01. Januar 2003

Vertretung einer Kapitalgesellschaft

DNotI
Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:

14128 05.09.2002

EGBGB, Internationale Gesellschaft Gibraltar, Vertretung einer Kapitalgesellschaft

I. Sachverhalt und Frage Wie können Existenz und Vertretungsbefugnis einer in Gibraltar ansässigen Gesellschaft nachgewiesen werden.

II. Zur Rechtslage 1. Rechtsfähigkeit der Gesellschaft Die Rechtsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft bestimmt sich nach dem Gesellschaftsstatut. Das Gesellschaftsstatut ist im deutschen Recht nicht gesetzlich bestimmt. In ständiger Rspr. und überwiegender Lehre wird es an den tatsächlichen Verwaltungssitz der Gesellschaft angeknüpft (s. zuletzt BGH NJW 1997, 657, 658; von Bar, IPR, Bd. 2, 1991, Rn. 619; Palandt/ Heldrich, 61. Aufl. 2002, Anh. zu Art. 12 EGBGB Rn. 2). Der Verwaltungssitz ist nach der sog. Sandrock'schen Formel der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (BGHZ 97, 269, 272; Sandrock, in: FS für Beitzke, 1997, S. 669, 683). Im weiteren unterstellen wir aufgrund des Sachverhalts, dass die Gesellschaft von Gibraltar aus verwaltet wird. Das Gesellschaftsrecht von Gibraltar ist im wesentlichen durch das englische Gesellschaftsrecht geprägt (s. Nieland, Oasenbericht: Gibraltar, IstR 1999, 411,. 412) und kennt als Kapitalgesellschaften die companies limited by shares, die sich wiederum in die public limited company (plc, entspricht in etwa der Aktiengesellschaft deutschen Rechts) und der
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private limited company (ltd., entspricht in etwa der ,,kleinen AG"deutschen Rechts) unterscheiden. Bei beiden Gesellschaftsformen handelt es sich um juristische Personen, so dass eine in Gibraltar gegründete limited, soweit diese ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Gibraltar hat, in Deutschland als rechtsfähige Gesellschaft zu behandeln wäre. Unklar ist, wie die in England noch bis 1991 geltende ultra- vires-Lehre sich auch im Gesellschaftsrecht von Gibraltar weiterhin auswirkt. In England wurden die Auswirkungen dieser Lehre, nach der die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft durch den Zweck der Gesellschaft beschränkt wird, erst im Rahmen der Umsetzung der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien der EG zurückgedrängt (s. Triebel/Hodgson/Kellenter/Müller, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 1995, Rn. 620 f.). Vorsichtshalber sollte daher zur Bewertung der Wirksamkeit des von der Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfts überprüft werden, ob dieses von dem Katalog der Geschäftsgegenstände der Gesellschaft (objects of the company), wie sie in der Gründungs urkunde der Gesellschaft (memorandum of association) aufgezählt sind, erfasst wird. 2. Vertretung der Gesellschaft Das Gesellschaftsrecht von Gibraltar ist im Companies Ordinance geregelt und entspricht im wesentlichen dem englischen Gesellschaftsrecht (Nieland, S. 412). Danach wird eine Gesellschaft durch das board of directors vertreten. Den Mitgliedern des board (Direktoren) kommt Gesamtvertretungsmacht zu. Ist das board of directors mit einem einzigen director besetzt worden, ist dieser allein zur Vertretung befugt. Darüber hinaus kann das board of directors bzw. der alleinige Direktor einem Angestellten der Gesellschaft oder einer anderen Person rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen. 3. Zum Nachweis der Existenz und Vertretung Die Registrie rung der Gesellschaften erfolgt in Gibraltar durch den Registrar of Companies. Dieser stellt ein sog. certificate of incorporation of a company aus, aus dem sich herleitet, dass die Gesellschaft nach den Bestimmungen des Companies Ordinance von Gibraltar gegründet worden ist, es sich mithin nach dem Recht von Gibraltar um eine rechtsfähige Gesellschaft handelt. Allerdings enthalten diese Bestätigungen nicht unbedingt einen Hinweis darauf, dass die Gesellschaft nicht in der Zwischenzeit wieder durch Löschung oder auf andere Weise untergegangen ist. Es sollte daher, soweit möglich, auch insoweit eine entsprechende Be scheinigung durch den Registrar of Companies eingeholt werden.

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Einen Hinweis darauf, wer gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft ist, enthält das certificate of incorporation nicht. Eine Bescheinigung darüber, welche Personen Mitglieder des board of directors sind, wird im anglo-amerikanischen Rechtskreis durch den secretary der Gesellschaft ausgestellt. Die ser führt das Protokollbuch der Gesellschaft und kann daher durch einen entsprechenden Auszug aus dem Protokollbuch nachweisen, wer auf einer Hauptversammlung der Gesellschafter zum Mitglied des board of directors bestellt worden ist und wem ggf. durch Beschluss der Gesellschafterversammlung bzw. des board of directors Alleinvertretungs macht oder Vollmacht erteilt worden ist. Diese Bescheinigung wäre anschließend von einem Notar auf Gibraltar zu beglaubigen und zusammen mit dem . certificate of incorporation vorzulegen. Eine andere Möglichkeit wäre, dass ein auf Gibraltar ansässiger notary public eine Vertretungsbescheinigung ausstellt. Die Praxis der deutschen Registergerichte erkennt eine Bescheinigung durch einen englischen Notar regelmäßig an (s. bereits Hahn, DNotZ 1964, 288, 290; Knoche, MittRhNotK 1985, 165, 174). Ein Notar in Gibraltar müsste aufgrund seiner juristischen Ausbildung, seiner Stellung und seiner zwangsläufigen Vertrautheit mit der dortigen Rechtsordnung ebenfalls in der Lage sein, die für die Ausstellung dieser Bescheinigung erforderliche rechtliche Prüfung zutreffend vorzunehmen. Wie uns aus unserer Erfahrung bereits bekannt ist, stellen die in Gibraltar ansässigen Notare Bescheinigungen aus, aus denen sich die Existenz, Rechtsform, das Kapital, die Direktoren und die Art der Vertretung (Einzel- bzw. Gesamtvertretung) der Gesellschaft ergibt. Eine derartige Vertretungsbescheinigung lässt sich z. B. mit der Beglaubigung der Genehmigung für den Geschäftsanteilserwerb verbinden. Der besondere Vorteil bei einer derartigen Vertretungsbescheinigung würde darin liegen, dass eine Prüfung, inwieweit sich aus den vorgelegten Bescheinigungen des Registrar of Companies sowie des Secretary der Gesellschaft, ggf. auch der Gründungsurkunde der Gesellschaft die Existenz und Vertretungsmacht sowie die Einhaltung des Geschäftsgegenstandes der Gesellschaft ergibt, auf der Ba sis des Gesellschaftsrecht von Gibraltar nicht mehr getroffen zu werden braucht. Gem. § 12 HGB und § 29 GBO ist der Nachweis durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunde zu führen. Diese Erfordernisse wären bei einer durch einen Notar ausgestellten Vertretungsbescheinigung erfüllt, soweit sie in dem Rahmen seiner Zuständigkeit ausgestellt worden ist. Zumindest mangels anderer Möglichkeiten zum Nachweis der Vertretung in öffentlicher Form wird man diese Form des Nachweises für ausreichend erachten müssen (vgl. Baus back, DNotZ 1996, 254, 265). Eine Legalisation der Urkunde ist nicht erforderlich. Über das Vereinigte Königreich gilt in Gibraltar das Haager Übereinkommens

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über die Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961, so dass die Anbringung einer Apostille genügt. Die Bescheinigung des secretary würde eine entsprechende Qualität dadurch erreichen, dass diese durch einen dortigen Notar öffentlich beglaubigt wird. Fraglich ist, ob es sich auch bei dem certificate of incorporation um eine öffentliche Urkunde handelt. Da das Companies House in Gibraltar in Form einer Gesellschaft privaten Rechts errichtet worden ist (so Nieland, S. 411), könnte es sich insoweit auch um eine privatrechtliche Bescheinigung handeln. Eine Klärung dieser Frage dürfte sich dann erübrigen, wenn der Bescheinigung die Apostille i. S. v. Art. 4 des Haager Übereinkommens über die Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961 angefügt wird, da hierdurch die Eigenschaft der Bescheinigung als öffentliche Urkunde indiziert wird. Soweit die entsprechenden Bescheinigungen in englischer, oder, wie zumeist der Fall, in spanischer Sprache erstellt worden sind, wäre auf entsprechendes Verlangen durch das Handelsgericht eine deutsche Übersetzung durch einen in Deutschland öffentlich bestellten und beeidigten Übersetzer erforderlich. Insoweit wäre ggf. mit dem zuständigen Rechtspfleger vorab zu klären, ob dieser eine Übersetzung für notwendig hält oder sich auch mit der englischen Fassung bzw. spanischen Fassung zufrieden gibt.

Gutachten/Abruf-Nr:

14128

Erscheinungsdatum:

01.01.2003

Rechtsbezug

National