31. Dezember 1995
EGBGB Art. 11; BGB § 313

Auslandsbeurkundung eines Grundstückskaufvertrags

EGBGB Art. 11; BGB § 313
Auslandsbeurkundung
I. Sachverhalt
Zwei in der Bundesrepublik Deutschland belegene Grundstücke wurden zum einen durch privatschriftlichen
Kaufvertrag, abgeschlossen in Dänemark, und zum anderen durch vor einem schwedischen Notar
beurkundeten Kaufvertrag veräußert. Nunmehr sollen die Auflassungen der Grundstücke in der
Bundesrepublik Deutschland beurkundet werden.
II. Frage
1. Ist es möglich, isoliert die Auflassung zu beurkunden?
2. Spielt es eine Rolle, ob der im Ausland geschlossene Kaufvertrag nach dortigem Ortsrecht notariell
beurkundet worden ist?
3. Sind die im Ausland vorgenommenen notariellen Beurkundungen deutschen Beurkundungen gegenüber
gleichwertig?
4. Genügt gegebenenfalls ein derartig zusammengesetzter Kaufvertrag den gesetzlichen Erfordernissen, um
eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu beantragen?
5. Welche Kostenfolge wird durch die Beurkundung der Auflassung ausgelöst?
III. Rechtslage
1. Voraussetzungen der Auflassung
Gemäß § 925 BGB muß die Auflassung bei gleichzeitiger Anwesenheit von Veräußerer und Erwerber vor
einem Notar oder einer sonst zuständigen Stelle erklärt werden. Gemäß § 925 a BGB soll eine
Entgegennahme der Erklärungen nur erfolgen, wenn der notariell beurkundete Verpflichtungsvertrag
entweder vorgelegt oder gleichzeitig errichtet wird. § 925 a BGB ist reine Ordnungsvorschrift, wobei ein
Verstoß hiergegen eine Auflassung nicht unwirksam macht. Wohl aber ist bei Nichtvorlage oder nicht
gleichzeitiger Errichtung des Verpflichtungsvertrages die Beurkundung der Auflassung abzulehnen
(Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl. 1993, Rn. 3320; Staudinger/Ertl, 12. Aufl. 1989, § 925 a,
Rn. 8). Die Pflicht zur Vorlage eines notariell beurkundeten Kaufvertrages gemäß § 313 BGB setzt jedoch
voraus, daß § 313 BGB überhaupt Anwendung findet.
2. Das Formstatut
Für obligatorische Verträge über Grundstücke gilt in der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich von
Formfragen zunächst Art. 11 Abs. 4 EGBGB. Danach unterliegen Verträge, die ein dingliches Recht an einem
Grundstück zum Gegenstand haben, den zwingenden Formvorschriften des Staates, in dem das Grundstück
DNotI
Deutsches Notarinstitut

DNotI-Report - Gutachten

DNotI-Report 4/1995 Februar 1995 33
DNotI-Report 4/1995 Februar 1995 34
belegen ist. Nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland wird ein absoluter Geltungsanspruch für
deutsche Formvorschriften aber nicht erhoben, vielmehr gilt der Grundsatz von der Alternativität von Orts-
und Wirkungsstatut gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB (Haegele/Schöner/Stöber, a.a.O., Rn. 3102). Die Ortsform
sei nach Winkler dann aber nicht anwendbar, wenn sich die Beteiligten eigens zur Beurkundung in das
Ausland begeben haben, um die Geltung des deutschen Rechts zu verhindern (Winkler, NJW 1974, 1033;
NJW 1972, 984; vgl. auch Reithmann, DNotZ 1956, 426). Der Gesetzgeber aber hat für den schuldrechtlichen
Vertrag die Einhaltung der Ortsform ausreichend sein lassen, so daß dieser Ansicht nicht zu folgen ist.
a) Das Geschäftsrecht
Wird ein in der Bundesrepublik Deutschland belegenes Grundstück verkauft und die Geltung deutschen
Rechts als Geschäftsrecht berufen, so gilt auch die Formvorschrift des § 313 BGB (BGHZ 52, 239 = NJW
1969, 2237; Samtleben, IPRspr 1968 bis 69, Nr. 24; Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 4.
Aufl., Rn. 467; Kropholler, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 1994, S. 284). Vorliegend haben die
schwedischen Parteien aber keine Wahl zugunsten deutschen Rechts aufgenommen. Es fragt sich aber, ob
nicht gleiches zu gelten hat, wenn die Parteien zwar nicht die Anwendung deutschen Rechts auf den
Kaufvertrag ausdrücklich vereinbart haben, wohl aber deutsches Recht als Geschäftsrecht mangels
Rechtswahl anzuwenden ist. Der BGH (BGHZ 53, 189 ff.) jedenfalls kam auch trotz Fehlens einer
ausdrücklichen Regelung des Geschäftsrechts aufgrund einer stillschweigend erklärten Wahl deutschen
Rechts zum Ergebnis, daß § 313 BGB Anwendung finde und der im konkreten Fall abgeschlossene vorläufige
Kaufvertrag wegen der Geltung deutschen Rechts formnichtig sei. Welches Recht die Parteien auf den
Kaufvertrag angewandt wissen lassen wollten, kann nur unter Berücksichtigung aller für den Sachverhalt
relevanten Umstände ermittelt werden. Gegen die Geltung deutschen Rechts spricht vorliegend vor allem,
daß Verkäufer und Käufer schwedische Staatsangehörige bzw. schwedische juristische Personen gewesen
sind. Auch wurde der Kaufvertrag in Schweden und unter Mitwirkung einer schwedischen amtlichen Stelle
abgeschlossen (s. Reithmann/Martiny, 4. Aufl. 1988, Rn. 103). Gegen die Geltung schwedischen Rechts
spricht freilich, daß die Parteien, obwohl sie schwedische Staatsangehörige sind, den Kaufvertrag in
deutscher Sprache verfaßten und hierfür offensichtlich ein deutsches Kaufvertragsmuster verwandt haben.
Auch spricht für die Geltung deutschen Rechts die Belegenheit des Grundstücks. In diesem Sinne bestimmt
Art. 28 Abs. 3 EGBGB auch, daß ein Vertrag, der ein dingliches Recht an einem Grundstück zum
Gegenstand hat, in der Regel die engste Verbindung zu dem Staat aufweist, in dem das Grundstück belegen
ist. Indiz für eine stillschweigende Vereinbarung deutschen Rechts als Geschäftsrecht ist u. E. auch, daß die
Parteien eine notarielle Beurkundung des Kaufvertrages vornahmen, obwohl nach schwedischem Ortsrecht
eine notarielle Beurkundung nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. Donner, Haus- und Grundbesitz in
Schweden, in: Haus- und Grundbesitz im Ausland, Stand: Dezember 1988). Folgt man der hier vertretenen
Meinung, dann haben die Parteien - stillschweigend - den Vertrag deutschem Recht unterstellt, mit der Folge,
daß auch die Formvorschrift des § 313 Abs. 1 BGB Anwendung findet (vgl. auch BGHZ 52, 239, 241). Die
Frage, ob die nach dem Geschäftsrecht erforderliche Form (§ 313 BGB) eingehalten wurde oder ob sie
gegebenenfalls durch eine notarielle Beurkundung in Schweden substituiert werden konnte, kann jedoch
dahingestellt bleiben, wenn die Parteien das am Ort der Vornahme vorgeschriebene Recht hinsichtlich der
Form gewahrt haben. Art. 11 Abs. 1 EGBGB läßt nämlich alternativ die Einhaltung bzw. die Wahrung der
Form des Ortsrechts zu. Ein Rechtsgeschäft ist m.a.W. nur dann formungültig, wenn es den
Formerfordernissen keiner der beiden Rechtsordnungen entspricht. Diese Alternativität der
Geschäftsrechtsform und Ortsform hatte der BGH in den angeführten Entscheidungen nicht zu
problematisieren, da die Parteien das Rechtsgeschäft in dem Lande vorgenommen hatten, dessen Recht
auch Geschäftsstatut war.
b) Das Ortsrecht
aa) Nach dänischem Recht
Auch nach dänischem Recht entsteht ein Vertrag grundsätzlich durch Abgabe einer Willenserklärung der
einen Partei und der Annahme dieser durch die andere Partei. Dabei sind Formvorschriften grundsätzlich
nicht zu beachten (Ehricke, Das Recht des Vertragsabschlusses nach dänischem Recht, RIW 1989, 178, 179;
IPG Hamburg, 1987/1988, Dänemark Nr. 8).
bb) Nach schwedischem Recht
Nach schwedischem Recht müßten wesentliche Angaben im Kaufvertrag enthalten sein, wie die
Beschreibung des Grundstücks, den tatsächlich vereinbarten und zu zahlenden Kaufpreis, die Erklärung, daß
das Eigentum übergehen soll und die Bezeichnung der Vertragsparteien. Sie sind gehalten, Geburtsdatum
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und Adresse anzugeben. Die Richtigkeit der Unterschriften der vertragschließenden Parteien wird i.d.R. von
mindestens zwei Zeugen bestätigt. Inwieweit diese Formvorschriften vorliegend eingehalten wurden, kann
dem mitgeteilten Sachverhalt nicht entnommen werden. Es wird jedoch unterstellt, daß die Formvorschriften
Schwedens eingehalten wurden.
Haben die Parteien zwar nicht die für das Geschäftsrecht vorgeschriebene Form, wohl aber die am Ort der
Vornahme des Rechtsgeschäfts vorgeschriebene Form eingehalten, so ist gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB das
Rechtsgeschäft gleichwohl formwirksam errichtet.
cc) Auflassung trotz Nichteinhaltung der Formen des Geschäftsrechts
Da der Übereignungsanspruch nach schwedischem bzw. dänischem Recht dem Beurkundungszwang nicht
unterliegt, kann § 925 a i.V.m. § 313 BGB in dieser Form keine Anwendung finden. Der die Auflassung
beurkundende Notar wird sich also den schuldrechtlichen Vertrag vorlegen lassen und gegebenenfalls auch
eine deutsche Übersetzung verlangen. Ertl (Staudinger/Ertl, a.a.O., § 925 a Rn. 9) rät den Beteiligten, in
Zweifelsfällen eine Beurkundung des zugrundeliegenden Geschäfts vorzunehmen, die notfalls als
Bestätigung im Sinne von § 141 BGB die Form des § 313 S. 1 BGB erfülle und der Ordnungsvorschrift des
§ 925 a BGB entspreche.
2. Gleichwertigkeit einer Beurkundung in Schweden
Die Beurkundung des Grundstückskaufvertrages in Schweden könnte die nach § 313 S. 1 BGB erforderliche
Beurkundung substituiert haben. Voraussetzung hierfür ist, daß Beurkundungsperson und
Beurkundungsvorgang mit einer inländischen Beurkundung gleichwertig sind (Palandt/Heldrich, 53. Aufl.
1994, Art. 11 Rn. 7 m.w.N.). Es ist die Frage zu stellen nach einer vergleichbaren Befähigung, Funktion und
Stellung des Notars im Rechtsleben als auch nach einer Vergleichbarkeit des Beurkundungsverfahrens (vgl.
zu den Aufgaben eines Notars IPG Hamburg 1980/81 Nr. 38). Die Auffassung, daß die Beurkundung durch
einen ausländischen Notar niemals gleichwertig sei, hat der BGH (BGHZ 80, 76) abgelehnt. Gleichwertigkeit
kann vor allem bei österreichischen Notaren und im Bereich des lateinischen Notariats der romanischen
Länder angenommen werden als auch bei verschiedenen Kantonen der Schweiz (vgl. allgemein
Erman/Hohloch, 9. Aufl. 1993, Art. 11 Rn. 20 m.w.N.). Eine Entscheidung bzw. eine literarische
Auseinandersetzung zur Gleichwertigkeit schwedischer Notare mit Notaren der Bundesrepublik Deutschland
ist - soweit ersichtlich - nicht vorhanden, doch wird man sie prima facie aufgrund einer gänzlich anderen
Tradition als nicht gleichwertig ansehen können (vgl. für Dänemark Raudszus, Urkundswesen, Grundbuch,
Handelsregister und Notariat in Dänemark, DNotZ 1977, 516, 528).
3. Kostenrechnung
Umstritten ist, wie die Beurkundung der Auflassung zu einem im Ausland abgeschlossenen Kaufvertrag
gebührenmäßig zu bewerten ist. Hinzuweisen ist insbesondere auf die Entscheidungen des BayObLG
(BayObLG 1977, 211 = DNotZ 1978, 58), welches § 38 KostO nicht angewandt hat und eine 20/10-Gebühr für
die Auflassung für zulässig erachtete. Demgegenüber haben aber das OLG Stuttgart (DNotZ 1991, 411) und
das OLG Düsseldorf (DNotZ 1991, 410) lediglich eine 5/10-Gebühr für rechtmäßig erachtet. Zumindest in der
Entscheidung des OLG Düsseldorf lag eine Auflassung seitens eines Züricher Notars vor, so daß auch von
einer Gleichwertigkeit der Urkunden auszugehen ist. Den Beschlußgründen des OLG Stuttgart ist nicht zu
entnehmen, ob eine gleichwertige ausländische Beurkundung vorlag, doch ist dies wohl zu vermuten. Im
vorliegenden Fall aber ist zumindest bei einem privatschriftlichen Kaufvertrag, abgeschlossen in Dänemark,
und beim notariell beurkundeten Vertrag, abgeschlossen in Schweden, von einer Beurkundung im Sinne von
§ 36 Abs. 2 Nr. 6 KostO nicht auszugehen, da es zum einen schon begrifflich an einer Beurkundung fehlt und
zum anderen Gleichwertigkeit einer schwedischen Beurkundung mit einer Beurkundung im Sinne des
Beurkundungsgesetzes nicht gegeben ist.
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Verantwortlicher Schriftleiter: Notar a.D. Christian Hertel
Hinweis: Die im DNotI-Report veröffentlichten Gutachten und
Stellungnahmen geben die Meinung der Gutachter des Deutschen
Notarinstituts und nicht die der Bundesnotarkammer wieder.

Erscheinungsdatum:

31.12.1995

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 1995, 33-35

Normen in Titel:

EGBGB Art. 11; BGB § 313