Akteneinsichtsrecht des Notars; Notar als Behörde i. S. d. § 13 FamFG
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 193082
letzte Aktualisierung: 22. Februar 2023
Akteneinsichtsrecht des Notars; Notar als Behörde i. S. d.
I. Sachverhalt
Notar N hat beim AG S zur Vorbereitung einer Beurkundung die Übermittlung einer Nachlassakte
beantragt. Das AG hat die Akte nicht übersandt, sondern verlangt, dass vorgetragen wird, in
wessen Auftrag N die Akteneinsicht verlangt. N hat hierauf geantwortet, dass die Akteneinsicht
im eigenen Interesse beantragt werde, dass
die Einsichtnahme als Behörde im Wege der Amtshilfe ersucht werde. Das AG hat die Akteneinsicht
mit Beschluss verweigert.
Die Akte wird zur Vorbereitung einer Verfügung von Todes wegen benötigt, in der u. a. der Erbanteil
an einem Nachlass vermächtnisweise einem Dritten zugewandt werden soll. Zu diesem
Zweck ist die Einsichtnahme in die Nachlassakte erforderlich, um den genauen Bestand dieses
Erbanteils im Wege der Sachverhaltsaufklärung zu ermitteln. Würde man diesen Sachverhalt dem
Nachlassgericht mitteilen, würde das Antragsschreiben in der Nachlassakte verwahrt werden. Damit
wäre nicht mehr gewährleistet, dass die geplante Verfügung von Todes wegen geheim bleibt.
II. Frage
Hätte eine Beschwerde gegen den Beschluss Aussicht auf Erfolg?
III. Zur Rechtslage
1. Grundzüge
Die bei den Nachlassgerichten geführten Nachlassakten sind nicht öffentlich. Ein Akteneinsichtsrecht
steht nach
Dritten steht ein Akteneinsichtsrecht gem.
Interesse glaubhaft machen und schutzwürdige Interessen der Beteiligten oder eines
anderen Dritten nicht entgegenstehen. Außerdem gewährt
Recht, eine eröffnete Verfügung von Todes wegen einzusehen, der ein rechtliches Interesse
glaubhaft macht. Das allgemeine Einsichtsrecht aus
in
Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 13 Rn. 5).
Ein berechtigtes Interesse i. S. d.
Interesse tatsächlicher, wirtschaftlicher oder wissenschaftlicher Art, das sich nicht auf
vorhandene Rechte zu gründen oder auf das Verfahren zu beziehen braucht […]. Wer ein
rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann in eine eröffnete Verfügung von Todes wegen
Einsicht nehmen, § 357 Absatz I FamFG. Ein rechtliches Interesse ist enger als ein berechtigtes
Interesse (Jennissen, in: Prütting/Helms, FamFG, 2009, § 13 Rdnr. 23). Es setzt ein auf
Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes, gegenwärtig bestehendes Verhältnis
einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache voraus“ (KG
sagt aber nichts über das Einsichtsrecht dem Grunde nach aus (OLG Hamm FGPrax 2013,
105; Keidel/Sternal, FamFG - Familienverfahren, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 20. Aufl. 2020,
§ 13 Rn. 58-59).
Das Akteneinsichtsrecht für Behörden ist in
differenzieren, ob die Behörde selbst Beteiligte oder Dritte ist. In ersterem Fall richtet sich
ihr Einsichtsrecht nach
Rn. 30). Ist die Behörde nicht beteiligt, wird auf die
verwiesen (BeckOK-FamFG/Burschel, § 13 Rn. 32; OLG Bamberg NJOZ
2019, 257).
2. Notar als Behörde?
Soweit die Frage, ob der Notar – statt unter § 13 Abs. 1 oder 2 FamFG subsumiert zu werden
– in diesem Zusammenhang als Behörde angesehen werden kann, diskutiert wird, wird sie –
ohne Begründung – verneint (vgl. Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Aufl.
2019, § 29 Rn. 17).
Die, soweit ersichtlich, einzige einschlägige Entscheidung erging durch das OLG Saarbrücken
(
die zuvor an der Erstellung eines Erbscheinsantrags mitgewirkt hatte, der dem Antragsteller
nur zur Berichtigung des Grundbuchs übersandt wurde (
des Verfahrens, d. h. nicht (mehr) als Bevollmächtigte des Antragstellers, Akteneinsicht
in Form der Übersendung einer Abschrift des Erbscheins beantragt hatte (§ 13 Abs. 3 S. 1
FamFG). Ihr rechtliches Interesse begründete sie damit, den erteilten Erbschein prüfen zu
wollen. Das OLG Saarbrücken stellte fest:
„Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abschrift des beantragten
Erbscheins an die Bf. liegen offensichtlich vor. Ihr steht
kraft ihres Amtes und der damit verbundenen Amtspflichten ein
berechtigtes Interesse daran zu. Schutzwürdige, dem widerstreitende
Interessen sind nicht erkennbar.“
(
Insbesondere stellt das OLG Saarbrücken darauf ab, dass die Notarin unabhängig davon, ob
sie als Beteiligte oder Dritte (§ 13 Abs. 1 oder 2 FamFG) anzusehen ist, ein Akteneinsichtsrecht
hat:
„Insoweit kann dahinstehen, ob die Bf. i. S. des § 13 Absatz 1
FamFG „Beteiligte” eines nach Erbscheinserteilungsverfahren eigenständigen
„Akteneinsichtsverfahrens” ist oder, was nahe liegt,
„Informationsberechtigte” nach dessen Abschluss. […] Denn
auch als solche hätte sie – unzweifelhaft – ein Akteneinsichts- und
Abschriftenerteilungsrecht nach § 13 Absatz 2 FamFG.“
(
Ungeachtet dessen, dass aus dieser Entscheidung das Bestehen eines zumindest berechtigten
Interesses auch ohne vertieften Vortrag hierzu abgeleitet werden kann, dürfte daraus jedenfalls
implizit abzuleiten sein, dass das OLG Saarbrücken nicht davon ausgeht, es handele sich
bei einem Notar um eine Behörde.
Andererseits ist jedoch zu beachten, dass der Notar im Bereich der Datenweitergabe der Gerichte
der ordentlichen Gerichtsbarkeit,
wird. Datenempfänger i. S. d.
oder eines Landes“. Dieser Begriff soll dabei ebenso verstanden werden wie in
(MünchKommZPO/Pabst, 6. Aufl. 2022,
Std.: 15.5.2022,
bei Ausübung seiner hoheitlichen Tätigkeit insoweit eine öffentliche Stelle i. S. d. § 2 Abs. 2
BDSG sein, wobei teils auf die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung allgemein (insbesondere
bei Abgrenzung zu Anwaltsnotaren, vgl. BeckOK-Datenschutzrecht/Wolff/Bring,
Std.: 1.5.2022,
in: Gola/Heckmann, BDSG, 13. Aufl. 2019,
Wird die Behördeneigenschaft bzw. die Eigenschaft als öffentliche Stelle eines Notars danach
für Zwecke der Datenweitergabe nach
warum dies nicht auch i. R. d. Akteneinsicht nach
Beantragung der Akteneinsicht zur Vorbereitung notarieller Amtstätigkeiten tritt der Notar
nicht als Privatperson auf, sondern als Organ der Rechtspflege, das seinen Amtspflichten
nachkommt,
Mangels dies ausdrücklich bestätigender Rechtsprechung und der vorstehend zitierten Entscheidung
des OLG Saarbrücken, die durchaus gegenteilig verstanden werden kann, muss die
Rechtsfrage jedoch als offen bezeichnet werden.
Auf Grundlage der Entscheidung des OLG Saarbrücken könnte u. E. aber auf der Ebene des
werden, dass es keiner vertieften Substantiierung des berechtigten Interesses des Notars
bedarf. Denn aus seinen Amtspflichten folgt bereits, dass er für die Vorbereitung von Urkunden
rechtlich zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet ist, § 17 Abs.1 BeurkG. Eine gesteigerte
Anforderung an die Substantiierung (welche Art von Urkunde? Für welchen Beteiligten?)
kann gerade vor dem Hintergrund der entgegenstehenden Verschwiegenheitspflicht (§ 18
BNotO) nicht verlangt werden.
193082
Erscheinungsdatum:22.02.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Normen in Titel:FamFG § 13