keine Bedeutung.