01. Januar 2003
EGBGB Art. 25

Gemeinschaftliches Ehegattentestament, Erbvertrag

DNotI
Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:

14140 26.05.2003

EGBGB Art. 25, 26 Rumänien: gemeinschaftliches Ehegattentestament, Erbvertrag

I.

Zum Sachverhalt Eine deutsche Staatsangehörige ist mit einem rumänischen Staatsangehörigen verheiratet. Für beide Ehegatten ist dies die zweite Ehe. Beide erste Ehen sind durch Scheidung aufgelöst. Jeder Ehegatte hat aus seiner früheren Ehe ein Kind. Die Ehegatten haben ein gemeinsames Kind. Beide Ehegatten haben ihren dauernden Wohnsitz in Deutschland. Sie beabsichtigen, wenn möglich, mit der Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments oder eines Erbvertrages zu testieren. Die deutsche Ehefrau wünscht einen Pflichtteilsverzicht des rumänischen Ehemannes, ggf. gegenständlich beschränkt auf die von ihren Eltern erworbenen oder zu erwartenden Vermögensgegenstände. Um etwaigen Anfechtungsmöglichkeiten bei fehlender Gleichbehandlung vorzubeugen, will auch sie einen Pflichtteilsverzichtes gegenüber ihrem Ehemann erklären.

II. Fragestellung 1. Kann ein in Deutschland wohnenden, mit einer deutschen Staatsangehö rigen verheirateter rumänischer Staatsangehöriger ein gemeinschaftliches Ehegattentestament oder einen Erbvertrag wirksam errichten? Wird das gemeinschaftliche Testament bzw. der Erbvertrag auch in Rumänien anerkannt? Ist ein gegenseitiger Pflichtteilsverzicht des deutschen Ehegatten und des rumänischen Ehegatten möglich?

2. 3.

III. Zur Rechtslage 1. Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht a) Deutsches IPR Gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Heimatrecht des Erblassers. Dies gilt vorbehaltlich einer auf das inländische unbewegliche Vermögen bezogenen Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB und vorbehaltlich einer Durchbrechung des Gesamtstatuts durch ein Einzelstatut gem.

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Seite 2 Art. 3 Abs. 3 EGBGB. Für die Ehefrau findet somit grundsätzlich deutsches Erbrecht Anwend ung. b) Rumänisches IPR I. ü. verweist das deutsche Recht auf das rumänische Heimatrecht des Ehemannes. Hierbei handelt es sich gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung, die auch das rumänische IPR umfasst. Insbesondere wäre eine Rückverweisung durch das rumänische IPR zu befolgen. Dieses bestimmt das Erbstatut in Art. 66 ff. des Gesetzes zur Re gelung der Rechtsverhältnisse des internationalen Privatrechts (IPRG) vom 22.9.1992 (Text und deut sche Übersetzung bei Riering, IPR-Gesetze in Europa, 1997, S. 132 ff.) wie folgt:
Art. 66. Moºtenirea este supusã: Artikel 66 Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt a) bezüglich beweglicher Sachen, unabhängig davon, wo diese sich befinden, dem Heimatrecht des Staates, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte; b) bezüglich unbeweglicher Sachen und Handelsgeschäfte dem Recht des Ortes, an dem diese Sachen belegen sind.

a) în ce priveºte bunurile mobile, oriunde acestea s-ar afla, legii naþionale pe care persoana decedatã o avea la data morþii;

b) în ce priveºte bunurile imobile ºi fondul de comerþ, legii locului unde fiecare din aceste bunuri este situat. Art. 67. Legea aplicabilã moºtenirii stabileºte îndeosebi: a) momentul moºtenirii; deschiderii

Artikel 67 Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht legt insbesondere fest a) den Zeitpunkt der Testamentseröffnung; b) die Erben;

b) persoanele cu vocaþie de a moºteni; c) calitãþi moºteni; cerute pentru a

c) die Erbfähigkeit;

d) exercitarea posesiei asupra bunurilor rãmase de la defunct; e) condiþiile ºi opþiunii succesorale; efectele

d) Ausübung des Besitzes über vom Erblasser hinterlassene Sachen; e) die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verfügung von Todes wegen; f) den Umfang der Verpflichtung der Erben zur Übernahme von Nachlassverbindlichkeiten; g) die Rechte des Staates bei

f) întinderea obligaþiei moºtenitorilor de a suporta pasivul; g) drepturile statului asupra

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succesiunii vacante. Art. 68. Testatorul poate supune transmiterea prin moºtenire a bunurilor sale altei legi decît cea arãtatã în art. 66, fãrã a avea dreptul sã înlãture dispoziþiile ei imperative. Artikel 68 Der Erblasser kann die Erbüberlassung seiner Sachen einem anderen Recht unterwerfen als dem nach Artikel 66, ohne zur Beseitigung von des sen zwingenden Vorschriften berechtigt zu sein. Das so gewählte Recht wird auf die Fälle in Art. 67 angewandt. Die Eröffnung, Änderung oder Widerrufung letztwilliger Verfügungen ist gültig, wenn das Dokument die anwendbaren Formerfordernisse zum Zeitpunkt seiner Eröffnung, Änderung oder Widerrufung oder zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers im Einklang mit einer der folgenden Rechtsordnungen beachtet: a) dem Heimatrecht des Erblassers; b) dem Recht seines Wohnsitzes; c) dem Recht des Ortes, an dem das Dokument eröffnet, geändert oder widerrufen wurde; d) dem Recht des Ortes, an dem die unbewegliche Sache, die Gegenstand der letztwilligen Verfügung ist, belegen ist; e) dem Recht des Gerichts oder der Stelle, die das Verfahren der Erbüberlassung durchführt. nicht angetretenen Erbschaften.

Legea astfel aleasã se aplicã situaþiilor prevãzute la art. 67. Întocmirea, modificarea sau revocarea testamentului sînt socotite valabile dacã actul respectã condiþiile de formã aplicabile, fie la data cînd a fost întocmit, modificat sau revocat, fie la data decesului testatorului, conform oricãreia dintre legile urmãtoare:

a) legea testatorului;

naþionalã

a

b) legea domiciliului acestuia;

c) legea locului unde actul a fost întocmit, modificat sau revocat;

d) legea situaþiei imobilului ce formeazã obiectul testamentului; e) legea instanþei sau a organului care îndeplineºte procedura de transmitere a bunurilor moºtenite.

Gem. Art. 66 IPRG unterliegt aufgrund der rumänischen Staatsangehörigkeit des Ehemannes und der Belegenheit des unbeweglichen Vermögens in Rumänien die Erbfolge auch aus rumänischer Sicht grundsätzlich dem rumänischen Recht. Eine Ausnahme ergibt sich insoweit, wie der Ehemann über in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen verfügt. Diesbezüglich käme es zu einer Rückverweisung auf das deutsche Belegenheitsrecht. Für das inländische unbewegliche Vermögen gilt mithin das deutsche Erbrecht auch dann, wenn die Eheleute keine Rechtswahl gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB ausüben sollten. Allerdings hätte diese den Vorteil, dass sie unmittelbar zur Geltung des deutschen Rechts führt, so dass

Seite 4 weder eine Prüfung des rumänischen IPR erforderlich ist noch die Rückverweisung durch den ordre public oder andere Vorbehalte des rumänischen Interna tionalen Erbrechts beeinträchtigt werden kann. Es tritt dann eine Nachlassspaltung ein, die dazu führt, dass zwei ge sondert zu behandelnde Nachlässe vorliegen, über die dann gesondert verfügt werden kann, für die ins besondere auch gesonderte Erbeinsetzungen möglich sind. Daneben lässt Art. 68 Abs. 1, 2 IPRG eine Rechtswahl durch den Erblasser zu. Diese Rechtswahl soll alle Aspekte der Erbfolge umfassen (s. Capatina, Das neue rumänische IPR, RabelsZ 58 (1994), 265, 495; Leonhardt, IPRax 1994, 156, 158), wobei Art. 67 IPRG eine nicht abschließende Aufzählung der geregelten Fragen enthält. Die Rechtswahl berührt jedoch nicht die ,,zwingenden Vorschriften" des gesetzlichen Erbstatuts. Unklar ist, wie weit der Rahmen der zwingenden Vorschriften zu ziehen ist. Mit Sicherheit werden hierunter die objektiven Grenzen der Testierfreiheit, wie z. B. die Pflichtteilsrechte fallen. Nach Capatina (a. a. O., 495) umfasst der Rahmen bei in Rumänien belegenen Grundstücken das gesamte rumänische Erbrecht. Insoweit würde es also zumindest bezüglich des in Rumänien belegenen Grundbesitzes des Ehemannes zwingend bei der Geltung des rumänischen Erbrechts bleiben. Wie weit durch eine Rechtswahl für das üb rige, also das in Deutschland belegene bewegliche Vermö gen, die Geltung deutschen Rechts herbeigeführt werden kann und welche Bestimmungen des rumänischen Erbrechts anwendbar blieben, ist aus den uns zugänglichen deutschsprachigen Quellen nicht erkennbar. 2. Gemeinschaftliche Verfügung Zumindest bezüglich des in Rumänien belegenen unbeweglichen Vermögens kommt es mithin im vorliegenden Fall zur vollständigen Geltung des rumänischen Erbrechts. Bezüglich des beweglichen Vermögens kann diese durch eine entsprechende Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts zumindest beschränkt werden. Gem. Art. 857 i. V. m. Art. 938 des rumänischen Codul Civil sind gemeinschaftliche Testamente ausdrücklich verboten. Ein unter Verstoß gegen diese Vorschr ift errichtetes gemeinschaftliches Testament ist nichtig. Daneben sind gem. Art. 965 c. c. Vereinbarungen über den Nachlass einer noch lebenden Person nicht möglich. Das bedeutet, dass Erbverträge ebenfalls unzulässig sind und eine erbrechtliche Bindungswirkung im rumänischen Erbrecht nicht vorgesehen ist. Das Verbot gemeinschaftlicher Testamente soll im rumänischen IPR als Formvorschrift angesehen werden (vgl. die Nachweise bei Munteanu/Leonhardt in Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Rumänien, Grdz. F Rn. 101), so dass es bei Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments in Deutschland aufgrund der Geltung des deutschen Ortsrechts als Formstatut (Art. 68 Abs. 3 lit. c rumän. IPRG; Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) nicht mehr eingreifen würde. Da ein derartiges Testament jedoch nach dem rumänischen Erbstatut keinerlei Bindungswirkung entfalten könnte, würden sich im Vergleich zu einer Errichtung von Einzeltestamenten keinerlei rechtliche Unterschiede ergeben. Vielmehr würde die ge meinschaftliche Errichtung vermeidbare Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments hervorrufen. Es ist auch zu befürchten, dass das Verbot der Erbverträge zu den ,,zwingenden Vorschriften" des rumänischen Erbrechts gehö ren, die sich durch eine abweichende Rechtswahl nicht ersetzen lassen.

Seite 5 I. ü. lässt das rumänische Recht die gegenseitige Erbeinsetzung in getrennten Testamenten zu, und zwar auch dann, wenn diese in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Auch die Einsetzung von Vermächtnissen und Ersatzerben ist möglich. 3. Das auf die Form anwendbare Recht Die Formwirksamkeit eines Testaments bestimmt sich aus deutscher Sicht nach den Bestimmungen des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5.10.1961 (BGBl. 1965 II, S. 1145), dessen Bestimmungen in Art. 26 EGBGB inkorporiert worden sind. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a des Übereinkommens (= Art. 26 Abs. 1 Ziff. 2 EGBGB) ist ein Testament formwirksam, wenn es dem innerstaatlichen Recht des Ortes entspricht, an dem der Erblasser verfügt hat. Mithin ist ein in Deutschland den Bestimmungen des deutschen Rechts entsprechend beurkundetes Testament aus deutscher Sicht unabhängig von der rumänischen Staatsangehörigkeit der Ehefrau formwirksam. Rumänien ist dem Haager Testamentsformübereinkommen nicht beigetreten. Gem. Art. 68 Abs. 3 lit. c IPRG ist eine letztwillige Verfügung aus rumänischer Sicht jedoch ebenfalls formwirksam, wenn die Rechtsordnung des Ortes beachtet wird, an dem das Testament errichtet wird. Mithin unterliegen aus rumänischer Sicht die Formerfordernisse für die Errichtung des Testamentes auch aus rumänischer Sicht dem deutschen Recht. Bei Errichtung in Deutschland würde mithin eine Be urkundung entsprechend den Bestimmungen des deutschen Rechts für die Beurkundung von Testamenten ausreichend sein. 4. Erb- und Pflichteilsverzicht a) Verzicht gegenüber dem deutschen Erblasser Obwohl der Erbverzicht keine Verfügung von Todes wegen darstellt, wird er erbrechtlich qualifiziert, untersteht also dem Recht, welches auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen Anwendung findet. Zulässigkeit und Wirkung eines Erbverzichts beurteilen sich nach dem Erbstatut des Erblassers, das Personalstatut des Verzichtenden findet keine Berücksichtigung (Palandt/Heldrich, 62. Aufl. 2003, Art. 25 Rn. 13; Schotten, Das IPR in der notariellen Praxis, 1995, Rn. 326). Erbstatut des deutschen Staatsangehörigen ist mithin das deutsche Recht, so dass der rumänische Staatsangehörige gegenüber seine m deutschen Ehegatten wirksam auf Erbund/oder Pflichtteilsrechte verzichten kann. b) Verzicht gegenüber dem rumänischen Erblasser Umgekehrt untersteht ein etwaiger Verzicht des deutschen Staatsangehörigen gegenüber seinem rumänischen Ehegatten grundsätzlich rumänischem Recht. Das rumänische Recht enthält aber ein Verbot der Errichtung von Erbverträgen, um auf diese Weise die Testierfreiheit des Erblassers zu sichern. Die Vereinbarung über eine noch nicht eröffnete Erbschaft stellt ein Verbot dar (Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, a. a. O., Rn. 133).

Seite 6 c) Form Soweit der rumänische Ehegatte gegenüber seinem deutschen Ehegatten verzichtet, stellt sich die Frage nach der Formgültigkeit. Diese unterliegt Art. 11 EGBGB, d. h. die Einhaltung entweder der Ortsform oder der Geschäftsform genügt. Das Haager Testamentsformübereinkommen findet keine Anwendung, da es sich beim Erbverzicht nicht um eine Verfügung von Todes wegen handelt.

Gutachten/Abruf-Nr:

14140

Erscheinungsdatum:

01.01.2003

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

EGBGB Art. 25