01. März 2017
BGB § 577

Mietervorkaufsrecht bei Eigentumswohnung, die mehrere faktisch getrennte Einheiten umfasst; nachträgliche Unterteilung, wenn Überlassung der Mieträume an den Mieter vor erstmaliger Teilung; fehlender Vollzug der Unterteilung im Grundbuch; Aufhebung der Unterteilung

BGB § 577
Mietervorkaufsrecht bei Eigentums-wohnung, die mehrere faktisch getrennte Einheiten umfasst; nachträgliche Unterteilung, wenn Überlassung der Mieträume an den Mie­ter vor erstmaliger Teilung; fehlender Vollzug der Unterteilung im Grundbuch; Aufhebung der Unterteilung

I. Sachverhalt
Ein Mehrfamilienhaus ist in vier WEG-Einheiten aufgeteilt: Die Wohnung WE 4 erstreckt sich über den vierten und fünften Stock des Mehrfamilienhauses. Bautechnisch ist die WE 4 in drei selbständige Appartements untergliedert. Die drei Appartements wurden von verschiedenen Mietern genutzt.

Die drei Mietverträge waren nach der erstmaligen Aufteilung geschlossen worden, die Aufteilung war im Zeitpunkt der Überlassung an die Mieter bereits im Grundbuch vollzogen.

Der seinerzeitige Eigentümer ist verstorben. Im Wege der Erbfolge ist die WE 4 auf die jetzige Eigentümerin übergegangen. Die Eigentümerin hat weitere Miteigentumsanteile von den anderen Wohnungseigentümern zur Anpassung an die Wohnflächengröße erworben.

Die Eigentümerin hat die WE 4 unterteilt in die WE 4, WE 5 und WE 6. Der Zuschnitt der Unterteilung entspricht der bisherigen bautechnischen Ausführung. Die Unterteilung ist noch nicht im Grundbuch vollzogen.

Nunmehr gibt es einen Interessenten, der alle drei Wohnungen WE 4, WE 5 und WE 6 im Paket kaufen möchte.

II. Fragen
1.    Kann das Mietervorkaufsrecht auch bei nachträglicher Unterteilung einer WEG-Einheit in weitere WEG-Einheiten ausgeübt werden?

2.    Was passiert, wenn der Antrag auf Eintragung der Unterteilung nicht im Grundbuch vollzogen wird?

3.    Wenn die Unterteilung bereits im Grundbuch vollzogen wäre: Lässt sich das Mietervorkaufsrecht durch nachträgliche Zusammenlegung der gebildeten Einheiten WE 4, WE 5 und WE 6 zu einer einzigen Einheit (im Ergebnis also die Rückgängigmachung der Unterteilung) ausschließen?

III. Zur Rechtslage
Fraglich ist, ob den Mietern an den zu verkaufenden Einheiten ein Mietervorkaufsrecht gem. § 577 Abs. 1 BGB zusteht.

1.    Problemaufriss
Voraussetzung für das Bestehen eines Mietervorkaufsrechts ist, dass nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet wird oder begründet werden soll. Ein Mieter, der ein bereits umgewandeltes Wohnungseigentum anmietet, ist nicht schutzwürdig (BeckOGK-BGB/Klühs, Std.: 1.1.2017, § 577 Rn. 23).

Sollte daher die für § 577 Abs. 1 BGB maß­gebliche Auf-teilung vor der Überlassung an den Mieter liegen, so würde ein Mietervorkaufsrecht ausscheiden. Anders wäre dies, wenn sich die für § 577 Abs. 1 BGB entscheidende Begründung von Wohnungseigentum erst nach der Über-lassung an den Mieter ereignet hätte.

Im vorliegenden Fall entstand die Wohnung WE 4 mit ihren faktisch mehreren räumlichen Einheiten bei einer Aufteilung vor Überlassung an die Mieter. Stellte man also auf die erstmalige Teilung in die WE 4 ab, würde ein Mietervorkaufsrecht aus­scheiden. Anderes müsste gelten, wenn man den Anknüpfungspunkt für § 577 Abs. 1 BGB in der Unterteilung und Anpassung der rechtlichen Wohnungseinheiten an die fak­tisch vermieteten Wohn-einheiten sähe.

2.    Mietervorkaufsrecht bei einer Raumeinheit, die mehrere faktisch abgetrennte Einheiten umfasst
a)    E. A.: Unterteilung der Einheit maßgeblich
Die überwiegende Auffassung knüpft an die Unterteilung an und verneint die Anwendbarkeit von § 577 Abs. 1 BGB, wenn eine Wohnung aus mehreren faktisch getrennten und ge­trennt vermieteten Einheiten veräußert wird. Diese Ansicht betont die rechtliche Unselbständigkeit des vermieteten Wohnraums: Der Gegenstand des Vorkaufsrechts existiere sachenrechtlich nicht. Nur wenn es zu einer weiteren rechtlichen Unter­teilung der Wohnung komme, könne ein Vorkaufsrecht bestehen (LG Berlin, Beschl. v. 17.2.2014 – 18 S 330/13, BeckRS 2014, 09330; AG Berlin-Charlottenburg, Urt. v. 9.10.2013 – 213 C 211/13, BeckRS 2013, 21265; BeckOGK-BGB/Klühs, § 577 Rn. 32.1; Baer, NotBZ 2015, 121, 125; Staudinger/Rolfs, BGB, Neu­bearb. 2014, § 577 Rn. 31; Wirth, MittBayNot 1998, 9, 12).

b)    A. A.: Aufteilung in übergeordnete Einheit maßgeblich
Die Gegenansicht knüpft an die Aufteilung als solche an und lässt das Mietervorkaufsrecht dann entstehen, wenn eine mehrere Raumeinheiten um­fassende Wohnung verkauft wird. Sie stützt sich darauf, dass der Wortlaut des § 577 Abs. 1 BGB die Begründung von Wohnungseigentum an den vermieteten Räumlichkei­ten generell erfasse. Die Bestimmung lasse nicht erkennen, dass das veräußerte Woh­nungseigentum lediglich eine Wohnung umfassen dürfe. Die Gegenansicht hebt außer­dem auf den Zweck des § 577 BGB ab: Der Mieter solle gegen die Umwandlung von Miet- in Eigen­tumswohnungen geschützt werden (AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 28.11.2014 – 25 C 272/14, BeckRS 2015, 10500; Bachmayer, BWNotZ 2004, 25, 29 [ohne Begründung]), vor allem mit Blick auf eine „En-bloc-Veräußerung“ seiner Wohnung. Ob die Gegenansicht in der weiteren Untertei­lung eine neue Aufteilung i. S. d. § 577 BGB sieht, die ein weiteres Vorkaufsrecht auslöst, ist unklar. Da die Auffassung den Schutz des Mieters im Blick hat, ist nicht auszuschließen, dass sie die Frage bejahen und ein erneutes Mieter-vorkaufsrecht annehmen würde.

c)    Stellungnahme
Unseres Erachtens sprechen die besseren Gründe dafür, mit der h. M. an die Unterteilung anzuknüpfen.

aa) Parallele Paketverkauf
Auf den ersten Blick lässt sich möglicherweise eine Parallele zum sog. Paket­verkauf ziehen (vgl. AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg BeckRS 2015, 10500). Beim Paketverkauf veräußert der Eigentümer mehrere rechtlich selbständige Wohnungseigentumseinheiten an einen Erwerber in einem Kaufvertrag zu einem Paketpreis. Nach h. M. und Auffassung des BGH steht dem Mieter in dieser Situation ein Mietervorkaufsrecht hinsichtlich der von ihm angemieteten Einheit zu. Dass Gegenstand des Kaufvertrags mehrere Wohnungseinheiten sind und damit keine Identität zwischen der räumlichen Reichweite des vermieteten Wohnraums und des Veräußerungsgegenstands besteht, ist unerheblich (vgl. BGH DNotZ 2008, 116 = NJW 2007, 2699 = DNotI-Report 2007, 134; OLG Düsseldorf DNotZ 1999, 491; Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 7. Aufl. 2014, Rn. 1916).

Die vorliegende Konstellation unterscheidet sich vom Paketverkauf jedoch in einem wesentlichen Punkt: Die vom Mieter bewohnte Eigentumseinheit ist nicht rechtlich selbständig, sondern nur Teil einer Wohnungseigentumseinheit. Während es keine Schwierigkeiten bereitet, bei einem Paketverkauf den Gegenstand des Kaufvertrags nach Ausübung des Mietervorkaufsrechts in mehrere Einheiten aufzuspalten, ist dies im vorliegenden Fall nicht möglich. Denn die vom Mieter bewohnten Räumlichkeiten gibt es als eigenes Wohnungseigentum nicht. Die vermieteten Räumlichkeiten sind sachenrechtlich nicht als selbständiges Eigentum existent.

bb) Parallele „En-bloc-Verkauf“
Diese Überlegung hat den V. Zivilsenat des BGH dazu veranlasst, das Bestehen eines Mietervorkaufsrechts beim sog. „En-bloc-Verkauf“ zu verneinen (BGH, Urt. v. 22.11.2013 – V ZR 96/12, DNotZ 2014, 218, 220 Tz. 17 = NJW 2014, 850 = DNotZ 2014, 218 = DNotI-Report 2014, 13). Bei einer solchen Gestaltung verkauft der Veräußerer ein ungeteiltes Mehrfamilienhaus an den Erwerber. Erst Letzterer nimmt die Teilung des Grundstücks zu einem späteren Zeitpunkt vor. Nach Ansicht des V. Zivilsenats kommt ein Mietervorkaufsrecht nur in Betracht, wenn sich der Veräußerer vertraglich zur Aufteilung verpflichtet hat und die erfasste zukünftige Ein­heit bereits im Vertrag hinreichend bestimmt oder bestimmbar ist (vgl. DNotZ 2014, 218, 220 Tz. 17, 224 Tz. 30). Auch beim „En-bloc-Verkauf“ existieren zwar mehre­re faktisch getrennte Raumeinheiten, die Raumeinheiten bilden aber kein rechtlich selbständiges Wohnungseigentum.

Der BGH betont in diesem Zusammenhang, dass Gegen-stand des Vorkaufsrechts zumindest ein in seiner Ent­stehung bereits angelegtes Wohnungseigentum sei. Nur wenn der Mieter einen An­spruch auf Aufteilung erwerbe, könne die von ihm bewohnte Einheit Objekt des Vorkaufsrechts sein (BGH DNotZ 2014, 218, 221 Tz. 22). Der Mieter würde bei einem fehlenden Aufteilungsanspruch nur einen ideellen Miteigentumsanteil erwerben, der die Nutzung der gemieteten Wohnung nicht sichern könnte. Ein Miteigentumsanteil wäre lediglich unter erschwerten Bedingungen veräußerlich und außerdem bestünde die Gefahr der Teilungsversteige­rung nach den §§ 180 ff. ZVG. Der VIII. Zivilsenat hat sich der Rechtsprechung des V. Senats mittlerweile angeschlossen (BGH NJW-RR 2016, 910, 911 f. Tz. 22, 24 = DNotI-Report 2016, 105).

U. E. lassen sich die Erwägungen dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation im Wesentlichen übertragen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass Gegenstand des Vertrags nicht ein ungeteiltes Grundstück, sondern eine nicht unterteilte Woh­nungseigentumseinheit ist. Dies fällt aber nicht ins Gewicht. Denn ebenso wenig wie die Räumlichkeiten im ungeteilten Mehrfamilienhaus sind die Räumlichkeiten in der nicht unterteilten Wohnung selbständige sachenrechtliche Gegenstände. Würde der Mieter das Vorkaufsrecht ausüben, könnte er nur einen ideellen Miteigentumsanteil am Wohnungseigentum erwerben und mit dem anderen Erwerber eine Bruchteilsgemeinschaft i. S. d. §§ 1008, 741 ff. BGB bilden (vgl. BGH NZM 2000, 1063, 1064 = RNotZ 2001, 161; BeckOGK-WEG/Müller, Std.: 1.11.2016, § 1 Rn. 221 f.). Auch in dieser Konstellation bestünde das Risiko, dass der andere Miteigen­tümer die Teilungsversteigerung des Wohnungseigentums betreibt (§ 180 ZVG). § 11 WEG, der die Unauflöslichkeit der WEG festschreibt, gilt insoweit nicht (vgl. BGH NZM 2000, 1063, 1064).

Außerdem ist Folgendes zur berücksichtigen: Das Vorkaufsrecht besteht nur für einen Verkaufsfall (BGH DNotZ 2008, 116 f. Tz. 8). Der Mieter wäre gezwungen, sein Vorkaufsrecht auszuüben und Bruchteilseigentum an der Wohnung zu erwerben. Bei einer späteren Unterteilung wäre er folglich nicht mehr geschützt, wenn bereits die Veräußerung vor Unterteilung einen Verkaufsfall ausgelöst hätte.

cc)    Realteilung von Mehrfamilienhäusern
Eine andere Auffassung ergibt sich möglicherweise aus der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH zum Mietervorkaufsrecht bei der Realteilung bebauter Grundstücke. Nach Auffassung des Senats besteht ein Mietervorkaufsrecht gem. § 577 BGB analog, wenn ein Grundstück real geteilt wird, das mit mehreren Einfamilienhäusern bebaut ist (BGH DNotZ 2008, 771, 772 f. Tz. 9 = NJW 2008, 2257). Die Interessenlage sei nicht anders als im Fall der Umwandlung in Wohnungseigentum zu be­urteilen. In beiden Fällen stehe dem Mieter ein neuer Vermieter gegenüber (BGH DNotZ 2008, 771, 772 Tz. 9). Der VIII. Zivilsenat hat diese Rechtsprechung 2010 in einem obiter dictum auf die Realteilung eines Grundstücks mit Zweifamilienhäusern ausgedehnt (Urt. v. 23.6.2010 – VIII ZR 325/09, NJW 2010, 3571 f. Tz. 14 = MittBayNot 2010, 465): Es sei unerheblich, dass sich auf dem ab­geteilten Grundstück ein Haus mit zwei separaten Wohnungen befinde und dass der Käufer nicht das gesonderte Eigentum an der Wohnung erworben habe. Der Mieter einer Raumeinheit sei auch dann schutzwürdig, wenn diese nicht sachenrechtlich verselbständigt sei.

Der VIII. Zivilsenat hält also ein Eingreifen der Mieterschutzvorschriften für möglich, obwohl der vermietete Raum kein eigener sachenrechtlicher Gegenstand ist. Insoweit führt der Senat an, dass ein Erwerb des Zweifamilienhauses für potentielle Käufer interessant sei, um den eigenen Wohnbedarf zu befriedigen (BGH NJW 2010, 3571 f. Tz. 14). Der Mieter müsse geschützt werden. Die Ausführungen be­ziehen sich zwar nur auf die Kündigungsbeschränkung des § 577a BGB. Es er­scheint jedoch nicht ausgeschlossen – wenngleich nicht besonders wahrscheinlich –, dass diese Erwägungen gleichermaßen für das Mietervorkaufsrecht nach § 577 BGB gelten (Klühs, NZM 2013, 809, 812). Konsequenz wäre allerdings ein eklatanter Wider­spruch zur Rechtsprechung des V. Zivilsenats betreffend den „En-bloc-Verkauf“.

Davon abgesehen ist die Anwendung der §§ 577 f. BGB auf ungeteilte Zweifamilienhäuser kaum überzeugend. Sie lässt sich nicht sinnvoll vom Fall des „En-bloc-Verkaufs“ abgrenzen. Richtig erscheint es uns, mit den Erwägungen des V. Zivilsenats ein Mietervorkaufsrecht zu verneinen. Das Vorkaufsrecht besteht also nicht, wenn sich der vom Mieter bewohnte Wohnraum lediglich auf einen rechtlich unselbständigen Teil eines ungeteilten Grundstücks oder einer nicht unterteilten Woh­nungseinheit erstreckt.

Insgesamt sprechen u. E. daher die besseren Gründe dafür, mit der h. M. an die Unterteilung des Wohnungseigentums anzuknüpfen.

3.    Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall
Für den vorliegenden Fall ergeben sich aus den obigen Ausführungen folgende Konsequenzen:

a)    Vollzug der Unterteilung im Grundbuch
Wird die Unterteilung im Grundbuch vollzogen und anschließend ein Verkauf der Einheiten beurkundet, besteht das Mietervorkaufsrecht. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass die rechtlich selbständigen Wohnungen im Paket verkauft werden. Bei einem Paketverkauf wird ein Mietervorkaufsrecht nämlich bejaht (s. oben 2 c] aa]). Demzufol­ge dürfte der Verkauf nach der Unterteilung einen Verkaufsfall auslösen, denn die Überlassung der Wohnung liegt vor der relevanten Unterteilung.

b)    Kein Vollzug der Unterteilung im Grundbuch und „En-bloc-Verkauf“
Sollte es an einer Unterteilung in Wohnungseigentum fehlen, dürfte ein Mietervorkaufsrecht ausscheiden. Knüpft man an die Aufteilung in die WE 4 an, so besteht kein Mieter­vorkaufsrecht, weil die Überlassung an die Mieter nach der Aufteilung liegt.

Ebenso wenig ist von einem Mietervorkaufsrecht auszugehen, wenn die Unterteilung nicht wirksam wird. Wird der Antrag auf Unterteilung beim Grundbuchamt zurückgenommen, so bleibt es dabei, dass es keinen weiteren Aufteilungsvorgang gegeben hat, der ein Vorkaufsrecht auslösen könnte. Es erscheint insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich, den Antrag zurückzunehmen, um das Vorkaufsrecht zu vermeiden. Denn erst mit der Eintragung der Aufteilung im Grundbuch kommt es zu einer relevanten sachenrechtlichen Veränderung.

c)    Rückgängigmachung der Unterteilung
Wäre die Unterteilung bereits im Grundbuch vollzogen worden, so fragt sich, ob dem Mietervorkaufsrecht durch eine Vereinigung der Einheiten wieder die Grundlage entzogen würde. Wurde der Verkaufsfall bereits ausgelöst, ist eine Vereinigung unbeachtlich.

Läge die Vereinigung vor Abschluss des Kaufvertrags, stellte sich die Situation eigentlich wie in der Ausgangssituation dar. Dennoch ließe sich in diesem Fall das Mieter-vorkaufsrecht nicht sicher ausschließen. Das rechtlich existente Wohnungseigentum und der vermietete Wohnraum wären zwar nicht mehr identisch. Die Identität hätte aber vorübergehend bestanden. Möglicherweise kommt es einer Umgehung des bei einem Paketverkauf bestehenden Mietervorkaufsrechts gleich, wenn durch Vereinigung der rechtlich selbständigen Einheiten die sachenrechtliche Identität aufgehoben wird. Es ist nämlich zu bedenken, dass in diesem Fall eine relevante Unterteilung nach Überlassung des Wohnraums an den Mieter erfolgt ist.

Die bisher h. L. hält jedoch die Schließung der Wohnungsgrundbücher und Veräußerung des ganzen Grundstücks nur dann für eine Umgehung, wenn wiederum eine entsprechende Teilung durch den Erwer­ber geplant ist (BeckOGK-BGB/Klühs, § 577 Rn. 55; Langhein, notar 2014, 123, 129; Wirth, NZM 1998, 390, 393; BeckOK-BGB/Hannappel, Std.: 1.11.2016, § 577 Rn. 14.1). Zieht man insoweit eine Parallele zur Vereinigung, die letztlich bzgl. der unterteilten Einheit nicht anders als eine Aufhebung des Wohnungseigentums wirkt, so könnte man im vorliegenden Fall ein Mietervorkaufsrecht verneinen. Dies würde aber nur dann gelten, wenn keine erneute Unterteilung geplant wäre.

4.    Ergebnis
Unseres Erachtens besteht kein Mietervorkaufsrecht, wenn die WE 4 verkauft wird, ohne dass es zu einem Vollzug der Unterteilung im Grundbuch gekommen ist. Wäre die Unterteilung bereits im Grundbuch eingetragen, so wäre es zweifelhaft, ob sich das Vorkaufsrecht durch eine Rückgängigmachung der Aufteilung aushebeln ließe. Sollte keine erneute Unterteilung beabsichtigt sein, spricht die Parallele zur Schließung der Wohnungsgrundbücher gegen ein Mietervorkaufsrecht.

Gutachten/Abruf-Nr:

147812

Erscheinungsdatum:

01.03.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Miete

Erschienen in:

DNotI-Report 2017, 26-29

Normen in Titel:

BGB § 577