Veräußerungsbeschränkung; namentliche Bezeichnung des Zustimmungsberechtigten im Grundbuch
WEG § 12
Veräußerungsbeschränkung; namentliche Bezeichnung des Zustimmungsberechtigten im Grundbuch
I. Sachverhalt
In einer Teilungserklärung ist bestimmt, dass die Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum der Zustimmung von Herrn X bedarf. Dies ist auch so im jeweiligen Bestandsverzeichnis der Grundbücher eingetragen. X ist verstorben.
II. Frage
1. Bedarf die Veräußerung von Wohnungs- und Teileigentum nunmehr der Zustimmung aller Wohnungs- und Teileigentümer in notariell beglaubigter Form? Oder genügt ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung?
2. Für den Fall, dass ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung genügt: Wie ist dieser dem Grundbuchamt gegenüber nachzuweisen? Ist in diesem Fall zusätzlich eine beglaubigte Zustimmungserklärung des Verwalters erforderlich?
III. Zur Rechtslage
Nach
Für die Frage, wie sich der Tod des X auf das Schicksal der Veräußerungsbeschränkung nach
Welcher Art das vereinbarte Zustimmungsrecht des X war, ist eine Frage des Inhalts bzw. der Auslegung der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung. Wie die konkret in Frage stehende Auslegung einmal von einem Gericht entschieden werden wird, kann hier freilich nicht vorweggenommen werden.
1. Hinweis betreffend die Auslegung der Veräußerungsbeschränkung
Bei der Auslegung von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen kommt es üblicherweise nicht auf den Willen der Verfasser der Teilungserklärung an, sondern allein auf den Wortlaut und Sinn der betroffenen Regelung, wie er sich für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen oder in Bezug Genommenen ergibt (st. Rspr., s. nur BGH
Nach der jüngsten Rspr. des BGH (
Der BGH führt aus (
„Da bei der Auslegung der Teilungserklärung subjektive Vorstellungen nicht von Bedeutung sind, sondern allein eine objektive Sicht maßgebend ist, kann sich der Inhalt der Teilungserklärung im Laufe der Zeit ändern, wenn in der Erklärung verwendete Begriffe einen Bedeutungswandel erfahren haben […]. In diesem Sinne hält der Senat eine ergänzende Auslegung der Teilungserklärung in den Fällen für möglich, in denen eine Lücke durch eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse entsteht […].“
Insbesondere berücksichtigt der BGH (in:
2. Fremdnütziges Zustimmungsrecht
a) Zuständigkeit zur Erteilung der Zustimmung i. S. v.
Ergibt die Auslegung des Zustimmungsvorbehalts, dass X ein fremdnütziges Zustimmungsrecht zustehen sollte, so hatte X bei Ausübung seines Zustimmungsrechts zur Wahrung von kollektiven Interessen der anderen Wohnungseigentümer zu handeln. X handelte damit – in den Worten des BGH – „als Treuhänder in mittelbarer Stellvertretung für die übrigen Wohnungseigentümer“ (BGH
Die kollektiven Interessen der Wohnungseigentümer werden spätestens seit Inkrafttreten des WEMoG grundsätzlich durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) wahrgenommen,
X musste hierbei jedoch nicht notwendigerweise zugleich Verwalter i. S. v.
Theoretisch wäre auch für die Konstellation eines fremdnützigen Zustimmungsrechts denkbar, dass die Auslegung der Vereinbarung i. S. d.
Wenn X im Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handeln sollte, ihm also ein fremdnütziges Zustimmungsrecht zustand, so ist einzige logische Konsequenz des Wegfalls von X, dass nunmehr die Interessen der GdWE nach außen hin durch den Verwalter kundgetan bzw. wahrgenommen werden. Der Verwalter vertritt nach
Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass für den Fall des Vorliegens eines fremdnützigen Zustimmungsrechts des X mit dessen Wegfall die Zuständigkeit zur Erteilung der Zustimmung im Außenverhältnis beim Verwalter als Organ der GdWE liegt, in deren Interesse auch X gehandelt hat.
b) Abweichende Rechtsprechung des OLG Saarbrücken aus 2018?
Das OLG Saarbrücken (
„Als rechtlich zulässige Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine vereinbarte Verfügungsbeschränkung deshalb eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn und Zweck erfordert; dieser besteht hier in der Kenntnis über die Zusammensetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schutze der Gemeinschaft, die vor nachteiligen Veränderungen im weitesten Umfange geschützt und durch das Mitbestimmungsrecht bei Veräußerungen von Sondereigentum in die Lage versetzt werden soll, erkennbar problematischen Eintritten eines neuen Wohnungseigentümers in die Gemeinschaft zu begegnen […].“
Das OLG Saarbrücken deutet an, dass es angesichts des Wegfalls der namentlich benannten Zustimmungsberechtigten der Auffassung zuneigt, dass „nunmehr sämtliche Wohnungseigentümer in der Form des
Das OLG Saarbrücken nennt zudem Fundstellen für die „ganz h. A.“, nach der sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen müssten. Die genannten Fundstellen sagen dies jedoch zum Teil (in den aktuellen Auflagen) nicht (mehr) aus: So geht Skauradszun (BeckOGK-WEG, Std.: 1.3.2024, § 12 Rn. 18, 20, 25) nunmehr jedenfalls eher davon aus, dass ein Beschluss der Versammlung der Wohnungseigentümer genügt. Ebenso äußert sich Suilmann (in: Bärmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 12 Rn. 36), wonach in solchen Fällen die Zustimmung durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (als Verband) mittels Mehrheitsbeschluss zu erteilen ist.
Es spricht u. E. viel dafür, dass die Entscheidung des OLG Saarbrücken mit Inkrafttreten des WEMoG keine Wirkung dahingehend mehr entfalten kann, dass gesagt werden könnte, „die Rechtsprechung gehe von einer Zuständigkeit aller Wohnungseigentümer aus“. Die Entscheidung ist vielmehr durch die geänderte Gesetzeslage überholt (a. A. aber wohl Demharter, GBO, 33. Aufl. 2023, Anh. zu § 3 Rn. 38d, s. a. Rn. 35 a. E.).
c) Das Innenverhältnis zwischen X und der GdWE bzw. zwischen dem Verwalter und der GdWE
Von der Frage der Zuständigkeit zur Erteilung im Außenverhältnis zu unterscheiden ist das Innenverhältnis zwischen X und der GdWE bzw. zwischen dem Verwalter und der GdWE. Dieses kann (aus Praktikabilitätsgründen) so ausgestaltet sein, dass X (oder der Verwalter) ohne Rücksprache mit der GdWE (also ohne jeweiliges Vorliegen eines Beschlusses,
Nach dem Tod des X scheint es allerdings für das Innenverhältnis zwischen Verwalter und GdWE aus Sicht des Verwalters sinnvoll, wenn dieser Verwalter einen Zustimmungsbeschluss einholt, denn noch (!) haben sich Verwalter und GdWE wohl nicht über die Art der Ausübung der Zustimmung verständigt. Da offenbar bei Fassung der Teilungserklärung sowie der Gemeinschaftsordnung davon ausgegangen wurde, dass Herr X die Zustimmung erteilen wird, liegt es nahe, dass noch keine Regelung dazu getroffen wurde, wer im Verhältnis zwischen einem Verwalter, bei dem es sich nicht um Herrn X persönlich handelt, und der GdWE zuständig sein soll. Wer im Innenverhältnis zwischen Verwalter und GdWE zur Entscheidung berufen ist, ist für das Grundbuchamt (Außenverhältnis) indes nicht von Interesse.
Sollte das Grundbuchamt dennoch auf der Vorlage eines Beschlusses bestehen, so würde der Nachweis dessen gegenüber dem Grundbuchamt in entsprechender Anwendung von
3. Eigennütziges Zustimmungsrecht
Handelte X hingegen in Ausübung eines eigennützigen Zustimmungsrechts, so wahrte er konsequenterweise jeweils nicht die Kollektivinteressen, die nach der Systematik des WEG von der GdWE wahrgenommen werden (
a) Regelmäßig keine Vererblichkeit des Rechts
Zunächst erscheint es denkbar, dass das Recht vererblich sein sollte. Dies ist eine Frage des Inhalts der Rechts, welche durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer begründet wurde, und somit eine Frage der Auslegung der Vereinbarung. Bei der Begründung eines eigennützigen Zustimmungsrechts, welches ohnehin der absolute Ausnahmefall sein dürfte, hielten wir eine Vererblichkeit wohl nur dann für gegeben, wenn sich dies zweifelsfrei aus der Teilungserklärung ergibt. Denn wenn eine bestimmte Person zur Wahrung ihrer eigenen Interessen das Zustimmungsrecht innehaben soll, so liegt es fern, anzunehmen, dass nach Wegfall dieser Person (und mithin auch nach „Untergang“ von deren eigenen Interessen) das Recht dem zufälligen Erben dieser Person zustehen soll. Ist das Zustimmungsrecht mangels zweifelsfreier Anordnung der Vererblichkeit in der Teilungsererklärung nicht vererblich, so ist weiter fraglich, ob es mit dem Tod des X entfällt oder aber auf eine andere „Person“ übergeht.
b) Eigene Einschätzung
Wobst geht im Falle des Vorliegens eines eigennützigen Zustimmungsrechts davon aus, dass das Versterben des namentlich Benannten entweder zum Fortbestand des Zustimmungsvorbehalts zugunsten des neuen Eigentümers der Einheit des persönlich Benannten führt oder aber (im Regelfall!) zum Erlöschen des Zustimmungsvorbehalts insgesamt (Staudinger/Wobst, WEG, 2023, § 12 Rn. 36; das Ergebnis letztlich offenlassend BeckOK-WEG/Hogenschurz, Std. 2.4.2024, § 12 Rn. 28).
Wir neigen der Auffassung von Wobst zu, wonach es im Regelfall naheliegt, davon auszugehen, dass der Zustimmungsvorbehalt mit dem Tod des Inhabers eines eigennützigen Zustimmungsrechts gänzlich entfällt. Wenn die Wohnungseigentümer bei Schaffung der Veräußerungsbeschränkung nach
Dass hingegen der neue Eigentümer der bisherigen Einheit von Herrn X nun zustimmungsbefugt sein soll (so Wobst als eine Variante) halten wir für fernliegend. Dass die Wohnungseigentümer zuerst eine bestimmte Person benennen, das Zustimmungsrecht nach dessen Wegfall aber als Privileg dessen zufälligen (Sonder-)Rechtsnachfolgern zustehen sollte, dürfte kaum zutreffen und müsste sich u. E zweifelsfrei aus der Teilungserklärung ergeben.
4. Ergebnis
U. E. ist für den Fall der Vereinbarung eines fremdnützigen Zustimmungsrechts die Verwalterzustimmung (im Außenverhältnis) ausreichend. Der zusätzlichen Vorlage eines Beschlusses der GdWE bedarf es nicht. Ebensowenig sind anstelle des X nunmehr sämtliche Wohnungseigentümer zur Zustimmung berufen, sofern die Auslegung der Vereinbarung nach
War X hingegen ausnahmsweise Inhaber eines eigennützigen Zustimmungsrechts, so ist u. E. im Zweifel davon auszugehen, dass die Veräußerungsbeschränkung mit seinem Tod entfallen ist. Ein eigennütziges Zustimmungsrecht ist u. E. freilich nur dann anzunehmen, wenn sich dieses zweifelsfrei aus der Teilungserklärung ergibt. In Zweifelsfällen ist u. E. ohnehin stets davon auszugehen, dass der Zustimmungsvorbehalt der Wahrung der Kollektivinteressen der Wohnungseigentümer dienen soll, also ein fremdnütziges Zustimmungsrecht vorliegt.
204014
Erscheinungsdatum:03.06.2024
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:WEG
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