10. Juli 2018
ZPO § 185; BGB § 1170; BGB § 1913; GBBerG § 6; BGb § 1911; BGB § 1171; GBBerG § 10; GBMaßnG § 18; BGB § 1960

Löschung eines auf Goldmark lautenden Grundpfandrechts zur Sicherung einer Erbgeldforderung

DNotI Gutachten-Abruf-Dienst Deutsches Notarinstitut
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 162147
letzte Aktualisierung: 10. Juli 2018

GBMaßnG § 18; GBBerG §§ 6, 10; BGB §§ 1170, 1171, 1911, 1913, 1960 ff.; ZPO §§ 185 ff.
Löschung eines auf Goldmark lautenden Grundpfandrechts zur Sicherung einer Erbgeldforderung

I. Sachverhalt

In Abteilung III eines Grundbuchs ist folgendes eingetragen:

8000 GM/RM Achttausend Goldmark mindestens Reichsmark erbt Geldforderung – brieflos –
und unverzinslich, für die minderjährigen Kinder a) (Name des Kindes), geboren am (Geburtsdatum),

b) (Name des Kindes), geboren am (Geburtsdatum), zu gleichen Rechten und Anteilen.
Die sofortige Zwangsvollstreckung ist gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig. Unter Bezugnahme
auf die Eintragungsbewilligung vom 16. November 1936.

II. Fragen

1. Was für eine Art von Anspruch ist eine „Erbgeldforderung“?

2. Auf welchem Weg kann eine solche, im Grundbuch eingetragene „Erbgeldforderung –
brieflos“, eingetragen in Abteilung III eines Grundbuchs, gelöscht werden?

III. Zur Rechtslage

1. Rechtsnatur der „Erbgeldforderung“

Zunächst ist zu prüfen, um was für ein Rechtsinstitut es sich bei dem in Abteilung III
eingetragenen Erbgeld handelt. Offenbar handelt es sich bei einem Erbgeld nicht um die ein
eigenes Rechtsinstitut, sondern lediglich um eine Beschreibung für eine aufgrund eines
Erbfalls durch letztwillige Verfügung oder Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB)
entstehende Forderung eines Begünstigten gegen den Erben auf Zahlung einer bestimmten
Geldsumme (vgl. OLG Frankfurt NZM 2006, 380; VG Meiningen ZOV 1997, 56).

Im vorliegenden Fall sollte eine solche Forderung offensichtlich durch die Eintragung eines
Grundpfandrechts abgesichert werden. Hierauf deuten die Eintragung des Rechts in
Abteilung III sowie der Umstand hin, dass das Recht brieflos und unverzinslich sein sollte.
Ferner sollte die sofortige Zwangsvollstreckung in das Grundstück gegen den jeweiligen
Eigentümer zulässig sein. Da die Eintragung außerdem auf eine konkrete Forderung Bezug
nimmt, dürfte das Recht als akzessorisches Grundpfandrecht ausgestaltet sein.

Wir gehen daher davon aus, dass es sich bei im in Abteilung III eingetragenen Erbgeld um
eine Hypothek i. S. v. §§ 1113 ff. BGB handelt. Eine Rentenschuld würde demgegenüber
ausscheiden, da diese auf regelmäßig wiederkehrende Zahlung einer bestimmten
Geldsumme gerichtet ist (BeckOGK-BGB/Kern, Std: 1.4.2018, § 1113 Rn. 7).

2. Löschungsmöglichkeiten

Im Folgenden soll untersucht werden, wie das eingetragene Grundpfandrecht zur Löschung
gebracht werden kann. Den Ausführungen liegt die Annahme zugrunde, dass die Rechtsnachfolger
der eingetragenen Gläubiger oder jedenfalls deren Aufenthaltsort unbekannt sind.

a) Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Gläubiger (§ 1170 Abs. 1 BGB)

In Betracht kommt ein Ausschluss unbekannter Gläubiger gem. § 1170 Abs. 1 BGB
(so auch das BayObLG, MittBayNot 1998, 103), wonach ein Gläubiger, der seiner
Person nach unbekannt ist, im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen werden kann,
wenn seit der letzten, sich auf die Hypothek beziehenden Eintragung in das Grundbuch
zehn Jahre verstrichen sind und das Recht nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigentümer
in einer nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zum Neubeginn der Verjährung geeigneten
Weise anerkannt worden ist.

Nach § 449 FamFG hat der Antragsteller vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu
machen, dass der Gläubiger unbekannt ist. Nach der üblichen Definition ist der
Gläubiger unbekannt, wenn der Gläubiger seiner Person nach unbekannt ist oder
keine Möglichkeit hat, sein Recht nachzuweisen (Palandt/Herrler, BGB, 77. Aufl.
2018, § 1170 Rn. 2; Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearb. 2015, § 1170 Rn. 6).
Nicht genügen soll dagegen, dass der Gläubiger nur unbekannten Aufenthalts ist
(vgl. BGH NJW 2004, 664; OLG München, Beschl. v. 22.12.2017 – 34 Wx 302/17,
BeckRS 2017, 137368; MünchKomm-BGB/Lieder, 7. Aufl. 2017, § 1170 Rn. 2).

Es ist darauf hinzuweisen, dass es zur Feststellung, dass der eingetragene Berechtigte
verstorben ist, bspw. auch genügt, dass der Eingetragene älter als 110 Jahre wäre. So
hat das OLG München mit Beschluss vom 20.11.2012 (34 Wx 364/12, FGPrax 2013,
41) entschieden, dass der Gläubiger eines Buchgrundpfandrechts unbekannt im Sinne
von § 1170 BGB ist, wenn infolge seiner Eintragung vor über 110 Jahren die Identität
des eingetragenen Gläubigers nicht geklärt ist und auch nicht ermittelt werden kann,
wer seine Erben geworden sind (so bereits auch Staudinger/Wolfsteiner, § 1170 Rn. 9).
Ist der ursprünglich Berechtigte verstorben, ist von der Unbekanntheit des Gläubigers
auszugehen, wenn sich die Erben des Berechtigten nicht ermitteln lassen. Die
Rechtsprechung verlangt insoweit gewisse Aufklärungsbemühungen (OLG München
FGPrax 2013, 41; vgl. hierzu kürzlich auch OLG München, Beschl. v. 22.12.2017 – 34
Wx 302/17, BeckRS 2017, 137368; Muster bei BeckOF-Vertrag/Keith, Std.: 1.3.2018,
8.4.28). Der genaue Umfang der Aufklärungsbemühungen sollte sinnvoller Weise vorab
mit dem Gericht – d. h. zunächst mit dem Grundbuchamt – abgeklärt werden. Dass hier
möglicherweise auch ein Nachlasspfleger für die unbekannten Erben bestellt und auf
Berichtigung verklagt werden könnte, macht die Erben nicht bekannt und beseitigt auch
nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufgebot (BGH ZfIR 2014, 247 mit abl. Anm.
Holzer = MittBayNot 2014, 446 mit zust. Anm. Wolfsteiner)

Sofern man die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens für erfolgversprechend hält,
kann ein dahingehender Antrag nach § 448 Abs. 1 FamFG durch den Grundstückseigentümer
gestellt werden. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das mit
dem Grundpfandrecht belastete Grundstück liegt (§ 447 Abs. 2 FamFG). Seit der
letzten, sich auf das jeweilige Grundpfandrecht beziehenden Eintragung in das Grundbuch
müssen gem. § 1170 BGB zehn Jahre verstrichen sein. Etwaige Eintragungen, die
ohne Mitwirkung des Gläubigers zustande gekommen sind, bleiben außer Betracht
(MünchKomm-BGB/Lieder, 7. Aufl. 2017, § 1170 Rn. 13). Außerdem darf keine
Anerkennungshandlung oder Rechtshängigkeit vorliegen und die zehn Jahre müssen seit
der fristgemäßen Fälligkeit vergangen sein (vgl. § 1170 Abs. 1 S. 2 BGB).

Nicht zuletzt verlangt § 449 FamFG die Glaubhaftmachung der Voraussetzungen
des § 1170 BGB, wozu auch die Glaubhaftmachung der negativen Tatsache gehört, dass
keine das Aufgebot ausschließende Anerkennungshandlung geschehen ist, § 450 Abs. 1
FamFG (Haußleiter, FamFG, 2. Aufl. 2017, § 450 Rn. 3). Für die Glaubhaftmachung
gilt § 450 Abs. 3 FamFG und im Übrigen § 31 FamFG; d. h. sie kann notfalls durch
eidesstattliche Versicherung des Antragstellers erfolgen (Keidel/Zimmermann, FamFG,
19. Aufl. 2017, § 449 Rn. 4).

b) Unbekannter Aufenthalt der Rechtsnachfolger des eingetragenen Gläubigers, § 6
Abs. 1a GBBerG

Im Übrigen gilt für einige Bundesländer die eine Löschung erleichternde Vorschrift
des § 6 Abs. 1a GBBerG, wonach ein Aufgebotsverfahren gemäß § 1170 BGB auf die
vor dem 3. Oktober 1990 begründeten Rechte auch dann anzuwenden ist, wenn
lediglich der Aufenthalt des Gläubigers unbekannt ist. Nach Maaß (in:
Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl. 2018, § 6 GBBerG Rn. 17) ist kein Grund ersichtlich,
ausgerechnet Hypotheken von der Vereinfachung des § 6 Abs. 1a GBBerG auszunehmen.
Die Vorschrift gilt gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 GBBerG im Beitrittsgebiet.
Jedoch kann § 6 GBBerG auch außerhalb der neuen deutschen Bundesländer angewandt
werden, wenn sie durch Rechtsverordnung der Landesregierung in Kraft gesetzt wurde
(§ 6 Abs. 3 S. 2 GBBerG). Dies ist in Berlin (Westteil), Bayern, Bremen, Nordrhein-
Westfalen und Rheinland-Pfalz der Fall (Bauer/Schaub/Maaß, § 6 GBBerG Rn. 22).
Die Löschungserleichterung des § 6 Abs. 1a GBBerG kommt danach vorliegend in
Betracht, sodass auch bei unbekanntem Aufenthalt des Gläubigers ein
Aufgebotsverfahren durchgeführt werden kann.

c) Erlöschen durch Tilgung

Höchst vorsorglich möchten wir darauf hinweisen, dass dann, wenn zweifelsfrei feststeht,
dass die Forderung nicht mehr besteht, die Hypothek infolge Tilgung der
Forderung oder anderweitigen Erlöschens zur Eigentümergrundschuld geworden ist
(§ 1163 BGB). Ob ein solcher Fall hier vorliegt, vermögen wir auf Grundlage der Sachverhaltsangaben
nicht zu beurteilen.

d) Hinterlegung

aa) Soweit die Belastung ursprünglich im Gebiet der damaligen DDR eingetragen
wurde, kommt ein Ablöserecht durch Hinterlegung nach § 10 GBBerG in Betracht.
Voraussetzung hierfür wäre, dass das eingetragene Recht einen Nennbetrag von
umgerechnet nicht mehr als 6.000,00 Euro aufweist.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die „Goldmark“ in Deutschland niemals
ein gesetzliches Zahlungsmittel gewesen ist. Vielmehr handelt es sich dabei
lediglich um eine Berechnungseinheit. Sie war die Bezeichnung für den Gegenwart
von 1/2.790 Kilogramm Feingold, stimmte wertmäßig also mit der Reichsmark
überein (BT-Drs. 12/5553, S. 91; Bauer/Schaub/Maaß, Vor § 1 GBBerG Rn. 11).
Demgemäß waren durch § 1 Abs. 1 der Verordnung über wertbeständige Rechte
vom 16.11.1940 Goldmarkgrundpfandrechte den Reichsmarkgrundpfandrechten
gleichgesetzt. Werden sonach Goldmarkgrundpfandrechte wie
Reichsmarkgrundpfandrechte behandelt, so ist für die alten Bundesländer
prinzipiell davon auszugehen, dass diese Grundpfandrechte im Verhältnis „10:1“
umgestellt werden, sich der Umstellungsbetrag also auf eine Deutsche Mark für je
10 Reichsmark beläuft, § 7 Abs. 1 GBMaßnG (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
12. Aufl. 2001, Rn. 4319 ff.; s. dazu auch Weber, DNotZ 1955, 453 ff.; Fischer,
DNotZ 1957, 182 ff.). In den neuen Bundesländern hingegen beträgt der Umstellungsbetrag
von Goldmarkgrundpfandrechten bzw. Reichsmarkgrundpfandrechten
zu DM-Grundpfandrechten 2:1. Dies beruht darauf, dass 1948 im Gebiet
der sowjetisch besetzten Zone dingliche Rechte die durch sie gesicherten Forderungen
im Verhältnis 1:1 auf Deutsche Mark der Deutschen Notenbank (seit
1.8.1964: Mark der Deutschen Notenbank, seit 1.1.1968: Mark der DDR) umgestellt
wurden. Dabei blieb es bis zum Staatsvertrag vom 30.6.1990, der
schließlich zu einer Umstellung der Mark der DDR zur DM im Verhältnis 2:1
führte (Bauer/Schaub/Maaß, Vor § 1 GBBerG Rn. 15).

Geht man von diesen Werteverhältnissen, also insbesondere von dem
Umstellungsbetrag von 2:1 aus, und berücksichtigt man dabei weiter, dass
Goldmarkgrundpfandrechte seit 1940 den Reichsmarkgrundpfandrechten
gleichgestellt werden, so gilt für den vorliegenden Sachverhalt, dass die
eingetragene Belastung in Höhe von 8.000,00 Goldmark einer Hypothek in Höhe
von 4.000,00 DM entspricht. Umgerechnet in Euro beträgt die Forderung damit
2.045,17 €, sodass ein Ablöserecht nach § 10 GBBerG in Betracht kommt („mit
einem umgerechneten Nennbetrag von nicht mehr als 6.000 Euro“). Da durch die
Ablösung das Recht erlischt, stellt die Löschung Grundbuchberichtigung dar. Sie
setzt also einen darauf gerichteten (formlosen) Antrag (§ 13 GBO) sowie den
Nachweis der Unrichtigkeit (§ 22 GBO) in der Form des § 29 GBO, wobei der
Nachweis der Unrichtigkeit, also des Erlöschens des Rechts, durch den
Hinterlegungsschein, der von der Hinterlegungsstelle ausgestellt wird, erbracht
wird (Bauer/Schaub/Maaß, § 10 GBBerG Rn. 28).

bb) Weiter besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass der Eigentümer – ggf. nach
öffentlich zugestellter Kündigung gem. § 132 Abs. 2 BGB und Ablauf der
Kündigungsfrist – den Betrag der Forderung gem. § 1142 Abs. 2 i. V. m. § 372
ff. BGB unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt (vgl.
Wenckstern, DNotZ 1993, 547, 553 f.). Durch die Hinterlegung des Hypothekenbetrags
und Vorlage des Hinterlegungsscheins kann jedoch die Löschung ohne Bewilligung
des Gläubigers nicht erreicht werden, da die schuldbefreiende Wirkung
der Hinterlegung und damit die Umwandlung der Fremdhypothek in eine Eigentümergrundschuld
nur bei Bestehen eines Hinterlegungsgrundes eintritt, § 372
BGB (Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 4243). Die
Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung sind aber durch den
Hinterlegungsschein nicht nachgewiesen. Damit fehlt auch der Nachweis der
Unrichtigkeit des Grundbuchs durch öffentliche Urkunde (vgl. BayObLG,
MittBayNot 1980, 74 = Rpfleger 1980, 186).

e) Löschungserleichterungen gem. § 18 Abs. 1 S. 1 GBMaßnG
Für die Löschung des eingetragenen Rechts kommen zudem die Formerleichterungen
nach § 18 GBMaßnG in Betracht. Nach herrschender Meinung bestimmt diese Vorschrift
entsprechend ihrem Wortlaut jedoch nur den Verzicht auf das Formerfordernis
des § 29 GBO, während sie im Übrigen nicht von der Vorlage der für die Löschung
allgemein erforderlichen Unterlagen dispensiert, insbesondere nicht von der
Löschungsbewilligung des Gläubigers. Anderer Ansicht sind – soweit ersichtlich –
nur das LG Köln (MittRhNotK 1982, 252) und ihm folgend Keim (MittBayNot 1985,
247), nach deren Ansicht auf der Grundlage der genannten Vorschrift auch die Beschaffung
der Bewilligungserklärung entbehrlich sei, wenn dies zu Kosten führe, die in
keinem vernünftigen Verhältnis zum Schuldbetrag stehen (vgl. zum Ganzen
Schöner/Stöber, Rn. 4235 ff.). Soweit ersichtlich, hat sich die Ansicht des LG Köln in
der Praxis aber nicht durchgesetzt (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 4239 m. Fn. 7 m. w. N.).

f) Nachlasspflegschaft gem. §§ 1960 f. BGB oder Pflegschaft für unbekannte Beteiligte
gem. § 1913 BGB
Ist die Person des Erben unbekannt oder die Annahme der Erbschaft ungewiss,
kommt überdies eine Nachlasspflegschaft nach §§ 1960 ff. BGB oder eine Pflegschaft
(Bestellung eines Pflegers) für unbekannte Beteiligte in Betracht nach § 1913 BGB in
Betracht. Allerdings ist hierfür ein Fürsorgebedürfnis erforderlich. Ob ein solches im
Falle der zu erteilenden Löschungsbewilligung bei der Nachlasspflegschaft bzw. der
Pflegschaft für unbekannte Beteiligte gegeben ist, ist – soweit ersichtlich – bislang nicht
höchstrichterlich entschieden worden. In der Literatur wird zu § 1913 BGB vertreten,
dass das Fürsorgebedürfnis beim Ausschluss unbekannter Grundpfandgläubiger nach
§§ 1170, 1171, 1192 BGB fehlt (MünchKommBGB/Schwab, 7. Aufl. 2017 Rn. 14;
BeckOK-BGB/Bettin, Std.: 1.5.2018, § 1913 Rn. 5).

g) Abwesenheitspflegschaft gem. § 1911 BGB
In Betracht kommt ferner eine Abwesenheitspflegschaft nach § 1911 Abs. 1 S. 1 BGB,
wenn der Aufenthalt eines abwesenden bekannten Volljährigen unbekannt ist, der
Abwesende selbst aber bekannt ist.
Voraussetzung hierfür ist ein Bedürfnis zur Fürsorge in Vermögensangelegenheiten des
Abwesenden. Dieses Fürsorgebedürfnis wird gemeinhin so verstanden, dass die
Pflegschaft in erster Linie nur im Interesse des Abwesenden anzuordnen ist, wobei sie
daneben – jedoch nicht ausschließlich (vgl. OLG Köln FamRZ 1996, 694; OLG
Zweibrücken NJW-RR 1987, 584) – auch einem Dritten dienlich sein kann (BayObLGZ
1952, 129, 131; MünchKommBGB/Schwab, Rn. 14; Palandt/Götz, § 1911 Rn. 6).
In diesem Zusammenhang wurde anerkannt, dass die Bestellung eines Abwesenheitspflegers
zur Erfüllung einer Verpflichtung des Abwesenden, insbesondere auch einer
Verpflichtung zur Abgabe der Löschungsbewilligung in Ansehung einer getilgten
Hypothekenforderung, zulässig ist, weil es im Interesse des Abwesenden liegt, diesen
vor der Mehrbelastung durch die Kosten eines auf öffentlich zugestellte Klage ergehenden
Urteils und vor einer Schadensersatzpflicht wegen verspäteter Erfüllung
seiner Verpflichtung zu bewahren (LG Augsburg DNotZ 1968, 558, 559 f. unter Hinweis
auf KG RJA 15, 176; 17, 1; MünchKommBGB/Schwab, § 1911 Rn. 14).
Im vorliegenden Fall würde eine Bestellung eines Abwesenheitspflegers für den im
Grundbuch eingetragenen Berechtigten nicht in Betracht kommen, wenn zu vermuten
wäre, dass er bereits verstorben ist (vgl. BeckOGK-BGB/Schöpflin, Std.: 1.5.2018,
§ 1911 Rn. 10). Für die unbekannten Erben ist kein Abwesenheitspfleger, sondern ein
Nachlasspfleger zu bestellen, da die Bestellung eines Abwesenheitspflegers voraussetzt,
dass bekannt ist, für welche Person der Abwesenheitspfleger bestellt wird.

h) Öffentliche Zustellung der Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung
Alternativ zur Bestellung eines Pflegers dürfte die öffentliche Zustellung der Klage
nach § 185 Nr. 1 ZPO in Betracht kommen, soweit lediglich der Aufenthaltsort des
Berechtigten, nicht aber der Berechtigte selbst unbekannt ist. Wenckstern (DNotZ
1993, 547, 556) erachtet diese Alternative als unproblematisch. Die Klage hätte
entweder das Ziel, das Grundbuch dahingehend berichtigen zu lassen, dass die
Hypothek mit der Erfüllung der Forderung gem. §§ 1163 Abs. 1 S. 2, 1177 BGB
unrichtig geworden ist (§ 894 BGB) oder wäre auf Erteilung der Löschungsbewilligung
gerichtet.

Zwar ist die öffentliche Zustellung zum Schutz des Rechts auf rechtliches Gehör,
Art. 103 Abs. 1 GG, subsidiär, sodass sie ausscheidet, wenn an einen Vertreter oder
Zustellungsbevollmächtigten (vgl. §§ 170-172, 184 ZPO) zugestellt werden kann bzw.
muss, eine Ersatzzustellung in Betracht kommt oder wenn ein Abwesenheitspfleger bestellt
worden ist. Die bloße Möglichkeit einer Bestellung eines Verfahrens- oder Abwesenheitspflegers
soll hingegen der Anwendung des § 185 ZPO nicht entgegenstehen
(Roth, in: Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 185 Rn. 5, MünchKomm-
ZPO/Häublein, 5. Aufl. 2016, § 185 Rn. 8).

Zu den Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung hat der BGH bestätigt, dass
wegen der besonderen Bedeutung der Zustellung für die Gewährung rechtlichen Gehörs
an die Feststellung, dass der Aufenthalt des Zustellungsadressaten unbekannt ist, im Erkenntnisverfahren
hohe Anforderungen zu stellen sind (BGH NJW 2012, 3582).
„Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung und im
Schrifttum verlangt deshalb zu Recht, dass die begünstigte Partei
alle der Sache nach geeigneten und ihr zumutbaren Nachforschungen
anstellt, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten
zu ermitteln. Die begünstigte Partei ist daher beispielsweise
auch gehalten, durch persönliche Nachfragen beim ehemaligen
Arbeitgeber, bei dem letzten Vermieter oder bei Hausgenossen
und Verwandten des Zustellungsadressaten dessen Aufenthalt zu
ermitteln […]. Die vorgenommenen Nachforschungen und deren
Ergebnis muss die begünstigte Partei gegenüber dem Gericht darlegen.
Hat das Gericht Zweifel an der Darstellung der Partei, ist
es, sofern die Zustellung von Amts wegen vorzunehmen ist, auch
zu eigenen Überprüfungen verpflichtet […].“

Leider konnten wir zu dem Verhältnis der Pflegschaft zur öffentlichen Zustellung keine
aktuelleren Stellungnahmen in der Rechtsprechung finden, sodass nicht auszuschließen
ist, dass das zur Entscheidung berufene Gericht möglicherweise vorrangig die Bestellung
eines Pflegers verlangt.

Allerdings ist zu beachten, dass eine öffentliche Zustellung ausscheidet, wenn feststeht,
dass der Zustellungsadressat nicht mehr lebt. Bestehen lediglich Zweifel daran, dass der
Zustellungsadressat noch lebt, ist eine öffentliche Zustellung weiterhin möglich
(MünchKommZPO/Häublein, 5. Aufl. 2016, § 185 Rn. 5).

Das Verfahren der öffentlichen Zustellung ist in §§ 186 f. ZPO geregelt. Sie erfolgt
demnach durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel oder durch
Einstellung in ein elektronisches Informationssystem, das im Gericht öffentlich zugänglich
ist (§ 186 Abs. 2 S. 1 ZPO). Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes erfolgt
nicht mehr der (auszugsweise) Aushang des zuzustellenden Schriftstücks, sondern es
werden nur noch die für die Information des Betroffenen unerlässlichen Daten veröffentlicht
(MünchKommZPO/Häublein, § 186 Rn. 1). Zuständig ist das Prozessgericht,
bei dem das Verfahren anhängig ist, in dem öffentlich zugestellt werden soll
(MünchKommZPO/Häublein, § 186 Rn. 2). Die Entscheidung erfolgt grundsätzlich von
Amts wegen und nur für ein konkret bezeichnetes Schriftstück
(MünchKommZPO/Häublein, § 186 Rn. 3), nicht jedoch für den gesamten Rechtszug.

3. Ergebnis

Im Ergebnis bedarf es einer Löschungsbewilligung samt Nachweis der Berechtigung
des Bewilligenden. Soweit jedoch die eingetragenen Gläubiger bzw. deren Rechtsnachfolger
und deren Aufenthaltsort unbekannt sind, wäre ein Aufgebotsverfahren zum
Ausschluss unbekannter Gläubiger erforderlich. Soweit das Grundstück in den neuen
Bundesländern liegt, könnte die die Löschung erleichternde Vorschrift des § 6 Abs. 1a
GBBerG zur Anwendung gelangen, wonach ein Aufgebotsverfahren gemäß § 1170
BGB auf die vor dem 3. Oktober 1990 begründeten Rechte auch dann anzuwenden ist,
wenn lediglich der Aufenthalt des Gläubigers unbekannt ist. Dies würde auch gelten,
wenn das Grundstück in einem Bundesland liegt, das nach § 6 Abs. 3 S. 2 GBBerG die
Anwendung des GBBerG in Kraft gesetzt hat.

Sollte sich das Grundstück im Beitrittsgebiet befinden, könnte überdies Grundbuchberichtigung
nach Hinterlegung gemäß § 10 GBBerG unter Vorlage des Hinterlegungsscheins
beantragt werden. Alternativ kommt eine Nachlasspflegschaft oder eine Pflegschaft
für unbekannte Beteiligte in Betracht.

Ist lediglich der Aufenthalt der Erben unbekannt, kommt eine Abwesenheitspflegschaft
oder die öffentliche Zustellung einer Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung in
Betracht.

Gutachten/Abruf-Nr:

162147

Erscheinungsdatum:

10.07.2018

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)
Immobilienrechtliches Sonderrecht der neuen Bundesländer
Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Grundpfandrechte

Normen in Titel:

ZPO § 185; BGB § 1170; BGB § 1913; GBBerG § 6; BGb § 1911; BGB § 1171; GBBerG § 10; GBMaßnG § 18; BGB § 1960