01. Januar 2002
EGBGB Art. 25

Dominikanische Republik: Gemeinschaftliches Testament; gesetzliche Erbfolge; Pflichtteilsrecht

DNotI
Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: Erstelldatum:

14112 23.04.2002

EGBGB Art. 25, 26 Dominikanische Republik; gemeinschaftliches Testament; gesetzliche Erbfolge; Pflichtteilsrecht

I.

Zum Sachverhalt Ein ausschließlich deutscher Staatsangehörige und eine Staatsangehörige der Dominikanischen Republik haben im Jahre 1989 in der Dominikanischen Republik geheiratet und dort ihren Wohnsitz in den darauffolgenden zwei Jahren inne gehabt. Für ihren Güterstand haben die Eheleute nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB das deutsche Recht gewählt und auf dieser Grundlage ein Grundstück zu je ½ erworben. Die Eheleute beabsichtigen nunmehr, ein Testament zu errichten.

II. Fragestellung 1. 2. 3. 4. Kennt das Recht der Dominikanischen Republik ein gemeinschaftliches Testament? Wenn ja, können sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben berufen? Wie ist die gesetzliche Erbfolge nach dem Recht der Dominikanischen Republik? Gibt es dem deutschen Recht entsprechend Pflichtteilsansprüche der nicht zu Erben berufenen gesetzlichen Erben?

III. Zur Rechtslage 1. Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht a) Deutsches IPR Das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht beurteilt sich aus deutscher Sicht nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB. Diese Vorschrift verweist auf das Heimatrecht des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes, vorliegend also hinsichtlich des deutschen Erblassers auf deutsches Recht und hinsichtlich der Staatsangehörigen der Dominikanischen Republik auf das dominikanische Recht, und zwar gem.

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Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB auch auf das Kollisionsrecht der Dominikanischen Republik. b) IPR der Dominikanischen Republik Das IPR der Dominikanischen Republik ist weitestge hend nicht kodifiziert. Das Erbstatut scheint jedoch nach Aussage der Literatur eine Nachlassspaltung vorzusehen und hinsichtlich beweglicher Sachen an das Personalstatut, d.h. die Staatsangehörigkeit, anzuknüpfen (Nuñez, Manual de Derecho Internacio nal Privado, Santo Domingo 1994, S. 266). Einen Anhaltspunkt für die Anknüpfung des Erbstatuts an das Personalstatut und wiederum des Personalstatuts an die Staatsangehörigkeit bietet Art. 3 Abs. 3 domikanischer Codigo Civil, CC, der eine wörtliche Übersetzung des Art. 3 Abs. 3 des französischen Code Civil darstellt. Würde man diese Norm - wie im franzö sischen Recht - allseitig auslegen, so wäre sie so zu lesen, dass sich Personenstand und Hand lungsfähigkeit nach der jeweiligen Staatsangehörigkeit des Betreffenden bestimmen. Zwar ist diese Vorschrift auf das Erbstatut nicht unmittelbar anwendbar, lässt aber Rückschlüsse darauf zu (Nuñez, S. 263). In dieselbe Richtung weist eine Erklärung der Dominikanischen Republik anlässlich des Abschlusses des sog. Código Bustamante, ein zwischen den lateinamerikanischen Staaten 1988 in Havanna abgeschlossenen Vertrag zum IPR. Nach dem Código Bustamante richtet sich das Erbstatut n ach dem jeweiligen Personalstatut. Die Entscheidung, ob das Personalstatut an die Staatsangehörigkeit oder an den Wohnsitz anzuknüpfen ist, überlässt der Código Bustamante jedoch den einzelnen Staaten (Art. 7). Die Dominikanische Republik gab 1988 eine E rklärung ab, wonach sich das Personalstatut in der Dominikanischen Republik jedenfalls für die Inländer nach der Staatsangehörigkeit richtet (Samtleben, IPR in La teinamerika, 1979, S. 109). Auch wenn der Código Bustamante nur im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten gilt und sich in der Dominikanischen Republik nicht als wirkliche Rechtsquelle durchsetzen konnte, kann man daraus doch eine Tendenz zur Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, auch beim Erbstatut, entnehmen. Hinsichtlich des unbeweglichen Vermögens wird nach dem IPR der Dominikanischen Republik an das Rechts des jeweiligen Lageortes angeknüpft. Art. 3 Abs. 2 CC bestimmt im Wortlaut:

Art. 3 Abs. 2 CC Los bienes inmuebles, a aunque sean poseídos por extranjeros, están regidos por la ley dominicana.

Art. 3 Abs. 2 CC Unbewegliches Vermögen unterliegt dem dominikanischen Recht, auch wenn es Ausländern gehört. (eigene Übersetzung)

Art. 3 Abs. 2 CC entspricht ebenfalls wörtlich dem französischen Vorbild und wird wohl allseitig ausgelegt (Nuñez, S. 264 f.).

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Auf die Vererbung des beweglichen Vermögens der dominikanischen Erblasserin und des ggf. in der Dominikanischen Republik belegenen unbeweglichen Vermögens findet demge mäß das Recht der Dominikanischen Republik Anwendung. 2. Statthaftigkeit eines Erbvertrages oder gemeinschaftlichen Testaments a) Anwendbares Recht Ob eine letztwillige Verfügung in der Form eines Erbvertrages bzw. eines gemeinschaftlichen Testaments zulässig ist, bestimmt sich aus deutscher Sicht nach dem Errichtungsstatut, Art. 26 Abs. 5 S. 1 EGBGB (MünchKomm- Birk, 3. Aufl. 1998, Art. 26 EGBGB Rn. 100, 134). Sofern beide Erblasser - wie vorliegend - bindend von Todes wegen verfügen möchten, müssten beide beteiligte Errichtungsstatute die Möglichkeit eines Erbvertrages/gemeinschaftlichen Testaments vorsehen. Errichtungsstatut ist das Heimatstatut des Erblassers zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung, hier also hinsichtlich des deutschen Ehemannes deutsches Recht, hinsichtlich der dominikanischen Ehefrau das Recht der Do minikanischen Republik. Soweit hinsichtlich der Ehefrau auf das Recht der Dominikanischen Republik verwiesen wird, ist zunächst gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB wiederum das IPR der berufenen Rechtsordnung danach zu befragen, ob es eine Rück- oder Weiterverweisung aus spricht. Da das Recht der Dominikanischen Republik insoweit keine spezielle Anknüp fungsnorm vorsieht, wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach im Ergebnis vorliegend hinsicht lich des gesamten beweglichen Vermögens und des in der Dominikanischen Republik bele genen unbeweglichen Vermögens das Recht der Do minikanischen Republik berufen wird und hinsichtlich des in der Bundesrepublik bele genen Grundvermögens das deutsche Recht. b) Verbot im Erbvertrag und gemeinschaftlichen Testament im Dominikanischen Recht Das Erbrecht der Dominikanischen Republik lässt eine Verfügung von Todes wegen in der Form des Erbvertrages bzw. des gemeinschaftlichen Testaments grundsätzlich nicht zu. Dies ergibt sich aus den Art. 968 und 1130 Abs. 2 CC, welche wiederum wörtlich dem französischen Vorbild entsprechen. Ein gesondertes Verbot für Zuwendungen unter Ehegatten enthält darüber hinaus Art. 1097 CC.
Art. 968 CC No podrá hacerse testamento e n un mismo acto, por dos o más personas, bien en beneficio de un tercero o a título de disposición mutua y recíproca Art. 968 CC Ein Testament kann nicht von zwei oder mehreren Personen in einer und derselben Urkunde errichtet werden, sei es zum Vorteile eines Dritten oder als eine wechselseitige Verfü gung.

Art. 1130 CC

Art. 1130 CC

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(1) Las cosas futuras pueden ser objeto de una obligación.

(1) Zukünftige Sachen können Gegenstand einer Verbindlichkeit sein. (2) Man kann jedoch auf eine noch nicht angefallene Erbschaft nicht verzichten, auch nicht irgend einen Vertrag über eine solche Erb schaft schließen, selbst nicht mit Zustimmung desjenigen, um dessen Erbschaft es sich handelt. (Übersetzung vgl. Ferid/Firsching/Dörner/hausmann, Internationales Erbrecht, Frankreich, XXVII. Lfg., Stand: 1.12.1987)

(2) Sin embargo, no se puede renunciar a una sucesión alguna sobre ella, ni aun con el consentimiento de aquél de cuya sucesión se trata

Art. 1097 CC Los cónyuges no podrán, durante el matrimonio, hacerse por donación intervivos ni por testamento, ninguna donación mutua y recíproca en un solo acto

Art. 1097 CC Ehegatten können während der Ehe einander weder eine wechselseitige noch eine gegenseitige Zuwendung in einem einzigen Rechtsgeschäft machen, weder als Schenkung unter Le benden noch als Verfügung von Todes wegen. (eigene Übersetzung)

c) Aus Sicht des deutschen Rechts, d. h. insbesondere des deutschen Nachlassgerichts, ist dieses Verbot nur dann beachtlich, wenn es sich um ein materiell-rechtliches Verbot handelt. Handelt es sich hingegen um eine bloße Formvorschrift, so ist das Verbot bei Einhaltung des Formstatuts unbeachtlich. Aussagen zur Rechtsnatur dieses Verbotes im dominikanischen Recht liegen uns nicht vor. Hinsichtlich des französischen Rechts, das auch insoweit für die dominikanische Regelung Pate gestanden hat, ist man jedoch ganz einhelliger Meinung, dass das Verbot jedenfalls des gemeinschaftlichen Testamentes lediglich eine Formvorschrift ist, wie sich aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung des Verbotes ergibt. So hat das tribunal de grand instance de Paris entschieden, dass ein gemeinschaftliches, in Norwegen errichtetes Testament ausländischer Ehe gatten auch in Frankreich formell wirksam sei (T.G.I. v. 24.04.1980, Revuekritik 1982, S. 684). Nicht eindeutig entschieden ist hingegen die Rechtsnatur des Verbots eines Erbvertrages im französischen Recht. Da das französische Recht keinerlei Bindungswirkung für eine Verfügung von Todes wegen kennt, spricht manches dafür, dem Verbot des Erbvertrages materiell- rechtliche Wirkung zuzusprechen anders als dem bloß formellen Verbot des gemeinschaftlichen Te stamentes. Die meisten dieser Argumente lassen sich auch auf das dominikanische Recht übertragen. Jedoch kennt das dominikanische Recht, zusätzlich zu den genannten

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Verboten des französischen Rechts, ein gesondertes Verbot für gegenseitige Zuwendungen zwischen Ehegatten (Art. 1097 CC). Ferner ordnet es in Art. 1096 CC ausdrücklich an, dass sämt liche Zuwendungen eines Ehegatten an den anderen, seien sie unter Le benden oder von Todes wegen erfolgt, stets einseitig widerruflich sind.
Art. 1096 CC (1) Las donaciones hechas entre esposos, durante el matrimonio, aunque se consideren como hechas intervivos, serán siempre revocables. (1) Während der Ehe vorgenommene Zuwendungen unter Ehegatten sind stets frei widerruflich, auch wenn sie unter Lebenden vorgenommen wurden. (2) Das Überleben von Kindern ist kein Widerrufsgrund für dies Art von Zuwendungen. (eigene Übersetzung)

(2) No será causa para revocar esta clase de donaciones la supervivencia de hijos.

Von daher wird man wohl sowohl das Verbot des Erbvertrages als auch das Verbot des gemeinschaftlichen Testaments im dominikanischen Recht als materiell-rechtliches Verbot ansehen müssen. Die dominikanische Ehefrau kann daher in einem Erbvertrag nicht von Todes wegen verfügen. d) Zu einem Erbvertrag/gemeinschaftlichen Testament kann mithin nur geraten werden, soweit deutsches Erbrecht anwendbar ist, also bezüglich des im Inland belegenen Grundstücks. Insoweit sollte klarstellend eine Rechtswahl der dominikanischen Ehe frau zugunsten des deutschen Erbrechts nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB erfolgen. Im Übrigen sollten jedenfalls zusätzlich vorsichtshalber zwei Einzeltestamente errichtet werden, falls die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten. 3. Form des Testaments a) Deutsches IPR Aus Sicht des deutschen IPR reicht die Einhaltung der deutschen Ortsform aus (Art. 1a des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwend bare Recht; Art. 26 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). b) IPR der Dominikanischen Republik Auf das aus der Sicht des dominikanischen IPR einschlägige Formstatut käme es lediglich dann an, wenn von der letztwilligen Verfügung möglicherweise auch in der Dominikanischen Republik Gebrauch gemacht werden soll. Ob auch das dominikanische IPR die Einhaltung der Ortsform für ein einseitiges Testament genügen lässt, ist nicht bekannt. Die Dominikanische Republik ist nicht Vertragsstaat

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des Haager Testamentsrechtsübereinkommens. Autonomes dominikanisches IPR ist insoweit nicht bekannt. c) Dominikanisches materielles Recht Das dominikanische Sachrecht kennt zwei ordentliche Testierformen, das privatschriftliche (eigenhändige) und das öffentliche Testament (Art. 969 CC). Das privatschriftliche Testament ist wie im deutschem Recht insgesamt handschriftlich zu verfassen (Art. 970 CC). Das öffentliche Testament ist entweder im Beisein von zwei Notaren und zwei Zeugen oder von einem Notar und vier Zeugen zu beurkunden (Art. 971 CC). Sofern daher das Testament möglicherweise auch in der Dominikanischen Republik verwendet werden soll, sollte man vorsichtshalber entweder vier Zeugen zuzie hen oder der Beteiligten raten, ein handschriftliches Testament mit wortgleichen Verfügungen zu errichten. 4. Gesetzliche Erbfolge und Noterbrecht nach dominikanischem Erbrecht a) Gesetzliche Erbfolge Soweit dominikanisches Erbrecht anwendbar ist, sind gesetzliche Erben primär die Kinder zu unter sich gleichen Teilen (Art. 745 CC), nachrangig die Vorfahren, wobei die nächsten die nachfolgenden ausschließen. Das Erbrecht des Ehegatten ist nachrangig zum Verwand tenerbrecht, so dass der Ehegatte neben Kindern nichts erbt (Art. 767 CC). b) Noterbrecht Das Pflichtteilsrecht, welches nach unserem Verständnis des Gesetzestextes nur den Abkömmlingen zusteht, ist abhängig von der Zahl der Kinder. Bei zwei Kindern beträgt es 2/3 des Nachlasses, bei drei oder mehr Kindern 3/4 des Nachlasses (Art. 913 CC). Beim Wegfall von Kindern sind deren Abkömmlinge pflichtteilsberechtigt. I. Ü. ist das Pflichtteilsrecht nach dominikanischem Erbrecht als echtes Erbrecht ausgestaltet. Bezüglich des Pflichtteiles werden somit die Kinder kraft Gesetzes zwingend Noterben (Art. 915 Abs. 2 CC). Ihnen steht also nicht nur ein bloßer Geldanspruch wie nach deutschem Erbrecht zu.

Gutachten/Abruf-Nr:

14112

Erscheinungsdatum:

01.01.2002

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 25