Wiederverwendung der Vormerkung, wenn die aufzulassende Teilfläche mit der durch die Vormerkung ursprünglich abgesicherten Fläche nicht (auch nicht teilweise) übereinstimmt
BGB §§ 883, 885
Wiederverwendung der Vormerkung, wenn die aufzulassende Teilfläche mit der durch die Vormerkung ursprünglich abgesicherten Fläche nicht (auch nicht teilweise) übereinstimmt
I. Sachverhalt
Ein Verkäufer hat durch einheitlichen Kaufvertrag ein Grundstück an 11 Käufergesellschaften verkauft. Die Käufergesellschaften sind miteinander verbunden, erwerben aber jeweils eine eigene Teilfläche, auf der die jeweilige Objektgesellschaft dann jeweils ein Bauvorhaben ausführen wird. Insgesamt bilden die Teilflächen das gesamte Grundstück.
Für jede der Käufergesellschaften ist wegen der ihr jeweils verkauften Teilfläche eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden. Die Teilflächen sind durch Planeinzeichnung und Größenangabe beschrieben. Infolge einer geänderten Bauplanung soll nun auch der Kaufvertrag dahingehend angepasst werden, dass die Aufteilung der Teilflächen geändert wird. Wenngleich weiterhin das Grundstück insgesamt verkauft wird, werden die an die jeweiligen Objektgesellschaften verkauften Flächen neu und abweichend von dem bisherigen Kaufvertrag beschrieben.
II. Frage
Genügt es im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Auf-ladung der Vormerkung und Änderung des gesicherten Anspruchs, die Änderung des Vertragsgegenstandes bei der jeweiligen Vormerkung zu vermerken? Oder ist jeweils eine neue Vormerkung einzutragen, da der Gegenstand des gesicherten Anspruchs und damit dessen Inhalt selbst geändert wird?
III. Zur Rechtslage
1. Vormerkung als akzessorisches Sicherungsmittel
Nach
Die Akzessorietät der Vormerkung hinsichtlich des Bestands des gesicherten Anspruchs wird dabei bereits in
Eine für einen nichtigen Anspruch eingetragene Vor-merkung ist rechtlich ein Nullum. Ebenso wenig sind nicht bestehende Ansprüche vormerkbar; eine darauf bezogene Vormerkung ist nicht zulässig. Wurde sie gleichwohl im Grundbuch eingetragen, ist sie gegenstandslos (vgl. nur MünchKommBGB/Kohler, 7. Aufl. 2017, § 883 Rn. 22).
2. Voraussetzungen für die Wiederverwendung einer Vormerkung
Vorliegend wurden jeweils Auflassungsvormerkungen für eine konkret bestimmte Teilfläche bestellt. Inwiefern die jeweiligen eingetragenen Auflassungsvormerkungen die nun jeweils geänderten Auflassungsansprüche absichern können, ist davon abhängig, inwieweit die Voraussetzungen zur „Aufladung der Vormerkung“ vorliegen.
a) Rechtsprechung
Nach der Rechtsprechung des BGH müssen sich hierfür Eintragung und Bewilligung derart entsprechen, dass sie den gleichen sicherungsfähigen, auf dingliche Rechtsänderung gerichteten Anspruch betreffen (BGH
Das OLG München (Beschl. v. 31.3.2014 – 34 Wx 206/13,
Dabei ließ das Gericht offen, ob die eingetragene Vor-merkung auch – wie in diesem Fall – mit einem vollständig anderen Eigentumsverschaffungsanspruch aufgeladen werden kann. Es ließ jedoch erkennen, dass es eine solche Wiederverwendungsmöglichkeit der Vormerkung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH für zweifelhaft hält. Denn eine Übereinstimmung zwischen dem durch die Eintragung vorgemerkten Anspruch und dem Anspruch, dem die Vormerkung nach der Bewilligung dienen soll, bestehe der Sache nach nicht. Schließlich müsse nach Maßgabe des BGH der neu begründete Anspruch auf dieselbe Leistung gerichtet sein, wie der zunächst gesicherte Anspruch (OLG München
b) Literatur
Korrespondierend zur Auffassung der Rechtsprechung geht auch die Kommentarliteratur davon aus, dass die Auswirkungen auf die Vormerkung davon abhängen, ob die in Rede stehende Änderung das Anspruchsziel selbst oder den Schuldgrund bzw. die Erfüllungsmodalitäten betrifft (BeckOGK-BGB/Assmann, Stand: 1.3.2017, § 883 Rn. 75, § 885 Rn. 108 ff.; MünchKommBGB/Kohler, § 885 Rn. 30 ff.). Verlangt wird jedenfalls die Identität von Gläubiger, Schuldner und Anspruchsziel. Welcher Anspruch konkret gesichert ist, ergibt sich bei einer zulässigen Bezugnahme nach
Kohler (in: MünchKommBGB, § 885 Rn. 32) führt aus, dass bei einer Erweiterung des Anspruchsziels die Vormerkungseintragung unzweifelhaft anzupassen sei. Insofern bedürfe es „einer Bestellung gemäß
Sowohl Kohler (a. a. O.) als auch Gursky (in: Staudinger, BGB, 2013, § 885 Rn. 81) äußern sich gegenüber der Auffassung der Rechtsprechung äußerst kritisch, wenn sie auch nicht zur neueren Entscheidung des OLG München (a. a. O.) Stellung nehmen. Die Entscheidung des OLG München wird zwar von Assmann (in: BeckOGK-BGB, § 883 Rn. 80.1) zitiert, jedoch lediglich im Hinblick darauf, dass eine Erweiterung der geschuldeten Rechtsänderung nicht mehr durch die Vormerkung gesichert ist.
Weitergehende Stellungnahmen in Literatur und Rechtsprechung zu der seitens des OLG München geäußerten Rechtsauffassung ließen sich nicht auffinden. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich Literatur und Rechtsprechung zu dieser Entscheidung verhalten werden.
c) Zusammenfassung
Infolgedessen halten wir in der vorliegenden Situation ein „Aufladen“ für kritisch. Denn wie bereits das OLG München andeutete, ist der neu begründete Übereignungsanspruch gerade nicht mehr auf dieselbe Leistung gerichtet wie der zunächst gesicherte Anspruch, sondern bezieht sich auf eine andere Grundstücksteilfläche. Eine Identität ist daher u. E. nicht mehr gegeben. Die Rechtslage ist insofern jedoch noch ungeklärt.
3. Ergebnis
Dem Gebot des sichersten Weges dürfte es daher entsprechen, eine neue Vormerkung zur Eintragung zu bringen. Dies gilt insbesondere in Anbetracht der durch das OLG München aufgeworfenen Zweifel an der „Aufladungsmöglichkeit“ in diesen Fällen.
151383
Erscheinungsdatum:30.03.2017
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Vormerkung
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 885; BGB § 883