Schaffung unterschiedlicher GmbH-Geschäftsanteile bei der Ein-Mann-Gründung
Schaffung unterschiedlicher GmbH-Geschäfts-anteile bei der Ein-Mann-Gründung -
I. Sachverhalt
Eine GmbH gründet eine Hotelbetriebs-GmbH mit einem Stammkapital von 100.000,-- DM. Weiter errichtet sie als Bauträger 25 Hotelappartements. In der Satzung der neuen GmbH wird vorgesehen, daß von der Stammeinlage der Gründungsgesellschafterin zukünftig Teilgeschäftsanteile in Höhe von 1.000,-- DM abgeteilt werden sollen und auf die Erwerber der 45 Hotelappartements jeweils übertragen werden sollen. Angestrebt wird somit, daß die Erwerber der 45 Hotelappartements insgesamt mit 45 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind und die Gründungsgesellschaft mit 55 %. Der Gesellschaftsvertrag sieht ferner vor, daß die zukünftigen Teilgeschäftsanteile der Appartementinhaber und der Geschäftsanteil der Gründungsgesellschaft mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet sein sollen. Dies betrifft vor allem folgende Regelungen:
Nach § 6 des Gesellschaftsvertrages kann jeder Gesellschafter seinen Geschäftsanteil ganz oder teilweise übertragen, jedoch nur an solche dritte Personen, die gleichzeitig ein oder mehrere Hotelappartements von ihm erwerben und jeweils nur in Höhe von jeweils 1.000,-- DM je Appartement. Jede sonstige Verfügung über Geschäftsanteile bedarf der Zustimmung der Gesellschaft, wobei im Innenverhältnis jedoch eine Mehrheit von 75 % der Stimmen erforderlich ist. Nach § 7 des Gesellschaftsvertrages sind die Gesellschafter der zukünftigen Teilgeschäftsanteile in Höhe von 1.000,-- DM verpflichtet, ihre Appartements der Gesellschaft oder einem von ihr zu bestimmenden Dritten entgeltlich zur Nutzung zu überlassen. Ferner sind diese Gesellschafter verpflichtet, für den Fall, daß sie ihr Hotelappartement an Dritte veräußern, an diese auch ihren Geschäftsanteil zu übertragen. § 8 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages sieht schließlich vor, daß für bestimmte Beschlüsse die Gründungsgesellschafterin trotz ihrer angestrebten Beteiligung von 55.000,-- DM nur ein Stimmrecht in Höhe von 50 % aller vertretenen Stimmen hat. Für den Fall, daß bei diesen Beschlüssen kein Gesellschafterbeschluß zustande kommt, sieht der Gesellschaftsvertrag vor, daß auf Antrag eines Gesellschafters eine von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennende Person eine Entscheidung zu treffen hat. Hierzu wird diese Person von allen Gesellschaftern bevollmächtigt.
II. Frage
1. Ist es bei einer Ein-Personen-GmbH-Gründung mit nur
2. Kann für Pattsituationen das Stimmrecht der Gesellschafter in der Satzung auf einen von der IHK zu bestimmenden Dritten (= Nichtgesellschafter) übertragen werden?
III. Rechtslage
Besondere Rechte und Pflichten von Gesellschaftern können im Gesellschaftervertrag weitgehend frei gestaltet werden (BGH
1. Bei der Ausgestaltung von Nebenleistungspflichten bei der GmbH besteht weitgehend Gestaltungsfreiheit; es können Nebenleistungspflichten aller Art geschaffen werden (Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 3 Rn. 76).
a) Verpflichtung der Appartementinhaber zur Überlassung ihrer Appartements an die Gesellschaft bzw. einen von ihr zu benennenden Dritten
Es ist allgemein anerkannt, daß eine Nebenleistungspflicht des Inhalts begründet werden kann, daß die Gesellschafter zur Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft verpflichtet sind (vgl. Baumbach/Hueck, a.a.O., § 3 Rn. 33, 41; Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 3 Rn. 79; Rowedder/Rittner, GmbHG, 2. Aufl. 1990, § 3 Rn. 37).
b) Verpflichtung zur Übertragung des Geschäftsanteils an Erwerber von Appartements
Ebenso ist anerkannt, daß im Gesellschaftsvertrag eine Verpflichtung von Gesellschaftern begründet werden kann, ihren Gesellschaftsanteil an bestimmte von der Gesellschaft zu benennende Dritte zu übertragen (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 3 Rn. 42; Scholz/Emmerich, a.a.O., § 3 Rn. 52; BayObLG
c) Regelung der Abtretung der Geschäftsanteile in § 6
Gem.
Die Beschränkung, daß die Abtretung der sonstigen Geschäftsanteile der Zustimmung der Gesellschaft bedarf, entspricht der Regelung des
d) Beschränkung des Stimmrechts sowie Übertragung der Stimmrechte in Pattsituationen auf einen Nichtgesellschafter
§ 8 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrages beschränkt das Stimmrecht der Gründungsgesellschafterin für bestimmte Beschlüsse auf 50 % aller vertretenen Stimmen. Ein sog. Höchststimmrecht ist zulässig (vgl. Rowedder/Koppensteiner, a.a.O., § 47 Rn. 14; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 47 Rn. 43; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 47 Rn. 11). Ein solches Höchststimmrecht kann auch für besondere Beschlüsse und für einzelne Geschäftsanteile geschaffen werden.
Problematisch erscheint die Regelung, daß für Pattsituationen das Stimmrecht der Gesellschafter in der Satzung auf einen von der IHK zu bestimmenden Dritten (Nichtgesellschafter) übertragen werden soll. Hierzu sieht die Satzung vor, daß diese Person von allen Gesellschaftern zur Ausübung ihres Stimmrechts bevollmächtigt wird. Es ist dabei davon auszugehen, daß es sich hierbei um eine unwiderrufliche Vollmacht handeln soll. Letztere ist unter dem Gesichtspunkt der Abspaltung von Gesellschaftsrechten bedenklich. Die Stimmrechtsabspaltung, auch in der Form einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht, wird von der Rechtsprechung und der h. M. im Schrifttum für unwirksam gehalten (Scholz/Schmidt, a.a.O., § 47 Rn. 20; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 14 Rn. 19, § 47 Rn. 28; Scholz/Winter, a.a.O., § 15 Rn. 6; Reuter, Stimmrechtsvereinbarung bei treuhänderischer Abtretung eines GmbH-Anteils, ZGR 1978, S. 633 f.;
Als Alternative zu einer derartigen Regelung bietet sich an, daß die Entscheidung über die Beschlußfassung in derartigen Pattsituationen auf einen von der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu benennenden Dritten zu übertragen sei. Bei einer derartigen Vertragsklausel ist anerkannt, daß der Dritte als fakultatives Gesellschaftsorgan tätig wird. Er nimmt eigene Organisationskompetenzen damit wahr. Er ist nicht als Schiedsrichter im Sinne der
2. Festlegung von Geschäftsanteilen unterschiedlicher Gattung bei der Ein-Mann-GmbH-Gründung
Die Frage, ob bei der Ein-Mann-GmbH-Gründung bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden kann, daß durch zukünftige Abtretung von Teilgeschäftsanteilen Geschäftsanteile unterschiedlicher Gattung mit verschiedenen Rechten und Pflichten gebildet werden sollen, ist bislang - soweit ersichtlich - weder Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung noch einer wissenschaftlichen Abhandlung gewesen. U. E. ist ein derartiges Vorgehen im Hinblick auf folgende Gesichtspunkte problematisch.
Gem. § 5 Abs. 2 GmbH ist die Übernahme mehrerer Geschäftsanteile bei der Gründung einer GmbH durch einen Gesellschafter unzulässig. Hierdurch soll verhindert werden, daß der Gesellschafter von vornherein auf den Handel mit Geschäftsanteilen ausgeht. Zulässig ist dagegen, daß ein Gesellschafter seinen bei der Gründung übernommenen Geschäftsanteil nach der Gründung teilt und weiterveräußert (vgl. hierzu Scholz/Winter, a.a.O., § 5 Rn. 25; Hachenburg/Ulmer, a.a.O., § 5 Rn. 15). Letzteres Vorgehen ist nach der Sachverhaltsschilderung im vorliegenden Fall geplant. Formal ist ein derartiges Vorgehen daher nicht zu beanstanden. Ferner ist anerkannt, daß bei einer rechnerischen Zerlegung einer Stammeinlage im Gesellschaftsvertrag durch Auslegung zu ermitteln ist, ob der Wille der Parteien dahin gegangen ist, daß mehrere Beteiligungen geschaffen werden sollten oder nur eine rechnerische Aufteilung vorgenommen worden ist. Dabei vermutet die Rechtsprechung, daß es sich bei einer derartigen Aufteilung nur um eine rechnerische Aufteilung handele (
Wie bereits zuvor ausgeführt, ist für die Begründung von Sonderrechten und -pflichten erforderlich, daß diese im Gesellschaftsvertrag hinreichend bestimmt geregelt werden (BGH
Um diese Problematik zu umgehen, schlagen wir folgende Vorgehensweise vor. Es könnte zunächst eine ganz normale Ein-Mann-GmbH-Gründung durchgeführt werden. Im Anschluß daran könnten die Teilgeschäftsanteile auf die Appar-tementerwerber übertragen werden, und zuletzt ist eine Satzungsänderung mit Zustimmung der Erwerber durchzuführen.
Wenn dies nicht durchführbar sein sollte, sollte man wenigstens sicherstellen, daß die Appartementerwerber bei dem Erwerb ihres Teilgeschäftsanteils in Höhe von 1.000,-- DM der sie benachteiligenden unterschiedlichen Ausgestaltung der Geschäftsanteile ausdrücklich zustimmen.
31.12.1996
RechtsbezugNational
Erschienen in: Normen in Titel:GmbHG § 47; GmbHG § 14