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Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 91787# letzte Aktualisierung: 19. Januar 2009
EGBGB Art. 182 Echtes Stockwerkseigentum nach Rheinischem Recht (Code civil); Kellerrecht; Eintragung im Grundbuch
I. Sachverhalt
Im Grundbuch ist im Bestandsverzeichnis des Blattes 1 unter lfd. Nr. 3 das Grundstück Fl. Nr. 1/99 vorgetragen. Unter lfd. 5 ist zu 3 vermerkt: ,,Hiervon gehört hierher das Stockwerkseigentum an dem Keller, während das darüber befindliche Haus nach Band ... Blatt 2 (Eigentümerin G. A.) gehört." In Blatt 2 ist bei dem Grundstück Fl. Nr. 1/99 vermerkt: ,,Der unter diesem Grundstück befindliche Keller behört nicht hierher, sondern nach Blatt 1 (Eigentümer: F. V.)."
II. Frage
1. Gem. Art. 182 EGBGB bleibt das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehende Stockwerkseigentum bestehen. Gibt es diesbezügliche Anwendungsvorschriften im rheinland-pfälzischen Recht, wie in Baden-Württemberg und Bayern? Ist das Stockwerkseigentum jetzt richtig gebucht? Das Stockwerkseigentum ist unter lfd. Nr. 3 des betreffenden Grundstücks im Bestandsverzeichnis erwähnt. Müsste es als Belastung in Abt. II eingetragen werden? Beinhaltet das Stockwerkseigentum am Keller auch einen Anteil an Grund und Boden? Wie sind die Rechte und Pflichten von Stockwerkseigentümer und dem ,,Rest-" Eigentümer des Hauses geregelt? Beispielsweise gehen Leitungen des Hauses durch den Stockwerkseigentumskeller.
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III. Zur Rechtslage
1. Echtes Stockwerkseigentum In der königlich preußischen Rheinprovinz Koblenz galt bis zur Einführung des BGB der französische Code Napoléon (Klippel, Deutsche Rechts- und Gerichtskarte, 1996, S. 19). a) Der französische Code civil geht ebenfalls wie das BGB davon aus, dass das Grundstückseigentum sich grundsätzlich auf Bauten auf dem Grundstück erstreckt (Art. 552 Abs. 1, 553, Halbs. 1 Cc). Grundstücks- und Gebäudeeigentum können jedoch getrennt werden, wenn der Grundstückseigentümer das Gebäude für sich allein veräußert (also ohne das Grundstück, auf dem es sich befindet) (Art. 553, Halbs. 2 Cc). In Art. 552 und 553 Cc gibt auch der heutige französische Code civil noch die ursprüngliche Fassung des Code Napoléon und damit die damals im preußischen Rheinland bzw. in der bayerischen Pfalz geltende Rechtslage wieder.
b) Mit Einführung des BGB fanden jedoch auch auf das zuvor begründete Eigentum die Vorschriften des BGB Anwendung (Art. 181 Abs. 1 EGBGB). Eine Ausnahme macht Art. 181 Abs. 2 BGB hinsichtlich bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden Gesamthandseigentums (Art. 181 Abs. 2 Variante 1 EGBGB) sowie hinsichtlich des Sondereigentums an stehenden Erzeugnissen eines Grundstücks, insbesondere an Bäumen (Art. 181 Abs. 2 Variante 2 EGBGB). Bestehendes Sondereigentum an Gebäuden richtet sich künftig hingegen grundsätzlich nach dem BGB. Insoweit hat man in Art. 181 Abs. 2 EGBGB bewusst keine Ausnahme getroffen (vgl. Staudinger/Keidel, 9. Aufl. 1929, Art. 181 BGB Rn. 4 c). c) Altrechtliches Eigentum besteht nach Inkrafttreten des EGBGB lediglich noch in der Form des Stockwerkseigentums (in Bayern auch Herbergseigentum genannt) nach Art. 131, 182 EGBGB. Es gibt zwei verschiedene Arten altrechtlichen Stockwerkseigentums: Einmal das echte Stockwerkseigentum, nämlich Eigentum an Teilen eines horizontal geteilten Gebäudes in Abweichung vom Akzessionsprinzip des § 94 BGB. Soweit solches echte Stockwerkseigentum vor Inkrafttreten des BGB entstand, blieb es nach Art. 182 S. 1 EGBGB nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften auch weiterhin bestehen. Neues echtes Stockwerkseigentum konnte aber seitdem nicht mehr begründet werden. Daneben gibt es das uneigentliche Stockwerkseigentum. Dieses ist Miteigentum am Grundstück verbunden mit dem Recht auf ausschließliche Benutzung eines Teils des Gebäudes. Dieses unechte oder uneigentliche Stockwerkseigentum bleibt nach Art. 131 EGBGB mit dem bisherigen landesrechtlichen Inhalt weiter bestehen. Hier kann der Landesgesetzgeber auch Neuregelungen schaffen. d) Heute existiert Stockwerkseigentum außer in Baden Württemberg noch nach französischem Recht u. a. in den zur ehemaligen preußischen Rheinprovinz gehörenden linksrheinischen Gebieten Nordrhein-Westfalens, von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes (Thümmel, JZ 1980, 125, 130), damit auch im Raum Koblenz. Wie bereits erwähnt, kannte das Rheinische Recht (Art. 553, 664 Code civil) das Stockwerkseigentum i. S. eines vollen, freien Eigentums an dem Stockwerk, verbunden mit unmittelbarem Miteigentum an der Grundfläche, dem Dach usw. (Staudinger/Hönle, BGB. 2005, Art. 182 EGBGB Rn. 10; vgl. zur Rechtsnatur eines im Grundbuch eingetragenen
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Kellerrechts in Bayern DNotI-Gutachten v. November 2005, Az: bu-ra M/I/15 Art. 164 EGBGB 63164). 2. Buchung im Grundbuch In Baden erfolgt die Buchung im Grundbuch dergestalt, dass im Bestandsverzeichnis zunächst das ganze Grundstück gemäß dem Lagerbuch beschrieben wird und sodann mit den Worten ,,davon gehört hierher" das Stockwerksrecht des Inhabers des Grundbuchhefts vermerkt wird (Thümmel, BWNotZ 1984, 5, 7; vgl. zur Buchung nach württembergischen Recht Kehrer/Bühler/Tröster, Notar und Grundbuch, Band 2, Grundbuchführung, Stand: Januar 1972, § 2 Mustergrundbuch S. 9; Thümmel, BWNotZ 1980, 97, 99). Insoweit steht bei der Buchung des eigentlichen Stockwerkseigentums i. S. d. Art. 182 EGBGB in BadenWürttemberg nicht der Miteigentumsanteil, sondern das Sondereigentum an Gebäudeteilen rechtlich und auch buchungstechnisch im Vordergrund (Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl. 2009, § 8 GBV Rn. 4). Nachdem das badische Landesrecht den Artikel 664 c. c. unverändert übernommen hat (Staudinger/Hönle, BGB, Art. 182 EGBGB Rn. 11), dürfte die Buchung im vorliegenden Fall wie laut Sachverhalt geschehen möglich sein. Eine Eintragung als Belastung in Abt. II dürfte bei echtem Stockwerkseigentum nicht in Betracht kommen. Cretschmar (Das Rheinische Zivilrecht, 4. Aufl. 1896, Anm. zu Art. 664 Code civil) führt insoweit aus: ,,Diesen Grundsätzen entsprechend ist auch das Eigenthum des Stockwerksbesitzers nach den Art. 553 dargelegten Grundsätzen im Grundbuche getrennt, und nicht etwa als Gerechtigkeit gegenüber dem Eigenthum am Grund und Boden einzutragen, wie wohl nicht geleugnet werden kann, dass im Einzelfalle auch andere Rechtsverhältnisse, so ein wirtschaftliches Miteigenthum aller Beteiligten an der Parcelle, vorkommen können, in welchem Falle dieselben natürlich alle als Miteigenthümer desselben einzutragen, und in Abtheilung II die Rechte der Einzelnen den anderen Miteigenthümern gegenüber genau zu beschreiben sind." Ausdrückliche Stellungnahmen zur genauen Buchung nach Rheinischem Recht finden sich soweit ersichtlich nicht. 3. Miteigentumsanteil an der Grundfläche erforderlich? Fraglich ist, ob das Stockwerkseigentum i. S. v. Art. 664 Code civil voraussetzt, dass mit dem Sondereigentum am Gebäudeteil Miteigentum an der Grundfläche verbunden ist. Das Reichsgericht (Urt. v. 25.10.1889, RGZ 24, 339 f.) hat die Frage, ob nach Rheinischem Recht eine Teilung des Eigentums in der Weise statthaft ist, dass dem einen die Oberfläche, einem anderen ganz oder teilweise der darunter befindliche Grund und Boden gehöre, bejaht. Denn es bestehe keine gesetzliche Vorschrift, welche die vertragsmäßige Schaffung eines in der Weise geteilten Eigentums verbietet, dass dem einen die Oberfläche, einem anderen ganz oder teilweise der darunter befindliche Grund und Boden gehöre. Dass eine derartige Teilung dem Begriffe und Wesen des Eigentums nicht widerspreche, folge aus Art. 553 c. c., wogegen die Vermutung, dass die im Innern eines Grundstücks errichteten Anlagen dem Eigentümer der Oberfläche gehören, der Gegenbeweis und der Beweis der Ersitzung des Eigentums an einem unterirdischen Baue zugelassen wird.
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In einer späteren Entscheidung hat das Reichsgericht (Urt. v. 13.1.1904, RGZ 56, 258) entschieden, dass bestehende Kellerrechte nunmehr je nach Lage des Einzelfalls nur als Dienstbarkeiten oder als Erbbaurechte aufgefasst werden können, ohne genauer auf die Problematik hinsichtlich des Erfordernisses eines Miteigentumsanteils einzugehen. Nach einer Entscheidung des OLG Düsseldorf (Urt. v. 22.2.1989, NJW-RR 1989, 596, 597) besteht kein Stockwerkseigentum, wo das Miteigentum fehlt, sondern insoweit hätte man es somit mit einem dinglichen Recht an fremder Sache zu tun (unter Bezugnahme auf RGZ 56, 258). Hingegen hat das OLG Karlsruhe (Urt. v. 14.3.1986, NJW-RR 1987, 138, 139) zum Badischen Landrecht, das wie bereits erwähnt den Artikel 664 Code civil unverändert übernommen hat, entschieden, dass Stockwerkseigentum an einem ,,unterirdischen Bau" (hier Keller) auf einem fremden Grundstück weder eine konstruktive Verbindung im bautechnischen Sinne mit dem darüber liegenden Gebäude voraussetzt noch notwendig Miteigentum des Sondereigentümers an der Grundstücksfläche. Die Entscheidung des Reichsgerichts (RGZ 56, 258) sei von der Begründung her nicht geeignet, eine stichhaltige Rechtfertigung dafür abzugeben, einem badischen Kellerrecht die Anerkennung als Stockwerkseigentum generell zu versagen. In der Literatur wird überwiegend davon ausgegangen, dass der Eigentümer eines Kellers keinen Miteigentumsanteil am Nachbargrundstück haben muss und dennoch von der Existenz eines Stockwerkseigentums ausgegangen werden kann (Bogenschütz, BWNotZ 2002, 58, 60; Staudinger/Hönle, BGB, Art. 182 EGBGB Rn. 1: ,,häufig, aber nicht notwendig verbunden mit dem Miteigentum am Grundstück selbst"; ausführlich hierzu unter Darlegung des Streitstands Thümmel, BWNotZ 1984, 5, 11 ff. m. w. N.). 4. Rechtsverhältnis zwischen den Stockwerkseigentümern Nach Art. 182 S. 2 EGBGB bestimmt sich das Rechtsverhältnis der Beteiligten im Hinblick auf das Stockwerkseigentum untereinander nach den bisherigen Gesetzen. Dies gilt also für die Rechte an den gemeinschaftlich benützten Teilen des Gebäudes und für die Unterhaltspflicht (Staudinger/Hönle, BGB, Art. 182 EGBGB Rn. 3). Insoweit bestimmt sich das Rechtsverhältnis der Beteiligten untereinander nicht nach den §§ 741 ff. BGB (Thümmel, JZ 1980, 125, 130), sondern nach Art. 664 c. c. Dieser lautet: ,,Wenn die verschiedenen Stockwerke eines Hauses verschiedenen Eigenthümern gehören und die Art und Weise der Ausbesserungen und des Wiederaufbauens bei dem Erwerber des Eigenthums nicht festgesetzt ist, so sind dabei folgende Regeln zu beachten: Die Hauptmauern und das Dach fallen sämtlichen Eigenthümern zur Last, jedem nach Verhältnis des Werthes des ihm gehörenden Stockwerkes. Der Eigenthümer eines jeden Stockwerkes macht den Fußboden, worauf er geht. Der Eigenthümer des ersten Stockwerkes macht die Treppe, welche dahin führt, der Eigenthümer des zweiten Stockwerkes macht die Treppe, die von dem ersten Stockswerke zu ihm führt, usw." Zur Frage, wie sich etwa die Rechte und Pflichten von Stockwerkseigentümern bezüglich Leitungen des Hauses durch den Stockwerkseigentumskeller darstellen, finden sich soweit
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ersichtlich keine Stellungnahmen. Insoweit könnte argumentiert werden, dass im Hinblick auf die Art und Weise der Ausbesserungen und des Wiederaufbauens die Leitungen ähnlich wie die Hauptmauern und das Dach den sämtlichen Eigentümern nach dem Verhältnis des Wertes des ihnen jeweils gehörenden Stockwerkes zur Last fallen. Andererseits könnte man ähnlich wie bei der Treppe argumentieren, dass jeder Eigentümer für seinen Abschnitt verantwortlich ist. Dies erscheint jedoch nicht interessengerecht dann zu sein, wenn sämtliche Leitungen des Hauses durch den Stockwerkseigentumskeller führen und insoweit von allen Eigentümern in gleicher Weise genutzt werden. Die Rechtslage muss diesbezüglich jedoch als unsicher bezeichnet werden.