14. April 2025
WEG § 10; WEG § 3

Nutzungsänderung hinsichtlich einer Teileigentumseinheit; Zweckbestimmung im engeren und weiteren Sinne; Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum

WEG §§ 3, 10
Nutzungsänderung hinsichtlich einer Teileigentumseinheit; Zweckbestimmung im engeren und weiteren Sinne; Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum

I. Sachverhalt
Im Jahr 1989 wurde ein Mehrfamilienhaus in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Im Erdgeschoß wurde eine Einheit gebildet, die in der Teilungserklärung und im Grundbuch als „Gewerbliche Einheit Nr. 1 (Gaststätte)“ bezeichnet wurde. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung spricht allerdings insoweit nur von einer „Gewerbeeinheit“. Diese Einheit soll verkauft werden. Der Käufer möchte die Einheit in Wohnungseigentum umwandeln. Alternativ möchte der Käufer, ein Architekt, die Einheit als Architekturbüro selbst nutzen.

II. Fragen
1. Wäre eine Umwandlung der Einheit in Wohnungseigentum ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer der Anlage möglich?

2. Ist zur Umwandlung eine geänderte Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich?

3. Ist für die alternative Nutzungsänderung (von Gaststätte zu Architekturbüro) eine Änderung der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung erforderlich oder wäre die Nutzung als Architekturbüro bereits jetzt zulässig?

4. Muss die Nutzungsänderung (Architekturbüro statt Gaststätte) im Grundbuch eingetragen werden und setzt dies ggf. die Zustimmung der übrigen Eigentümer voraus?

III. Zur Rechtslage
1. Unterscheidung zwischen Zweckbestimmung im weiteren und engeren Sinne
Um zu beurteilen, wie die geplanten Änderungen zu bewerten sind, muss zunächst zwischen der Zweckbestimmung im weiteren und der Zweckbestimmung im engeren Sinne unterschieden werden. Die Zweckbestimmung im weiteren Sinne betrifft die Frage, ob die Sondereigentumseinheit als Wohnung genutzt wird, also Wohnungseigentum i. S. d. § 1 Abs. 2 WEG vorliegt, oder ob sie nicht zu Wohnzwecken genutzt wird, also Teileigentum i. S. d. § 1 Abs. 3 WEG vorliegt (BGH NZM 2018, 90 Rn. 6; Hügel/Elzer, WEG, 4. Aufl. 2025, § 10 Rn. 87; BeckOGK-WEG/M. Müller, Std.: 1.2.2025, § 1 Rn. 156). Mit der Zweckbestimmung im engeren Sinne können weitergehende Gebrauchsregelungen für die einzelnen Einheiten festgelegt werden, wie beispielweise die Nutzung einer Teileigentumseinheit als Restaurant, Laden oder Arztpraxis (vgl. Hügel/Elzer, § 10 Rn. 93–99; Bärmann/Suilmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 13 Rn. 22).

2. Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum
Der Käufer möchte (vorrangig) die im Grundbuch als Teileigentum geführte Sondereigentumseinheit in eine Wohnungseigentumseinheit umwandeln. Hierbei geht es um einen Rechtsakt und nicht um die Frage, ob die Räume auch ohne diesen Rechtsakt als Wohnung genutzt werden dürfen (im Verhältnis zu den anderen Sondereigentümern). Eine der Zweckbestimmung widersprechende Nutzung kann zwar nach der Rechtsprechung des BGH unter Umständen zulässig sein (s. zur Nutzung als Architekturbüro unter Ziff. 3). Zur Vermeidung von Rechtsunsicherheiten und womöglich entstehender Uneinigkeit über die Zulässigkeit der (neuen) Nutzung empfiehlt sich jedoch eine Umwandlung (im rechtlichen Sinne).

a) Änderung der Zweckbestimmung im weiteren Sinne
Nach heute herrschender Ansicht ist die Zweckbestimmung Gegenstand einer schuldrechtlichen Vereinbarung, nicht hingegen Bestandteil des sachenrechtlichen Aufteilungsaktes (s. Weber, Kölner Formularbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl. 2023, Kap. 4 Rn. 154; MünchKommBGB/Scheller, 9. Aufl. 2023, § 13 WEG Rn. 11). Auch der BGH hat sich dieser Ansicht angeschlossen (vgl. BGH ZWE 2021, 451 Rn. 19; NJW 2018, 41 Rn. 6).

Für die Änderung der Zweckbestimmung im weiteren Sinne als schuldrechtliche Vereinbarung ist somit grundsätzlich eine Einigung sämtlicher Eigentümer erforderlich (BGH ZWE 2021, 451 Rn. 22 m. w. N. zur Rspr.; BeckOGK-WEG/Falkner, Std.: 1.12.2024, § 10 Rn. 118; Weber, Kap. 4 Rn. 158). Einer Einigung aller Eigentümer bedarf es dann nicht, wenn die Gemeinschaftsordnung eine sog. „Öffnungsklausel“ enthält, also eine Vereinbarung i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG mit dem Inhalt, dass Vereinbarungsangelegenheiten auch mittels mehrheitlichem Beschluss geregelt werden können (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 136 ff.). Alternativ kommt ein sog. Änderungsvorbehalt/Umwidmungsrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers der betroffenen Einheit in der Gemeinschaftsordnung in Betracht (vgl. zu beidem: Weber, Kap. 4 Rn. 158–164). Bei der ersten Variante (Öffnungsklausel) müsste allerdings berücksichtigt werden, dass auch bei einem Mehrheitsbeschluss die Zustimmung des betroffenen Sondereigentümers notwendig wäre, da die Zweckbestimmung im weiteren Sinne ein sog. „mehrheitsfestes Recht“ darstellt (BGH NJW 2019, 2083 Rn. 15). Ob die Gemeinschaftsordnung vorliegend ein Umwidmungsrecht zugunsten des Eigentümers der Einheit oder eine sog. Öffnungsklausel enthält, ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Eine Eintragung der Änderung der Zweckbestimmung im weiteren Sinne in das Grundbuch ist zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Nur durch eine Eintragung in die Grundbücher kann jedoch die bloße inter-partes-Wirkung der Vereinbarung zwischen den beteiligten Eigentümern gem. § 10 Abs. 3 S. 1 WEG durchbrochen und eine Bindung möglicher Sonderrechtsnachfolger an die geänderte Zweckbestimmung erreicht werden (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 118). Sollte statt der Einigung ein Beschluss aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel ergehen, so muss dieser, anders als Beschlüsse, die aufgrund einer gesetzlichen Beschlusskompetenz ergehen (vgl. § 10 Abs. 3 S. 2 WEG), nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG ebenfalls in das Grundbuch eingetragen werden, um auch gegenüber einem Sonderrechtsnachfolger bindend zu sein.

Grundbuchverfahrensrechtlich ist zur Eintragung der Änderung eine entsprechende Bewilligungserklärung aller Eigentümer gemäß §§ 19, 29 GBO erforderlich. Für die Eintragung eines Beschlusses aufgrund einer Öffnungsklausel würde hinsichtlich der Bewilligungen allerdings § 7 Abs. 2 WEG als Erleichterung greifen. Danach sind die Bewilligungen der Wohnungseigentümer nicht erforderlich, wenn der Beschluss durch eine Niederschrift, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind, oder durch ein Urteil in einem Verfahren nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG nachgewiesen ist.

Es stellt sich schließlich noch die Frage, ob es einer Mitwirkung dinglich Berechtigter an der Änderung, also insbesondere deren Zustimmung, bedarf. Dabei ist zu differenzieren. Zunächst ist eine Zustimmung nur dann erforderlich, wenn es zu einer Eintragung in das Grundbuch kommt (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 283). Da es sich um eine Vereinbarung und Inhaltsänderung i. S. v. §§ 5 Abs. 4 S. 1, 10 Abs. 1 S. 2 WEG handelt, ist die Zustimmung von Grundpfandrechtsgläubigern nach § 5 Abs. 4 S. 2 WEG entbehrlich, sofern nicht zusätzlich ein Sondernutzungsrecht begründet, aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Jedoch wäre die Mitwirkung sonstiger dinglicher Berechtigter nach §§ 877, 876 BGB erforderlich, wenn die Berechtigten durch die Änderung rechtlich beeinträchtigt sein können (Weber, Kap. 4 Rn. 167).

b) Erforderlichkeit einer neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung
Fraglich ist, ob grundbuchverfahrensrechtlich für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich ist. Dies ist seit dem Inkrafttreten der neuen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz vom 6.6.2021 (AVA) umstritten.

In Anlehnung an die unter Geltung der „alten“ AVA aus dem Jahr 1974 wohl h. M. wird auch zur „neuen“ AVA vertreten, dass bei Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung vorzulegen ist (BeckOK-BGB/Hügel, Std.: 1.2.2025, § 1 Rn. 8; Hügel/Elzer, § 1 Rn. 26 i. V. m. § 3 Rn. 41; Grüneberg/Wicke, BGB, 84. Aufl. 2025, § 7 WEG Rn. 5; BeckOGK-WEG/M. Müller, § 1 Rn. 176, § 3 Rn. 216–220, 222–224 m. w. N.). Zur alten Rechtslage hatte das Kammergericht in zwei Entscheidungen eine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung hinsichtlich „des Sondereigentums“ verlangt (KG RNotZ 2013, 328, 329), dabei aber eine Ergänzungsbescheinigung zur Abgeschlossenheitsbescheinigung hinsichtlich des umgewandelten Teileigentums ausreichen lassen (KG RNotZ 2015, 504, 507). Begründet wurde dies damit, dass sich die Anforderungen an die Abgeschlossenheit von Wohnungen und von Teileigentum unterschieden (KG RNotZ 2013, 428; Staudinger/Rapp, 2018, § 1 WEG Rn. 11d). Die Vertreter, die diese Ansicht auch unter Geltung der neuen AVA beibehalten, argumentieren damit, dass es für die Abgeschlossenheit einer Wohnung weiterhin erforderlich sei, dass die Räume die Führung eines Haushalts ermöglichten. Die Wohnung müsse also mit Wasseranschlüssen, WC und einer Kochmöglichkeit ausgestattet sein, auch wenn dies in der neuen Fassung der AVA nicht mehr ausdrücklich erwähnt werde (BeckOGK-WEG/M. Müller, § 3 Rn. 216).

Unseres Erachtens ist die Rechtslage aufgrund der Änderung der AVA im Jahr 2021 jedoch neu zu bewerten (ebenso BeckOK-WEG/Leidner, Std.: 2.1.2025, § 3 Rn. 64.2; Bärmann/Pick/Baer, WEG, 21. Aufl. 2025, § 1 Rn. 27; Staudinger/Rapp/Wobst, 2023, § 1 WEG Rn. 11; Wobst, MittBayNot 2022, 322, 323; Zimmer, ZWE 2021, 436, 439). Die Muster-Abgeschlossenheitsbescheinigung in der Anlage zur AVA unterscheidet nicht mehr zwischen Wohnungen und Nicht-Wohneinheiten. Eine Mindestausstattung ist nach dem Wortlaut der neuen AVA gerade nicht mehr erforderlich (KG MittBayNot 2023, 138; BeckOK-WEG/Leidner, § 3 Rn. 64.2). Die Baubehörde bescheinigt schlichtweg nur noch die Abgeschlossenheit als solche. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung wird ohne Rücksicht auf bauordnungsrechtliche Vorschriften erteilt, § 4 Abs. 2 AVA (Wobst, MittBayNot 2023, 138, 139; BeckOK-WEG/Leidner, § 3 Rn. 64.2). Die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum berührt nur die Zweckbestimmung der Sondereigentumseinheit (vgl. dazu KG MittBayNot 2023, 138 m. Anm. Wobst). Dementsprechend bedarf es für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum (und vice versa) keiner neuen Abgeschlossenheitsbescheinigung mehr. Denn es kommt für die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung nicht mehr auf bestimmte Ausstattungsmerkmale der Wohnung an.

3. Umnutzung von Gaststätte zum Architekturbüro
Nutzt der Käufer die Einheit künftig statt als Gaststätte als Architekturbüro, handelt es sich weiterhin nicht um eine Nutzung zu Wohnzwecken. Somit wäre die Zweckbestimmung im weiteren Sinne nicht betroffen, da weiter Teileigentum vorliegt. Jedoch könnte die Zweckbestimmung im engeren Sinne betroffen sein, da es um den konkreten Gebrauch der Teileigentumseinheit geht. Bei Zweckbestimmungen im engeren Sinne handelt es sich ebenfalls um schuldrechtliche Vereinbarungen i. S. d. §§ 5 Abs. 4 S. 1, 10 Abs. 1 S. 2 WEG (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 68, § 14 Rn. 57; Hügel/Elzer, § 10 Rn. 93).

Hier muss jedoch zunächst geprüft werden, ob überhaupt eine Zweckbestimmung im engeren Sinne vereinbart wurde. Wie dargelegt, handelt es sich bei der Zweckbestimmung im engeren Sinne um eine (schuldrechtliche) Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern. Als solche ist sie grundsätzlich Teil der Gemeinschaftsordnung (BGH NJW 2020, 921 Rn. 15; BeckOGK-WEG/Falkner, § 14 Rn. 57; Brückner, ZNotP 2020, 1). Sie kann als Teil der Gemeinschaftsordnung, obgleich sie systematisch nichts mit der sachenrechtlichen Aufteilung zu tun hat, trotzdem wirksam in der Teilungserklärung vereinbart werden (BeckOGK-WEG/Falkner, § 14 Rn. 57–57.2; Hügel/Elzer, § 10 Rn. 93; Bärmann/Suilmann, § 13 Rn. 23; der BGH spricht im Hinblick auf in der Teilungserklärung enthaltene Regelungen der Gemeinschaftsordnung von der „Teilungserklärung im weiteren Sinne“, vgl. NJW 2020, 1354 Rn. 6; NJW-RR 2018, 1227 Rn. 6). Ob eine Zweckbestimmung im engeren Sinne im Zuge der Teilungserklärung getroffen wurde, ist grundsätzlich eine Frage der Auslegung (BGH ZWE 2017, 367 Rn. 11; BeckOGK-WEG/M. Müller, § 1 Rn. 157; Bärmann/Suilmann, § 13 Rn. 22). Hierzu ist auf den Wortlaut und den Sinn der Vereinbarung abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BGH NJW 2020, 1354 Rn. 7; NJW 2018 Rn. 28 m. w. N. auch zur ständigen Rspr. allgemein zur Auslegung von Grundbucheintragungen). Eine die Nutzung einschränkende Zweckbestimmung hat dabei klar und eindeutig aus der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung hervorzugehen (BGH NJW 2020, 1354 Rn. 7). Es muss also deutlich zum Ausdruck kommen, dass die zulässige Benutzung eingeschränkt werden soll (Beck-OGK-WEG/M. Müller, § 1 Rn. 157). Dabei kann sich schon aus einer schlichten Bezeichnung wie „Kellerraum“ oder „Ladenraum“ eine Zweckbestimmung ergeben (BGH NZM 2019, 293 Rn. 19 m. w. N.). Ist die Teilungserklärung hingegen unklar, gilt nach dem BGH im Zweifel, dass sie keine einschränkende Zweckbestimmung vorgibt (ZWE 2021, 451 Rn. 29; ZWE 2019, 268, Rn. 19). Keinen Einfluss hat im Regelfall die Nutzungsbezeichnung einzelner Räume im Aufteilungsplan (z. B. Ausweisung einzelner Räume als „Küche“, „Wohnzimmer“, „Schlafzimmer“ usw.). Hierbei handelt es sich regelmäßig nur um unverbindliche Nutzungsvorschläge des den Plan erstellenden Architekten (BGH ZWE 2017, 367 Rn. 11 m. w. N. zur Rspr.; BeckOGK-WEG/M. Müller, § 1 Rn. 157.1).

Der BGH (NZM 2019, 293 Rn. 20) verneinte bei der Auslegung einer Teilungserklärung zur Aufteilung eines Bestandsgebäudes, wie sie wohl auch hier vorgenommen wurde, eine ausreichend klare Zweckbestimmung, da diese Zweckbestimmung lediglich im Zusammenhang mit der Aufteilung und der räumlichen Lage der Einheiten genannt wurde. Dies lasse sich „ohne Weiteres“ auch so verstehen, dass lediglich Bezug auf die bereits bei der Aufteilung ausgeübte Nutzung genommen worden sei, um die Zugehörigkeit zu der entsprechenden Einheit zu verdeutlichen. So könnte der Fall auch hier liegen, wenn die Einheit im Zeitpunkt der Aufteilung bereits als Gaststätte genutzt wurde. Eine verbindliche Auslegung kann freilich nur von einem zur Entscheidung berufenen Gericht vorgenommen werden. Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Zweckbestimmung im engeren Sinne nicht getroffen wurde, müsste eine solche natürlich auch nicht geändert werden. Im Folgenden gehen wir jedoch (nicht zuletzt sicherheitshalber) davon aus, dass hier eine Zweckbestimmung im engeren Sinne getroffen wurde.

Liegt eine Zweckbestimmung im engeren Sinne zur Beschränkung der betroffenen Einheit auf den Gebrauch „Gaststätte“ vor, stellt sich die Frage, ob diese für die neue Nutzung überhaupt geändert werden muss. Grundsätzlich kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG von jedem Wohnungseigentümer verlangen, die Vereinbarungen einzuhalten. Hierzu zählt also auch die Einhaltung der Zweckbestimmung im engeren Sinne. Der Unterlassungsanspruch gegen eine der Zweckbestimmung widersprechende Nutzung ist nach ständiger Rechtsprechung jedoch eingeschränkt. Hiernach sind Nutzungen ausnahmsweise zulässig und können nicht untersagt werden, wenn sie bei typisierender Betrachtung nicht mehr stören als die vereinbarte Nutzung (BGH NJW-RR 2021, 1239 Rn. 27; NJW 2020, 1354 Rn. 10; NJW 2020, 921 Rn. 24). Eine abstrakte Beurteilung dieser Frage sei jedoch nicht möglich, vielmehr sei stets der Vergleich der mit den Nutzungen typischerweise verbundenen Störungen erforderlich. Der BGH formuliert die Grundlage dieses Vergleiches wie folgt (NJW-RR 2021, 1239 Rn. 32, dort für die Frage der Wohnnutzung in einer Teileigentumseinheit):

„Um eine Vergleichsbetrachtung zu ermöglichen, hat der Tatrichter den Gebrauch nach dessen Art und den damit verbundenen Folgen (zB die zu erwartende Besucherfrequenz und -struktur) zu konkretisieren und zu den örtlichen Gegebenheiten (Umfeld, Lage der Räume im Gebäude, Nutzungszweck der übrigen Einheiten) und den zeitlichen Verhältnissen (zB Öffnungszeiten) in Bezug zu setzen.“

Insofern dürfte eine Nutzung als Architekturbüro im Regelfall nicht mehr stören als die Nutzung als Gaststätte. Einerseits sollten der Besucherverkehr und auch die Lärmimmissionen abnehmen und andererseits sollten auch die Nutzungszeiten eines Architekturbüros nicht über die einer Gaststätte hinausgehen. Somit dürfte die abweichende Nutzung als Architekturbüro auch ohne Änderung der Zweckbestimmung im engeren Sinne zulässig sein. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könnte daher die Unterlassung dieser Nutzung nicht verlangen.

Dennoch könnte unabhängig von dieser Frage die Zweckbestimmung im engeren Sinne geändert werden, um einen (Rechts-)Streit zwischen dem Käufer und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über die Zulässigkeit der neuen Nutzung zu vermeiden. Da es sich bei der Zweckbestimmung im engeren Sinne ebenfalls um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt, gelten für ihre Änderung die unter Ziff. 2 lit. a zur Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum gemachten Ausführungen entsprechend. Somit ist auch hier – sofern kein Änderungsvorbehalt oder eine Öffnungsklausel vereinbart sind – eine Einigung aller Wohnungseigentümer erforderlich (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 118; Weber, Kap. 4 Rn. 180). Eine Eintragung im Grundbuch ist zwar abermals keine Wirksamkeitsvoraussetzung, aber notwendig, um nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG auch Sonderrechtsnachfolger an die Vereinbarung zu binden.

4. Zusammenfassung
Die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum erfolgt im Wege der Änderung der Zweckbestimmung im weiteren Sinne. Auch wenn man im Rahmen der Auslegung zu dem Ergebnis kommen sollte, dass hier zudem eine Zweckbestimmung im engeren Sinne getroffen wurde, dürfte eine Nutzungsänderung hin zu einem Architekturbüro nach der Rechtsprechung des BGH auch ohne explizite Änderung dieser Zweckbestimmung zulässig sein. Die Änderung beider Zweckbestimmungen erfolgt durch schuldrechtliche Vereinbarung aller Eigentümer, wenn weder ein Änderungsvorbehalt (Umwidmungsrecht) noch eine Öffnungsklausel existieren. Eine Änderung der Teilungserklärung in sachenrechtlicher Hinsicht ist hingegen nicht erforderlich.

Eine Eintragung in das Grundbuch ist in beiden Fällen dringend anzuraten, um nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG eine Wirkung der Änderung auch gegenüber möglichen Sonderrechtsnachfolgern zu erreichen. Dies gilt auch im Falle eines Beschlusses aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel.

Für die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum ist u. E. keine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich. Dies ist jedoch umstritten. Sofern lediglich die Zweckbestimmung im engeren Sinne geändert werden soll (Architekturbüro statt Gaststätte), wird jedenfalls keine neue Abgeschlossenheitsbescheinigung benötigt, da es sich weiterhin um eine nicht zu Wohnzwecken dienende Sondereigentumseinheit handelt.

Gutachten/Abruf-Nr:

209720

Erscheinungsdatum:

14.04.2025

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2025, 57-61

Normen in Titel:

WEG § 10; WEG § 3