09. August 2024
BGB § 650u; BGB § 307

Bauträgervertrag; Altbausanierungspflicht; Beschränkung der Herstellungspflicht bei Totalsanierung

BGB §§ 307, 650u
Bauträgervertrag; Altbausanierungspflicht; Beschränkung der Herstellungspflicht bei Totalsanierung

I. Sachverhalt
Bei der Sanierung eines Altbaus finden Arbeiten in so erheblichem Umfang statt (Entkernen etc.), dass von einer Totalsanierung auszugehen ist. Außerdem wird ein Anbau errichtet und ein Geschoss aufgestockt. Allerdings will der Bauträger den Keller nicht sanieren, sodass dort eine gewisse Feuchtigkeit verbleiben wird. Der Keller wird nicht nach heutigen Maßstäben „trocken“ sein. Zudem hat der Bauphysiker errechnet, dass trotz der Entkernung die heutigen Anforderungen an den Schallschutz nicht zu erreichen sind. Dies ist auf die Altbausubstanz zurückzuführen. Beide Aspekte sollen in der Baubeschreibung ausdrücklich genannt werden.

II. Fragen
1. Kann auch bei einer Totalsanierung die Leistungspflicht des Bauträgers dadurch begrenzt werden, dass die Baubeschreibung eine Nichtleistungsbeschreibung enthält, wonach bestimmte Teile nicht saniert und bestimmte Anforderungen nicht erreicht werden?

2.Ändert es etwas, wenn das Nichterreichen bestimmter Standards nicht nur in der Baubeschreibung, sondern auch im Kaufvertrag zum Ausdruck kommt?

III. Zur Rechtslage
1. Altbausanierung: Abgrenzung zwischen Total- und Teilsanierung
Hat ein Bauträgervertrag die Sanierung eines Altbaus zum Gegenstand, so stellt sich im Ausgangspunkt die Frage, ob eine Teil- oder eine Totalsanierung vorliegt. Die Totalsanierung eines Altbaus ist hinsichtlich des Umfangs der Herstellungspflichten (und damit hinsichtlich der Mängelhaftung und der Möglichkeit, diese einzuschränken) als Neubaumaßnahme zu beurteilen. Sie ist gegeben, wenn der Veräußerer Bauleistungen übernimmt, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind (BGH NJW 2006, 214 Rn. 11; NJW 2007, 3275 Rn. 18; Basty, Bauträgervertrag, 11. Aufl. 2023, Kap. 11 Rn. 152 m. w. N.).

Sofern die Schwelle zur Totalsanierung nicht erreicht wird und mithin eine Teilsanierung vorliegt, beschränkt sich die Anwendung des Werkvertragsrechts (§ 650u Abs. 1 S. 2 BGB) auf die zu sanierenden Teile. Für die nicht zu sanierende Altbausubstanz kommt Kaufvertragsrecht zur Anwendung, sodass insoweit die Mängelgewährleistung in den AGB-rechtlich zulässigen Grenzen (insb. § 309 Nr. 7 BGB) eingeschränkt werden kann (Basty, Kap. 11 Rn. 156).

Im vorliegenden Fall gehen wir nach dem mitgeteilten Sachverhalt von einer Totalsanierung aus.

2. Reichweite der Herstellungspflicht bei einer Totalsanierung
Der vorliegende Sachverhalt wirft die Frage auf, wie weit die Herstellungspflicht bei einer Totalsanierung reicht.

Hierzu lässt sich zunächst festhalten: Sofern die vom Bauträger übernommenen Sanierungsleistungen ihrem Gesamtbild nach als Totalsanierung zu qualifizieren sind, schuldet der Bauträger vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung auch hinsichtlich der Altbausubstanz eine Neubauqualität. Seine Leistungspflicht besteht also darin, die Altbausubstanz so weit zu sanieren, dass diese den gängigen Neubaustandards genügt (vgl. Basty, Kap. 11 Rn. 152; BeckOGK-BGB/Matkovic, Std.: 1.7.2024, § 650u Rn. 13). Konkret schuldet der Bauträger dann bspw. die hinreichende Abdichtung eines Kellers gegen Feuchtigkeit nach Maßgabe moderner Baustandards (BGH ZfBR 2005, 263, 265; KG NZBau 2019, 507 Rn. 25; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.10.2016 – 21 U 120/15, BeckRS 2016, 134298 Rn. 35 ff.).

Dies ist aber nicht etwa dahingehend zu verstehen, der Bauträger müsse, wenn sich sein Vorhaben als Totalsanierung darstellt, stets zwingend die gesamte Altbausubstanz sanieren und könne seine Sanierungspflichten dem Umfang nach nicht beschränken (so auch Basty, Kap. 11 Rn. 155). Die vorstehend zitierten Entscheidungen hatten allesamt Bauträgerverträge zum Gegenstand, in denen sich keine ausdrückliche Regelung zur Sanierung des Kellers fand. Die Gerichte kamen daher im Wege der (ergänzenden) Vertragsauslegung zu dem Ergebnis, dass der Bauträger die Trockenlegung des Kellers schulde. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass ein Bauträger, der eine Totalsanierung verspricht, nicht auch einzelne in Betracht kommende Sanierungsmaßnahmen ausdrücklich aus dem Kreis der von ihm versprochenen Leistungen herausnehmen kann. Denn für eine ergänzende Vertragsauslegung ist kein Raum, soweit die Beteiligten im Vertrag eine eindeutige ausdrückliche Regelung getroffen haben.

In diesem Zusammenhang ist schließlich auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf hinzuweisen. Im dortigen Fall wollten die Erwerber den Bauträger auf Abdichtung der Kellerwände in Anspruch nehmen. Die Baubeschreibung wies allerdings ausdrücklich darauf hin, dass an den Außenmauern keine Erneuerungen vorgenommen würden. Demzufolge verneinte das Gericht einen Anspruch auf Abdichtung des Kellers (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.1998 – 5 U 137/97, Rn. 96 f. [juris]).

Als Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten, dass der Bauträger bei einer Totalsanierung nur vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen auch hinsichtlich der Altbausubstanz Neubauqualität schuldet. Er kann einzelne Bereiche aus dem Kreis der von ihm geschuldeten Sanierungen ausklammern. In der Folge haftet der Bauträger für die ausdrücklich nicht zu sanierenden Gebäudeteile nur nach Kaufvertragsrecht; eine Haftungsbeschränkung ist in den AGB-rechtlich zulässigen Grenzen (vgl. insbesondere § 309 Nr. 7 BGB) möglich (vgl. Ziff. 1).

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass ein „Ausklammern“ der nicht zu sanierenden Gebäudeteile auch mit Blick auf § 650k Abs. 2 BGB einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf. Nach dieser Vorschrift ist der Bauträgervertrag, soweit die Baubeschreibung unvollständig oder unklar ist, unter Berücksichtigung sämtlicher vertragsbegleitender Umstände, insbesondere des Komfort- und Qualitätsstandards nach der übrigen Leistungsbeschreibung, auszulegen. Mit dieser Vorschrift wird zwar „im Grunde nur Selbstverständliches in Gesetzesform gegossen, nämlich dass die vertragliche Vereinbarung unter Berücksichtigung sämtlicher vertragsbegleitender Umstände auszulegen ist“ (MünchKommBGB/Busche, 9. Aufl. 2023, § 650k Rn. 6). Würde also eine Baubeschreibung die Trockenlegung des Kellers nicht ausdrücklich aus dem Leistungssoll ausschließen, im Übrigen aber den Anschein einer nach dem Stand der Technik durchzuführenden Totalsanierung erwecken, so ergäbe eine Auslegung nach Maßgabe des § 650k Abs. 2 S. 1 BGB in aller Regel, dass der Bauträger auch Sanierungsarbeiten bzgl. des Kellers schuldet.

3. AGB-rechtliche Transparenzkontrolle betreffend Hauptleistungspflichten
Mit dem Vorstehenden ist nur festgestellt, dass die Beteiligten des Bauträgervertrages – im Rahmen ihrer Privatautonomie – den Inhalt und den Umfang der werkvertraglichen Leistungspflichten dergestalt festlegen können, dass ein Schallschutz nach heutigem Standard sowie eine Sanierung des Kellers nicht geschuldet sind. Dem steht auch das AGB-Recht nicht entgegen, denn gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB findet eine Inhaltskontrolle nicht in Ansehung der Hauptleistungspflichten statt.

Hinsichtlich der Hauptleistungspflichten findet indes die AGB-rechtliche Transparenzkontrolle statt, § 307 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 BGB. Damit stellt sich die Frage, wie die Vereinbarung betreffend die Nichtsanierung des Kellers und die Nichterreichung des Schallschutzes zu gestalten ist.

Soll vereinbart werden, dass der Bauträger die Sanierung des Kellers nicht schuldet, so führt dies dazu, dass die von ihm zu erbringende Bauleistung hinter den heute anerkannten Regeln der Technik und dem derzeitigen Stand der Baukunst zurückbleibt. Das AGB-rechtliche Transparenzgebot dürfte gebieten, dass der Bauträger den Erwerber erstens hierauf deutlich hinweist sowie zweitens den Erwerber über die praktischen Folgen und Nachteile (hier bspw. Eindringen von Sickerwasser, hohe Luftfeuchtigkeit, Schimmelbildung, modriger Geruch, Wahrnehmbarkeit von Gesprächen in Zimmerlautstärke aus den Nachbarwohnungen usw.) aufklärt (vgl. Blank, Bauträgervertrag, 6. Aufl. 2023, Rn. 160; Pause/Vogel, Bauträgerkauf und Baumodelle, 7. Aufl. 2022, Kap. 5 Rn. 52).

In diesem Zusammenhang ist auf eine Entscheidung des OLG München hinzuweisen, die sich mit den Rechtsfolgen befasst, wenn der Bauträger – unter Verstoß gegen die dargestellten Anforderungen des Transparenzgebots – eine Leistung verspricht, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt (Urt. v. 26.7.2016 – 28 W 1460/16 Bau, IBRRS 2016, 2708). Im entschiedenen Fall hat der Bauträger eine Wohnung mit „gehobenem Standard“ angepriesen, gleichzeitig aber hinsichtlich des Schallschutzes ohne nähere Erläuterung nur die Einhaltung der Schallschutznorm DIN 4109 versprochen, die lediglich ein Mindestmaß an möglichem Schallschutz darstellt. Da das Ausklammern einzelner Bau/Sanierungsleistungen gegen das Transparenzgebot verstieß und damit unwirksam war, kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Bauträger hinsichtlich der unwirksam ausgeklammerten Leistungen ebenfalls eine Sanierung nach dem „gehobenen Standard“ schulde, wie er ihn für das Gebäude im Übrigen versprochen habe.

4. „Ausklammern“ in der Baubeschreibung oder in der Haupturkunde selbst?
Schließlich stellt sich die Frage, ob die ausdrücklich nicht geschuldeten Sanierungsleistungen nicht nur in der Baubeschreibung, sondern auch im Bauträgervertrag auszuweisen sind.

Bei Bauträgerverträgen ist es nicht unüblich, die Baubeschreibung entweder in einer gesonderten Urkunde oder gemeinsam mit der Teilungserklärung zu beurkunden. Dies dient dazu, im Rahmen der später zu beurkundenden Bauträgerverträge gem. § 13a BeurkG ohne erneutes Verlesen auf die Baubeschreibung verweisen zu können (Basty, Kap. 1 Rn. 129). Materiell-rechtlich stellt eine isoliert oder zusammen mit der Teilungserklärung beurkundete Baubeschreibung jedoch zunächst ein rechtliches Nullum, also noch keine Willenserklärung oder Rechtsgeschäft dar (insbesondere hat der formell Beteiligte i. S. v. § 6 Abs. 2 BeurkG, bspw. ein Mitarbeiter des Bauträgers, keinerlei rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein betreffend den Abschluss eines Werkvertrages). Dies ist allerdings unschädlich, denn eine notarielle Urkunde, die nach den beurkundungsverfahrensrechtlichen Vorschriften über die Beurkundung von Willenserklärungen (§§ 6 ff. BeurkG) errichtet worden ist, muss keine materiell-rechtlich wirksame Willenserklärung oder ein sonstiges Rechtsgeschäft enthalten (vgl. BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, Std.: 1.2.2024, § 13a Rn. 33 f.). Erst durch die spätere Verweisung nach § 13a BeurkG machen sich die Beteiligten des Bauträgervertrages den Inhalt der Bezugsurkunde zu eigen, indem sie den Inhalt der Bezugsurkunde in ihre Willenserklärungen i. S. v. §§ 631 ff. BGB inkorporieren. Hierdurch wird der Inhalt und der Umfang der geschuldeten Werkleistung bestimmt.

Von einem materiell-rechtlichen Standpunkt aus betrachtet existiert somit keine Unterscheidung zwischen Bauträgervertrag (Haupturkunde) und Baubeschreibung (Bezugsurkunde); letztere bildet vielmehr notwendig einen Teil des materiell-rechtlichen Bauträgervertrags, da sonst die geschuldete Bauleistung regelmäßig nicht bestimmbar wäre. Somit ist es materiell-rechtlich im Ausgangspunkt unerheblich, an welcher Stelle sich ein „Negativkatalog“ nicht geschuldeter Bauleistungen findet. Lediglich das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) ist zu beachten. Dessen Anforderungen dürften u. E. auch dann gewahrt sein, wenn sich der „Negativkatalog“ ausschließlich in der Baubeschreibung (Bezugsurkunde) enthalten ist, denn dies ist schließlich der sachlich naheliegende Ort, an dem ein Erwerber damit rechnet, die maßgebliche Beschreibung der versprochenen Bauleistungen vorzufinden.

5. Zusammenfassung
Bei einer Totalsanierung schuldet der Bauträger grundsätzlich auch hinsichtlich der Altbausubstanz eine Neubauqualität. Dies gilt aber nur, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird. Insbesondere können einzelne Bereiche/Gewerke aus dem Kreis der vom Bauträger geschuldeten Sanierung ausgeschlossen werden („Negativkatalog“). Soweit der Bauträger demnach keine Sanierungspflichten übernimmt, haftet er für Mängel nur nach Kaufvertragsrecht; eine Haftungsbeschränkung ist in den AGB-rechtlich zulässigen Grenzen (vgl. insb. § 309 Nr. 7 BGB) möglich. Bei der Vertragsgestaltung betreffend das „Nichtschulden“ einer Sanierungsleistung oder eines Baustandards ist allerdings das AGB-rechtliche Transparenzgebot zu beachten, d. h., der Bauträger muss den Erwerber auf jene Gewerke hinweisen, die hinter dem zu erwartenden heutigen Baustandard zurückbleiben, und die hiermit verbundenen praktischen Folgen und Nachteile verdeutlichen.

Gutachten/Abruf-Nr:

202232

Erscheinungsdatum:

09.08.2024

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
Bauträgervertrag und Werkvertrag

Erschienen in:

DNotI-Report 2024, 114-117

Normen in Titel:

BGB § 650u; BGB § 307