17. Juni 2022
SGB VI § 187

Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund eines vorsorgenden Ehevertrages

Gutachten-Abruf-Dienst
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 188670
letzte Aktualisierung: 1 7 . Juni 2022

SGB VI § 187
Freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund eines
vorsorgenden Ehevertrages

I. Sachverhalt
Die Ehegatten haben in einem vorsorgenden Ehevertrag vereinbart, dass der Ehemann in Zeiträumen
betreuungsbedingter Erwerbseinschränkung der Ehefrau Zuzahlungen in die gesetzliche
Rentenversicherung vornimmt, um die Altersversorgung der Ehefrau in der bisherigen Höhe aufrecht
zu erhalten. Die Ehefrau ist gesetzlich rentenversichert. Die Deutsche Rentenversicherung
in Berlin hat der Ehefrau beauskunftet, dass derartige Zuzahlungen nicht zulässig sind.

II. Fragen
Ist es möglich im Hinblick auf § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI ehevertraglich Zuzahlungen in die
gesetzliche Rentenversicherung zu vereinbaren? Sind solche Vereinbarungen grundsätzlich zulässig/
unzulässig oder nur unter bestimmten rentenrechtlichen Voraussetzungen zulässig?

III. Zur Rechtslage
I. Zunächst dürfen wir darauf hinweisen, dass sich der Gutachtendienst des DNotI nach seinen
Leistungsgrundsätzen beschränkt auf die notarspezifischen Rechtsgebiete, zu denen das
Sozialrecht u. E. nicht gehört und zu dem wir daher auch nur eingeschränkt Expertise vorweisen
können. Wir bitten daher um Verständnis dafür, dass wir uns nachfolgend auf grundsätzliche
Ausführungen zur angesprochenen Thematik beschränken.

II. Was die Zahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung anbelangt, so ist
§ 187 SGB VI einschlägig.

Nach § 187 Abs. 1 SGB VI können im Rahmen des Versorgungsausgleichs Beträge gezahlt
werden, um
1. Rentenanwartschaften, die um einen Abschlag an Entgeltpunkten gemindert worden
sind, ganz oder teilweise wieder aufzufüllen,
2. Rentenanwartschaften zu begründen aufgrund
a) einer Entscheidung des Familiengerichts zum Ausgleich von Anrechten durch externe
Teilung (§ 15 VersAusglG) oder
b) einer wirksamen Vereinbarung nach § 6 des VersAusglG oder
c) einer Abfindung nach § 23 VersAusglG,
3. die Erstattungspflicht für die Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten des
Ausgleichsberechtigten abzulösen.

III. Relevant ist in diesem Zusammenhang vor allem die Zahlung von Beiträgen nach § 187
Abs. Nr. 1 SGB VI, d. h. eine Zahlung, um Rentenanwartschaften, die um einen Abschlag
an den Entgeltpunkten gemindert worden sind, ganz oder teilweise wieder aufzufüllen.
Kommt es bspw. im Rahmen der Versorgungsausgleichsentscheidung zu einer sog. internen
Teilung (§ 10 VersAusglG), dann führt die Übertragung von Anwartschaften auf den ausgleichsberechtigten
Ehegatten zu einer Minderung der eigenen Anwartschaften des belasteten
Ehegatten (vgl. BeckOK-SozR/v. Koch, Std.: 1.9.2021, § 187 SGB VI Rn. 3). Durch die Beitragszahlung
kann diese Minderung vom Ausgleichsverpflichteten wieder aufgefüllt werden,
d. h. der Verlust kann durch eigene Beitragszahlung kompensiert werden (BeckOKSozR/
v. Koch, § 187 SGB VI Rn. 3).

IV. Im vorliegenden Fall kommt eine Zahlung von Beiträgen allenfalls im Rahmen von § 187
Abs. 1 Nr. 2b SGB VI in Betracht. Nach dieser Bestimmung können Beiträge gezahlt werden,
um Rentenanwartschaften zu begründen aufgrund einer wirksamen Vereinbarung nach
§ 6 VersAusglG. Die Vereinbarung muss wirksam geschlossen sein, also in der Regel notariell
beurkundet worden sein (§ 7 Abs. 1 VersAusglG), und einer standhalten (§ 8 Abs. 2
VersAusglG; vgl. BeckOK-SozR/v. Koch, § 187 SGB VI Rn. 4).

Ferner wird darauf hingewiesen, dass eine solche Vereinbarung über den Versorgungsausgleich
nach § 6 VersAusglG nicht mehr wie früher der Genehmigung des Familiengerichts
nach § 1578o Abs. 2 S. 3 BGB bedürfe, sondern das Familiengericht nach § 6 Abs. 2
VersAusglG hieran gebunden sei, sofern keine Wirksamkeits- oder Durchsetzungshindernisse
bestehen (Gürtner, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Std.: 7/2021,
§ 187 SGB VI Rn. 6).

Auch wenn z. T. in der Kommentarliteratur der Eindruck erweckt wird, es müsse sich hierbei
um eine Scheidungsvereinbarung handeln, so geht die kautelarjuristische Literatur jedoch
davon aus, dass eine Vereinbarung über den Versorgungsausgleich i. S. von § 6 Abs. 1 S. 1
VersAusglG sowohl im Zusammenhang mit einer Scheidung als auch vorsorglich im
Rahmen eines Ehevertrages geschlossen werden könne (Schwamb, in: Göppinger/Rakete-
Dombek, Vereinbarungen anlässlich der Ehescheidung, 11. Aufl. 2018, 3. Teil, Rn. 1).
So vertritt namentlich auch Münch (in: Münch, Familienrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis,
3. Aufl. 2020, § 4 Rn. 343), dass die durch § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI eröffnete
Möglichkeit des Pflichtigen, eine Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung vorzunehmen,
nicht auf die Scheidungssituation beschränkt sei. Nach seiner Ansicht (a. a. O.)
müsste auch in einem vorsorgenden Ehevertrag nach § 6 VersAusglG vereinbart werden
können, Beitragsleistungen des Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung fortzuführen.
Allerdings ist diese Rechtsansicht nicht ganz gesichert. Zwar stellt § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB
VI auf die Vereinbarung der Ehegatten selbst ab; nach einem Teil der Lit. bedarf es dann –
ebenso wie bei Vereinbarungen des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs oder einzelner
Anrechte, die für sich genommen rechtsgestaltende Wirkung haben – im Gerichtsverfahren
noch der Feststellung des Familiengerichts, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung
insoweit nicht mehr stattfindet (§ 224 Abs. 3 FamFG) (Schwamb, a. a. O., Rn. 12). Dieser
Anspruch sei anders als früher nicht mehr nur deklaratorisch, sondern erwachse auch in
Rechtskraft, so dass die Vereinbarung selbst ebenfalls mittelbar daran teilhabe und auch der
notwendigen Inhaltskontrolle unterzogen werde (Schwamb, a. a. O.). Dies werde auch durch
§ 187 Abs. 6 SGB VI bestätigt, wonach für die Fiktion eines Zahlungszeitpunkts der Beiträge
zum einen auf die Vereinbarung selbst als Rechtsgrundlage abgestellt werde, zum anderen
aber für den Beginn der Zahlungsfrist auf den Zugang der Mitteilung über die Rechtskraft
der Entscheidung des Familiengerichts (Schwamb, a. a. O.) [Nach § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB
VI gelten Beiträge zu dem Zeitpunkt als gezahlt, zu dem die Vereinbarung nach § 6
VersAusglG geschlossen worden ist, wenn sie bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach
Zugang der Mitteilung über die Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts gezahlt
werden].

Aus § 187 Abs. 6 SGB VI lässt sich daher möglicherweise rückschließen, dass es sich bei der
Ehegattenvereinbarung nach § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI um eine Scheidungsvereinbarung
handeln muss und hierfür kein vorsorgender Ehevertrag in Betracht kommt.

Zwingend scheint uns eine solche Auslegung jedoch nicht zu sein. Schließlich ließe sich u. E.
auch vertreten, dass nach dem – allgemein gehaltenen – Wortlaut des § 187 Abs. 1 Nr. 2b
SGB VI auch vorsorgende Eheverträge erfasst werden, während § 187 Abs. 6 SGB VI womöglich
nur die Fälle der Beitragszahlung aufgrund einer wirksamen Scheidungsvereinbarung
erfasst und für diese Fälle den Zeitpunkt festlegt, zu dem die Beiträge als gezahlt
gelten.

Eine vermittelnde Ansicht wird in diesem Zusammenhang im Übrigen von Reetz (Notarformulare
Versorgungsausgleich, 2013, § 9 Rn. 64 ff.) vertreten. Auch Reetz (a. a. O., Rn. 67)
ist wie Münch (a. a. O.) der Ansicht, dass § 187 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI nicht nur Scheidungsvereinbarungen,
sondern auch vorsorgende Eheverträge erfasst. Aus seiner Sicht muss die
Beitragsentrichtung aber im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfolgen; nicht erfasst sind
nach seiner Ansicht Beitragsleistungen aus einem vorsorgenden Ehevertrag, die nicht im
Zusammenhang mit der Scheidung und damit nicht im Rahmen der Durchführung
eines Versorgungsausgleichsverfahrens, sondern während der laufenden Ehe als Kompensation
erbracht werden sollen (a. a. O., Rn. 67, 69). Um einen derartigen Fall dürfte es sich
hier handeln.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Frage bislang – soweit ersichtlich – nicht gerichtlich
geklärt ist. U.E. dürfte die Auffassung von Münch überzeugend sein. Denn eine Einschränkung
auf Zahlungen im Rahmen der Scheidungssituation lässt sich weder § 6
VersAusglG noch § 187 SGB VI entnehmen.

Gutachten/Abruf-Nr:

188670

Erscheinungsdatum:

17.06.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Sozialrecht

Normen in Titel:

SGB VI § 187