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EGBGB Art. 14, 15 Frankreich: Güterstatut bei deutsch-französischem Ehepaar ohne gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt; Wechsel des Güterstatuts; communauté de biens réduite aux acquêts; emploi; Surrogation
I. Sachverhalt Im Jahre 2008 heiratete eine deutsche Staatsangehörige einen französischen Staatsangehörigen; ein Ehevertrag wurde nicht geschlossen. Aus der Ehe ging ein gemeinsames Kind hervor. Bei Heirat und bis heute hatte bzw. hat der Ehemann seinen ersten Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich. Die Ehefrau hatte bei Heirat ihren ersten Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und arbeitete noch einige Zeit in Deutschland. Sie befindet sich nun in Elternzeit. Mit erstem Wohnsitz ist sie in Deutschland gemeldet, mit zweitem Wohnsitz in Frankreich. Sie hält sich jeweils für einige Zeit in jedem der beiden Länder auf. Wie sich der gewöhnliche Aufenthalt der Eheleute weiterentwickeln wird, ist noch nicht ganz klar. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass die Ehefrau ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Frankreich verlegen wird, als dass umgekehrt der Ehemann seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Deutschland verlegen wird. Am 30.12.2009 soll ein notarieller Vertrag geschlossen werden, mit welchem die Ehefrau eine Eigentumswohnung in Deutschland erwirbt. Ihr Vater möchte ihr den vollen Kaufpreis für die Eigentumswohnung schenkungsweise zuwenden. Er möchte jedoch vermeiden, dass im Fall einer Ehescheidung der Ehemann seiner Tochter hiervon mehr profitiert, als dies beim deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft der Fall wäre. II. Fragen 1. Wird die Ehefrau bei alleinigem Kauf der Eigentumswohnung auch alleinige Eigentümerin oder wird der Ehegatte kraft Gesetzes zwangsläufig Miteigentümer? Wie wird der schenkungsweise vom Vater der Ehefrau zugewendete Betrag von 80.000,00 im Fall der Scheidung der Ehe behandelt? Ändert sich die rechtliche Beurteilung, wenn die Ehefrau zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bzw. zum Zeitpunkt der Schenkung des Geldbetrages durch ihren Vater ihren ersten Wohnsitz in Frankreich hat bzw. wenn sie später ihren ersten Wohnsitz nach Frankreich verlegt?
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Falls der Ehemann im Falle einer Scheidung in erheblichem Umfang von der Schenkung durch den Vater der Ehefrau profitieren würde: Inwieweit kann ein solches Ergebnis durch einen Ehevertrag verhindert werden und welche Regelungen müssten hierfür getroffen werden?
III. Zur Rechtslage 1. Güterstatut Die Frage, ob die Ehefrau die Eigentumswohnung zu Alleineigentum erwerben kann, beurteilt sich nach dem auf die Ehe anwendbaren Güterrecht. a) Aus deutscher Sicht Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe beurteilen sich nach dem Güterstatut. Dieses ist vorbehaltlich der Möglichkeit einer Rechtswahl - aus deutscher Sicht nach dem Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt der Eheschließung (Art. 15 Abs. 1 EGBGB). Es wird also auf Art. 14 EGBGB verwiesen, wobei die Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung zugrunde zu legen sind. Das Güterstatut ist vorbehaltlich der Möglichkeit der Rechtswahl aus deutscher Sicht unwandelbar, d. h. später eingetretene Umstände wie die spätere Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts sind nicht zu berücksichtigen; es kommt nur auf die Umstände bei Eheschließung an. Mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit der Ehegatten ist Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB nicht einschlägig. Nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist in zweiter Linie das Recht des Staates anzuwenden, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Bei Eheschließung hatten die Ehegatten noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat. Zum Teil wird in Fällen, in denen bereits bei Eheschließung die Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes in einem Staat beschlossen war und die Realisierung bald in Angriff genommen werden sollte, die Anwendung des Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB im Wege einer teleologischen Reduktion bejaht (vgl. allerdings zur früheren Rechtslage z. B. bei BayObLG FamRZ 1979, 583; weitere Hinweise in Staudinger/Mankowski, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Neubearb. 2003, Art. 15 EGBGB Rn. 29). Nach überwiegender Auffassung ist jedoch in einem solchen Fall Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB heranzuziehen. Somit ist im Einzelfall zu prüfen, mit dem Recht welchen Staates die Ehegatten bei Eheschließung gemeinsam am engsten verbunden waren (vgl. Staudinger/Mankowski, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rn. 30). Als Kriterien kommen vor allem in Betracht gemeinsame soziale Bindungen der Ehegatten an einen Staat durch Herkunft, Kultur, Sprache oder berufliche Tätigkeit, gemeinsamer (nicht nur ganz vorübergehender) Aufenthalt in einem Staat und gemeinsame objektiv feststellbare Zukunftspläne der Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung wie z. B. beabsichtigte Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in einem Staat (vgl. Palandt/Thorn, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl. 2010, Art. 14 EGBGB Rn. 10 m. w. N.). Der Plan, in einem bestimmten Staat einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, ist nach zahlreichen Gerichtsentscheidungen besonders zu gewichten; ihm kommt sogar dann eine sehr große Bedeutung zu, wenn er nicht realisiert wird (vgl. Staudinger/Mankowski, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rn. 30; Art. 14 EGBGB Rn. 64 ff. unter Verweis auf zahlreiche Gerichtsentscheidungen). Dem Ort der Eheschließung wird dagegen bei Ermittlung der engsten Verbindung i. d. R. keine ausschlaggebende
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Bedeutung zugemessen, zumal dieser auch zufällig sein kann. Er wird zumeist lediglich als ,,Nothelfer" berücksichtigt, wenn sich durch andere Kriterien keine engste Verbindung ermitteln lässt und auf den Staat der Eheschließung noch weitere Indizien hinweisen (vgl. Palandt/Thorn, a. a. O., Art. 14 EGBGB Rn. 10 m. w. N.; so auch zahlreiche Gerichtsentscheidungen, z. B. AG Hannover, Urt. v. 15.5.2000, 608 F 302/99, FamRZ 2000, 1576; OLG Köln, Beschl. v. 6.2.1998, 25 WF 25/98, FamRZ 1998, 1590). Weitere Indizien könnten sein, in welcher Sprache die Ehegatten miteinander kommunizieren, ob einer der Ehegatten eine besondere Verbindung zum Heimatstaat des anderen hat etc.. Vorliegend ist es uns aufgrund der genannten Umstände nicht möglich, eine sichere Prognose in Bezug auf die engste Verbindung zum Zeitpunkt der Eheschließung abzugeben bzw. sicher vorherzusagen, wie ein Gericht die Umstände gewichten würde. Etwas mehr dürfte für Frankreich sprechen. Sofern man eine engste Verbindung mit Deutschland im Zeitpunkt der Eheschließung bejaht, ist das deutsche Recht unwandelbar Güterstatut. Sofern man eine engste Verbindung mit Frankreich im Zeitpunkt der Eheschließung bejaht, wird gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB auf französisches Recht verwiesen. Bei der Verweisung nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ist umstritten, ob auch auf das ausländische IPR verwiesen wird mit der Folge, dass eine Rückverweisung in Betracht kommt (so Palandt/Thorn, a. a. O., Art. 14 EGBGB Rn. 3, 8, Art. 4 EGBGB Rn. 8; Staudinger/Hausmann, a. a. O., Neubearb. 2003, Art. 4 EGBGB Rn. 103, 177; Sonnenberger, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl. 2006, Art. 4 EGBGB Rn. 29; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, § 45 II 2, § 24 II 2 a), oder ob es sich um eine Sachnormverweisung handelt, so dass hier direkt auf das ausländische materielle Recht verwiesen wird (so Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, a. a. O., Art. 14 EGBGB Rn. 21; Erman/Hohloch, BGB, Kommentar, 11. Aufl. 2004, Art. 14 EGBGB Rn. 6). Folgt man der zweiten Ansicht, wird durch die engste Verbundenheit automatisch das materielle Recht des betreffenden Staates, hier also französisches materielles Recht, zur Anwendung berufen. Folgt man der ersten Ansicht, die Rück- oder Weiterverweisungen zulässt, so ist das französische Internationale Privatrecht zu prüfen; vgl. hierzu nachfolgend lit. b). b) Aus französischer Sicht Im französischen internationalen Güterrecht ist seit dem 1.9.1992 das Güterstatut nach Maßgabe der Haager Güterrechtskonvention vom 14.3.1978 zu bestimmen (vgl. Anlage). Gem. Art. 2 der Haager Güterrechtskonvention gilt diese als sog. loi uniforme auch gegenüber Nicht-Vertragsstaaten wie z. B. Deutschland. Nach Art. 3 der Konvention richtet sich das Güterstatut grundsätzlich nach dem von den Eheleuten vor Eheschließung gewählten Recht. Haben die Ehegatten vor ihrer Eheschließung keine Rechtswahl getroffen, so bestimmt sich der Güterstand gem. Art. 4 Abs. 1 der Konvention nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, in dessen Gebiet beide nach der Eheschließung ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt errichten. Art. 4 Abs. 2 enthält besondere Bestimmungen, nach denen ausnahmsweise das gemeinsame Heimatrecht gilt; ein solches ist hier jedoch nicht vorhanden. Wenn die Ehegatten nach der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in demselben Staat haben und auch keine gemeinsame Staatsangehörigkeit haben, unterliegt ihr Güterrecht nach Art. 4
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Abs. 3 der Haager Güterstandskonvention dem Recht des Staates, mit dem es unter Berücksichtigung aller Umstände am engsten verbunden ist. Auch hier sind also sämtliche Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Kriterien entsprechen im Wesentlichen denen, die bei Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB herangezogen werden. Es dürfte somit derzeit mehr für die Anwendung französisches Recht sprechen. Fraglich ist, welche Folgen aus französischer Sicht die in der Zukunft denkbare Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts beider Eheleute in demselben Staat und deren Zeitpunkt hätte. Grundsätzlich bleibt das Güterstatut gem. Art. 7 Abs. 1 der Konvention zwar auch bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit oder des gewöhnlichen Aufenthalts unverändert. Allerdings sieht Art. 7 Abs. 2 der Konvention in bestimmten Fällen einen automatischen Wechsel des Güterstatuts in Fällen vor, in denen die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen und keinen Ehevertrag geschlossen haben (sog. mutabilité automatique); das Güterstatut nach der Haager Güterkonvention ist also wandelbar. Voraussetzung für einen automatischen Güterstandswechsel nach Art. 7 Abs. 2 der Konvention ist ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt im selben Staat; gewechselt wird zum Güterstatut dieses Aufenthaltsstaates. Ein Wechsel erfolgt, sobald Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, dessen Staatsangehörige sie beide sind (Art. 7 Abs. 2 Ziff. 1 der Konvention). Auch ohne gemeinsame Staatsangehörigkeit findet ein Wechsel statt, wenn Ehegatten nach der Eheschließung für mindestens 10 Jahre ihren gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat haben (Art. 7 Abs. 2 Ziff. 2 der Konvention). Schließlich wechselt das Güterstatut im Fall einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit dann, wenn das Heimatrecht nur aufgrund Art. 4 Abs. 2 Ziff. 3 der Konvention anzuwenden war und beide einen gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat begründen (Art. 7 Abs. 2 Ziff. 3 der Konvention). Wenn die Eheleute im vorliegenden Fall künftig erstmals im selben Staat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben sollten, könnte man an die sofortige Anwendbarkeit des Rechts des Aufenthaltsstaates gem. Art. 4 Abs. 1 der Konvention ab Begründung des gemeinsamen Aufenthalts denken, da es sich ja tatsächlich um den ersten gemeinsamen Aufenthalt im selben Staat handeln würde. Allerdings regelt Art. 4 der Konvention nur die erstmalige Bestimmung eines Güterstatuts in der Ehe; sein Regelungsbereich ist hier durch die Anknüpfung an die engste Verbindung gem. Art. 4 Abs. 3 der Konvention erschöpft. Ein Güterstatut ist bereits bestimmt; in der Folge geht es um eine mögliche Änderung des Güterstatuts, für die nicht Art. 4 der Konvention, sondern Art. 7 der Konvention einschlägig ist. Dort ist wie ausgeführt in Abs. 1 festgelegt, dass ein Aufenthaltswechsel nicht automatisch zu einem Güterstatutswechsel führt, sondern nur in den in Abs. 2 aufgezählten Fällen. Ein sofortiger Wechsel des Güterstatuts ist gem. Art. 7 Abs. 2 Ziff. 3 der Konvention nur für den Sonderfall des Art. 4 Abs. 2 Ziff. 3 der Konvention vorgesehen. Im Übrigen ist geregelt, dass ein Wechsel erst nach 10 Jahren gemeinsamen Aufenthalts eintritt. Sollten also im vorliegenden Fall die Eheleute künftig ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich oder Deutschland nehmen, wird erst nach Ablauf von 10 Jahren ab diesem Aufenthaltswechsel das Recht des Aufenthaltsstaates automatisch Güterstatut. Gem. Art. 8 Abs. 1 der Konvention wirkt der Wechsel nach Art. 7 Abs. 2 der Konvention nur für die Zukunft; das den Ehegatten vor dem Wechsel gehörende Vermögen unterliegt nicht dem neuen Recht. Gem. Art. 8 Abs. 2 der Konvention können die Eheleute in der Form des Art. 13 der Konvention auch das gesamte Vermögen dem neuen Recht unterstellen, betreffend unbewegliches Vermögen
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unbeschadet der Möglichkeit, gem. Art. 6 Abs. 4 der Konvention das Recht des Lageortes zu wählen. c) Rechtswahl Gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB haben die Eheleute aus deutscher Sicht die Möglichkeit, für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe u. a. das Heimatrecht eines der Ehegatten (Nr. 1) bzw. das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts eines von ihnen (Nr. 2) zu wählen. Diese Rechtswahl wirkt nach h. M. aber nicht rückwirkend (z. B. Palandt/Thorn, a. a. O., Art. 15 EGBGB Rn. 21; Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 167). Eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts wäre daher möglich, ebenso eine Rechtswahl zugunsten des französischen Rechts. Aus französischer Sicht richten sich die Möglichkeiten einer güterrechtlichen Rechtswahl nach Eheschließung nach Art. 6 der Haager Güterrechtskonvention. Wählbar ist das Recht eines Staates, dem einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl angehört, oder das Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; es kommt somit sowohl die Wahl deutschen als auch französischen Rechts in Frage. Das auf diese Weise bestimmte Recht gilt grundsätzlich für das gesamte Vermögen der Ehegatten. Die Ehegatten können jedoch unabhängig von einer allgemeinen Rechtswahl auch für das ganze oder für einen Teil des unbeweglichen Vermögens das Recht des Staates wählen, in dem sich dieses Vermögen befindet. Sie können ebenfalls vorsehen, dass das später erworbene unbewegliche Vermögen in einem Staat dem Recht des Lageortes unterliegt (Art. 6 Abs. 3 der Konvention). Die Rechtswahl muss gem. Art. 11 der Konvention ausdrücklich erfolgen bzw. sich unzweifelhaft aus den Bestimmungen ergeben. Gem. Art. 12, 13 der Konvention sind die Formvorschriften einzuhalten, die sich aus dem gewählten innerstaatlichen Recht ergeben oder aus dem Recht des Ortes, in dem die Vereinbarung geschlossen wird; in jedem Fall ist ein datiertes und von beiden Eheleuten unterschriebenes Schriftstück erforderlich. Eine in Deutschland vorgenommene notarielle Beurkundung der Rechtswahl (im Rahmen eines Ehevertrages) ist in jedem Fall ausreichend, zumal das französische Recht gem. Art. 1394 Abs. 1 des Code Civil (C.C.) für einen Ehevertrag ebenfalls eine notarielle Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien bzw. ihrer Vertreter vorsieht; Vertretung ist nur aufgrund einer Spezialvollmacht gem. öffentlicher Urkunde möglich (Döbereiner, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 2006, Länderbericht Frankreich, Rn. 89). Die Rechtswahl wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Eheschließung zurück. Die Ehegatten können jedoch stattdessen auch ihren bisherigen Güterstand abwickeln (Revillard, Droit international privé et communautaire: pratique notariale, 6e édition 2006, Rn. 319). Aufgrund der unklaren objektiven Anknüpfungssituation könnte vorliegend eine Rechtswahl zu empfehlen sein. Bei einer Rechtswahl sollte die Vorschrift des Art. 6 der Haager Güterrechtskonvention zusätzlich zu Art. 15 Abs. 2 EGBGB zitiert werden. Da aus deutscher Sicht keine Rückwirkung eintritt, sollte eine etwaige Rechtswahl vor der Schenkung des Geldbetrages und vor dem beabsichtigten Erwerb der Immobilie getroffen werden. 2. Folgen der Anwendung französischen Rechts Gesetzlicher Güterstand des französischen Rechts ist die Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts). In diesem Güterstand bestehen während der Ehe drei
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Vermögensmassen: Das Eigengut des Ehemanns, das Eigengut der Ehefrau und die biens communs (Gesamtgut, communauté), die aus den Gütern bestehen, die die Ehegatten während der Ehe zusammen oder getrennt erworben haben (Art. 1401 Code Civil (C.C.)). Eigengut sind die Gegenstände, die schon vor der Eheschließung Eigentum bzw. Besitz der Ehegatten waren, sowie diejenigen, die ein Ehegatte von Todes wegen erwirbt oder die ihm von Dritten unentgeltlich zugewendet werden (Eigengut kraft Ursprungs, Art. 1405 C.C.). Ferner sind Eigengut Gegenstände, die ihrer Natur nach zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten dienen, wie beispielsweise Wäsche und Kleidung, selbst wenn sie während der Ehe erworben werden, Schadenersatzansprüche wegen eines Körper- bzw. eines immateriellen Schadens sowie alle Gegenstände, die einen persönlichen Charakter haben, und alle Ansprüche, die ausschließlich einer Person zustehen (Eigengut kraft Eigenart, Art. 1404 C.C.). Gegenstände, die als Ersatz für Gegenstände des Eigenguts erworben werden, sind grundsätzlich ebenfalls Eigengut des jeweiligen Ehegatten (Art. 1407 C.C.). Bei Beendigung der Gemeinschaft durch den Tod der Ehegatten oder durch Scheidung wird der Güterstand aufgelöst. Jeder Ehegatte behält sein Eigengut. Das Gesamtgut wird grundsätzlich in zwei gleiche Teile aufgeteilt (vgl. Ferrand, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici, AnwK-BGB, 2005, Frankreich, Rn. 66). In diesem Güterstand kommt es also nicht zu einem Ausgleich erst nach Eheschließung, wie bei der Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts, sondern von vornherein zum gemeinschaftlichen Erwerb des Vermögens. Wenn also die von der Ehefrau zu erwerbende Eigentumswohnung zu Gesamtgut würde, wäre der Ehemann automatisch Miteigentümer und würde bei einer eventuellen Ehescheidung grundsätzlich zu ½ an der Wohnung beteiligt sein. Gem. Art. 1402 Abs. 1 C.C. besteht die gesetzliche Vermutung, dass alle beweglichen und unbeweglichen Güter zum Gesamtgut gehören. Diese Vermutung kann jedoch auf verschiedene Arten widerlegt werden. Zum einen ist dies möglich, wenn der betreffende Gegenstand selbst seine Zugehörigkeit zum Eigengut erkennen lässt, wie dies häufig bei Eigengut kraft Eigenart der Fall sein wird. Wenn dies, wie wohl im vorliegenden Fall, nicht möglich ist, ist der Beweis der Eigenguteigenschaft grundsätzlich durch Urkunden zu erbringen, z. B. durch ein von den Ehegatten errichtetes Inventarverzeichnis, Rechnungen, Quittungen etc., ggf. auch wenn vom Richter zugelassen durch einen Zeugen- oder Anscheinsbeweis (vgl. hierzu Döbereiner, a. a. O, Rn. 70). Im vorliegenden Fall der Schenkung des zum Erwerb einer Eigentumswohnung erforderlichen Geldbetrages ist Folgendes zu beachten: Das während der Ehe durch Schenkung unter Lebenden erworbene Vermögen gilt, wie bereits ausgeführt, gem. Art. 1405 Abs. 1 C.C. als Eigengut kraft Ursprungs, sofern nicht der Zuwendende eine andere Bestimmung getroffen hat (vgl. Art. 1405 Abs. 2 S. 1 C.C.). Da dies sich nicht nur auf Vermögen i. S. v. unbeweglichem Vermögen oder körperlichen Gegenständen bezieht, würde ein vom Vater an die Tochter geschenkter Geldbetrag zum Eigengut der Tochter kraft Ursprungs. Zwar werden grundsätzlich während der Ehe auch mit Mitteln des Eigengutes angeschaffte Gegenstände zu Gesamtgut. Eine Abweichung hiervon ist jedoch in Art. 1406 Abs. 2 C.C. niedergelegt, und zwar für den Fall des emploi bzw. des remploi. Emploi meint die Anschaffung von Gegenständen mit Kapital des Eigengutes, also eine Vermögensanlage. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Ehefrau aus dem ihr geschenkten Geldbetrag die Eigentumswohnung erwirbt. Unter remploi ist eine Wiederanlage gemeint, also die Anschaffung von Gegenständen mit Kapital, das aus der Veräußerung von Eigengut stammt. Derartige durch emploi bzw. remploi erworbene Gegenstände gehören dann (weiterhin) zum Eigengut, wenn gem. Art. 1406 Abs. 2, 1434 Abs. 1 S. 1 C.C. zum Schutz des Rechtsverkehrs eine zweifache Erklärung abgegeben wird.
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Zum einen muss erklärt werden, dass die Mittel für den Erwerb aus dem Eigengut bzw. dem Veräußerungserlös von Eigengut stammen, und zum anderen, dass ein emploi bzw. ein remploi vorgenommen wird. Diese Erklärungen sollten im Kaufvertrag vorgenommen werden. Sie sind zwar gem. Art. 1406 Abs. 2, 1434 Abs. 1 S. 2 C.C. auch nachträglich zwischen den Ehegatten möglich, haben jedoch dann nur Wirkung im Innenverhältnis. Im abzuschließenden Kaufvertrag sollte danach eine Erklärung der Ehefrau und möglichst auch eine Erklärung des mit in der Urkunde auftretenden Ehemannes abgegeben werden, dass die Ehefrau die Eigentumswohnung aus Eigengut erwirbt und ein emploi vorgenommen wird, wonach die Eigentumswohnung selbst zu Eigengut wird. Zu der Frage, was später bei Umbauten an der Eigentumswohnung bzw. bei Verkauf der Eigentumswohnung und Anschaffung eines Ersatzobjekts geschieht und was zu beachten ist, verweisen wir auf Döbereiner, a. a. O., Rn. 67 f.. 3. Ergebnis Ob deutsches oder materielles Güterrecht anzuwenden ist, ist im vorliegenden Fall nicht sicher zu beurteilen. Es spricht wohl aus Sicht beider Rechtsordnungen mehr für die Anwendung französischen Rechts. Aus deutscher Sicht verbleibt es bei dem so ermittelten Güterstatut auch für den Fall, dass die Eheleute später einen gemeinsamen Aufenthalt im selben Staat haben; das Güterstatut ist unwandelbar. Aus französischer Sicht ist das Güterstatut wandelbar; 10 Jahre nach Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts in einem Staat gilt aus französischer Sicht das materielle Recht dieses Staates, und zwar für die Zukunft, so dass für die Zeit davor noch das ,,alte" Güterstatut gilt. Wann die Ehefrau also eventuell ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach Frankreich verlegt, ist für die noch in diesem Jahr geplante Transaktion nicht unmittelbar von Bedeutung. Um Rechtsklarheit zu schaffen, könnte ggf. eine Rechtswahl in notarieller Form getroffen werden. Aus deutscher Sicht wirkt die Rechtswahl nur ex nunc, aus französischer Sicht grundsätzlich ex tunc, es sei denn, es wird etwas anderes vereinbart. Bei der Rechtswahl sollten sowohl Art. 15 Abs. 2 EGBGB als auch Art. 6 der Haager Konvention zitiert werden. Eine etwaige Rechtswahl sollte möglichst vor Schenkung des Geldbetrages und Erwerb der Immobilie beurkundet werden. Um eine Teilhabe des Ehemanns an der Eigentumswohnung im Scheidungsfall auszuschließen, ist bei Geltung französischen Rechts kein Ehevertrag erforderlich; es kann beim gesetzlichen Güterstand verbleiben. Vielmehr wird die Eigentumswohnung zum Eigengut der Ehefrau, wenn der zum Erwerb erforderliche Geldbetrag zunächst an sie geschenkt wird (ggf. mit der Erklärung, dass er zu Eigengut werden soll) und wenn sodann im Kaufvertrag möglichst durch eine entsprechende in der Urkunde abgegebene Erklärung des Ehemannes ergänzt gem. Art. 1406 Abs. 2, 1634 Abs. 1 S. 1 C.C. erklärt wird, dass die Mittel für den Erwerb der Eigentumswohnung aus dem Eigengut stammen und dass ein emploi vorgenommen wird, d. h., dass auch die erworbene Eigentumswohnung selbst zum Eigengut werden soll.